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L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §13 Abs3 idF 1998/I/158;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des Dr. MH in H, vertreten durch Dr. Christoph Haffner, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Burgfriedstraße 11, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 20. Juli 2000, Zl. Ve1-550-2870/1-1, betreffend Zurückweisung eines Bauansuchens (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde H), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 21. Oktober 1996 begehrte der Beschwerdeführer die Erteilung einer Baubewilligung für ein Glashaus für gärtnerische Zwecke auf seiner Liegenschaft EZ 1018, Grundstück Nr. 226/1 KG H, über welches Ansuchen am 11. Dezember 1997 eine öffentliche Bauverhandlung abgehalten wurde, anlässlich derer der beigezogene hochbautechnischen Sachverständige das Fehlen folgender Unterlagen bemängelte:
Ein Vermessungsplan nach § 28 TBO mit Angaben der Urgeländehöhen an der ostseitigen Außenwand
Höhenangaben im Schnitt des Einreichplans (+/- 0) bezogen auf die Absoluthöhe und Nachtrag detaillierter Höhenangaben hinsichtlich Mauerwerk und offensichtlicher Verglasung an der ostseitigen Wand des Projekts.
Demzufolge wurde dem Beschwerdeführer von der Baubehörde erster Instanz in dieser Verhandlung eine Frist für die Nachbringung der geforderten Unterlagen und Ergänzungen bis 23. Jänner 1998 gesetzt. In der Folge ersuchte der Beschwerdeführer um Fristverlängerung bis 30. April 1998. Mit Schriftsatz vom 29. April 1998 legte er eine Planurkunde nach § 28 TBO des Dipl. Ing. HE vom 11. Februar 1998 vor.
Mit Bescheid vom 10. November 1998 wies die Baubehörde erster Instanz das Bauansuchen des Beschwerdeführers gemäß § 31 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung in Verbindung mit § 13 Abs. 3 AVG 1991 im Wesentlichen mit der Begründung zurück, mit der Nachreichung der Planurkunde des Dipl. Ing. HE vom 11. Februar 1998 sei lediglich einem Teil des behördlichen Nachreichauftrages entsprochen worden, da ein korrigierter Schnitt des Einreichplans mit den Höhenangaben bezogen auf die Absoluthöhe und der Eintrag detaillierter Höhenangaben hinsichtlich Mauerwerk und offensichtlicher Verglasung an der ostseitigen Wand nicht entsprochen worden sei. Diese Angaben seien aber wesentliche Kriterien für die Beurteilung der Zulässigkeit des Bauwerkes, weil sie sowohl für die Beurteilung der Art des Gebäudes nach Gestaltung und Verwendungszweck als auch der im Abstandsbereich zulässigen Wandhöhe unabdingbar seien.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Dieser Berufung wurde mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Hall in Tirol vom 23. Februar 2000 mit der Begründung keine Folge gegeben, bei der Bauverhandlung am 11. Dezember 1997 sei dem Beschwerdeführer unmissverständlich dargelegt worden, dass die nachgeforderten Unterlagen für die Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens erforderlich seien, und eine Erfüllungsfrist bis 23. Jänner 1998 festgelegt worden. Auch sei eine Nachfrist im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG bis 30. April 1998 gesetzt worden. Dennoch sei der Beschwerdeführer diesem Auftrage trotz weiterer nachfolgender (tatsächlicher Fristerstreckung) nicht (zur Gänze) nachgekommen. Es könne nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, dass Nachfristen zur Verbesserung mangelhafter Eingaben mehrfach wiederholt würden, da dies zu einer unzulässigen Verfahrensverzögerung führen würde. Der Einwand des Beschwerdeführers, im Fall einer Fristüberschreitung wäre die Baubehörde verpflichtet gewesen, ihn darauf aufmerksam zu machen, dass bestimmte von der Baubehörde geforderte Angaben im Lageplan nicht enthalten gewesen seien, dadurch leide das erstinstanzliche Verfahren an einem entscheidungswesentlichen Verfahrensmangel, gehe aus den bereits oben dargelegten Erwägungen ins Leere. Dem weiteren Einwand, die Höhenangaben seien aus dem (nachgereichten) Lageplan vom 11. Februar 1998 genau ersichtlich, sei entgegen zu halten, dass die geforderten Angaben des Höhenbezugspunktes im Schnitt sowie detaillierte Höhenangaben hinsichtlich Mauerwerk und Verglasung an der ostseitigen Wand tatsächlich darin nicht enthalten seien.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde, die diese Vorstellung mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. Juli 2000 als unbegründet abwies. Nach Darstellung des Verfahrensganges begründete die belangte Behörde ihren Bescheid dahingehend, bereits die Baubehörde erster Instanz habe auf Grund der Stellungnahme des hochbautechnischen Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 1997 die ergänzend beizubringenden Unterlagen konkret bezeichnet. Die Frist für die Nachreichung sei mit 23. Jänner 1998 bestimmt worden. Dabei sei der Beschwerdeführer auch auf die Rechtsfolge einer Zurückweisung des Bauansuchens bei nicht fristgerechter Behebung des Formgebrechens hingewiesen worden. Dem nachfolgenden Antrag um Fristerstreckung bis 30. April 2000 (richtig: 1998) sei durch tatsächliches Zuwarten entsprochen worden. Der Beschwerdeführer sei allerdings dem Verbesserungsauftrag nur teilweise nachgekommen. Bei dieser Sachlage sei die Baubehörde erster Instanz auch nach Ansicht der belangten Behörde zur Zurückweisung des Bauansuchens berechtigt gewesen, da die für die Behebung des Formgebrechens eingeräumte mehrmonatige Frist auch im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls als ausreichend anzusehen gewesen sei. Die vom Beschwerdeführer vertretene Meinung, die Behörde hätte ihn im Falle nur teilweiser Erfüllung des Verbesserungsauftrages neuerlich zur Behebung des Formgebrechens auffordern müssen, finde keine gesetzliche Deckung. § 13 Abs. 3 AVG, der eine Verfahrensverschleppung verhindern solle, würde ad absurdum geführt. Der Verbesserungsauftrag sei eindeutig und bestimmt gewesen, für die Baubehörde habe daher keine Verpflichtung bestanden, bei Nichtbeachtung desselben neuerlich die Beibringung der bereits geforderten nicht vorgelegten Unterlagen aufzutragen. Insoweit der Beschwerdeführer behaupte, die notwendigen Angaben seien aus der von ihm vorgelegten Urkunde ersichtlich, sei dem entgegen zu halten, dass der Verbesserungsauftrag auf der Stellungnahme des Sachverständigen für Hochbau, sohin einer Person mit besonderem Fachwissen, beruhe und durchaus nachvollziehbar sei, dass detaillierte Höhenangaben - wie vom Sachverständigen gefordert - zur Konkretisierung des Bauvorhabens bzw. für eine schlüssige Abstandsberechnung erforderlich seien. Die bloße Bestreitung der Notwendigkeit ergänzender Angaben könne die Richtigkeit der gutachterlichen Ausführungen nicht in Zweifel ziehen. Im Übrigen liege auch ein Begründungsmangel nicht vor, da auch mit einer kurzen Verweisung auf die rechtliche Beurteilung der Vorinstanz der Begründungspflicht der Berufungsbehörde genügt werde, falls sie in der Frage des Tatbestandes und der rechtlichen Beurteilung mit dieser einer Meinung sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Rechtsanspruch auf Erteilung der Baubewilligung gemäß § 26 TBO verletzt. Im Wesentlichen wiederholt er seinen Standpunkt, seiner Ansicht nach seien die von ihm vorgelegten Urkunden für die Bewilligung des von ihm gestellten Bauansuchens ausreichend. Auch hätte die Baubehörde die Verpflichtung getroffen, ihn darauf aufmerksam zu machen, welche konkreten Angaben ihrer Meinung nach fehlten, um über sein Bauansuchen meritorisch entscheiden zu können. Sie habe die Möglichkeit, anhand des Einreichplans und anhand der tatsächlichen Verhältnisse in der Natur die Höhe des Bauvorhabens in Bezug auf das Nachbargrundstück selbst festzustellen. Dies hätte die Baubehörde ihm in jedem Fall vor Erlassung eines Zurückweisungsbescheides vorhalten müssen.
Das Baubewilligungsverfahren ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Projektgenehmigungsverfahren, das präziser Festlegungen bedarf, welche es im Fall von Abweichungen bei der Bauausführung auch ermöglichen, konkrete Abhilfemaßnahmen zu veranlassen. Maßstab für die Genehmigung hat daher das Bauansuchen auf Grund der vorliegenden Baubeschreibung und der angeschlossenen Baupläne zu sein, die sowohl für die Ausgestaltung des Gebäudes als auch dessen zulässigen Verwendungszweck allein maßgeblich sind (vgl. dazu die in Hauer, Tiroler Baurecht 1994, Seite 198f zitierte hg. Judikatur). Irrelevant hingegen ist im Baubewilligungsverfahren eine mit den genehmigungsgegenständlichen Bauplänen in Widerspruch stehende tatsächliche Bauausführung.
Dementsprechend sieht § 31 Abs. 2 der hier anzuwendenden Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 7/1994, (TBO) vor, dass die Behörde ein Bauansuchen zurückzuweisen hat, wenn die nach § 27 erforderlichen Unterlagen trotz Setzung einer Nachfrist nach § 13 Abs. 3 AVG nicht vollständig beigebracht wurden.
Nach § 27 Abs. 2 erster Satz TBO sind einem Bauansuchen alle Unterlagen anzuschließen, die für die Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens nach diesem Gesetz und den Verordnungen auf Grund dieses Gesetzes erforderlich sind.
Nach § 28 Abs. 1 erster Satz TBO hat die Landesregierung den Inhalt und die Form der nach § 27 Abs. 3 lit. c beizubringenden Planunterlagen durch Verordnung festzulegen.
Nach § 28 Abs. 2 TBO kann die Behörde dem Bauwerber, wenn die der Verordnung nach Abs. 1 entsprechenden Planunterlagen zur Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens nicht ausreichen, die Vorlage weiterer Planunterlagen, insbesondere auch die Darstellung der Höhenverhältnisse des Geländes durch Höhenkoten, Höhenschichtlinien und dergleichen, auftragen. Die Behörde kann dem Bauwerber auch die Vorlage weiterer Ausfertigungen der Planunterlagen auftragen, wenn dies für die Zwecke des Verfahrens erforderlich ist.
Nach § 13 Abs. 3 AVG in der (von der Baubehörde erster Instanz bereits anzuwendenden) Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998, ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Sie hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter (hier: dem Bauwerber) die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Der Beschwerdeführer hat auf Grund des ihm erteilten Verbesserungsauftrages einen Lageplan vorgelegt, der konkrete Höhenangaben und Kotierungen im maßgeblichen Bereich des Bauvorhabens enthält . Auf Grund dieses Plans wurden - wie dies die entsprechenden Eintragungen im Einreichplan ergeben - vom Amtssachverständigen die Höhe des verfahrensgegenständlichen Bauvorhabens herausgemessen. Eine Stellungnahme des Sachverständigen zu diesen ergänzten Unterlagen hinsichtlich allenfalls fehlender Beurteilungskomponenten liegt nicht vor. Ein Verbesserungsauftrag ist immer nur dann gesetzmäßig, wenn der angenommene Mangel tatsächlich vorliegt. Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass der Verbesserungsauftrag nur dann zulässig gewesen wäre, wenn jede der eingeforderten Unterlagen bzw. Angaben im Sinne des § 27 Abs. 2 in Verbindung mit § 28 Abs. 2 TBO für die Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens nach der TBO und der Verordnungen auf Grund dieses Gesetzes erforderlich war.
Für den Verwaltungsgerichtshof ist nun nicht ersichtlich, warum über den Lageplan gemäß § 28 TBO hinaus für die Beurteilung der Zulässigkeit des vorliegenden Vorhabens die weiteren, von der Behörde in ihrem Verbesserungsauftrag verlangen Angaben erforderlich waren, konnte doch die Gebäudehöhe auf Grund des Lageplans mit den detaillierten Höhenangaben in Verbindung mit dem Einreichplan (Ansicht Ost und Schnitt 1 - 1) abgeleitet werden.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 501/2001.
Wien, am 4. April 2002
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000060143.X00Im RIS seit
06.08.2002