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50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §74 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der A Ges.m.b.H. & Co. KG. in Z, vertreten durch Dr. Rüdiger Hanifle, Rechtsanwalt in 5700 Zell am See, Schillerstraße 22, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 4. September 2001, Zl. 20502- 1369/6-2001, betreffend gewerbliche Betriebsanlage, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei die gewerberechtliche Genehmigung für verschiedene Änderungen der Betriebsanlage in Z unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen erteilt. Unter anderem wurde vorgeschrieben, dass während der Nachtstunden, d.h. im Zeitraum von 22.00 - 06.00 Uhr (Montag bis Sonntag) keine Zu- und Ablieferungen von und zur Betriebsanlage erfolgen dürfen (Auflage 22.), dass während der Nachtstunden (von 22.00 - 06.00 Uhr) die Zufahrt zur Betriebsanlage durch Schranken abzusperren ist (Auflage 23.) und dass während der Nachtstunden (von 22.00 - 06.00 Uhr) keine Schneeräumung auf dem Betriebsgelände erfolgen darf (Auflage 24.).
Wie es in der Begründung (in Erwiderung der in der Berufung bekämpften Auflagenpunkte 22, 23 und 24) heißt, gehe bereits aus dem Wortlaut des § 18 Abs. 8 KDV hervor, dass bestimmte Fahrzeugklassen mit einem Rückfahrwarner ausgestattet sein müssten. Ebenso seien die minimale und die maximale Lautstärke exakt definiert. Aus der Tatsache, dass Heeresfahrzeuge von dieser Bestimmung explizit ausgenommen seien, sei bereits zu schließen, dass Ausnahmen für andere Fahrzeuge nicht möglich seien. Aus der Grundlage der erfolgten Lärmmessungen und der lärmtechnischen Beurteilung sowie der Stellungnahme des Amtsarztes sei vor allem hinsichtlich der Zu- und Ablieferungsvorgänge in den Nachtstunden von einer wesentlichen Veränderung der Lärmsituation auszugehen. Dies werde vor allem durch die akustische Einrichtung des Rückfahrwarners bewirkt. In der amtsärztlichen Stellungnahme heißt es dazu u.a.: "... Diese Einrichtung weist zum Ersten eine Tonfrequenz auf, die sich hochfrequent von den vor Ort herrschenden Schallereignissen abhebt, zum Zweiten hat dieses Geräusch Impuls- und damit Alarmcharakter, jedoch mit Sicherheit auch eine Weckfunktion. Da das Hörsinnensystem eine natürliche Alarmanlage mit entwicklungsgeschichtlich bedingter Warnfunktion darstellt und diese Funktion sowohl im Wachen wie im Schlafen unabschaltbar ist, sind vornehmlich Geräusche mit Impulscharakter und sich von der örtlichen Situation abhebenden Frequenzen unweigerlich mit Durchschlafstörungen verbunden. Diese Störungen stellen sich im gegenständlichen Fall vor allem dann ein, wenn Lkw-Fahrten nach Mitternacht, wo sich die Schlaftiefe bereits wieder zu verflachen beginnt, bzw. im Sommer bei geöffneten Festern durchgeführt werden. ... Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass durch Zulieferungsvorgänge in der beabsichtigten Form eine wesentliche Veränderung der Lärmsituation die Folge ist und daher aus amtsärztlicher Sicht der Bewilligung nicht zugestimmt werden kann."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. "Bezugnehmend auf die Änderung des § 18 Abs. 8 KFG - Durchführungsverordnung 1967 durch die 47. Novelle der KDV 1967" wurde auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Nach § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.
Auflagen sind nach § 77 Abs. 1 GewO 1994 (u.a.) nur zulässig, wenn sie im Hinblick auf die nach dieser Bestimmung in Verbindung mit § 74 Abs. 2 zu schützenden Interessen erforderlich sind. Nachvollziehbare Begründungsdarlegungen dahin, weshalb die Auflage Nr. 24. über das Verbot der Schneeräumung während der Nachtstunden im Sinne des Gesetzes erforderlich sein soll, fehlen jedoch. So ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht nachvollziehbar, weshalb die im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen - auf die akustische Einrichtung des Rückfahrwarners aufbauenden - Ausführungen des ärztlichen Amtssachverständigen auch für das Verbot der Schneeräumung während der Nachtzeit einen Aussagewert haben sollen.
Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb - und ohne dass auf die weiteren Beschwerdeausführungen näher einzugehen wäre - infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben, wobei im fortzusetzenden Verfahren auf die zwischenzeitig geänderte Rechtslage (Änderung des § 18 Abs. 8 KDV 1967 durch die 47. Novelle zur KDV 1967, BGBl. II Nr. 414/2001) Bedacht zu nehmen sein wird.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Es wird darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die Beendigung des Beschwerdeverfahrens ein Abspruch des Berichters über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde zu unterbleiben hat.
Wien, am 3. April 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001040201.X00Im RIS seit
03.06.2002