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L68501 Forst Wald Burgenland;Norm
NichtwaldflächenaufforstungsG Bgld 1988 §1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Beck und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des mj. AO, vertreten durch seine Eltern Dr. ZO und Dr. GO, beide in Wien und beide vertreten durch Dr. Peter Hajek, Rechtsanwalt in 7000 Eisenstadt, Blumengasse 5, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 5. November 1998, Zl. 4a-A-B8656/1-1998, betreffend Bewilligung der Aufforstung von Nichtwaldflächen (mitbeteiligte Partei: JT in B), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (mP) stellte am 16. Juni 1997 an die Bezirkshauptmannschaft O (BH) das Ansuchen, ihr die Aufforstung ihres landwirtschaftlich genutzten Grundstückes Nr. 1370, KG U., zu bewilligen.
Die BH beraumte über dieses Ansuchen eine mündliche Verhandlung an, zu welcher sie die Mutter des minderjährigen Eigentümers des Nachbargrundstückes Nr. 1375, KG U., des nunmehrigen Beschwerdeführers, lud.
In der mündlichen Verhandlung vor der BH vom 6. November 1997 wurde von den beigezogenen Amtssachverständigen festgestellt, dass es sich beim Grundstück des Beschwerdeführers um einen nicht landwirtschaftlich genutzten, mit verschiedenen Baumsorten bepflanzten Hausgarten handle. Der Amtssachverständige für Landwirtschaft kam in seinem Gutachten zum Ergebnis, dass bei befundgemäßer Durchführung Bewirtschaftungserschwernisse für angrenzende landwirtschaftlich genutzte Grundstücke nicht zu erwarten seien. Da angrenzende Grundstücke im Bereich der möglichen Gefährdung nicht landwirtschaftlich genutzt würden, sei die Einhaltung besonderer Abstandsstreifen nicht erforderlich; lediglich zu einem angrenzenden öffentlichen Weg sei ein Streifen von mindestens 3 m ab Wegmitte frei zu halten. Die zur Verhandlung erschienene Mutter des Beschwerdeführers legte "aus Gründen der Wertminderung sowie der Lebensqualität und als Besitzer des Hauses als Zweitwohnsitz" Einspruch gegen das Vorhaben der mP ein.
Mit Bescheid vom 31. Juli 1998 erteilte die BH zu Spruchpunkt I. der mP gemäß § 1 des Burgenländischen Landesgesetzes vom 24. November 1988 über die Aufforstung von Nichtwaldflächen, LGBl. Nr. 17/1989, die Bewilligung zur Aufforstung des Grundstückes Nr. 1370, KG U., mit der Auflage der Einhaltung eines Mindestabstandes zum angrenzenden öffentlichen Weg und wies zu Spruchpunkt II. lit. a die Einwendung des Beschwerdeführers wegen der behaupteten Beeinträchtigung der Lebensqualität als unzulässig zurück, während sie zu Spruchpunkt II. lit. b den Beschwerdeführer mit der Einwendung, die Aufforstung verursache eine Entwertung des Grundstückes Nr. 1375, KG U., auf den Rechtsweg verwies.
In der gegen diesen Bescheid namens des Beschwerdeführers von seinen Eltern erhobenen Berufung wurde unter Bezugnahme auf die Bestimmung des § 2 Abs. 2 des betroffenen Landesgesetzes geltend gemacht, dass die Bewilligung der Aufforstung zu untersagen sei, wenn durch die Kulturumwandlung auch bei Freihaltung eines Streifens von der Holzvegetation für das Nachbargrundstück ein Schaden zu erwarten sei. Da das Gesetz ganz allgemein auf den Schadensbegriff abstelle, hätte die BH die Möglichkeit eines Schadens für das Grundstück des Beschwerdeführers vor Erteilung der Bewilligung prüfen müssen, weshalb es unzulässig gewesen sei, den Beschwerdeführer auf den Rechtsweg zu verweisen. Es hätte eine Bewilligung vielmehr nur dann erteilt werden dürfen, wenn die Möglichkeit des Eintritts eines Schadens für das Grundstück des Beschwerdeführers hätte ausgeschlossen werden können.
Diese Berufung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid mit der Begründung abgewiesen, dass Zweck des Burgenländischen Landesgesetzes vom 24. November 1988 über die Aufforstung von Nichtwaldflächen allein der Schutz landwirtschaftlich genutzter Grundstücke vor den schädlichen Folgen einer Aufforstung sei. Der Eigentümer eines angrenzenden nicht landwirtschaftlich genutzten Grundstückes genieße nach § 3 des genannten Landesgesetzes zwar Parteistellung, könne aber mangels materiell-rechtlichen Anspruches nach diesem Landesgesetz Schäden an seinem Grundstück nur aus dem Titel des § 364 ABGB geltend machen. Die einschränkenden Bestimmungen des § 2 des genannten Landesgesetzes seien nicht anzuwenden, weil das Grundstück des Beschwerdeführers nicht landwirtschaftlich genutzt sei.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides mit der Erklärung geltend gemacht, dass sich der Beschwerdeführer durch die Verweisung seiner Einwendung auf den Rechtsweg in seinem Recht darauf verletzt erachtet, dass die Bewilligung einer Kulturumwandlung im Falle des damit für sein Grundstück verbundenen Eintritts eines Schadens unterbleibe.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.
Die mP hat sich trotz gebotener Gelegenheit am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 1 Abs. 1 des Burgenländischen Landesgesetzes vom 24. November 1988 über die Aufforstung von Nichtwaldflächen, LGBl. Nr. 17/1989, dürfen Grundstücke, die nach ihrer Beschaffenheit oder der Art (zu ergänzen wohl: "ihrer") tatsächlichen Verwendung der landwirtschaftlichen Nutzung gewidmet sind, und Grundstücke, die an solche Grundstücke angrenzen, nur mit Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde aufgeforstet oder zur Anlage von Forstgärten, Forstsamenplantagen oder Christbaumkulturen verwendet werden. Ebenso bedarf die Duldung des natürlichen Anfluges (Naturverjüngung) auf diesen Flächen einer Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde.
Nach dem zweiten Absatz dieses Paragraphen unterliegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht Maßnahmen der Wiederbewaldung und die Errichtung von Windschutzanlagen. Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten ferner nicht für Grundstücke, die den forstrechtlichen Vorschriften unterliegen. Im Zweifelsfall hat die Bezirksverwaltungsbehörde vor ihrer Entscheidung die forstbehördliche Feststellung zu veranlassen, ob diese Voraussetzung gegeben ist (§ 5 Forstgesetz 1975, BGBl. Nr. 440).
Nach § 2 Abs. 1 des genannten Landesgesetzes ist die Bewilligung, wenn durch die beabsichtigte Maßnahmen für ein angrenzendes landwirtschaftlich genutztes Grundstück Bewirtschaftungsnachteile, insbesondere infolge Durchwurzelung oder Beschattung zu erwarten sind, mit der Auflage zu erteilen, einen 5 m breiten Streifen entlang der Grenze von der Holzvegetation frei zu halten. Dieser Abstand kann von der Bezirksverwaltungsbehörde je nach der Reichweite der zu erwartenden Einwirkungen der Holzvegetation auf das Nachbargrundstück durch Beschattung oder Durchwurzelung bis 3 m herabgesetzt oder bis 7 m erhöht werden.
§ 2 Abs. 2 dieses Gesetzes ordnet an, dass die Bewilligung jedoch zu versagen ist, wenn durch die Kulturumwandlung auch bei Freihaltung eines Streifens von der Holzvegetation (Abs. 1) für das Nachbargrundstück ein Schaden zu erwarten ist.
Parteistellung nach diesem Gesetz haben zufolge der Bestimmung seines § 3 die Grundeigentümer der anzupflanzenden Grundstücke, die Nutzungsberechtigten dieser Grundstücke, soweit sie zu einer solchen Maßnahme privatrechtlich befugt sind, und die Eigentümer und Nutzungsberechtigten der angrenzenden Grundstücke.
Der Beschwerdeführer vertritt auch vor dem Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass die Bestimmung des § 2 Abs. 2 des betroffenen Landesgesetzes zum Unterschied von jener des ersten Absatzes dieses Paragraphen ganz allgemein auf alle Nachbargrundstücke abstelle und einen Versagungsgrund für den Fall postuliere, dass trotz Freihaltens eines Streifens Schaden zu erwarten sei. Während § 2 Abs. 1 des Gesetzes an Bewirtschaftungsnachteile anknüpfe, knüpfe der zweite Absatz an zu erwartende Schäden an, was zwangsläufig so sei, weil Bewirtschaftungsnachteile bei nicht landwirtschaftlich genutzten Grundstücken auszuschließen seien. Da § 2 Abs. 2 des genannten Landesgesetzes ganz allgemein auf den Schadensbegriff abstelle, mache diese Norm die Bewilligung der Kulturumwandlung davon abhängig, dass für das Nachbargrundstück kein Schaden zu erwarten sei. Die Möglichkeit eines Schadenseintrittes auf dem Nachbargrundstück sei daher entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Ansicht sehr wohl zu prüfen gewesen, was eine Verweisung des Nachbarn auf den Rechtsweg als rechtswidrig erweise. Im Übrigen sei es unerfindlich, weshalb die belangte Behörde der BH habe unterstellen können, diese habe festgestellt, dass das Grundstück des Beschwerdeführers nicht landwirtschaftlich genutzt sei. Aus dem Bescheid der BH sei eine solche Feststellung nicht zu entnehmen.
Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erfolgreich aufzuzeigen:
Dem letztgenannten Einwand des Beschwerdeführers ist zu erwidern, dass der Umstand, dass das Grundstück des Beschwerdeführers nicht landwirtschaftlich genutzt wird, im erstinstanzlichen Bescheid zwar nicht ausdrücklich festgestellt, von der BH ihrer rechtlichen Beurteilung aber erkennbar zugrunde gelegt wurde. Dass eine landwirtschaftliche Nutzung des Grundstückes des Beschwerdeführers nicht vorliegt, war eindeutiges Ergebnis des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens und wurde von den von der BH beigezogenen Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bekundet, ohne dass die Vertreterin des Beschwerdeführers dem entgegen getreten wäre. Es kann daher nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die belangte Behörde auf der Sachverhaltsebene von der im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren hervorgekommenen und von der Vertreterin des Beschwerdeführers unbestritten gebliebenen Tatsache ausgegangen ist, dass das Grundstück des Beschwerdeführers nicht landwirtschaftlich genutzt ist.
Auch der Gesetzesauslegung der belangten Behörde, das betroffene Landesgesetz diene seinem Zweck nach allein dem Schutz landwirtschaftlich genutzter Grundstücke, haftet der vom Beschwerdeführer gesehene rechtliche Fehler nicht an. Die Bestimmung des § 2 Abs. 2 des genannten Landesgesetzes hat, was sich auch durch den in Klammer gesetzten Verweis auf die Bestimmung des ersten Absatzes ableiten lässt, ihren Anwendungsbereich auch nur für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke. Deren Schutz dient die in § 2 Abs. 1 des Gesetzes vorgesehene Vorschreibung der Freihaltung eines Streifens entlang der Grenze von der Holzvegetation und deren Schutz allein dient die in § 2 Abs. 2 des Gesetzes statuierte Rechtsfolge einer Versagung der Bewilligung für den Fall, dass die Freihaltung eines Streifens den Eintritt eines Schadens für ein Grundstück im Sinne des § 2 Abs. 1 leg. cit. nicht zuverlässig hintanhalten kann. Auch mit dem Ausdruck "das Nachbargrundstück" in § 2 Abs. 2 des Landesgesetzes ist ein Grundstück im Sinne des § 2 Abs. 1 dieses Gesetzes, nämlich ein solches gemeint, das landwirtschaftlich genutzt ist.
Da der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im geltend gemachten Recht demnach nicht verletzt worden ist, war seine Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 21. März 2002
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1998070177.X00Im RIS seit
06.06.2002Zuletzt aktualisiert am
08.07.2009