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23/01 Konkursordnung;Norm
BAO §9 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des UK in K, vertreten durch Moringer & Moser, Rechtsanwälte OEG in 4040 Linz, Rudolfstraße 14, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 9. Februar 1998, Zl. RV/322/03-10/FS/97, betreffend Haftung gemäß § 9 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Finanzamtes vom 17. September 1997 wurde der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der B-GmbH gemäß den §§ 9 und 80 BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der GmbH, über deren Vermögen am 25. November 1996 das Konkursverfahren eröffnet worden war, zur Haftung herangezogen und aufgefordert, die entsprechenden Beträge zu entrichten. Dabei wurde unter Berücksichtigung des vom Masseverwalter mitgeteilten Umstandes, dass mit einer Quote von 20 % zu rechnen sei, davon ausgegangen, dass die insgesamt bestehenden Abgabenschuldigkeiten zu 80 % uneinbringlich seien.
In einer dagegen erhobenen Berufung wurde insbesondere eingewandt, dass die Hausbank bereits vor dem Mai 1996 sämtliche Zahlungen eingestellt habe, sodass die GmbH weder Abgaben noch sonstige Verbindlichkeiten mehr hätte begleichen können. Soweit sich das Finanzamt auf bestehende Guthaben auf einem bestimmten Bankkonto berufen habe, sei darauf hinzuweisen, dass es sich bei diesem Bankkonto um das persönliche Konto des Beschwerdeführers gehandelt habe. Darüber hinaus wurde eingewandt, es sei nach dem Stand des Konkursverfahrens mit einer höheren als 20 %igen Quote zu rechnen. Im Zuge des weiteren Berufungsverfahrens brachte der Beschwerdeführer ergänzend vor, es sei zwar richtig, dass buchhalterisch die Lohnabgaben hinsichtlich seines Geschäftsführergehaltes durch das Steuerberatungsbüro der Gesellschaft immer angemeldet worden seien. In der Praxis habe er im Jahr 1996 jedoch auf tatsächliche Lohnauszahlungen verzichtet, sodass es nie zu Überweisungen an ihn gekommen sei. Diesbezüglich wurde die Vernehmung der Steuerberaterin Elisabeth L. beantragt. In der Tagsatzung vom 5. Februar 1998 wurde von den Gläubigern der GmbH ein Zwangsausgleich mit einer Quote von 20 % angenommen.
Mit dem mit 9. Februar 1998 datierten angefochtenen Bescheid wurde die Berufung - abgesehen von einer Herabsetzung des Haftungsbetrages um S 6.726,-- auf S 426.510,-- - abgewiesen.
Begründend wurde zunächst zur Behauptung des Beschwerdeführers, sein Gehalt sei tatsächlich nicht zur Auszahlung gelangt, darauf hingewiesen, dass unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Lohnabgaben dem Finanzamt stets gemeldet worden seien, laut den Lohnkonten bis einschließlich Oktober 1996 Lohn ausgezahlt worden sei, eine Lohnsteuerprüfung lediglich geringfügige Änderungen im Konkursverfahren gebracht habe und vom Beschwerdeführer keine diesbezüglichen Forderungen im Konkursverfahren angemeldet worden seien, von Gehaltsauszahlungen, für welche die haftungsgegenständlichen Lohnabgaben entrichtet worden seien, ausgegangen werden müsse. Wenn der Beschwerdeführer die jeweiligen Zahlungen der GmbH überlassen habe, sei darin eine Gehaltsverwendung zu sehen, die am Charakter einer steuerpflichtigen Gehaltszahlung nichts ändere. Die GmbH habe für den Beschwerdeführer für das Jahr 1996 auch einen Lohnzettel ausgestellt, welcher die Monate Jänner bis Oktober umfasst habe. Ergänzend wies die belangte Behörde darauf hin, dass die Behauptung einer unterbliebenen Gehaltszahlung im Haftungsverfahren unbeachtlich sei, weil es sich dabei um Einwendungen gegen den Abgabenanspruch handle. Im Haftungsverfahren könnten Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgaben nicht mit Erfolg vorgebracht werden. Zur Frage der Uneinbringlichkeit der Abgabenschuldigkeiten verwies die belangte Behörde auf den durch die Gläubiger der GmbH angenommenen Zwangsausgleichsvorschlag, woraus sich bereits die Höhe des Abgabenausfalles ergebe. Zur im Beschwerdefall als erwiesen angenommenen Benachteiligung des Abgabengläubigers wies die belangte Behörde darauf hin, dass sich ein Geschäftsführer, der sich in der ordnungsmäßigen Erfüllung seiner Pflichten durch die Gesellschafter oder dritte Personen, z.B. die Hausbank, behindert sehe, entweder sofort im Rechtsweg die Möglichkeit der ungehinderten Ausübung seiner Funktion zu erzwingen oder seine Funktion niederzulegen und als Geschäftsführer auszuscheiden habe. Da der Beschwerdeführer dies nicht getan habe, obwohl die Hausbank nach seinem Vorbringen bereits vor Mai 1996 sämtliche Zahlungen eingestellt habe, habe er seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Entrichtung der die Gesellschaft treffenden Abgaben verletzt. Im Übrigen habe die GmbH laut den eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen im Zeitraum Jänner bis Oktober 1996 Umsätze in Gesamthöhe von rund S 2,4 Mio. erzielt. Zumindest ein Großteil dieses Betrages müsse der Primärschuldnerin zur Verfügung gestanden sein. An die Abgabenbehörde seien in diesem Zeitraum aber nur rund S 67.000,-- überwiesen worden. Auch seien nach den der Abgabenbehörde vorliegenden Unterlagen andere Gläubiger in diesem Zeitraum voll befriedigt worden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Der Beschwerdeführer räumt zunächst ein, dass nach Erlassung des Haftungsbescheides der Zwangsausgleich mit einer Quote von 20 % bestätigt und in Rechtskraft erwachsen sei. Unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 16. Juli 1996, 95/14/0031, rügt der Beschwerdeführer aber, dass die getroffene "Feststellung" der Haftung für die Abgabenschuld vor Rechtskraft der Zwangsausgleichsbestätigung rechtswidrig sei.
Diese Rüge ist unberechtigt:
In seinem Erkenntnis vom 29. Mai 2001, 99/14/0277, brachte der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 22. September 1999, 96/15/0049, zum Ausdruck, dass sich aus der Konkurseröffnung allein zwar noch nicht zwingend die Uneinbringlichkeit ergibt, diese aber jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn im Laufe des Insolvenzverfahrens feststeht, dass die Abgabenforderung im Konkurs mangels ausreichenden Vermögens nicht befriedigt werden kann; diesfalls ist ein Abwarten der vollständigen Abwicklung des Konkurses nicht erforderlich. Der Beschwerdeführer zeigt auch im Beschwerdefall nicht auf, dass die belangte Behörde zu Unrecht von einer Uneinbringlichkeit von 80 % des aushaftenden Abgabenbetrages ausgegangen ist.
Auch die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor dem Hintergrund des § 156 Abs. 1 KO liegt nicht vor: Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem bereits erwähnten Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 22. September 1999 in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, dass ein Zwangsausgleich der GmbH keinen Grund für die Befreiung des Geschäftsführers als Haftenden darstelle. Auf die Entscheidungsgründe des zitierten Erkenntnisses wird diesbezüglich gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Im Beschwerdefall wurde überdies der angefochtene Bescheid vor Bestätigung des Zwangsausgleiches erlassen.
Soweit der Beschwerdeführer einen Verfahrensmangel durch die Unterlassung seiner Vernehmung behauptet, zeigt er insbesondere vor dem unbestritten gebliebenen Sachverhalt, dass ein Teil der Gläubiger der GmbH in dem Zeitraum, in welchem der Abgabengläubiger nur zu einem geringen Teil befriedigt wurde, voll befriedigt wurde, nicht auf, dass die belangte Behörde bei Vermeidung des allfälligen Verfahrensmangels zu einem anders lautenden Bescheid hätte kommen können, weil es unter diesen Umständen auf das genaue Ausmaß der zur Verfügung stehenden Mittel nicht ankommt. Dass ein gewisses Maß an Mitteln jedenfalls zur Verfügung stand, wird durch die 100 %ige Befriedigung bestimmter Gläubiger deutlich.
Soweit die belangte Behörde zur Beurteilung gelangt ist, dass der Abgabenanspruch hinsichtlich der Lohnabgaben für Gehaltszahlungen an den Beschwerdeführer gegenüber der Gemeinschuldnerin entstanden ist, wiewohl der Beschwerdeführer behauptet hat, entsprechende Gehälter seien ihm im Jahr 1996 nicht ausbezahlt worden, ist die Beschwerderüge einer diesbezüglich unrichtigen Beweiswürdigung schon deshalb verfehlt, weil ein steuerlich beachtlicher Zufluss schon dann vorliegt, wenn der Steuerpflichtige rechtlich und wirtschaftlich über Einnahmen verfügen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1990, 89/13/0202). Dass eine derartige Verfügung durch den Beschwerdeführer hinsichtlich der laut den Lohnkonten der GmbH unter anderem an den Beschwerdeführer ausbezahlten Gehältern infolge bereits gegebener Zahlungsunfähigkeit nicht möglich gewesen wäre, hat der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde behauptet. Im Übrigen ist unbestritten geblieben, dass ein Teil der Gläubiger zu 100 % befriedigt wurde. Ob tatsächlich Auszahlungen oder Überweisungen an den Beschwerdeführer erfolgt sind, ist dem gegenüber nicht entscheidend. Aus diesem Grund geht auch der geltend gemachte Verfahrensmangel, die belangte Behörde hätte die Unterlassung der Beantwortung der Befragung durch die vom Beschwerdeführer beantragte Zeugin Elisabeth L. zur Frage, ob dem Beschwerdeführer Gehaltszahlungen zugeflossen sind, nicht "ohne weitere Konsequenzen" hinnehmen dürfen, ins Leere, zumal der Beschwerdeführer nicht aufzeigt, welches Vorbringen er bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangels erstattet hätte.
Soweit der Beschwerdeführer sich auf § 236 BAO bezieht, genügt der Hinweis, dass eine Nachsicht nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist.
Da sich die Beschwerde daher insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der beantragten Verhandlung konnte aus dem Grund des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 19. März 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1998140056.X00Im RIS seit
17.07.2002