TE Vwgh Erkenntnis 2002/3/21 2001/20/0698

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Veröffentlicht am 21.03.2002
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1997 §10;
AsylG 1997 §11;
AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs3;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2001/20/0699 2001/20/0700 2001/20/0701 2001/20/0702

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerden 1. des S M S, geboren am 16. Juli 1961, 2. der S F, geboren am 20. Februar 1969, 3. des mj. P S S, geboren am 30. Juli 1988, 4. der mj. S P S, geboren am 1. November 1990, und 5. des mj. S P S, geboren am 9. August 1996, alle in G, sämtliche vertreten durch Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen die Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates (ad 1.) vom 24. Oktober 2001, Zl. 216.509/0-VI/18/00 sowie (ad 2.-5.) jeweils vom 5. November 2001, Zlen. 216.989/0-VI/18/00, 216.989/3-VI/18/01, 216.989/2-VI/18/01 und 216.989/4-VI/18/01, wegen (ad 1.) §§ 7 und 8 AsylG sowie (ad 2.-5.) §§ 10 und 11 AsylG (weitere Partei jeweils: Bundesministers für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der unter Pkt. 1. genannte angefochtene Bescheid angefochtene wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die unter Pkten. 2.-5. genannten angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 908,-- (insgesamt daher EUR 4.540,--) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24. Oktober 2001 wies die belangte Behörde die Berufung des Erstbeschwerdeführers, eines am 14. Jänner 1999 in das Bundesgebiet eingereisten Staatsangehörigen des Iran, gegen den seinen Asylantrag abweisenden und die Zulässigkeit seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Iran feststellenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 31. März 2000 gemäß den §§ 7 und 8 AsylG ab. Mit den angefochtenen, gleichfalls im Instanzenzug ergangenen Bescheiden vom 5. November 2001 wurden die (in Bezug auf den Asylantrag des Erstbeschwerdeführers gestellten) Asylerstreckungsanträge der Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer gemäß den §§ 10 und 11 AsylG abgewiesen.

Den angefochtenen Bescheid vom 24. Oktober 2001 begründete die belangte Behörde im Wesentlichen mit der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Erstbeschwerdeführers zu dem (den) von ihm vorgebrachten fluchtauslösenden Ereignis(sen). Der Erstbeschwerdeführer habe vor dem Bundesasylamt bzw. in der vor der belangten Behörde durchgeführten Berufungsverhandlung vorgebracht, er hätte 1996/1997 über Ersuchen seines Freundes L. Räumlichkeiten in Shiraz zur Herstellung der Zeitung "Nim-Negah" mitfinanziert, deren liberale Linie er "in gewisser Weise" mitgestaltet hätte. Er hätte aber nie einen Artikel selbst verfasst und sein Name wäre auch nie in einem Artikel dieser Zeitung (die etwa die "dogmatische Art des Freitag-Imams" kritisiert hätte) aufgeschienen. Er hätte sich aber mit den Herausgebern und Redakteuren der Zeitung, die zunächst eine (nach den Angaben in der Berufungsverhandlung sogar: die in der Region erste) farbige Wochenzeitung und seit 1997 eine Tageszeitung gewesen sei, oft getroffen. Im September 1998 wäre (nach einer Serie von Drohanrufen) sein Sohn von einem Motorrad angefahren worden, wozu der Ehegattin des Erstbeschwerdeführers in einem Anruf mitgeteilt worden wäre, dass dies Absicht gewesen wäre. Man hätte seiner Ehegattin gesagt, dass dies erst der Anfang gewesen wäre und man würde weitere Dinge unternehmen, wenn der Erstbeschwerdeführer "damit nicht aufhöre".

Am Abend des 12. Dezember 1998 wären vier Zivilpersonen in das Büro des Erstbeschwerdeführers gekommen und hätten ihn nach Durchsuchen seines Büros und Bedrohung mit einer Pistole in einem Pkw weggebracht. Der Erstbeschwerdeführer wäre mit verbundenen Augen in einen Raum mit lediglich einem Stuhl gebracht worden. Dort hätte ihm ein Mann mit einer Maske auf dem Gesicht vorgehalten, dass er doch schon angerufen worden wäre und dass er mit der "Freiheitssache und diesem Freiheitsdrang" aufhören sollte. Der Erstbeschwerdeführer wäre drei Tage und drei Nächte von den unbekannten Männern, von denen er annehme, dass sie zum iranischen Nachrichtendienst gehörten, angehalten und dabei immer wieder geschlagen und nach Namen (jener Personen, welche die genannte und eine weitere liberale Zeitung mitfinanziert hätten) gefragt worden.

Die belangte Behörde gab im angefochtenen Bescheid sodann wörtlich die Aussagen des Erstbeschwerdeführers in der Berufungsverhandlung wieder, die sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen lassen: Nach Verweis auf seine Angaben vor dem Bundesasylamt und gab der Erstbeschwerdeführer über Befragen an, er sei vor den von ihm geschilderten Ereignissen bereits einmal, nämlich im Sommer 1989, in dreimonatiger Untersuchungshaft gewesen, weil er befreundete Mujaheddin zu Hause versteckt habe. Von den anderen Mitfinanziers der Zeitung sei nur sein Freund L., der gleichzeitig stellvertretender Chefredakteur der Nim-Negah gewesen sei, bedroht worden. L. sei, wie der Erstbeschwerdeführer von seinem Bruder im Iran telefonisch erfahren habe, zwischenzeitig "verschwunden". Nach der Flucht habe der Erstbeschwerdeführer "nicht gewagt", seinen Bruder telefonisch nach dem weiteren Schicksal des L. zu befragen, weil er den Bruder mit solchen Gesprächen im Hinblick auf eine mögliche Überwachung auch von Mobiltelefonen im Iran nicht habe in Gefahr bringen wollen.

Dem angefochtenen Bescheid zufolge holte die belangte Behörde mit Zustimmung des Erstbeschwerdeführers Erkundungen über dessen Angaben im Wege einer Vertrauensperson der Österreichischen Botschaft in Teheran ein. Diese - im Verwaltungsakt allerdings im Gegensatz zu der Note, mit der sie dem Erstbeschwerdeführer übermittelt wurde, und dessen Stellungnahme dazu nicht enthaltene -

Anfragebeantwortung habe nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen ergeben, dass es die vom Erstbeschwerdeführer genannte Tageszeitung noch immer gebe. Die von ihm (sowohl vor dem Bundesasylamt als auch in der Berufungsverhandlung) namentlich genannte Person H. wäre nach diesen Ermittlungen tatsächlich bei der Zeitung tätig gewesen, "aber nicht als Chefredakteur", und wäre jetzt Chef einer dem Kulturministerium unterstellten Behörde. Hingegen wäre nach Auskunft der Österreichischen Botschaft der vom Erstbeschwerdeführer genannte L. einem "länger" in der Zeitung beschäftigten Ansprechpartner und auch "mehreren Personen in der Tageszeitung" nicht bekannt gewesen. Nach den Ausführungen in der genannten Anfragebeantwortung verfüge die vom Erstbeschwerdeführer genannte Zeitung seit ihrem Erscheinen (auch) über Büroräumlichkeiten in Teheran.

Die dargestellten Ermittlungsergebnisse der Österreichischen Botschaft bezeichnete der Erstbeschwerdeführer in der Berufungsverhandlung als "an sich richtig" und gab dazu an, dass H. bereits früher mit dem genannten Ministerium zusammengearbeitet hätte. Die angebliche Unbekanntheit des L. in der (nunmehrigen) Redaktion der Zeitung könne sich der Erstbeschwerdeführer nur damit erklären, dass man in der Redaktion Angst davor habe, über L. zu sprechen. Vom Büro der Zeitung in Teheran, mit deren Mitbegründern der Erstbeschwerdeführer keinerlei Kontakt gehabt habe, habe er gewusst, die Haupttätigkeit der Zeitung sei allerdings immer in Shiraz erbracht worden.

Im Verhandlungsprotokoll vom 15. Februar 2001 hielt die belangte Behörde fest, dass (wovon sich die belangte Behörde in der Verhandlung selbst habe überzeugen können) die Nase des minderjährigen Sohnes des Erstbeschwerdeführers eine markante Deformierung aufweise, welche der Sohn des Erstbeschwerdeführers nach seinen Angaben in der Verhandlung auf den eingangs erwähnten Motorradunfall zurückführe. Der Sohn des Erstbeschwerdeführers habe bei seinen Aussagen in der Verhandlung nicht gewusst, ob seine Mutter Anzeige erstattet habe "oder ob ihn ein Polizist danach gefragt hat". Anschließend an diese Aussage hielt die belangte Behörde im Verhandlungsprotokoll fest:

"Angemerkt wird, dass der BW (=Erstbeschwerdeführer) leise auf Farsi den Satz: 'Was für ein Polizist?' von sich gegeben hat, bevor der Sohn die Frage beantwortet."

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde als erwiesen fest, dass der Erstbeschwerdeführer "in irgendeiner Form" an der Gründung der Tageszeitung Nim-Negah beteiligt gewesen sei. Hingegen könne nicht festgestellt werden, dass der Erstbeschwerdeführer tatsächlich von unbekannten Männern mehrere Tage lang festgehalten worden und wegen der Unterstützung der genannten Zeitung mit dem Tod bedroht worden sei. Auch könne nicht festgestellt werden, dass der Erstbeschwerdeführer wegen seiner materiellen Hilfe für diese Tageszeitung jemals von iranischen Behörden unter Druck gesetzt worden sei, dass somit die von ihm beschriebenen Verfolgungshandlungen jemals stattgefunden hätten. Die persönlichen Angaben des Erstbeschwerdeführers "bezüglich der angeblichen Ereignisse im Iran, welche bereits wiedergegeben wurden", seien (aus im Bescheid näher dargestellten Gründen, auf die im Folgenden noch einzugehen sein wird) widersprüchlich und inkonsequent und daher unglaubwürdig. Auf Grund dieser Feststellungen erübrige es sich nach Ansicht der belangten Behörde, darauf einzugehen, dass unter anderem "als notorisch anzusehen" sei, dass es (im Iran) zu einer großen Anzahl von Prozessen vor einem eigenen "Pressegericht" (nach dem angefochtenen Bescheid ein Sondergericht der islamischen Geistlichkeit) gekommen sei und dabei Journalisten, Zeitungsverleger und Intellektuelle (nach den Ausführungen des Bescheides an anderer Stelle auch Zeitungsherausgeber) verhaftet worden seien.

Die Abweisung der Asylerstreckungsanträge der Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer begründete die belangte Behörde in den eingangs unter den Punkten 2.-5. genannten Bescheiden vom 5. November 2001 damit, dass die in § 10 AsylG normierte Voraussetzung, nämlich die Asylgewährung an einen Angehörigen im Sinn des § 10 Abs. 2 AsylG (hier: an den Erstbeschwerdeführer), nicht erfüllt sei.

Gegen diese Bescheide richtet sich die gemeinsam verfasste Beschwerde der obgenannten Beschwerdeführer, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerde wendet sich, soweit sie den Erstbeschwerdeführer betrifft, unter anderem gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde, deren Gründe für die angebliche Unglaubwürdigkeit der Angaben des Erstbeschwerdeführers nicht stichhaltig seien. Abweichungen des Erstbeschwerdeführers in seinen Angaben vor dem Bundesasylamt einerseits und in der Berufungsverhandlung andererseits seien lediglich geringfügig und darauf zurückzuführen, dass seit dem geschilderten Vorfall geraume Zeit vergangen sei.

Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist die Beweiswürdigung der Behörde als Denkvorgang nur in dem Umfang einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als der Sachverhalt in einem mangelhaften Verfahren ermittelt wurde oder die Beweiswürdigung den Denkgesetzen oder den Erfahrungen des täglichen Lebens widerspricht (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 unter E. 262 ff zu § 45 AVG referierte Judikatur). Einer Schlüssigkeitsprüfung im genannten Sinn hält die Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid aus folgenden Gründen nicht stand:

Soweit die belangte Behörde, wie erwähnt, von einem widersprüchlichen Vorbringen des Erstbeschwerdeführers ausgeht, verweist sie darauf, dieser habe hinsichtlich der obgenannten Verhaftung durch vier Zivilpersonen gegenüber dem Bundesasylamt (am 27. Jänner 1999) angegeben, er hätte "nach dem Abnehmen der Augenbinde" gesehen, dass er in einem näher beschriebenen Zimmer gewesen wäre "und sich darin ein Mann mit einer Maske auf dem Gesicht befand". In der Berufungsverhandlung (am 15. Februar 2001) habe der Beschwerdeführer hingegen ausgesagt, er wäre allein im Zimmer gewesen, als er sich die Augenbinde abgenommen hätte und ein maskierter Mann hätte erst später das Zimmer betreten.

Zudem hätte der Erstbeschwerdeführer im Verfahren dargelegt, dass der von ihm genannte H. "Chefredakteur" der Zeitung gewesen sei, wohingegen H. zwar nach den Angaben der Österreichischen Botschaft tatsächlich bei der vom Erstbeschwerdeführer genannten Zeitung tätig gewesen wäre, aber nicht als Chefredakteur. Mit dem letztgenannten Argument übersieht die belangte Behörde freilich, dass auch der Erstbeschwerdeführer nach seinen im angefochtenen Bescheid (auf Seite 3) wiedergegebenen Aussagen vor dem Bundesasylamt H. nicht als "Chefredakteur" sondern als "Herausgeber" der Zeitung bezeichnet hat.

Wenn die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung weiter meint, es trage nicht zur Steigerung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Erstbeschwerdeführers bei, dass dieser einerseits auf die Einvernahme seines Sohnes bestanden habe, andererseits aber versucht habe, diesem "Antworten auf Farsi vorzuflüstern", wobei sie gleichzeitig auf den obzitierten Vermerk in ihrem Verhandlungsprotokoll verweist, so kommt diesem Argument schon deswegen keine tragende Bedeutung in der Beweiswürdigung der belangten Behörde zu, weil (abgesehen davon, dass der Sohn des Erstbeschwerdeführers in der Verhandlung nicht formell als Zeuge unter Wahrheitspflicht einvernommen wurde) der Erstbeschwerdeführer durch die eingeworfene Frage ("Was für ein Polizist?") keine "Antwort" vorgegeben hat, die für die Glaubwürdigkeit der Fluchtgeschichte des Erstbeschwerdeführers von erkennbarer Bedeutung wäre.

Im Übrigen hält es die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung für "nicht nachvollziehbar", dass der Beschwerdeführer nicht von sich aus die Filiale der Zeitung in Teheran angesprochen hat und für "überhaupt nicht nachvollziehbar", weshalb der Erstbeschwerdeführer bis zur Berufungsverhandlung nicht den Versuch unternommen hat, das Schicksal seines verschwundenen Freundes L. in Erfahrung zu bringen. Zu beiden Punkten hat der Erstbeschwerdeführer freilich schon in der Berufungsverhandlung sowohl mit den Denkgesetzen der Logik als auch mit den Erfahrungen des täglichen Lebens in Einklang stehende Erklärungen geliefert: Mit den Mitbegründern des (auch vom Erstbeschwerdeführer unbestrittenen) Büros der Zeitung in Teheran hätte er keinerlei Kontakt gehabt, weil die Haupttätigkeit der Zeitung in Shiraz erbracht worden wäre. Hingegen habe er ein Nachfragen über das Schicksal seines Freundes L. bei seinem Bruder im Iran, mit dem er in telefonischem Kontakt gestanden sei, nach eigenen Angaben deshalb "nicht gewagt", weil er ein Abhören von Telefongesprächen im Iran nicht ausschließe, und er Letztgenannten nicht in Gefahr habe bringen wollen.

Somit verbleibt von den wesentlichen Argumenten der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid einzig der obgenannte (angebliche) Widerspruch der Angaben des Beschwerdeführers in Bezug auf das Vorhandensein bzw. erst spätere Eintreten eines maskierten Mannes bei Abnahme der Augenbinde des Erstbeschwerdeführers nach seiner Festnahme. Selbst wenn man mit der belangten Behörde in den diesbezüglichen Angaben einen Widerspruch erkennen wollte (indem man aus der in Rede stehenden, vom Bundesasylamt protokollierten Antwort des Erstbeschwerdeführers herausliest, er habe damit auch eine Aussage darüber getroffen, seit wann sich der maskierte Mann im Zimmer befand), so vermag dieser Widerspruch (nicht zuletzt unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung, nach der das Erinnerungsvermögen über den zwischen den Befragungen des Erstbeschwerdeführers liegenden Zeitraum von zwei Jahren abnimmt) vor allem im Hinblick auf die untergeordnete Bedeutung des in Rede stehenden Themas im Gesamtzusammenhang der ansonsten - und zwar zum Teil auch nach der differenzierenden Beweiswürdigung der belangten Behörde - in sich stimmigen und nach dem Gesagten durch die im Bescheid dargestellten Ermittlungsergebnisse der österreichischen Botschaft in Teheran im Wesentlichen nicht widerlegten Fluchtgeschichte des Erstbeschwerdeführers letztere in ihrer Glaubwürdigkeit insgesamt nicht zu erschüttern.

Vor dem Hintergrund des von der belangten Behörde als "notorisch" bezeichneten Umstandes, dass in den Jahren 1999 und 2000 eine Vielzahl von u.a. Journalisten und Zeitungsherausgebern vor ein "Pressegericht" als Sondergericht der islamischen Geistlichkeit geführt wurden, kommt der aufgezeigten Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid Relevanz zu.

Der den Erstbeschwerdeführer betreffende angefochtene Bescheid vom 24. Oktober 2001 war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Mit der Aufhebung des den Erstbeschwerdeführer betreffenden Bescheides ist das Verwaltungsverfahren über dessen Asylantrag mit Wirkung ex tunc wieder offen. Die Bescheide, mit denen die Asylerstreckungsanträge der Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer abgewiesen wurden, sind insoferne vor rechtskräftiger Entscheidung über den Hauptantrag ergangen und aus diesem Grund inhaltlich rechtswidrig (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 22. November 2001, Zl. 2000/20/0578, mwN). Die eingangs unter den genannten Punkten 2.-5. zitierten Bescheide vom 5. November 2001 waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 52 Abs. 1 leg. cit., in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 21. März 2002

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001200698.X00

Im RIS seit

03.06.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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