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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Gustav Kreutzer in Linz, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 15. Jänner 2002, Zl. BauR-012865/1-2001-Um/Vi, betreffend eine Bausache (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Lichtenberg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem dieser angeschlossenen angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstücks Nr. 146/4 KG Lichtenberg, das sich im Nahebereich des Grundstücks Nr. 145/1 KG Lichtenberg befindet. Auf dem letztgenannten Grundstück betreibt der Schützenclub Lichtenberg einen Schießplatz. Für die mit dem Schießplatz verbundenen baulichen Anlagen erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 29. September 1980 eine baubehördliche Bewilligung. Der Beschwerdeführer bzw. seine Rechtsvorgänger haben gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erhoben und insbesondere unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen durch die Schießanlage geltend gemacht. Parallel zum baurechtlichen Verfahren wurde beim Landesgericht Linz ein Zivilprozess geführt, in welchem sich der Schützenclub Lichtenberg in einem gerichtlichen Vergleich verpflichtete, unzumutbare Lärmemissionen zu unterlassen und einen bestimmten Lärmdezibelwert nicht zu überschreiten. Vertrauend auf die Einhaltung dieses Vergleichs hat sich der Beschwerdeführer zur Zurücknahme der Berufung im Baubewilligungsverfahren verpflichtet und die Berufung hierauf zurückgezogen, sodass der Baubewilligungsbescheid vom 29. September 1980 in Rechtskraft erwuchs.
Mit Eingabe vom 9. Mai 2000 beantragte der Beschwerdeführer zu dem genannten Baubewilligungsbescheid vom 29. September 1980 die nachträgliche Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen gemäß § 46 der O.ö. Bauordnung 1994. Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde kam seiner Entscheidungspflicht nicht nach, weshalb der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 26. März 2001 einen Devolutionsantrag an den Gemeinderat einbrachte. Auf Grund dieses Devolutionsantrages hat der Gemeinderat über den Antrag vom 9. Mai 2000 entschieden und diesen mit Bescheid vom 19. September 2001 (Gemeinderatsbeschluss vom 18. September 2001) zurückgewiesen. § 46 Abs. 1 O.ö. BauO 1994 sei ausschließlich von Amts wegen wahrzunehmen. Auf die Anwendung dieser Bestimmung komme niemandem, insbesondere auch keinem Nachbarn ein Rechtsanspruch zu.
Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid abgewiesen. Ausdrückliche Regelungen betreffen die Parteistellung des Nachbarn enthielten die §§ 31 und 32 der O.ö. BauO 1994. Der Oberösterreichische Landesgesetzgeber habe den Nachbarn also - bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen - im Baubewilligungsverfahren die Stellung einer Partei eingeräumt. Das Baubewilligungsverfahren, das nur auf Antrag durchgeführt werde, sei aber streng zu trennen von einem amtswegigen Verfahren nach § 46 leg. cit. Da in dieser Bestimmung - ebenso wie beispielsweise im baupolizeilichen Auftragsverfahren - eine Parteistellung des Nachbarn nicht ausdrücklich vorgesehen sei, bestehe auch kein Rechtsanspruch des Nachbarn auf Erlassung eines zusätzliche Auflagen bzw. Bedingungen vorschreibenden Bescheides.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:
§ 46 der O.ö. BauO 1994 in der Fassung LGBl. Nr. 70/1998 lautet wie folgt:
"Nachträgliche Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen
(1) Ergibt sich nach Erteilung der Baubewilligung, dass das ausgeführte Bauvorhaben den dafür geltenden baurechtlichen Vorschriften trotz Einhaltung der im Baubewilligungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen und Bedingungen nicht hinreichend entspricht und tritt dadurch eine Gefährdung für das Leben und die körperliche Sicherheit von Menschen oder eine unzumutbare Belästigung der Nachbarschaft ein, kann die Baubehörde andere oder zusätzliche Auflagen und Bedingungen vorschreiben, soweit dies zur Beseitigung der Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung erforderlich ist.
(2) Abs. 1 ist auf bewilligungspflichtige Bauten, für die eine Baubewilligung nicht erteilt wurde oder nicht nachgewiesen werden kann, für die aber die Annahme eines vermuteten Baukonsenses berechtigt ist, sinngemäß anzuwenden."
Aus dieser Bestimmung ergibt sich nun nicht, dass dem Nachbarn ein Anspruch auf Erlassung eines dementsprechenden Bescheides zukäme. Während die Parteistellung des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in den §§ 31, 32 und 33 geregelt ist, enthält die O.ö. BauO 1994 keine Bestimmung, wonach Nachbarn im Verfahren zur Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages oder eines Auftrages gemäß § 46 leg. cit. Parteistellung zukäme.
Aus der Bestimmung des § 118 Abs. 8 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 hat der Verwaltungsgerichtshof den Schluss gezogen, dass den Nachbarn im Verfahren zur Vermeidung von Bauordnungswidrigkeiten (§ 112) und baubehördlichen Maßnahmen (§ 113) Parteistellung zukomme. Die Bestimmung des § 118 Abs. 8 NÖ BO 1976 sah vor, dass als Anrainer (richtiger: Nachbarn) alle Grundstückeigentümer Parteistellung gemäß § 8 AVG genießen, wenn sie in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden. Hinsichtlich der Verfahren nach §§ 11, 108 und 110 leg. cit. sah § 118 Abs. 8 ausdrücklich vor, dass hier Nachbarn keine Parteistellung zukomme. Aus der allgemeinen Umschreibung in § 118 Abs. 8 leg. cit., dass den Nachbarn Parteistellung zukommt, wenn sie in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden, und dem Umstand, dass im nächsten Satz ausdrücklich normiert wurde, dass den Nachbarn in den Verfahren nach §§ 11, 108 und 110 keine Parteistellung zukomme, in diesem Satz jedoch ein Hinweis auf §§ 112 und 113 fehlte, schloss der Verwaltungsgerichtshof, dass in diesen Verfahren Nachbarn Parteistellung zukomme.
Bei einem Vergleich der Bestimmung des § 118 Abs. 8 NÖ BO 1976 mit jenen Bestimmungen, die nach der geltenden O.ö. BauO 1994 die Parteistellung der Nachbarn regeln, fällt auf, dass die Parteistellung nach der O.ö. BauO 1994 ausschließlich im Baubewilligungsverfahren eingeräumt wird. Eine Auslegung, den Nachbarn dennoch im Auftragsverfahren bzw. im Verfahren gemäß § 46 leg. cit. Parteistellung zuzuerkennen, fände in der anzuwendenden Rechtslage keine Deckung.
Allerdings hat der Bürgermeister seine aus § 46 O.ö. BauO erfließenden Amtspflichten auf Grund von Anzeigen von Nachbarn zu erfüllen (vgl. dazu die Ausführungen und die zitierte Judikatur des OGH in Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 5. Auflage, S. 224ff).
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher frei von Rechtsirrtum. Da dem Beschwerdeführer kein Anspruch auf Erlassung eines Auftrages gemäß § 46 O.ö. BauO 1994 zukam, lag auch kein Verfahrensmangel vor, da die verfahrensrechtlichen Ansprüche einer Partei nicht weitergehen als ihre materiellen Rechte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. November 1974, Slg. Nr. 8.713/A, sowie vom 8. November 1976, Slg. Nr. 9.170/A).
Da somit schon die Beschwerde erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtswidrigkeiten nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 19. März 2002
Schlagworte
Baurecht Nachbar Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002050141.X00Im RIS seit
13.06.2002