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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §52 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des H N, Graz, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 7. April 1999, Zl. UVS 30.8-43/97-24, betreffend Sachverständigengebühren in einem Verfahren betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 181,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom 25. Feber 1998 wurde der Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 38 Abs. 1 lit. a StVO 1960 bestraft, weil er zu einem bestimmten Tatzeitpunkt bei gelbem nicht blinkenden Licht sein Fahrzeug auf der Heinrichstraße in Graz in Fahrtrichtung Westen fahrend nicht vor der Haltelinie angehalten habe; es wurde eine Geldstrafe (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) über ihn verhängt. Das im Verwaltungsstrafverfahren eingeholte Gutachten eines Sachverständigen für das Kraftfahrwesen hatte sich mit der Frage zu befassen, ob dem Beschwerdeführer ein sicheres, rechtzeitiges Anhalten im Sinne des § 38 Abs. 1 lit. a StVO 1960 noch möglich gewesen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 8. September 1998, Zl. 98/03/0148, die Behandlung der gegen den genannten Bescheid gerichteten Beschwerde ab.
Mit dem angefochtenen Bescheid legte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer "gemäß § 52 Abs. 2 AVG in Verbindung mit § 76 Abs. 1 AVG und § 64 Abs. 3 VStG in Verbindung mit den §§ 24, 25 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 die im Verfahren GZ. ... entstandenen Barauslagen in Form von Sachverständigengebühren des ... in der Höhe von insgesamt S 7.547,--" zur Zahlung binnen zwei Wochen auf.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 52 Abs. 2 AVG lautete:
"§ 52. ...
(2) Wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten ist, kann die Behörde aber ausnahmsweise andere geeignete Personen als Sachverständige (nichtamtliche Sachverständige) heranziehen. ..."
§ 53a Abs. 1 AVG lautet:
"§ 53a. (1) Nichtamtliche Sachverständige haben für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren nach den §§ 24 bis 37 und 43 bis 51 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975. Die Gebühr ist gemäß § 38 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen herangezogen hat."
§ 64 Abs. 3 VStG lautet:
"§ 64. ...
(3) Sind im Zuge des Verwaltungsverfahrens Barauslagen erwachsen (§ 76 AVG), so ist dem Bestraften der Ersatz dieser Auslagen aufzuerlegen, sofern sie nicht durch Verschulden einer anderen Person verursacht sind; der hienach zu ersetzende Betrag ist, wenn tunlich, im Erkenntnis (der Strafverfügung), sonst durch besonderen Bescheid ziffernmäßig festzusetzen. Dies gilt nicht für Gebühren, die den Dolmetscher zustehen, der dem Beschuldigten beigestellt wurde. ..."
Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde zunächst vor, dass sie abgesehen davon, dass sie ein unnotwendiges, da zur Erforschung der materiellen Wahrheit völlig ungeeignetes Gutachten eingeholt habe, entgegen den Bestimmungen des § 52 Abs. 1 AVG keinen amtlichen Sachverständigen beigezogen habe. Dass die zuständige Fachabteilung 5 mit Schreiben vom 13. November 1995 mitgeteilt habe, dass es hier wegen laufender personeller Engpasssituationen nicht möglich sei, dem UVS Sachverständige zur Verfügung zu stellen, reiche für ein im April 1997 in Auftrag gegebenes Gutachten wohl nicht aus.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid auf Schreiben der Fachabteilungsgruppe Landesbaudirektion vom 17. Februar 1992 und vom 13. November 1995 verwiesen, wonach es nicht möglich sei, dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark amtliche KFZ-Sachverständige zur Abgabe von kraftfahrtechnischen Gutachten wegen laufender personeller Engpasssituationen zur Verfügung zu stellen. Vor diesem Hintergrund begegnet es auf dem Boden der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juli 2001, Zl. 97/03/0147) keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde davon ausging, dass ihr kein Amtssachverständiger zur Verfügung stand, und sie den nichtamtlichen Sachverständigen beizog. Das Sachverständigengutachten bildete Grundlage des von der belangten Behörde gegen den Beschwerdeführer gefällten Straferkenntnisses und war erforderlich, die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren erhobenen Einwendungen zu überprüfen. Es kann daher grundsätzlich nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde die Auffassung vertrat, der Beschwerdeführer hätte die Barauslagen zu ersetzen, zumal diese auch nicht durch Verschulden anderer Personen im Sinne des § 64 Abs. 3 VStG verursacht worden waren.
Dennoch ist der Beschwerde Erfolg beschieden.
Die belangte Behörde hat der oben zitierten Bestimmung des § 64 Abs. 3 VStG nicht hinreichend Bedeutung beigemessen. Im Spruch des gegen den Beschwerdeführer erlassenen Straferkenntnisses vom 25. Feber 1998 hatte sie zu den Verfahrenskosten ausgesprochen, dass "gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG" die Kosten des "Verfahrens zweiter Instanz mit S 160,-- festgesetzt und bestimmt" würden und dass der Beschwerdeführer "die Strafe, die Kosten des Verfahrens der ersten und der zweiten Instanz binnen vier Wochen bei sonstigem Zwang zu entrichten" habe. Ein Ausspruch zu den Barauslagen im Sinne des § 64 Abs. 3 VStG findet sich im Spruch dieses Straferkenntnisses nicht, sondern es wird darin ausdrücklich nur auf § 64 Abs. 1 und 2 VStG Bezug genommen. Lediglich im Rahmen der Begründung hielt die belangte Behörde fest, dass die Kosten des Sachverständigen nach deren Festsetzung mittels eines gesonderten Bescheides vorgeschrieben würden.
Gemäß § 64 Abs. 3 VStG bedarf es jedoch eines Ausspruches, dass dem Bestraften der Ersatz der im Verwaltungsstrafverfahren erwachsenen Barauslagen auferlegt wird (sofern nicht durch das Verschulden einer anderen Person verursacht). Dieser Ausspruch hat im Spruch des Straferkenntnisses zu erfolgen. Lediglich die ziffernmäßige Festsetzung des zu ersetzenden Betrages ist, wenn im Straferkenntnis nicht tunlich, durch besonderen Bescheid vorzunehmen. Das genannte Straferkenntnis der belangten Behörde hat diesem Erfordernis nicht entsprochen; die Ausführungen lediglich in der Begründung des Straferkenntnisses zur (von der Behörde beabsichtigten) Vorschreibung der Sachverständigengebühren reichten nicht aus. Indem die belangte Behörde deren Ersatz nunmehr entgegen § 64 Abs. 3 VStG mit dem angefochtenen Bescheid vorschrieb, belastete sie diesen mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Weil der Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht tatsächlich durch einen Rechtsanwalt "vertreten" war, gebührte ihm gemäß § 49 Abs. 1 VwGG kein Schriftsatzaufwand (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. September 1997, Zl. 97/02/0214).
Wien, am 20. März 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999030211.X00Im RIS seit
04.06.2002Zuletzt aktualisiert am
04.11.2011