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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Quasianlaßfall; Anlaßfallwirkung der Aufhebung der Wortfolge "des Eigentums (Miteigentums)," in §1 Abs1 Wr AusländergrunderwerbsG, LGBl 11/1998, mit 07.06.99, G238/98.Spruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Wien ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit S 29.500,-- bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde rügt einen Bescheid der Wiener Landesregierung, mit dem gemäß §4 des Gesetzes betreffend den Grunderwerb durch Ausländer in Wien (Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz), LGBl. für Wien 11/1998 (im folgenden: GVG 1998), der Erwerb des Eigentums an 1.500/10.000 Anteilen an einer näher bestimmten Liegenschaft in Wien auf Grund eines Kaufvertrages vom September 1996 durch den Beschwerdeführer, einen sudanesischen Staatsangehörigen, nicht genehmigt wurde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt und beantragt seine kostenpflichtige Aufhebung.
2. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, auf die Erstattung einer Gegenschrift aber verzichtet.
II. Die - zulässige - Beschwerde ist im Ergebnis begründet:
1. Die Genehmigungspflicht des dem Administrativverfahren zugrundeliegenden Eigentumserwerbes beruht auf §1 Abs1 GVG 1998, der u.a. den "Erwerb des Eigentums (Miteigentums)" unter Lebenden an bebauten oder unbebauten Grundstücken jeder Art durch Ausländer an eine behördliche Genehmigung knüpft.
Mit Erkenntnis vom 7. Juni 1999, G238/98, hat der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge "des Eigentums (Miteigentums)," in dieser Bestimmung mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2000 als verfassungswidrig aufgehoben.
2. Gemäß Art140 Abs7 B-VG ist ein vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenes Gesetz im Anlaßfall nicht mehr anzuwenden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind dem im Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall jene Fälle gleichzuhalten, die - bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung - im Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung über eine in der Beschwerdesache präjudizielle Bestimmung beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10139/1984, 11711/1988).
Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 10. Februar 1999 eingelangt, die nichtöffentliche Beratung des Verfassungsgerichtshofes im Gesetzesprüfungsverfahren über §1 Abs1 GVG 1998 fand am 7. Juni 1999 statt. Die Gesetzesaufhebung wirkt daher auch für sie.
Der angefochtene Bescheid ist in Anwendung der als verfassungswidrig aufgehobenen Gesetzesbestimmung ergangen. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Er ist dadurch in seinen Rechten verletzt worden (zB VfSlg. 10404/1985).
Der Bescheid ist daher aufzuheben.
III. 1. Diese Entscheidung konnte
gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. Im zugesprochenen Betrag ist eine Gebühr gemäß §17a VerfGG in Höhe von S 2.500,-- sowie Umsatzsteuer in Höhe von S 4.500,-- enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1999:B250.1999Dokumentnummer
JFT_10009393_99B00250_00