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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §509;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde 1. der E S in B und 2. des Mag. W S, Rechtsanwalt in 4470 Enns, Stadlgasse 5, die Erstbeschwerdeführerin vertreten durch den Zweitbeschwerdeführer, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 10. April 2000, Zl. WA-104500/1-2000- Pan/Ne, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag,
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen. und 2. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Erstbeschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,--, der Bund hat dem Zweitbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Der Zweitbeschwerdeführer ist Eigentümer einer Liegenschaft in B, zu der das Grundstück Nr. 275/13, KG K, und (u. a.) das Haus K Nr. 35 gehören. Auf Grund des Verdachtes, dass die auf dieser Liegenschaft befindliche, wasserrechtlich bewilligte Abwasserbeseitigungsanlage undicht sei und nicht konsensgemäß betrieben werde, ordnete die Bezirkshauptmannschaft G (die Erstbehörde) eine wasserrechtliche Überprüfung an. In der Folge führte die Erstbehörde am 14. April 1999, 7. Juni 1999 und 28. September 1999 Ortsaugenscheine durch, zu denen der Zweitbeschwerdeführer jeweils geladen wurde.
Mit Bescheid vom 22. November 1999 erteilte die Erstbehörde dem Zweitbeschwerdeführer, gestützt auf die §§ 98 und 138 Abs. 1 iVm § 32 Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 den Auftrag, bis zum 31. Mai 2000 die Versickerung bzw. Verrieselung der häuslichen Abwässer bei der Liegenschaft K 35 in der Stadtgemeinde B in den Untergrund durch den Verschluss des Überlaufes der Abwasserbeseitigungsanlage in dauerhafter und flüssigkeitsdichter Form zu unterbinden.
Ihren Bescheid begründete die Erstbehörde (u.a.) damit, dass anlässlich der am 28. September 1999 durchgeführten Überprüfung festgestellt worden sei, dass die anfallenden häuslichen Abwässer in einer Dreikammer-Faulanlage, die seit Jahren nicht mehr gewartet werde, vorgereinigt würden und anschließend über einen Überlauf in das Grundwasser zur Versickerung oder Verrieselung gebracht würden. Dem vom Zweitbeschwerdeführer unter Hinweis auf § 33g WRG 1959 erstatteten Vorbringen, die Abwasserbeseitigungsanlage für das Objekt K 35 wäre in den Sechziger-Jahren errichtet worden und würde bis heute einwandfrei funktionieren, sei zu erwidern, dass die gegenständliche Anlage deshalb nicht als wasserrechtlich bewilligte Anlage im Sinn dieser Gesetzesbestimmung angesehen werden könne, weil ein ordnungsgemäßer Betrieb und eine ordnungsgemäße Instandhaltung nicht hätten nachgewiesen werden können. Davon könne ausgegangen werden, weil der Liegenschaftseigentümer, wie sich beim Lokalaugenschein am 28. September 1999 gezeigt habe, nicht wisse, wo sich die Anlage auf seinem Grundstück befinde.
Gegen diesen Bescheid erhob der Zweitbeschwerdeführer die Berufung vom 7. Dezember 1999, in der er im Wesentlichen vorbrachte, er sei zwar Eigentümer des Hauses K 35, es stehe die Benützung der Liegenschaft jedoch nicht ihm, sondern dritten Personen zu, weshalb er im Verfahren nicht passiv legitimiert sei. Dem offenen Grundbuch 42 K könne zur EZ 45 entnommen werden, dass gemäß Übergabsvertrag vom 28. April 1992 für Dr. E S und die Erstbeschwerdeführerin, die Eltern des Zweitbeschwerdeführers, ein Fruchtgenussrecht (§ 509 ff ABGB) an der gesamten Liegenschaft und somit auch hinsichtlich des Hauses K 35 bestehe. Wegen dieses Fruchtgenussrechtes sei er weder Inhaber noch Betreiber der Abwasserbeseitigungsanlage und habe er nicht einmal die Möglichkeit, irgendwelche baulichen Maßnahmen eigenmächtig ohne Zustimmung des Fruchtgenussberechtigten durchzuführen oder aufzutragen. Ferner habe die Anlage immer anstandslos funktioniert, sei diese von seinem Vater als Eigentümer bzw. später als Fruchtgenussberechtigten im notwendigen Umfang gewartet und in Stand gehalten worden und werde sie nach dem Ableben seines Vaters im Oktober 1998 von der Erstbeschwerdeführerin als Fruchtgenussberechtigten weiter betrieben und im notwendigen Umfang gewartet. Darüber hinaus sei die Anlage um 1960 errichtet worden und gelte diese gemäß § 33g WRG als bewilligt.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 10. April 2000 wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG aus Anlass der Berufung vom 7. Dezember 1999 der erstinstanzliche Bescheid insoweit abgeändert, dass dem Zweitbeschwerdeführer aufgetragen wurde, bis zum 30. Juni 2000 die Ableitung der häuslichen Abwässer beim Haus K 35 in der Stadtgemeinde B einzustellen, den Ablauf der Abwasserbeseitigungsanlage für dieses Haus dauerhaft und flüssigkeitsdicht zu verschließen oder im Haus K Nr. 35 auf dem Grundstück Nr. 275/13, KG K, alle Abläufe für Schmutzwasser und Grauwasser in dauerhafter und flüssigkeitsdichter Form zu verschließen. Im Übrigen wurde die Berufung abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass das Haus K 35 derzeit von sechs Personen bewohnt werde, wobei zwei Personen das Haus als Nebenwohnsitz diene. Am 24. Februar 2000 habe die belangte Behörde in einem (anderen( Verfahren betreffend eine Erweiterung der Wasserversorgungsanlage der Stadtgemeinde B eine wasserrechtliche Verhandlung durchgeführt, bei der auch beide Beschwerdeführer anwesend gewesen seien und in deren Verlauf die Straße entlang der gegenständlichen Liegenschaft besichtigt worden sei. Auf das vorliegende Berufungsverfahren angesprochen, habe die Erstbeschwerdeführerin erklärt, dass die Dreikammer-Faulanlage ordnungsgemäß betrieben würde bzw. sie die Lage der Anlage kennen würde, sie jedoch dem Verhandlungsleiter die Anlage mit der Begründung nicht zeigen wollte, dass sie bereits sehr schlechte Erfahrungen mit Behörden gemacht hätte.
Begründend führte die belangte Behörde weiter aus, dass vom Zweitbeschwerdeführer unbestritten durch eine Abwasseranlage eine gemäß § 32 WRG 1959 wasserrechtlich bewilligungspflichtige Einwirkung auf Gewässer erfolge. Die Abwasseranlage entspreche nicht mehr dem Stand der Technik, weil sie laut Zweitbeschwerdeführer in den Sechzigerjahren errichtet worden sei und damals gängige Anlagen (Dreikammer-Faulanlagen) eine äußerst mangelhafte Reinigungsleistung aufwiesen. Zum Berufungseinwand, dass der wasserpolizeiliche Auftrag nicht gegen ihn, sondern gegen seine Mutter als Fruchtgenussberechtigte zu richten gewesen wäre, sei festzuhalten, dass er als Eigentümer der Liegenschaft die darauf befindliche Abwasseranlage zu vertreten habe. Auch wenn zu Gunsten seiner Mutter ein Fruchtgenussrecht an der gesamten Liegenschaft bestehe, könne sie die Liegenschaft nur nützen, wie sie ihr vom Eigentümer übergeben worden sei. Die betreffende Abwasserbeseitigungsanlage sei nicht von der Erstbeschwerdeführerin, sondern vom Rechtsvorgänger des Zweitbeschwerdeführers errichtet worden. Sollte die Erstbeschwerdeführerin vor Übergabe der Liegenschaft an ihren Sohn Eigentümerin gewesen sein, so sei trotzdem der Zweitbeschwerdeführer Adressat dieses (wasserpolizeilichen) Auftrages, weil er als Rechtsnachfolger die Neuerung (§ 32 WRG 1959) aufrechterhalte und auch tatsächlich nütze. Die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes berühre Dritte nicht in gesetzwidriger Weise, sodass das bestehende Fruchtgenussrecht den vorgeschriebenen Maßnahmen nicht entgegenstehen könne.
Mit Baubescheid vom 12. Oktober 1967 sei dem damaligen Eigentümer u.a. vorgeschrieben worden, die häuslichen Abwässer der Liegenschaft K 35 in eine flüssigkeitsundurchlässige dreikammerige Senkgrube abzuleiten, die keinen Überlauf erhalten dürfe. Aus den Unterlagen des Stadtamtes B gehe zwar die Errichtung der Anlage, nicht jedoch deren Lage hervor. Entgegen dem Vorbringen des Zweitbeschwerdeführers sei für den ordnungsgemäßen Betrieb einer flüssigkeitsdichten Senkgrube eine regelmäßige Entleerung auf alle Fälle erforderlich. Die belangte Behörde gehe daher davon aus, dass die Abwässer in weiterer Folge abgeleitet oder versickert würden. Diesbezügliche weitere Ermittlungen seien nicht notwendig gewesen, weil es sich in beiden Fällen um eine gemäß § 32 WRG 1959 bewilligungspflichtige Einwirkung handle bzw. auch der Zweitbeschwerdeführer durch Berufung auf § 33g leg. cit. eine Ableitung oder Versickerung eingestehe. Zur Wartung einer Dreikammer-Faulanlage gehöre eine weit gehende Entleerung zumindest einmal jährlich, und es müsse für eine Anwendbarkeit des § 33g WRG 1959 der jeweilige ordnungsgemäße Betrieb und die ordnungsgemäße Instandhaltung nachprüfbar sein. Bei mehreren behördlichen Lokalaugenscheinen mit einem Amtssachverständigen sei die Abwasseranlage nicht auffindbar gewesen. Der Zweitbeschwerdeführer habe diesbezüglich keine Auskunft geben bzw. Entsorgungsnachweise vorlegen können, und es habe auch die Erstbeschwerdeführerin jegliche Mitwirkung bei der Sachverhaltserforschung verweigert. Da folglich die Mitwirkungspflicht von den Betroffenen verletzt worden sei, gehe die Behörde davon aus, dass die Anlage nicht ordnungsgemäß betrieben werde, zumal eine Funktions- und Instandhaltungskontrolle durch die Behörde nie möglich gewesen sei.
Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides sei deshalb abgeändert worden, weil es im Zug des Ermittlungsverfahrens nicht möglich gewesen sei, die Anlage aufzufinden. Da jedoch vom Zweitbeschwerdeführer bzw. von der Erstbeschwerdeführerin immer behauptet worden sei, dass die Anlage betrieben werde, könne der Zweitbeschwerdeführer seiner Verpflichtung aus diesem wasserpolizeilichen Auftrag durch Verschluss des Ablaufes der Anlage nachweisbar nachkommen. Sollte die Anlage jedoch nicht auffindbar sein, erscheine alternativ die Vorschreibung des Verschlusses der Abläufe im Haus angebracht, um diesen wasserpolizeilichen Auftrag, wenn notwendig im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens, durchsetzen zu können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die von den beiden Beschwerdeführern gemeinsam erhobene Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die Beschwerdeführer bringen im Wesentlichen vor, dass der Zweitbeschwerdeführer wegen des bestehenden Fruchtgenussrechtes der Erstbeschwerdeführerin weder Inhaber noch Betreiber der Abwasserbeseitigungsanlage sei, das Haus ausschließlich von der Erstbeschwerdeführerin benützt werde, indem sie einerseits dort wohne und andererseits eine Wohnung verpachtet habe, und er keine Möglichkeit habe, auf die Nutzung irgendwelchen Einfluss zu nehmen oder bauliche Maßnahmen ohne Zustimmung der Fruchtgenussberechtigten durchzuführen. Allein diese entscheide über die Verwendung der gesamten Liegenschaft und sei zu deren Erhaltung verpflichtet.
Obwohl die Erstbeschwerdeführerin dem gesamten Verwaltungsverfahren als Partei nicht beigezogen und ihr gegenüber auch kein erstinstanzlicher Bescheid erlassen worden sei, sei auch sie, wie der Zustellverfügung des angefochtenen Bescheides entnommen werden könne, Adressat des Bescheides. Im Hinblick auf die Zustellung des angefochtenen Bescheides an die Erstbeschwerdeführerin sei nicht zu erkennen, ob auch ihr Parteistellung zukommen solle und ob der angefochtene Bescheid auch ihr gegenüber erlassen worden und somit verbindlich sei. Ferner gehe die belangte Behörde zu Unrecht davon aus, dass die Abwasserbeseitigungsanlage nicht mehr gewartet werde und nicht mehr anstandslos funktioniere, und es gelte diese gemäß § 33g WRG 1959 als bewilligt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Darin bringt sie u.a. vor, aus ihrem Bescheid ergebe sich eindeutig, dass der wasserpolizeiliche Auftrag an den Zweitbeschwerdeführer gerichtet sei und die Nennung der Erstbeschwerdeführerin in der Zustellverfügung diese nicht zum Adressaten des wasserpolizeilichen Auftrages machen könne.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
A) Zur Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin:
Der vorliegend angefochtene Bescheid enthält weder in seinem Kopf noch in seinem Spruch oder in seiner Begründung einen Hinweis darauf, dass durch den mit ihm erteilten wasserpolizeilichen Auftrag (auch) die Erstbeschwerdeführerin verpflichtet werden soll. Vielmehr wurde darin lediglich über die Berufung des Zweitbeschwerdeführers, dem gegenüber allein der erstinstanzliche Bescheid erlassen worden war, abgesprochen und aus Anlass dieser Berufung der an ihn gerichtete wasserpolizeiliche Auftrag abgeändert sowie darin nur der Zweitbeschwerdeführer als Partei bezeichnet. Wenn die belangte Behörde in der Zustellverfügung ihres Bescheides neben dem Zweitbeschwerdeführer auch die Erstbeschwerdeführerin anführte und dieser der Bescheid zugestellt wurde, so wurde sie dadurch nicht zur Bescheidadressatin im vorgenannten Sinn, konnte doch auf Grund des Gesamtinhaltes des angefochtenen Bescheides kein Zweifel darüber offen sein, dass dieser Bescheid ausschließlich an den Zweitbeschwerdeführer gerichtet ist, zumal die Erstbeschwerdeführerin - wie sie in der Beschwerde selbst vorbringt - dem Verwaltungsverfahren als Partei nicht beigezogen und ihr gegenüber auch kein erstinstanzlicher Bescheid erlassen worden war.
Da der angefochtene Bescheid somit nicht gegenüber der Erstbeschwerdeführerin erlassen wurde, konnte sie durch ihn nicht in Rechten verletzt werden. Demzufolge fehlt es ihr an der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde, weshalb ihre Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen war.
B) Zur Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers:
Gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatz derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert und der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.
Nach § 138 Abs. 2 leg. cit. hat in allen nicht unter Abs. 1 fallenden Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit die Wasserrechtsbehörde eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb deren entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist.
Adressat wasserpolizeilicher Aufträge nach § 138 Abs. 1 und 2 WRG 1959 ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, also derjenige, der eigenmächtig eine Neuerung vorgenommen hat. Von dieser Regel macht § 138 Abs. 4 idF der WRG-Novelle 1990, BGBl. Nr. 252, eine Ausnahme. Nach dieser Bestimmung kann, wenn das öffentliche Interesse die Beseitigung eigenmächtig vorgenommener Neuerungen, das Nachholen unterlassener Arbeiten oder die Sicherung von Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen verlangt und der nach Abs. 1 Verpflichtete nicht dazu verhalten oder zum Kostenersatz herangezogen werden kann, an seiner Stelle dem Liegenschaftseigentümer der Auftrag erteilt oder der Kostenersatz auferlegt werden, wenn er die eigenmächtige Neuerung, das Unterlassen der Arbeit oder die Bodenverunreinigung ausdrücklich gestattet hat oder wenn der Ablagerung zugestimmt oder sie freiwillig geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßen unterlassen hat.
Der Eigentümer einer Liegenschaft kann daher nach § 138 WRG 1959 in zweifacher Hinsicht Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages sein: Ist er derjenige, der die eigenmächtige Neuerung selbst vorgenommen hat, dann findet auf ihn § 138 Abs. 1 (oder 2) leg. cit. Anwendung, und zwar ohne die Einschränkung des Abs. 4. Wurden hingegen die eigenmächtigen Neuerungen nicht von ihm vorgenommen, dann kann er nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 138 Abs. 4 leg. cit. in Anspruch genommen werden. Der Ausdruck "Vornahme von Neuerungen" umfasst nicht nur die unmittelbar der Herstellung einer solchen Neuerung dienenden Maßnahmen, wie etwa Arbeiten an der Anlage u. dgl., sondern auch alle jene Akte, die erforderlich sind, um die Neuerung zu realisieren. Der Liegenschaftseigentümer kann daher auch dann Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 Abs. 1 (oder 2) WRG 1959 sein, wenn die Neuerung auf seinen Auftrag zurückgeht oder auf die Tätigkeit von Personen, deren Verhalten ihm zuzurechnen ist, wie z.B. Gehilfen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt auch die Aufrechterhaltung und Nutzung eines konsenslos bestehenden Zustandes eine Übertretung von Bestimmungen des WRG 1959 im Sinn des § 138 leg. cit. dar. Hiebei ist jedoch zu beachten, dass die WRG-Novelle 1990 dadurch, dass sie im § 138 Abs. 4 bestimmte Verhaltensweisen als Grundlage für eine lediglich subsidiäre Haftung des Grundeigentümers statuiert hat, eine Einschränkung des Spektrums jener Verhaltensweisen, die zu einer Heranziehung als Verursacher im Sinn des § 138 Abs. 1 (oder 2) WRG 1959 berechtigen, bewirkt hat. § 138 Abs. 4 leg. cit. schließt zwar nicht aus, dass der Grundeigentümer primär als Verursacher im Sinn des § 138 Abs. 1 (oder 2) leg. cit. herangezogen wird; wohl aber ist aus § 138 Abs. 4 leg. cit. zu folgern, dass der Grundeigentümer nicht (allein) wegen der in dieser Bestimmung genannten Verhaltensweisen (auch) als primär Verantwortlicher herangezogen werden kann. Für eine Heranziehung als Verursacher im Sinn des § 138 Abs. 1 (oder 2) leg. cit. müssen daher andere oder zusätzliche Faktoren vorliegen (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1997, Zl. 97/07/0027, mwN). Zur "Aufrechterhaltung und Nutzung" eines konsenslos geschaffenen Zustandes genügt es jedenfalls nicht, dass der Liegenschaftseigentümer den durch eine unzulässige Neuerung geschaffenen Zustand lediglich durch passives Verhalten bestehen lässt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2002, Zl. 2000/07/0023).
Im vorliegenden Fall wurde dem Zweitbeschwerdeführer aufgetragen, die Ableitung der häuslichen Abwässer einzustellen und Abläufe dauerhaft und flüssigkeitsdicht zu verschließen. Hiebei ging die belangte Behörde davon aus, dass die Abwasserbeseitigungsanlage in der bestehenden Form nicht vom Zweitbeschwerdeführer, sondern von seinem Rechtsvorgänger (seinem Vater) errichtet wurde. Unter der von der belangten Behörde getroffenen weiteren Annahme, dass diese Anlage nicht konsensgemäß ausgeführt sei bzw. betrieben werde, kann der Zweitbeschwerdeführer als Eigentümer der Liegenschaft und Anlage nur dann gemäß § 138 WRG verpflichtet werden, wenn er entweder selbst die Anlage benützt und somit häusliche Abwässer in diese Anlage ableitet oder wenn er die Einleitungen in die in seinem Eigentum stehende Anlage durch die Hausbewohner, somit die (fortgesetzte) Nutzung einer eigenmächtigen Neuerung, iS des § 138 Abs. 4 leg. cit. duldet, sofern seine Befugnisse als Eigentümer nicht durch eine (rechtlich und tatsächlich) selbstständige Verfügungsberechtigung der Hausbewohner beschränkt und ihm Abwehrmaßnahmen zumutbar sind. So hat der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 22. Februar 1994, Zl. 93/07/0154, in Bezug auf ein vermietetes Wohnhaus ausgeführt, der bloße Umstand, dass der Eigentümer die Liegenschaft vermietet habe, könne nicht dazu führen, dass eine vom Mieter ohne Zustimmung des Grundeigentümers vorgenommene eigenmächtige Neuerung auch als durch den Grundeigentümer vorgenommen angesehen werde, sodass ein wasserpolizeilicher Auftrag dann nicht an den Eigentümer zu richten sei, wenn ein Dritter über die Anlage oder die Liegenschaft rechtlich und tatsächlich selbstständig verfügungsberechtigt sei, insbesondere als Bestandnehmer (vgl. Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, Rz 20 zu § 138 WRG), und nicht Umstände vorlägen, die trotzdem eine (Mit)Inanspruchnahme des Liegenschaftseigentümers rechtfertigten.
Im Fall der Duldung der (fortgesetzten) Einleitung von Abwässern in die Anlage durch Hausbewohner im vorgenannten Sinn und des Unterlassens von zumutbaren Abwehrmaßnahmen kann von einem bloßen, durch passives Verhalten Bestehenlassen eines durch eine unzulässige Neuerung bereits geschaffenen Zustandes nicht gesprochen werden. Eine Haftung des Liegenschaftseigentümers nach § 138 Abs. 4 leg. cit. hat in einem solchen Fall - neben der Zumutbarkeit von Abwehrmaßnahmen - allerdings zur weiteren Voraussetzung, dass ein anderer, nach Abs. 1 Verpflichteter nicht zur Einstellung der Ableitung der häuslichen Abwässer oder zum Verschließen der Abläufe verhalten werden kann. In diesem Fall ist überdies die Bestimmung des § 138 Abs. 4 dritter Satz leg. cit. zu beachten, der zufolge § 31 Abs. 6 leg. cit. in allen Fällen dieses Absatzes sinngemäß Anwendung findet. Gemäß § 31 Abs. 6 leg. cit. idF der WRG-Novelle 1990 ist § 31 Abs. 4 auf Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen, die vor dem 1. Juli 1990 entstanden sind oder gesetzt wurden, mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Liegenschaftseigentümer nur zu Leistungen nach Abs. 3 (Maßnahmen zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung) herangezogen werden kann, wenn er die Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen, welche die Gewässerverunreinigung verursachen, auf eigenem Boden ausdrücklich gestattet und daraus in Form einer Vergütung für die Inanspruchnahme seines Eigentums einen Vorteil gezogen hat, wobei seine Leistungspflicht jedoch auf den Wert des Vorteils begrenzt ist, der die übliche Vergütung für die Inanspruchnahme seines Eigentums überstieg.
Die von der belangten Behörde für die Zurechnung der bescheidgegenständlichen eigenmächtigen Neuerung an den Zweitbeschwerdeführer vorgetragene Begründung, dass er trotz des von ihm ins Treffen geführten Fruchtgenussrechtes der Erstbeschwerdeführerin als Eigentümer der Liegenschaft die darauf befindliche Anlage zu vertreten habe, weil die Erstbeschwerdeführerin die Liegenschaft nur so nützen könne, wie sie ihr vom Eigentümer übergeben worden sei, ist jedenfalls in dieser Allgemeinheit für den Beschwerdefall unzutreffend. Der Zweitbeschwerdeführer hat unter Hinweis darauf, dass sein Vater Eigentümer der Liegenschaft gewesen sei, an ihn (den Zweitbeschwerdeführer) das Eigentum übertragen worden sei, mit Übergabsvertrag vom 28. April 1992 seinen Eltern jedoch das Fruchtgenussrecht im Sinn der §§ 509 ff ABGB an der ganzen Liegenschaft vorbehalten worden sei und dieses Recht der Erstbeschwerdeführerin zukomme, geltend gemacht, dass er die ihm aufgetragenen Maßnahmen nicht durchführen könne. Gemäß § 509 ABGB ist die Fruchtnießung (der Fruchtgenuss) das Recht, eine fremde Sache, mit Schonung der Substanz, ohne alle Einschränkung zu genießen. Dem Eigentümer bleiben alle Befugnisse, deren Ausübung das Recht des Fruchtnießers nicht beeinträchtigt, so etwa die Befugnis der Veräußerung oder einer weiteren Belastung der Liegenschaft. Der Fruchtnießer hat das ausschließliche Recht auf Ausübung der Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse, sodass der Eigentümer eines belasteten Anteils von dessen Verwaltung ausgeschlossen ist. Zur Nutzung und Verwaltung gehört neben dem Recht auf Eigenbenützung und Überlassung der Ausübung die Vermietung oder Verpachtung, und es hat der Fruchtnießer gegen jeden Störer die Möglichkeit der Klage nach § 523 zweiter Fall ABGB auf Unterlassung von Eingriffen (vgl. dazu Hofmann in Rummel, ABGB-Kommentar3, § 509 ABGB Rz 3). Der Fruchtnießer hat gegen den Eigentümer insoweit daher eine noch stärkere Rechtsposition als ein Mieter, dem im Sinn der obzitierten Judikatur auf Grund seiner rechtlich und tatsächlich selbstständigen Verfügungsberechtigung über eine Liegenschaft oder Anlage die nach § 138 WRG 1959 abzustellende Rechtswidrigkeit zuzurechnen ist (vgl. dazu auch Raschauer, aaO). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass zu diesen Erwägungen das von der belangten Behörde in ihrem Bescheid zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. April 1987, Zl. 86/07/0272, in keinem Gegensatz steht.
Von daher hat die belangte Behörde mit ihrer Auffassung, der Zweitbeschwerdeführer habe als Eigentümer der Liegenschaft bzw. Anlage trotz des Fruchtgenussrechtes der Erstbeschwerdeführerin an der gesamten Liegenschaft die Abwasseranlage zu "vertreten", weil die Erstbeschwerdeführerin die Liegenschaft nur nutzen könne, wie sie dieser vom Eigentümer übergeben worden sei, die Rechtslage verkannt.
Darüber hinaus hält auch die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, dass der Zweitbeschwerdeführer die Neuerung (offensichtlich gemeint: die Abwasserbeseitigungsanlage in der bestehenden Form) tatsächlich nütze, einer Überprüfung nicht stand. Diese Feststellung wird in der Beschwerde mit dem Vorbringen, dass die Erstbeschwerdeführerin auf Grund ihres Fruchtgenussrechtes an der gesamten Liegenschaft das Haus ausschließlich benütze, sie darin wohne und einen Teil verpachtet habe und der Zweitbeschwerdeführer auf die Nutzung keinen Einfluss nehmen könne, als unrichtig bestritten. Aus welchen beweiswürdigenden Erwägungen die belangte Behörde trotz des vom Zweitbeschwerdeführer im Wesentlichen bereits in seiner Berufung erstatteten gegenteiligen Vorbringens zu dieser Feststellung gelangte, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen, sodass ihm insoweit ein Begründungsmangel anhaftet.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher sowohl seinem Inhalt nach als auch infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften als rechtswidrig. Demzufolge war er, ohne dass noch auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden brauchte, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes - diese geht jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor - aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000, und der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Hiebei sind die beiden Beschwerdeführer nach ihrem verschiedenen Erfolg gesondert zu betrachten (vgl. dazu etwa die in H. Mayer, B-VG2, Anm. zu § 53 Abs. 1 VwGG zitierte hg. Judikatur).
Wien, am 21. März 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000070064.X00Im RIS seit
24.06.2002