Index
19/15 Vertragsrecht;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Grünstäudl und Dr. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des AAF (auch F, auch J) in Wien, geboren am 9. März 1971, vertreten durch Mag. Walter Dreischütz, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Alserbachstraße 35/1/3, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 31. März 1999, Zl. 200.902/0-VI/16/98, betreffend § 7 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Irak, reiste am 4. Mai 1997 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 6. Mai 1997 Asyl.
Bei der Einvernahme zu seinen Fluchtgründen am 7. Mai 1997 brachte er vor, er gehöre der Volksgruppe der Kurden an und sei in Bagdad aufgewachsen. Im Golfkrieg sei er in Kuwait eingesetzt gewesen und bei Luftangriffen der Alliierten geflüchtet. Zwei Monate nach Beendigung des Krieges habe er sich aber wieder beim Militär gemeldet. Im Jahr 1993, den genauen Zeitraum könne er nicht angeben, sei er "bei den Aufständen der Kurden gegen diese eingesetzt" worden. Er hätte gegen seine eigene Volksgruppe "und somit gegen eigene Familienmitglieder und Bekannte" militärisch vorgehen müssen und sei deshalb desertiert. In der daran anschließenden Zeit habe er sich in seinem Haus in Bagdad versteckt gehalten. Es sei öfters nach ihm gesucht worden, er habe sich aber jeweils auf dem Dach verstecken können. Am 28. April 1994, einem Geburtstag Saddam Husseins, sei er nach Arbil geflüchtet, wo er bis Juli 1994 bei einem Onkel gelebt und keine Probleme gehabt habe. Auf Grund von "Unruhen zwischen verschiedenen politischen Parteien" sei er mit dem Onkel und dessen Familie in weiterer Folge nach Shaqlawah verzogen, wo er bis Juli 1995 ohne Probleme gelebt habe. Im Juli 1995 sei er nach Zakho gegangen und im August 1995 in die Türkei ausgereist.
Bei der Einvernahme zu seinen Personalien und seinem Reiseweg, die der Aktenlage nach erst am 12. Mai 1997 stattfand, gab der Beschwerdeführer u.a. an, er sei "zur Zeit mittellos", werde "weder von Gerichten, Staatsanwaltschaften oder sonstigen Behörden gesucht" und sei "nicht vorbestraft". Bei einer Rückkehr in den Irak befürchte er "die Todesstrafe, weil ich den Irak illegal verlassen habe".
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 14. Mai 1997 gemäß § 3 des Asylgesetzes 1991 ab. Es gab die Angaben des Beschwerdeführers bei der ersten Einvernahme wieder, fügte aus der zweiten Einvernahme den Satz über das Fehlen von Vorstrafen sowie darüber hinzu, dass der Beschwerdeführer nicht gesucht werde (nicht aber auch die daran anschließende Äußerung über die bei einer Rückkehr in den Irak drohende Todesstrafe), traf sehr kurz gehaltene Feststellungen über die Verfassung des Irak, die Wehrpflicht im Irak und die autonome kurdische "Sicherheitszone" nördlich des 36. Breitengrades und begründete die Abweisung des Asylantrages im Wesentlichen damit, dass Desertion und Wehrdienstverweigerung "auch in klassisch demokratischen und rechtsstaatlichen Ländern mit Strafe bedroht" und "die Strenge und Art der angedrohten
Strafe ... nicht maßgeblich" seien. Außerdem zog es den
Ausschlussgrund des § 2 Abs. 2 Z 3 des Asylgesetzes 1991 heran, weil sich der Beschwerdeführer nach der Ausreise aus dem Irak in der Türkei "und zwangsläufig in Rumänien, Bulgarien, Ungarn, in der Tschechei oder Slowakei" aufgehalten habe.
In seiner Berufung gegen diese Entscheidung machte der Beschwerdeführer u.a. geltend, er sei im April 1991 in Bagdad wegen der Teilnahme an Aktivitäten einer schiitischen Oppositionsgruppe in Haft gewesen und aus dieser Haft zu einer Militäreinheit eingezogen worden. In der Folge sei er nördlich des 36. Breitengrades "bei militärischen Aktionen gegen die kurdische Zivilbevölkerung eingesetzt" gewesen und in Kirkuk desertiert, weil die militärischen Aktionen gegen die kurdische Zivilbevölkerung mit seiner eigenen kurdischen Volksgruppenzugehörigkeit unvereinbar gewesen seien und zudem den "Grundregeln menschlichen Verhaltens" widersprochen hätten. Angehörige der kurdischen Volksgruppe würden in Bezug auf die "Praxis der Einberufung und Militärdienstleistung" und hinsichtlich der gegen Deserteure verhängten Sanktionen im Vergleich zu anderen Wehrpflichtigen erheblich benachteiligt. Asylrelevant sei aber auch die Furcht des Beschwerdeführers vor "Verfolgung auf Grund der Verweigerung der Teilnahme an militärischen Aktionen der irakischen Armee, die vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und somit von der Völkergemeinschaft als den Grundregeln menschlichen Verhaltens widersprechend verurteilt" worden seien, wozu auf Absatz 171 des UNHCR-Handbuches verwiesen werde. Die Leistung des Militärdienstes in der "UN-Schutzzone" nördlich des 36. Breitengrades hätte der Durchsetzung von Zielsetzungen der irakischen Führung gedient, die den von der internationalen Gemeinschaft in Art. II lit. a und b und Art. III lit. e der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes geächteten Tatbestand des Völkermordes an der kurdischen Zivilbevölkerung darstellten. Gerade der Militäreinsatz, aus dem der Beschwerdeführer desertiert sei, mache auch deutlich, dass die erwähnte "Schutzzone" für ihn auf Dauer nicht sicher gewesen wäre und er daher keine innerstaatliche "Fluchtalternative" gehabt habe.
Die belangte Behörde ersuchte zu Teilen dieses Vorbringens das Regionalbüro des UNHCR in Wien um eine Auskunft, die am 22. Dezember 1998 erteilt wurde und wie folgt lautete:
"Sehr geehrte Frau Mag. Magele,
bezugnehmend auf Ihre Anfrage vom 16. September 1998 erlauben wir uns, Ihnen nach Rücksprache mit unserem Büro in Ankara folgendes mitzuteilen:
UNHCR liegen keine Informationen darüber vor, dass Kurden bei der Einberufung, Militärdienstleistung oder Bestrafung auf Grund von Wehrdienstverweigerung oder Desertion im Vergleich zu Wehrpflichtigen anderer ethnischer Herkunft diskriminiert werden.
Wir hoffen, Ihnen damit geholfen zu haben, wünschen Ihnen ein schönes Weihnachtsfest und verbleiben
mit freundlichen Grüßen ..."
Zum Vorhalt dieser Auskunft mit Schreiben vom 19. Jänner 1999 nahmen weder der Beschwerdeführer noch das Bundesasylamt Stellung.
In der mündlichen Berufungsverhandlung am 25. März 1999 wurde der Beschwerdeführer ergänzend einvernommen. Er bestätigte seine Angaben vom 7. Mai 1997, antwortete auf den (aktenwidrigen) Vorhalt, er habe damals behauptet, im Golfkrieg schon nach zehn Tagen geflüchtet zu sein, dass er sich erst im Februar 1991 von seiner Einheit entfernt habe, und gab an, er habe sich auf Grund einer Amnestie für Deserteure etwa einen Monat nach dem Ende des Golfkrieges wieder beim Militär gemeldet. Ende März 1991 sei seine Einheit nach Kirkuk geschickt worden, um die Kurden von dort zu vertreiben, woraufhin er neuerlich desertiert sei. Er sei nach Bagdad gegangen, habe sich einer Gruppe schiitischer Oppositioneller angeschlossen und sich an bewaffneten Unruhen vor allem im Stadtteil Al Thaura beteiligt. Anfang 1993 seien die zwei schiitischen Soldaten, mit denen zusammen er desertiert sei, verhaftet worden und hätten unter Misshandlungen seinen Namen und den eines Freundes preisgegeben. Daraufhin sei der Beschwerdeführer von der Polizei gesucht worden. Polizisten hätten seinen Eltern gesagt, es gebe einen Haftbefehl gegen ihn, weil er 1991 desertiert sei.
Dass er, wie in der nicht von ihm selbst verfassten Berufung angegeben, im April 1991 in Bagdad in Haft gewesen sei, treffe nicht zu. Dass die zweite Desertion, wie in der Niederschrift vom 7. Mai 1997 festgehalten, im Jahr 1993 und nicht 1991 stattgefunden habe, habe er bei der Einvernahme nicht gesagt. 1993 seien seine Eltern und sein älterer Bruder drei bis vier Wochen lang inhaftiert gewesen, weil der Beschwerdeführer nicht gefunden worden sei. Sein Vater sei in der Haft misshandelt worden und seither halbseitig gelähmt.
Auf den Vorhalt, dass er von einem Haftbefehl und von Sanktionen gegen Familienmitglieder bisher nichts gesagt habe, antwortete der Beschwerdeführer, er sei danach nicht gefragt worden. Der ägyptische Dolmetscher habe ihm bei der Ersteinvernahme dauernd vorgehalten, seine Dokumente seien gefälscht und es sei zweifelhaft, dass er überhaupt Iraker sei. Der Dolmetscher habe auch die Mitteilung des Beschwerdeführers, einer seiner Brüder sei 1987 wegen Sympathisierens mit den Kurden hingerichtet worden, als unwichtig abgetan, weshalb sie nicht in der Niederschrift festgehalten worden sei.
Zur Frage, warum er nicht im Nordirak geblieben sei, gab der Beschwerdeführer an, dass es dort viele Unruhen und bewaffnete Auseinandersetzungen gegeben habe und sein Onkel als Mitglied der Partei von Barzani viele Probleme gehabt habe. Von "den Behörden" sei der Beschwerdeführer jedoch nicht gesucht worden "bzw." habe er "keine Probleme" gehabt.
Die belangte Behörde erörterte schließlich in Verbindung mit der schon erwähnten Auskunft des UNHCR noch einen Auszug aus einem CIREA-Bericht vom 14. Dezember 1998 (der allerdings ein anderes Thema, nämlich die Verhältnisse im Nordirak, betraf) und hielt fest, aus den Urkunden gehe hervor, "dass Kurden bei der Einberufung, Militärdienstleistung oder Bestrafung von Wehrdienstverweigerung oder Desertion im Vergleich zu Wehrpflichtigen anderer ethnischer Herkunft nicht diskriminiert" würden. Dem widersprach der Beschwerdeführer, wobei er "als Beispiel" anführte, dass ihn seine arabischen Kameraden in der Armee schon auf Grund des bloßen Umstandes, dass er Kurde sei, als Verräter bezeichnet hätten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Asylantrag gemäß § 7 AsylG ab. Sie folgte im Wesentlichen den mündlichen Angaben des Beschwerdeführers über seine beiden Desertionen und seinen Aufenthalt im Nordirak sowie darüber, dass nach der zweiten Desertion des Öfteren in Bagdad nach ihm gesucht worden sei, und stellte weiters fest, Kurden würden "bei der Einberufung, Militärdienstleistung oder Bestrafung auf Grund von Wehrdienstverweigerung oder Desertion im Vergleich zu Wehrpflichtigen anderer ethnischer Herkunft nicht diskriminiert" und desertierte "einfache Soldaten" seien im Nordirak "keiner Verfolgung seitens der irakischen Behörden ausgesetzt". Die Angaben des Beschwerdeführers über seine Teilnahme an Aktivitäten schiitischer Oppositioneller, die Existenz eines Haftbefehls wegen der Desertion, die Verhaftung von Familienangehörigen und die Hinrichtung eines Bruders im Jahre 1987 erachtete die belangte Behörde als unglaubwürdige Steigerungen des Vorbringens.
In rechtlicher Hinsicht beurteilte die belangte Behörde den Fall wie folgt:
"Bezüglich der vom Asylwerber behaupteten Wehrdienstverweigerung bzw. Desertion ist auszuführen, dass die im Irak in Aussicht gestellte Strafe wegen dieser Delikte noch nicht die Annahme eines asylrelevanten Aspektes der vom Asylwerber behaupteten Furcht rechtfertigt. Desertion und Wehrdienstverweigerung sind auch in klassisch demokratischen und rechtsstaatlichen Ländern mit Strafe bedroht. Die Strenge und Art der angedrohten Strafe ist nicht maßgeblich. Auch nach ständiger Judikatur des VwGH stellt die Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes - sei es durch Nichtbefolgung eines Einberufungsbefehls, sei es durch Desertion - für sich allein noch keinen Asylgrund dar (vgl. VwGH v. 31.05.1989, 89/01/0059). Auf Grund der allgemeinen Wehrpflicht im Irak kommt es nicht zur zielgerichteten Auswahl von Personen mit bestimmten Eigenschaften oder Überzeugungen. Die Rekrutierung und damit auch die Bestrafung wegen Entziehung oder Verweigerung hat somit nicht erkennbar den Zweck, die Wehrpflichtigen in schutzwürdigen persönlichen Merkmalen (Rasse, Religion, politische Überzeugung, u.s.w.) zu treffen. Staatliche Maßnahmen zur Einhaltung der Wehrpflicht sind Ausfluss des Rechtes eines jeden Staates und stellen als solche keine Verfolgung i.S.d. GFK dar.
Eine asylrechtlich relevante Furcht vor Verfolgung besteht nach ständiger Judikatur des VwGH nur in solchen Fällen, in denen die Einberufung aus einem der in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 GFK angeführten Gründen erfolgt, in denen damit gerechnet werden müsste, dass ein Asylwerber hinsichtlich seiner Behandlung oder seines Einsatzes während des Militärdienstes aus diesen Gründen im Vergleich zu Angehörigen anderer Gruppierungen in erheblicher, die Intensität einer Verfolgung erreichende Weise benachteiligt würde, oder in denen davon auszugehen wäre, dass eine dem Asylwerber wegen Wehrdienstverweigerung drohende Strafe aus den in der GFK genannten Gründen schwerer als gegenüber anderen Staatsangehörigen verhängt werden würde (vgl. VwGH v. 30.04.1997, Zl. 96/01/0157; 28.01.1998, Zl. 97/01/0302, 0802).
Wie sich jedoch aus dem Schreiben des UNHCR vom 22.12.1998 ergibt, werden Kurden bei der Einberufung, Militärdienstleistung oder Bestrafung auf Grund von Wehrdienstverweigerung oder Desertion im Vergleich zu Wehrpflichtigen anderer ethnischer Herkunft nicht diskriminiert und gehen sohin die Ausführungen des Berufungswerbers, im Falle seiner Aufgreifung und Verurteilung einer differenzierten Bestrafung im Vergleich zu anderen irakischen Staatsangehörigen ausgesetzt zu sein, ins Leere. Auch die Ausführungen des Berufungswerbers im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat am 25.3.1999, wonach er auf Vorhalt des Antwortschreibens des UNHCR vom 22.12.1998 angab, dass ihn seine Kameraden arabischer Abstammung bei der Armee als Verräter bezeichnet hätten, da er Kurde sei, vermögen zu keinem anderen Ergebnis des Verfahrens zu führen, zumal laut ständiger Judikatur des VwGH die Verfolgung von staatlichen Stellen des Heimatlandes des Asylwerbers ausgehen muss bzw. der betreffende Staat nicht in der Lage oder nicht gewillt sein muss, die von anderen Stellen ausgehende Verfolgung hintanzuhalten.
Darüber hinaus sind dem gesamten Vorbringen des Asylwerbers keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass er auf Grund des Desertion wie auch immer geartete gravierende Probleme mit den Behörden seines Heimatlandes gehabt hätte, welche einen Verbleib des Asylwerbers in seinem Heimatstaat aus objektiver Sicht gesehen für ihn unerträglich gemacht hätte. Im Gegenteil, er hat ausdrücklich angeführt, sich vom 28.4.1994 bis zu seiner Ausreise am 23.8.1995 im Nordirak (bei seinem Onkel) aufgehalten zu haben, persönlich dort keine Probleme gehabt zu haben bzw. von den Behörden dort auch nicht gesucht worden zu sein. Die Verfolgung bzw. Furcht davor muss jedoch laut ständiger Judikatur des VwGH im gesamten Gebiet des Heimatstaates des Asylwerbers bestanden haben (vgl. VwGH 4.11.1992, 92/01/0555) und trifft dies im Falle des Asylwerbers, wie eben ausgeführt, keinesfalls zu.
Die Angaben des Berufungswerbers, dass im Nordirak sehr schwierige Lebensumstände herrschen sowie Unruhen verschiedener politischer Parteien stattfinden würden, vermögen daran nichts zu ändern, zumal daraus keine konkrete, asylrelevante und individuelle Verfolgungshandlungen des Asylwerbers abgeleitet werden kann."
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. Der angefochtene Bescheid kann insoweit, als er auf der Verneinung der Gefahr einer Verfolgung aus einem Konventionsgrund beruht, schon aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht Bestand haben. Die belangte Behörde hat die aus ihrer Sicht wesentliche Feststellung, Kurden würden (gemeint: im Irak) im Zusammenhang mit dem Militärdienst u.a. bei der Bestrafung wegen Desertion im Vergleich zu Wehrpflichtigen anderer ethnischer Herkunft nicht diskriminiert, nämlich auf eine Auskunft gestützt, die sich darin erschöpfte, dass ihrem Urheber über eine solche Diskriminierung keine Informationen vorlägen. Soll aus einer solchen Auskunft - entgegen dem ausdrücklichen Vorbringen des Asylwerbers - die von der belangten Behörde getroffene Feststellung abgeleitet werden, so setzt dies nach den Denkgesetzen die (ihrerseits begründungsbedürftige) Annahme voraus, dass die Diskriminierung mit einer gegenüber dem Beweiswert der Angaben des Asylwerbers ausreichenden Wahrscheinlichkeit nicht ohne Wissen des Auskunftgebers stattfinden könne. Dass diese Voraussetzung bezogen auf die Büros des UNHCR in Wien und Ankara erfüllt sei, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Nur aus der Betreffzeile des Faxschreibens ("Irak-Wehrdienst") geht im Übrigen hervor, dass sich die Auskunft überhaupt auf den Irak - und nicht etwa auf die Türkei - bezieht. Geht man davon aus, dass die belangte Behörde daran nicht zweifeln musste (obwohl auch der Aktenvermerk über die mit der Auskunft beantwortete Anfrage nicht auf den Irak Bezug nimmt), so wäre es angesichts der Behauptungen des Beschwerdeführers und des wenig reichhaltigen Ergebnisses der Anfrage nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes doch Aufgabe der belangten Behörde gewesen, die Sachverhaltsgrundlagen durch die Beiziehung weiterer, sich nicht im Hinweis auf das Fehlen von Informationen erschöpfender Quellen zu verbreitern. Erst danach wäre zu beurteilen gewesen, ob die Bestrafung kurdischer Wehrpflichtiger, die bei einem gegen Kurden gerichteten Einsatz (worauf die Anfrage an den UNHCR und die erteilte Auskunft im Übrigen nicht Bezug nehmen) desertiert sind, im Irak ohne asylrelevante Diskriminierung wegen der Volksgruppenzugehörigkeit erfolgt. Der Vollständigkeit halber ist hinzuzufügen, dass der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Äußerungen seiner Kameraden in der Antwort der belangten Behörde - die den Beschwerdeführer insoweit, dieses Vorbringen als Behauptung einer von Privaten ausgehenden Verfolgungsgefahr deutend, auf die Inanspruchnahme staatlichen Schutzes durch die irakischen Behörden verweist - nicht adäquat gewürdigt wird. Der Beschwerdeführer hat nicht behauptet, vor einer Privatverfolgung durch seine Kameraden geflohen zu sein. Er hat deren Äußerungen "als Beispiel" für die Gründe genannt, aus denen er im Zusammenhang mit einer Bestrafung wegen der Desertion eine diskriminierende Behandlung befürchte.
2. Was dem Beschwerdeführer auf Grund seiner (letzten) Desertion bei einer Ergreifung durch irakische Behörden drohe, hat die belangte Behörde weder zum Gegenstand von Ermittlungen gemacht noch - auch nur in groben Zügen - festgestellt. Sie hat die Rechtsmeinung vertreten, "Strenge und Art" der angedrohten Strafe seien "nicht maßgeblich", und sich zur Begründung der Ansicht, der Bestrafung fehle - ausgehend von einer Gleichbehandlung von Wehrpflichtigen kurdischer und anderer ethnischer Herkunft - ein asylrelevanter Aspekt, unter Hinweis auf ein Vorläufererkenntnis und zwei Nachfolgeerkenntnisse zum Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 29. Juni 1994, Zl. 93/01/0377, Slg. Nr. 14.089/A, auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berufen.
Das erwähnte, der weiteren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Fragen der Verfolgung wegen Wehrdienstverweigerung und Desertion zugrunde liegende Erkenntnis eines verstärkten Senates betraf die Befürchtung einer schweren Strafe ("mehrjährige Freiheitsstrafe, wenn nicht die Todesstrafe") und verwies seinerseits auf Aussagen in noch älteren Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes, an deren Beginn - in einer Verweisungskette - bereits ein zur drohenden Hinrichtung eines Wehrdienstverweigerers ergangenes Erkenntnis stand (Erkenntnis vom 7. Mai 1986, Zl. 84/01/0275; vgl. zum Iran, auf dessen Sanktionen sich dieses Erkenntnis bezog, aus der Zeit vor dem Erkenntnis des verstärkten Senates etwa auch die Erkenntnisse vom 10. Februar 1988, Zl. 86/01/0155, und vom 6. Mai 1992, Zl. 92/01/0408; in dem zuletzt zitierten Fall war auch drohende Folter behauptet worden).
Der Gefahr einer - wie es bei Steiner, Österreichisches Asylrecht (1990), 32, und in der Folgejudikatur genannt wurde - "unter Umständen auch strengen" Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion wurde in dieser zum Asylgesetz 1968 begründeten, zum Asylgesetz 1991 fortgeführten und in dem Erkenntnis des verstärkten Senates zusammengefassten Judikatur der Zusammenhang mit einem Konventionsgrund abgesprochen. Als Begründung genügte der Hinweis, die Militärdienstpflicht treffe alle jungen Staatsangehörigen (nach dem angeführten Erkenntnis vom 10. Februar 1988, das einen Berufsoffizier betraf, alle "Staatsbürger, die sich in ähnlichen Positionen befinden") in gleicher Weise. In Bezug auf die im Irak drohenden Sanktionen wurde im Erkenntnis vom 19. Oktober 1988, Zl. 88/01/0198, zunächst nur ohne nähere Erläuterung bemerkt, "dass die Folge der Nichtbefolgung der Wehrpflicht kein Verfolgungsgrund im Sinne der Genfer Konvention ist". Das bei Steiner, a.a.O., und im angefochtenen Bescheid zitierte Erkenntnis vom 31. Mai 1989, Zl. 89/01/0059, das ein behauptetes Todesurteil gegen einen Wehrdienstverweigerer aus dem Irak betraf, verwies im schon dargestellten Sinn auf die Betroffenheit aller im entsprechenden Alter befindlichen Staatsbürger "zumindest männlichen Geschlechts". Den Gründen für die Wehrdienstverweigerung oder Desertion wurde jeweils keine Bedeutung beigemessen (vgl. zur "Weigerung, aus Gewissensgründen den Militärdienst anzutreten," schon das Erkenntnis vom 1. Februar 1989, Zl. 89/01/0022; zu religiösen Gründen das Erkenntnis vom 29. März 1989, Zl. 88/01/0272, und die daran anschließenden Erkenntnisse; zu politischen Gründen etwas ausführlicher das Erkenntnis vom 17. Februar 1993, Zl. 92/01/0782). Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren drohe die Bestrafung "unabhängig davon, aus welchem Grund sie dieses Verhalten gesetzt haben" (so das zuletzt genannte Erkenntnis).
In dem Erkenntnis des verstärkten Senates wurde - insoweit in Zusammenfassung einer mit Erkenntnissen des Jahres 1992 begonnenen Judikaturlinie - aber die für die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft relevante Möglichkeit eingeräumt, dass "die Einberufung aus einem der in der Flüchtlingskonvention genannten Gründe erfolgt wäre oder aus solchen Gründen eine drohende allfällige Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung schwerer als gegenüber anderen Staatsangehörigen gewesen wäre". Dies wurde - abgesehen von der im weiteren Text des Erkenntnisses vorgenommenen Einbeziehung der Umstände, unter denen der Militärdienst abzuleisten sei - mit der auch im nunmehr angefochtenen Bescheid enthaltenen Formulierung verbunden, nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könne die Asylrelevanz der Einberufung bzw. Bestrafung "nur" in solchen Fällen zu bejahen sein.
In der Zeit nach dem Erkenntnis des verstärkten Senates wurde von Asylwerbern aus dem Irak - unter Hinweis auf die deutsche Rechtsprechung (vgl. die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. November 1992, NVwZ 1993, 789) -
mitunter geltend gemacht, die besonders drastische Sanktionierung von Verletzungen der Wehrpflicht beruhe in diesem Staat darauf, dass allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werde. In zumindest drei solchen Fällen verneinte der Verwaltungsgerichtshof daraufhin - entgegen seiner sonstigen Rechtsprechung - die Asylrelevanz einer Verfolgung wegen einer dem Asylwerber bloß unterstellten politischen Gesinnung ("...ändert nichts daran, dass es nicht eine solche Gesinnung war, die den Beschwerdeführer zu seiner Handlungsweise veranlasste"; so in den Erkenntnissen vom 21. Februar 1995, Zl. 94/20/0687, vom 28. November 1995, Zl. 94/20/0758, und vom 6. März 1996, Zl. 95/20/0110). Auch einer "unmenschlichen Vollzugspraxis von Strafen gegenüber Deserteuren" wurde - in einem weiteren den Irak betreffenden Fall - die Asylrelevanz abgesprochen, weil kein Zusammenhang mit einem Konventionsgrund bestehe (Erkenntnis vom 20. März 1997, Zl. 95/20/0370; vgl. zu den damaligen Sanktionen im Irak nur beispielsweise die Publikation des UNHCR, Flüchtlingsalltag in Österreich (1995), 141 ff, m.w.N.).
Dem gegenüber vertrat Ulrike Davy in einer rechtsvergleichenden, auch österreichische Rechtsprechung einbeziehenden Untersuchung (Suffolk Transnational Law Review, Vol. XVIII No. 1 (Winter 1995), 94 ff, 109 ff, 121 ff) den Standpunkt, der Durchsetzung der Wehrpflicht dienende Vorschriften, in denen keine Möglichkeit zur Ableistung eines Ersatzdienstes vorgesehen sei, seien nur scheinbar neutral. Bezogen auf Wehrdienstverweigerer und Deserteure brächten sie zum Ausdruck, dass deren allfällige politische oder religiöse Beweggründe nicht toleriert würden. Die vorherrschende Ansicht, den damit verbundenen Sanktionen fehle - im Normalfall - auch gegenüber Personen mit solchen Beweggründen die Asylrelevanz, beruhe auf dem Konsens über die Legitimität der Durchsetzung der Wehrpflicht auch gegenüber Personen, die dieser Pflicht nur unter Verstoß gegen ihre Überzeugungen gehorchen könnten. Es fehle in solchen Fällen nicht am Zusammenhang mit einem Konventionsgrund, sondern am Verfolgungscharakter der Sanktionen, wobei entscheidend sei, dass es bisher kein international anerkanntes Recht auf Wehrdienstverweigerung gebe (a.a.O., 109 ff). Diese Betrachtungsweise deckt sich weitgehend mit derjenigen in dem Standardwerk von Goodwin-Gill (The Refugee in International Law2 (Nachdruck 1998), 54 ff, insbesondere 57 f; vgl. zum Konventionsgrund auch die insofern einheitlichen Meinungen der Richter in der Entscheidung des United Kingdom Court of Appeal, Fall Sepet und Bulbul, vom 11. Mai 2001, Absätze 82, 88 ff, 154, 161, 168 f, 178 ff und 185; zu "laws of general application" allgemein Goodwin-Gill, a.a.O., 52 f und 365 in Fußnote 153).
Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich den zitierten Ausführungen von Davy an, was mit Rücksicht darauf, dass die vorliegende Entscheidung zu einem formell neuen Gesetz ergeht und das oben angeführte Wort "nur" in dem Erkenntnis des verstärkten Senates in den auf dieses Erkenntnis Bezug nehmenden Entscheidungen zum geltenden Gesetz bisher nicht tragend wurde, keine Verstärkung des nunmehr entscheidenden Senates erfordert.
Auf dieser Grundlage vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, dass auch die Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung u.a. dann zur Asylgewährung führen kann, wenn das Verhalten des Betroffenen im Einzelfall auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht und den Sanktionen - wie etwa bei der Anwendung von Folter - jede Verhältnismäßigkeit fehlt (vgl. in diesem Zusammenhang Goodwin-Gill, a.a.O., 58; in der schon zitierten Entscheidung des United Kingdom Court of Appeal die Absätze 61, 63, 65 und 111). Ist Letzteres der Fall, so kann dies aber auch auf der - generellen - Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung beruhen, womit unabhängig von einer der Wehrdienstverweigerung bzw. Desertion im konkreten Fall wirklich zugrunde liegenden religiösen oder politischen Überzeugung der erforderliche Zusammenhang zu einem Konventionsgrund gegeben wäre. Dies träfe, wie der Vollständigkeit halber anzumerken ist, unter dem Gesichtspunkt einer aus Konventionsgründen - wenngleich generell - "schwereren" Bestrafung auch nach den Kriterien des Erkenntnisses des verstärkten Senates zu. Insoweit die zitierten Vorerkenntnisse einer dem Asylwerber bloß unterstellten oppositionellen Gesinnung gerade im hier gegebenen Zusammenhang keine Bedeutung beimessen wollen, ist an ihnen für das geltende Gesetz nicht festzuhalten.
Die belangte Behörde hätte angesichts der notorischen Verhältnisse im Irak und speziell der in der Vergangenheit bekannt gewordenen Vorgangsweisen gegenüber Deserteuren daher Anlass zu Ermittlungen und Feststellungen darüber gehabt, welche Behandlung den Beschwerdeführer im Falle seiner Ergreifung durch irakische Behörden erwartete. Handelte es sich nicht mehr um Maßnahmen, die im Sinne der von der belangten Behörde gebrauchten Formulierung als "Ausfluss des Rechtes eines jeden Staates" zur Durchsetzung der Wehrpflicht verstanden werden konnten, und beruhte die Desertion auf einer religiösen oder politischen Überzeugung des Beschwerdeführers oder die Unverhältnismäßigkeit der Sanktion auf der Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung, so lag nach dem zuvor Gesagten - auch bei "Gleichbehandlung" aller Deserteure - die Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung vor.
3. Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung auch geltend gemacht, der Militäreinsatz, dessentwegen er desertiert sei, habe sich gegen die kurdische Zivilbevölkerung gerichtet und im Sinne des Absatzes 171 des UNHCR-Handbuches den "Grundregeln menschlichen Verhaltens" widersprochen. Auf diesen Aspekt des Vorbringens ist die belangte Behörde weder bei der Befragung des Beschwerdeführers in der mündlichen Berufungsverhandlung noch in der Begründung des angefochtenen Bescheides eingegangen. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat solchen Argumenten in seiner Rechtsprechung zum Asylgesetz 1991 - oft mit dem Hinweis, dem Handbuch komme "keine normative Kraft" zu und bei den eigenen Überlegungen in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren, das dem Erkenntnis des verstärkten Senates vorausging, habe es sich "bloß um eine Berichterverfügung" gehandelt, aber jeweils ohne inhaltliche Ausführungen - nie ausschlaggebende Bedeutung beigemessen (vgl. in diesem Sinn etwa noch das Erkenntnis vom 24. Juni 1998, Zlen. 96/01/0341, 0342). Zum geltenden Gesetz, das im Übrigen auf die Flüchtlingskonvention verweist und somit gemäß Art. 31 der Wiener Vertragsrechtskonvention jedenfalls auch die Bedachtnahme auf die Staatenpraxis und die Bedeutung des Handbuchs für diese erfordert, ist daran nicht unverändert festzuhalten. Hiezu wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das Erkenntnis vom 22. November 2001, Zl. 98/20/0261, und die dort angeführten Vorerkenntnisse verwiesen (im Ergebnis gleich, aber noch mit anderer Begründung das Erkenntnis vom 21. Dezember 2000, Zl. 2000/01/0072; vgl. ergänzend auch insoweit die zitierte Entscheidung des United Kingdom Court of Appeal, Absätze 61, 65, 111, 152, 169, 173 und 203). Unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann demzufolge auch eine "bloße" Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung sein.
4. Bei seiner Einvernahme am 12. Mai 1997 hat der Beschwerdeführer schließlich auch angegeben, im Falle einer Rückkehr in den Irak befürchte er die Todesstrafe, weil er den Irak "illegal verlassen" habe. Dieser Teil des Vorbringens - es handelt sich um die einzige Stelle im Verwaltungsverfahren, an der der Beschwerdeführer offenbar direkt nach ihm drohenden Sanktionen gefragt wurde - scheint schon in der Wiedergabe des Vorbringens im erstinstanzlichen und im angefochtenen Bescheid nicht mehr auf. Zu seiner möglichen Asylrelevanz vor dem Hintergrund der besonderen politischen Verhältnisse im Irak kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Nachweise in dem Erkenntnis vom 22. November 2001, Zl. 98/20/0221, verwiesen werden (vgl. zuletzt das Erkenntnis vom 26. Februar 2002, Zl. 99/20/0577; anders zum Asylgesetz 1991 das Erkenntnis vom 5. Juni 1996, Zlen. 95/20/0344 bis 0346). Der zuvor in Bezug auf Sanktionen wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion erwähnte Gesichtspunkt unverhältnismäßig strenger Strafen hat im Zusammenhang mit der Gefahr einer Verfolgung wegen unerlaubter Ausreise aus dem Irak in der Rechtsprechung zum geltenden Gesetz bereits Ausdruck gefunden (vgl. gegenüber älteren Entscheidungen zur "Übertretung pass- und fremdenpolizeilicher oder sonstiger den Aufenthalt im Ausland regelnder Vorschriften" auch das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 99/20/0520, 0521).
5. Zu behandeln bleibt damit noch das Argument der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe im Nordirak "persönlich ... keine Probleme" gehabt. Dieser Teil der Bescheidbegründung steht in einem inhaltlichen Zusammenhang mit der Feststellung, desertierte "einfache Soldaten" seien "im Nordirak keiner Verfolgung seitens der irakischen Behörden ausgesetzt", was die belangte Behörde auf den in der Berufungsverhandlung erörterten CIREA-Bericht einer niederländischen Delegation vom 14. Dezember 1998 stützt ("There are no indications that low-ranking deserters are at risk").
Von diesem Bericht einer niederländischen Delegation wurde außer seinem Deckblatt nur die Seite, der die erwähnte Feststellung entnommen wurde, in der Verhandlung erörtert und den Akten angeschlossen, sodass die Teile des Berichtes, die über sein Zustandekommen und die Art der zugrunde gelegten Quellen näher Auskunft geben könnten, nicht vorliegen. Auf der herangezogenen Seite, die u.a. "Bagdads Rolle" im Nordirak behandelt, umfasst der Text über die Gefahren, denen einzelne Bewohner des Nordirak seitens der irakischen Regierung ausgesetzt sein könnten, insgesamt nur fünf Zeilen.
Wie sehr der erwähnte Delegationsbericht im Zusammenhang mit den Zielen des EU-Aktionsplanes vom 26. Jänner 1998 betreffend den "Zustrom von Zuwanderern" aus Irak und den Nachbargebieten zu sehen ist, bedarf schon deshalb keiner Erörterung, weil die belangte Behörde über den Schutz, den der Beschwerdeführer im Nordirak finden könnte, sonst keine Feststellungen getroffen und ihre Entscheidung in diesem Punkt somit ohnehin nicht ausreichend begründet hat. Die von der belangten Behörde in den Vordergrund gestellte, vergangenheitsbezogene Betrachtung der Frage, ob der Beschwerdeführer im Nordirak 1994 und 1995 "Probleme" gehabt habe, ist für die Annahme einer inländischen Schutzalternative nur von begrenzter Bedeutung. Eine Entscheidung darüber, ob der Beschwerdeführer trotz einer ihm im vorliegenden Fall von den Behörden des Herkunftsstaates allenfalls drohenden Verfolgung keines Schutzes als Flüchtling im Sinne der Flüchtlingskonvention bedarf, erfordert eine Prognose aus der Beurteilungsperspektive des Entscheidungszeitpunktes (vgl. zu den dabei maßgeblichen Kriterien, auf deren in der internationalen Praxis noch strittige Punkte hier nicht einzugehen ist, zuletzt das UNHCR-Arbeitspapier von Hathaway/Foster, Internal Protection/Relocation/Flight Alternative as an Aspect of Refugee Status Determination (2001)).
Im Fall des Nordirak wäre dabei - bezogen auf den Teilaspekt der Bedrohung durch den irakischen Staat - nicht nur maßgeblich, ob "einfache Deserteure" (die sich längere Zeit in Europa aufgehalten und dort Asyl beantragt haben) zum Kreis der Personen zählen, an denen die irakischen Behörden ausreichend interessiert sind, um ihnen auch unter den gegenwärtigen Verhältnissen im Nordirak nachzustellen. Wäre davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Zentralirak asylrelevante Verfolgung droht, so käme es auch darauf an, durch welche rechtlichen oder tatsächlichen Umstände der irakische Staat nach Ansicht der belangten Behörde daran gehindert ist, sich jederzeit und ohne Vorankündigung wieder die volle Gebietsgewalt über die derzeit "autonomen" Teile seines Territoriums zu verschaffen, oder ob der belangten Behörde Informationen darüber vorliegen, dass die irakische Führung dies in absehbarer Zukunft nicht vorhat (vgl. zum Fehlen jedweder Absicherung der sogenannten "Schutzzone" etwa die Entscheidung der Schweizerischen Asylrekurskommission vom 12. Juli 2000, EMARK 2000 Nr. 15). In Bezug auf die wiederholte Bestätigung von Annahmen einer nordirakischen "Fluchtalternative" in der Vorjudikatur zum Asylgesetz 1991 ist anzumerken, dass es dabei jeweils um Bescheide ging, die vor dem Einmarsch irakischer Truppen in die "Schutzzone" im August 1996 erlassen worden waren (im Erkenntnis vom 19. Dezember 1995, Zl. 94/20/0858, Slg. Nr. 14.372/A, wurde auch von einer Anwesenheit "alliierter Schutztruppen" ausgegangen, deren möglicher "Abzug" nur eine "hypothetische" Annahme des Beschwerdeführers sei).
Angesichts des Fehlens einer Behandlung dieser Frage im angefochtenen Bescheid braucht auf Einzelheiten der weiteren Kriterien für eine inländische Schutzalternative, aber auch auf die Beweis- und Verfahrensrügen des Beschwerdeführers in Bezug auf die von ihm behaupteten Oppositionstätigkeiten nicht mehr eingegangen zu werden.
Da die belangte Behörde die Maßstäbe für die Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 21. März 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999200401.X00Im RIS seit
24.06.2002Zuletzt aktualisiert am
19.09.2011