TE Vwgh Beschluss 2002/4/4 2002/08/0087

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.04.2002
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über den in der Beschwerdesache des Univ. Prof. Dr. HR in G, vertreten durch Dr. Peter Steinbauer, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Burgring 10, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 26. Juni 2001, Zl. 5- s 26n 78/15 - 2000, betreffend Beitragsnachverrechnung gem. Art. 14a und 17 der VO (EWG) Nr. 1408/71, gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Ergänzungsfrist, den Beschluss gefasst:

Spruch

Dem Antrag wird keine Folge gegeben.

Begründung

Mit Beschluss vom 30. Jänner 2002 wurde das zu Zl. 2001/08/0180 protokollierte Beschwerdeverfahren eingestellt; dieser Beschluss wurde wie folgt begründet:

"Die beschwerdeführende Partei ist der am 9. November 2001 (zugestellt am 15. November 2001) an sie ergangenen Aufforderung, die Mängel der gegen den vorbezeichneten Verwaltungsakt eingebrachten Beschwerde zu beheben, nicht fristgerecht nachgekommen:

Die Behandlung der zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde war von diesem mit Beschluss vom 3. Oktober 2001, B 1180/01-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten worden.

Mit Berichterverfügung vom 9. November 2001 wurde der Beschwerdeführer einerseits zur Ausführung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde mittels eines in vierfacher Ausfertigung einzubringenden Schriftsatzes (Punkt 1.-3. der genannten Berichterverfügung), andererseits zur Nachbringung einer weiteren (vierten) Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde gem. §§ 24 Abs. 1 und 29 VwGG aufgefordert. Der Berichterverfügung war zu diesem Zwecke das Original der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde samt Bescheid beigeschlossen; die Verfügung enthielt darüberhinaus die Belehrung, dass die vom Verfassungsgerichtshof abgetretene, zurückgestellte Beschwerde auch dann wieder vorzulegen sei, wenn zur Ergänzung ein neuer Schriftsatz eingebracht wird. Die vom Beschwerdeführer einzuhaltende Frist wurde mit sechs Wochen bestimmt. Mit Postaufgabedatum 30. November 2001 (eingelangt 5. Dezember 2001) legte der Beschwerdeführer den Ergänzungsschriftsatz in vierfacher Ausfertigung und eine weitere Ausfertigung der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde (Kopie der ursprünglichen Beschwerde), nicht aber die ursprüngliche Beschwerde selbst (samt dem angeschlossen gewesenen Bescheid) vor.

Im Hinblick auf die noch offene Frist wurde der Beschwerdevertreter vom Berichter daraufhin telefonisch auf die fehlerhafte Vorlage hingewiesen. Mit einem weiteren Schriftsatz vom 7. Dezember 2001 legte der Beschwerdeführer sodann den angefochtenen Bescheid und (neuerlich) eine weitere Ablichtung der ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde vor, letzteres mit dem Bemerken, dass ‚die Verfassungsgerichtshofbeschwerde vom 16.08.2001 ... bereits mit der Beschwerdeergänzung vom 26.11.2001 vorgelegt' worden sei, ‚aber vorsichtshalber nochmals übermittelt' werde.

Der Beschwerdeführer hat somit das ihm mit Berichterverfügung vom 9. November 2001 zurückgestellte (an der blauen Farbe der Eingangsstampiglie unschwer als solches erkennbare) Original der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde trotz schriftlicher Belehrung in dieser Verfügung und trotz nochmaligen (während der offenen Frist gegebenen) telefonischen Hinweises nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist - sondern zweimal eine Ablichtung der Beschwerde - vorgelegt. Mangels vollständiger Erfüllung des Ergänzungauftrages gilt die Beschwerde daher gem. § 34 Abs. 2 letzter Satz VwGG als zurückgezogen; das Verfahren war daher gem. § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen."

Dieser Beschluss wurde dem Beschwerdevertreter am 7. Februar 2002 zugestellt. Mit dem vorliegenden, am 21. Februar 2002 (und somit rechtzeitig) zur Post gegebenen Antrag begehrt der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Mängelbehebungsfrist und holt unter einem die versäumte Handlung durch Vorlage der Urschrift der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde nach.

Der Wiedereinsetzungsantrag wird in seinen wesentlichen Teilen wie folgt begründet (Hervorhebung im Original):

"Das in der Kanzlei des Vertreters des Beschwerdeführers bestehende Kontrollsystem verfügt über funktionierende Sicherheits- und Kontrollmaßnahmen, die grundsätzlich gewährleisteten, dass Fristen ordnungsgemäß geprüft, mehrfach eingetragen, kontrolliert und eingehalten werden.

(...)

Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers konnte daher bei der Unterfertigung der Beschwerdeergänzung vom 26.11.2001 davon ausgehen, dass mit dem Schriftsatz vom 26.11.2001 auch das Original der VwGH-Beschwerde mitgeschickt wird. Herr Mag. R(...) hat ... die Unterschriftenmappe, in der sich sicher auch andere vom Rechtsvertreter unterfertigte Schriftstücke befanden, im Sekretariat an Frau K(...), einer an sich sehr gewissenhaften und ordentlichen Sekretärin übergeben und ausdrücklich darauf verwiesen, dass mit der Beschwerdeergänzung das Original der beiliegenden VwGH-Beschwerde mitzuschicken ist. Frau K(...) hat dann jedoch - aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen - nicht das Original der VwGH-Beschwerde sondern (lediglich) eine Kopie übermittelt.

(...)

Als dann der Berichterstatter des VwGH den Rechtsvertreter anrief und auf die fehlenden Beilagen verwies, hat der Rechtsvertreter umgehend seinen Konzipienten, der die Beschwerdeergänzung vom 26.11.2001 verfasst hatte, angewiesen, die fehlenden Beilagen raschestmöglich nachzureichen. Herr Mag. R(...) hat daraufhin den Akt aus dem Aktenschrank geholt und in diesem zwar den angefochtenen Bescheid, nicht jedoch die abgetretene zurückgestellte Beschwerde vorgefunden, weshalb er der Auffassung war, dass die Beschwerde bereits mit dem Schriftsatz vom 26.11.2001 mitgeschickt worden war. Herr Mag. R(...) glaubt sich daran erinnern zu können, dass der Schriftsatz vom 26.11.2001 bereits im Akt eingeordnet war und dass er auf Grund der vermerkten Beilage ('1 Beschwerde') zusätzlich in seiner Meinung bestärkt wurde, dass eben die Beschwerde bereits mit dem Schriftsatz vom 26.11.2001 übermittelt worden war und sohin 'nur' noch - der im Akt befindliche - angefochtene Bescheid zu übermitteln wäre. Herr Mag. R(...) hat diesen Umstand kurz auch mit dem Rechtsvertreter erörtert, wobei festgelegt wurde, dass 'vorsichtshalber' nochmals (eine Kopie) der VwGH-Beschwerde vom 16.08.2001 zusätzlich vorgelegt wird.

So ist es dazu gekommen, dass entgegen der Verfügung des VwGH vom 09.11.2001 an Stelle der abgetretenen zurückgestellten Beschwerde lediglich (zweimal) eine Kopie dieser Beschwerde übermittelt wurde. Aus der obigen Darstellung ergibt sich, dass der Rechtsvertreter gemeinsam mit seinem Konzipienten bemüht war, alle erforderlichen Beilagen umgehend vorzulegen und dass es nur auf eine Verkettung unglücklicher Umstände zurückzuführen ist, dass an Stelle der abgetretenen zurückgestellten Beschwerde (lediglich) Kopien derselben übermittelt wurden.

Der Schriftsatz vom 07.12.2001 (Ergänzende Vorlage) wurde noch am selben Tag abgefertigt, an dem der Berichterstatter des VwGH den Rechtsvertreter darauf verwies, dass die Beilagen nachzureichen seien.

Zwischen der Abfertigung der 'Beschwerdeergänzung' am 30.11.2001 und der Abfertigung der 'ergänzenden Vorlage' am 07.12.2001 lag nur eine Woche. Die Beschwerdeergänzung samt der zurückgestellten Beschwerde wurde von der Sekretärin entweder noch am 30.11.2001 oder - was wahrscheinlicher ist - am nächsten Tag, also am 01.12.2001 in die Vor-Ablage gelegt. (Der 01.12.2001 ist deshalb wahrscheinlicher; weil die Schriftstücke üblicherweise am Nachmittag abgefertigt und (die Kopien hievon) am nächsten Tag in die Vor-Ablage gelegt werden. Da bis zum 07.12.2001 (Anruf des Berichterstatters des VwGH und Abfertigung der 'Ergänzenden Vorlage') lediglich drei Werktage dazwischen lagen, erscheint es hinlänglich dargelegt und begründet, dass sich am 07.12.2001 die abgetretene zurückgestellte Beschwerde noch in der Vor-Ablage - und somit nicht im Akt - befand, was letztlich der Grund dafür war, dass Herr Mag. R(...), wie schon ausgeführt, davon ausgegangen ist, dass die Beschwerde bereits mit dem Schriftsatz vom 26.11.2001 mitgeschickt worden war, weshalb er 'nur' noch den angefochtenen Bescheid (und 'vorsichtshalber' auch eine Kopie der VwGH-Beschwerde) übermittelte.

Zur Einordnung der in der Vor-Ablage befindlichen Schriftstücke in die jeweiligen Akten wäre noch anzumerken, dass es grundsätzlich Aufgabe aller drei der im Sekretariat des Rechtsvertreters beschäftigten Sekretärinnen ist, zwischendurch - soweit sich Pausen auftun bzw. keine wichtigeren Arbeiten zu erledigen sind - diese Schriftstücke in die Akten einzuordnen. Da es Anfang Dezember einen großen Arbeitsanfall gegeben hat und daher viele Diktate zu schreiben waren, konnte damals sicher nur ein wesentlich geringerer Teil der Schriftstücke als sonst üblich in die Akten eingeordnet werden. Da die Schriftstücke naturgemäß einzeln von der Vor-Ablage in die Akten eingeordnet werden, wäre es auch durchaus nachvollziehbar, dass bis zum 07.12.2001 nur die Beschwerdeergänzung vom 26.11.2001, nicht jedoch die zurückgestellte Beschwerde in den Akt eingeordnet wurde. Dies deshalb, weil sich Mag. R(....) daran zu erinnern glaubt, am 07.12.2001 im Akt zwar den Schriftsatz vom 26.11.2001, nicht jedoch die zurückgestellte Beschwerde vorgefunden zu haben und somit nicht nur auf Grund der im Akt fehlenden Beschwerde sondern auch auf Grund der auf dem Schriftsatz vom 26.11.2001 vermerkten Beilage ('1 Beschwerde') davon ausgegangen ist, dass die (zurückgestellte) Beschwerde bereits übermittelt wurde."

Der Wiedereinsetzungsantrag erweist sich als unbegründet:

Wenn man die Behauptungen über den Ablauf der Ereignisse in der Kanzlei des Beschwerdevertreters vollinhaltlich der rechtlichen Beurteilung zugrundelegt, dann kommen als für die Wiedereinsetzung relevante Ereignisse, die zur Fristversäumung geführt haben, nur jene Vorgänge in Betracht, die sich ab (einschließlich) dem 7. Dezember 2001 ereignet haben: das vom Beschwerdevertreter unvorhergesehene Hindernis des Fehlverhaltens der "sehr gewissenhaften und ordentlichen Sekretärin" wurde spätestens durch den Anruf des Berichters vom 7. Dezember 2001, durch welchen der Beschwerdevertreter von diesem Versehen Kenntnis erlangte, beendet, zu einem Zeitpunkt also, zu welchem dem Beschwerdevertreter noch fast drei Wochen Frist zur Verfügung gestanden wären, den Mängelbehebungsauftrag vollständig zu erfüllen. Die vor dem 7. Dezember 2001 liegenden Ereignisse können daher hinsichtlich ihrer Tauglichkeit, einen Wiedereinsetzungsgrund darzustellen, unerörtert bleiben.

Angesichts der Ursachen, die beim Versuch einer sofortigen vollständigen Behebung des nach wie vor bestandenen Mangels zur neuerlichen Fehlerhaftigkeit geführt haben, kann insgesamt von leichter Fahrlässigkeit keine Rede sein: Gerade in Kenntnis des unterlaufenen Versehens bei der erst kurze Zeit zurückliegenden Abfertigung des ersten Schriftsatzes hätte der Beschwerdevertreter damit rechnen müssen, dass die Urschrift der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde sich noch in der im Wiedereinsetzungsantrag als Kanzleiroutine dargestellten "Vor-Ablage" befunden hat, wo aber - dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag zufolge - keine Nachschau gehalten wurde. Diese Unterlassung war - im Hinblick auf die bei weitem noch nicht ausgeschöpfte Ergänzungsfrist - nicht etwa durch Termindruck verursacht. Der Beschwerdevertreter hätte sich nicht auf Mitteilungen seines Konzipienten verlassen, sondern sich entweder durch eine neuerliche Rücksprache mit dem Verwaltungsgerichtshof davon überzeugen können, dass die Urschrift der Verfassungsgerichtshofbeschwerde nicht zurückgelangt ist (und die telefonische Mitteilung des Berichters daher auf keinem Irrtum beruhte), oder aber auch durch Nachschau, sei es im eigenen Akt, sei es in der Vorablage, feststellen können, dass sich sein Konzipient geirrt hat. Sich weder durch Rücksprache mit dem Verwaltungsgerichtshof davon zu vergewissern, ob die mit der soeben erhaltenen Mitteilung des Berichters in Widerspruch stehende Annahme des Konzipienten, die Urschrift sei ohnehin schon vorgelegt worden, zutrifft, noch an allen nach der Sachlage in Betracht kommenden Orten in der Kanzlei Nachschau zu halten, entspricht nicht jenem Sorgfaltsmaßstab, dessen Anwendung angesichts der konkreten Situation unter Berücksichtigung des Informationsstandes des Beschwerdevertreters und der noch zur Verfügung stehenden Frist als zur Vermeidung neuerlicher Fehler erforderlich und insoweit als geradezu selbstverständlich anzusehen wäre.

Auch vermag das Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag nicht aufzuklären, aus welchen Gründen "vorsichtshalber" eine weitere Kopie der Urschrift der Verfassungsgerichtshofbeschwerde dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt werden sollte, wo doch der Mängelbehebungsauftrag nur durch Vorlage der Urschrift erfüllt werden konnte und der Beschwerdevertreter selbst davon ausgeht, dass die Sekretärin dem Schriftsatz vom 26. November 2001 bereits eine Kopie dieser Urschrift beigeschlossen hatte.

Wenn man dem Beschwerdevertreter auch durchaus zubilligen kann, dass für ihn durch einander widersprechende Informationen durch den Berichter einerseits und durch den Konzipienten anderseits zwangsläufig eine Ungewissheit eingetreten sein muss, so wäre es aber umso mehr angezeigt gewesen, sich angesichts der reichlich offen stehenden Frist auch noch nach Absendung des Schriftsatzes vom 7. Dezember 2001 davon verlässlich zu überzeugen, ob der Mängelbehebungsauftrag ordnungsgemäß erfüllt worden ist. Der Wiedereinsetzungsantrag enthält im Übrigen keine Ausführungen zu der Frage, aus welchen Gründen in der bis zum Ablauf der bis zum letzten Tag der Frist am 27. Dezember 2001 verbliebenen Zeit von nahezu drei Wochen dem Beschwerdevertreter der Umstand, dass sich die Urschrift der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde noch (oder - nach Aufarbeitung der "Vor-Ablage" - wieder) in seinem Handakt befindet, verborgen bleiben konnte.

Es kann daher entgegen der Auffassung des Wiedereinsetzungswerbers selbst auf dem Boden seines eigenen Vorbringens nicht davon die Rede sein, dass nur eine "unglückliche Verkettung von Umständen" zu der Fristversäumung geführt hätte. Auf Grund der auffallenden Sorglosigkeit, die dem Beschwerdevertreter im vorliegenden Fall angelastet werden muss und nach ständiger Rechtsprechung der Partei zuzurechnen ist (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 656, wiedergegebene ständige Rechtsprechung; vgl. aus jüngerer Zeit den Beschluss vom 16. März 1999, Zl. 99/08/0017), konnte dem Antrag daher keine Folge gegeben werden.

Wien, am 4. April 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002080087.X00

Im RIS seit

13.08.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten