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L9 Sozial- und GesundheitsrechtNorm
B-VG Art140 Abs7 zweiter SatzLeitsatz
Aufhebung eines Bescheides infolge Anwendung einer aufgehobenen, nicht mehr anzuwendenden Bestimmung des Sbg SozialhilfeGSpruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Salzburg ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit S 27.000 bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Die beschwerdeführende Partei, die ein Taschengeld nach dem Bundespflegegeldgesetz bezieht, wird unter Kostenbeteiligung des Landes Salzburg als Sozialhilfeträger untergebracht und betreut. Die Salzburger Landesregierung bestätigte den Bescheid erster Instanz, mit welchem der beschwerdeführenden Partei ab einem näher bezeichneten Zeitpunkt bis auf weiteres die Kosten der Unterbringung und Betreuung aus Sozialhilfemitteln abzüglich einer (ziffernmäßig bestimmten) Eigenleistung unter - gemäß §8 Abs5 und 6 des Salzburger Sozialhilfegesetzes erfolgender - Anrechnung von 80 % des ihr gemäß §13 Abs1 des Bundespflegegeldgesetzes jeweils zufließenden Pflegegeldtaschengeldes als Einkommen zugesprochen worden waren, mit dem genannten Bescheid.
2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz infolge der Anwendung des als verfassungswidrig erachteten §8 Abs6 SSHG behauptet und mit näherer Begründung die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird. Die Beschwerde langte am 11. November 1998 beim Verfassungsgerichtshof ein.
2.2. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber abgesehen.
3. Mit Erkenntnis vom 5. Oktober 1998, G117/98, hob der Verfassungsgerichtshof aus Anlaß eines anderen Beschwerdeverfahrens die Wendung "bundes- oder" in §8 Abs6 des Salzburger Sozialhilfegesetzes, LGBl. für Salzburg Nr. 19/1975 idF LGBl. Nr. 49/1996, als verfassungswidrig auf und sprach aus, daß die verfassungswidrige Vorschrift nicht mehr anzuwenden ist; dieser Ausspruch wurde im Salzburger Landesgesetzblatt Nr. 115/1998 am 30. November 1998 kundgemacht.
4. Gemäß Art140 Abs7 B-VG ist daher die von der Aufhebung betroffene Gesetzesbestimmung des §8 Abs6 des Salzburger Sozialhilfegesetzes nicht nur in Anlaßfällen und diesen gleichzuhaltenen Beschwerdefällen, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10616/1985, 11711/1988), sondern (jedenfalls ab der Kundmachung) ausnahmslos in allen Beschwerdefällen - und somit auch im gegenständlichen, beim Verfassungsgerichtshof erst nach der Beratung zum erwähnten Erkenntnis G117/98 anhängig gewordenen Beschwerdeverfahren - nicht mehr anzuwenden (vgl. VfGH 22.2.1999, B1125/98).
Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Partei nachteilig war. Die beschwerdeführende Partei wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt.
Der Bescheid ist daher aufzuheben.
5. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde im Sinne von §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.
6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist S 4.500,-- an Umsatzsteuer enthalten.
Schlagworte
VfGH / Aufhebung Wirkung, Sozialhilfe, Behinderte, PflegegeldEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1999:B2106.1998Dokumentnummer
JFT_10009393_98B02106_00