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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1997 §104 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des am 4. Februar 1968 geborenen B, zuletzt in W, vertreten durch Dr. Helmar Feigl, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Preinsbacherstraße 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 24. März 2000, Zl. Fr 1423/00, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, wurde mit Urteil des Amtsgerichtes Laufen vom 9. Februar 1999 wegen "Einschleusens von Ausländern" rechtskräftig zu einer 7- monatigen unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt. Diesem Urteil liegt zugrunde, dass er drei jugoslawische Staatsangehörige in Wien abgeholt und sie vereinbarungsgemäß am 24. Dezember 1998 über den ehemaligen Grenzübergang Bad Reichenhall-Autobahn in die Bundesrepublik Deutschland verbracht hatte, und zwar in Kenntnis dessen, dass sich diese Personen nicht im Besitz der erforderlichen Aufenthaltsgenehmigungen (für die Bundesrepublik Deutschland) befanden; nach der Verbringung nach Deutschland hätten an den Beschwerdeführer durch die drei geschleusten Personen DM 3.600,-- bezahlt werden sollen.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. März 2000 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z 5 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot erlassen. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass im Hinblick auf das eingangs genannte Urteil eindeutig feststehe, dass der Beschwerdeführer um seines Vorteils willen Schlepperei begangen habe. Damit sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 5 FrG verwirklicht und die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 36 Abs. 1 FrG zulässig, zumal der Beschwerdeführer gemäß einer Mitteilung der Abteilung I der belangten Behörde als Mitglied einer Schlepperorganisation tätig geworden sei und er die geschleppten Personen vorübergehend an seiner Wohnadresse untergebracht habe. Es sei daher zu folgern, dass er, wäre er bei der Schleppung nicht ertappt worden, dieses kriminelle Verhalten auch weiterhin gesetzt hätte, und dass die Prognose der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auch in Hinkunft zu gelten habe.
Dem nach seiner Haftentlassung in Deutschland am 6. Juli 1999 nach Österreich rücküberstellten Beschwerdeführer sei erstmals am 27. Februar 1995 eine befristete Aufenthaltsbewilligung erteilt worden. Weitere Aufenthaltsbewilligungen bzw. Niederlassungsbewilligungen habe er durchgehend bis 19. Juli 1999 erhalten, ebenso seien Beschäftigungsbewilligungen und in der Folge eine Arbeitserlaubnis ausgestellt worden. Angesichts dessen und weiter in Anbetracht des Umstandes, dass sich auch die Ehegattin des Beschwerdeführers - gleichfalls eine jugoslawische Staatsangehörige - im Bundesgebiet aufhalte (wenn auch ohne Niederlassungsbewilligung), gehe mit der Verhängung des Aufenthaltsverbotes ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers einher. Einerseits habe er sich jedoch vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes (Dezember 1998) nicht einmal vier Jahre im Bundesgebiet niedergelassen, sodass nicht von einer starken Integration ausgegangen werden könne; andererseits sei dem Interesse an der Verhinderung der Schlepperei besonderes Gewicht beizumessen, sodass sich die Erlassung des Aufenthaltsverbotes als dringend geboten erweise. Da der Verhinderung der Schlepperei aus fremden- und aus sicherheitspolizeilicher Sicht eine besondere Bedeutung zukomme und da der Beschwerdeführer 1995 und 1996 wegen Übertretungen des KFG habe bestraft werden müssen - wobei ihm für den Fall weiterer Bestrafungen die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes angedroht worden sei -, komme eine Ermessensübung zu Gunsten des Beschwerdeführers nicht in Frage.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - nach Vorlage der Verwaltungsakten und Einbringung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde - erwogen:
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er "Schlepperei" (das ist gemäß der Legaldefinition des § 104 Abs. 1 FrG in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 34/2000 die Förderung der rechtswidrigen Ein- oder Ausreise eines Fremden) begangen habe. Er tritt allerdings der Auffassung der belangten Behörde entgegen, dass er dabei "um seines Vorteils willen" gehandelt habe, weshalb der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 5 FrG (in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 134/2000) nicht erfüllt sei. Zu der im Urteil des Amtsgerichtes Laufen festgestellten "Schleusung" dreier jugoslawischer Staatsangehöriger habe er sich nämlich nur "aus falsch verstandener Kameraderie gegenüber einem ehemaligen Militärkameraden ... hinreißen lassen, wobei nicht die in Aussicht gestellte Belohnung, sondern der Appell an die gemeinsame Militärdienstzeit und Freundschaft im Vordergrund" gestanden sei.
Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass die belangte Behörde - der Urteilsbegründung des Amtsgerichtes Laufen folgend und im Wesentlichen in Übereinstimmung mit der im Verwaltungsverfahren erstatteten Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 8. September 1999 - festgestellt hat, dass der Beschwerdeführer nach Beendigung der Schleppung einen Geldbetrag von DM 3.600,-- hätte erhalten sollen. Einer behördeninternen Mitteilung folgend stellte sie weiter fest, dass er als Mitglied einer Schlepperorganisation tätig geworden sei. Diese Feststellungen bleiben in der vorliegenden Beschwerde unbekämpft. Selbst wenn für den Beschwerdeführer tatsächlich, wie behauptet, nicht die in Aussicht gestellte Belohnung im Vordergrund gestanden wäre, so hatte er daher jedenfalls auch aus Eigennutz gehandelt, was nach den für den vorliegenden Fall - im Hinblick auf die insoweit durch das Fremdengesetz 1992 und das FrG unverändert übernommene Formulierung - weiterhin maßgeblichen Überlegungen im Ausschussbericht zum Bundesgesetz vom 14. März 1990, BGBl. Nr. 190/1990, mit dem die Schlepperei erstmals unter Strafe gestellt worden war, zweifelsohne das Tatbestandsmerkmal "um seines Vorteils willen" begründet. Dort (1213 BlgNR XVII. GP 5) wird nämlich zum Ausdruck gebracht, dass eine Tatbegehung "um seines Vorteils willen" nur dann nicht vorliegen soll, wenn ohne eigennütziges Motiv zum Vorteil eines Geschleppten gehandelt wird. In dem Moment jedoch, in dem - wie immer motiviert - Eigennutz hinzutritt (wie etwa in dem im Ausschussbericht beispielsweise geschilderten Fall eines Taxilenkers, der wissend, dass es sich um geschleppte Fremde handelt, diese zu einem Punkte nahe der Grenze bringt und dafür nur den üblichen Fuhrlohn verlangt), habe der Betreffende "um seines Vorteils willen" gehandelt.
Im Ergebnis vermag damit die Beschwerde die Annahme der belangten Behörde, es sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 5 FrG erfüllt, nicht zu erschüttern. Ausgehend von der unbekämpft gebliebenen Feststellung, der Beschwerdeführer habe an der "Schleusung" dreier jugoslawischer Staatsangehöriger als Mitglied einer Schlepperorganisation mitgewirkt, bestehen aber auch gegen die behördliche Schlussfolgerung, es sei sohin die in § 36 Abs. 1 FrG genannte Annahme gerechtfertigt, keine Bedenken.
Unter dem Blickwinkel des § 37 FrG bringt der Beschwerdeführer vor, dass er in Österreich in völlig geordneten Familienverhältnissen lebe/gelebt habe und hier auf Grund seines mehrjährigen Aufenthaltes sozial völlig integriert sei; er sei immer einer geregelten Arbeit nachgegangen und habe sich immer gesetzestreu verhalten, außerdem habe sein Aufenthalt in Österreich noch nie zu einer finanziellen Belastung einer Körperschaft geführt.
Auch dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Richtig ist, dass in Anbetracht des Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich von Februar 1995 bis Dezember 1998 und nach der Haftentlassung bzw. Überstellung aus Deutschland von Juli 1999 bis zur Erlassung des bekämpften Bescheides - welcher Aufenthalt zur Gänze rechtmäßig war - und in Anbetracht seiner Beschäftigungssituation mit der Verhängung des Aufenthaltsverbotes ein maßgeblicher Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden ist; im Hinblick auf den inländischen Aufenthalt seiner Ehegattin ist außerdem auch von einem Eingriff in sein Familienleben auszugehen. Diese Eingriffe sind indes in Anbetracht des von der belangten Behörde zu Recht hervorgehobenen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Schlepperei iS des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten. Auch die Abwägung nach § 37 Abs. 2 leg. cit. vermag schon angesichts dessen, dass sich der Beschwerdeführer im ersten Halbjahr 1999 zufolge der in Deutschland verbüßten Haft nicht in Österreich befunden hat und angesichts des titellosen Aufenthaltes seiner jugoslawischen Ehegattin im Inland nicht zu seinen Gunsten auszuschlagen, zumal es wegen der unbestritten gebliebenen Bestrafungen wegen Übertretungen des KFG in den Jahren 1995 und 1996 nicht zutrifft, dass er sich während seines Aufenthaltes in Österreich stets gesetzestreu verhalten habe. Wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang ergänzend ausführt, die Sozialwidrigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers sei schon durch die Verbüßung der in Deutschland verhängten Freiheitsstrafe abgegolten worden, so übersieht sie, dass es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes um die Abwendung einer zu prognostizierenden Gefährlichkeit geht; auf die "Abgeltung" eines Fehlverhaltens kommt es dagegen nicht an. Die Beschwerde irrt schließlich aber auch darin, wenn sie meint, die belangte Behörde hätte in Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Abstand nehmen müssen. Es ist nämlich nicht ersichtlich, welche Gesichtspunkte die belangte Behörde zu diesem Ergebnis hätten kommen lassen müssen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides aufzuzeigen vermag. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 22. März 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000210201.X00Im RIS seit
03.06.2002