TE Vwgh Erkenntnis 2002/4/5 2001/18/0220

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Veröffentlicht am 05.04.2002
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §48 Abs2;
FrG 1997 §49 Abs1;
FrG 1997 §8 Abs4;
MRK Art8 Abs2;
MRK Art8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des r, geboren 1968, vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 13, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 27. August 2001, Zl. SD 460/01, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 27. August 2001 wurde der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 48 Abs. 2 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer habe am 4. Oktober 1999 per Fax einen Asylantrag gestellt. Am 28. Februar 2000 sei dieses Verfahren gemäß § 30 AsylG 1997 eingestellt worden. Am 20. März 2000 habe der Beschwerdeführer einen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher" gestellt. Hiebei habe er sich darauf berufen, seit 15. November 1999 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet zu sein und an einer Wiener Adresse den gemeinsamen Wohnsitz zu haben.

Einem Bericht der Bundespolizeidirektion Wien vom 19. Mai 2000 zufolge sei anlässlich einer Hauserhebung an der Meldeadresse des Beschwerdeführers nur dessen Ehegattin und ein anderer österreichischer Staatsangehöriger angetroffen worden. Dazu befragt, habe die Ehegattin angegeben, dass es sich bei diesem Mann um einen guten Freund handelte, der die heutige Nacht bei ihr verbracht hätte, weil er mit seiner Frau Streit gehabt hätte. Die Ehegattin des Beschwerdeführers habe in der Folge den Beamten keine persönlichen Gegenstände ihres Gatten, wie etwa Dokumente, vorweisen können. Ebenso wenig habe sie angeben können, wo sich der Beschwerdeführer überhaupt aufhalte. In seiner Stellungnahme vom 3. August 2000 habe der Beschwerdeführer ausgeführt, nunmehr einen Neubeginn der Beziehung versuchen zu wollen. Anlässlich einer daraufhin neuerlich durchgeführten Hauserhebung habe er an seiner angeblichen Wohnadresse wieder nicht angetroffen werden können. Daraufhin sei der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung von der Bundespolizeidirektion Wien mit Bescheid vom 23. November 2000 gemäß § 49 Abs. 1 iVm § 47 Abs. 2 FrG abgewiesen worden. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen.

Im vorliegenden Verfahren habe der Beschwerdeführer unbestritten gelassen, dass bei einer Hauserhebung seine Gattin von Beamten mit einem anderen Mann im Bett angetroffen worden sei, jedoch neuerlich darauf verwiesen, einen Neubeginn versuchen zu wollen.

Da der Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung rechtskräftig abgewiesen worden sei und der Beschwerdeführer weder über einen Einreise- noch über einen Aufenthaltstitel verfüge, sei der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG erfüllt.

Auf Grund seines bereits seit 1999 andauernden unrechtmäßigen Aufenthaltes könne sich der Beschwerdeführer nicht mit Erfolg auf einen relevanten Grad seiner Integration berufen. Da er nach wie vor mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei, sei die Ausweisung zumindest im formalen Sinn mit einem Eingriff in das Familienleben verbunden. Dieser Eingriff werde dadurch relativiert, dass der Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung deshalb rechtskräftig abgewiesen worden sei, weil Anfang Mai 2000 im Zug einer Hauserhebung an der gemeinsamen Wohnadresse lediglich die Gattin des Beschwerdeführers gemeinsam mit einem anderen österreichischen Staatsbürger angetroffen worden sei. Auch bei einer weiteren Hauserhebung sei der Beschwerdeführer nicht angetroffen worden. Die Beamten hätten aus der Wohnung zwar Geräusche und leise Stimmen vernommen, die Tür sei jedoch nicht geöffnet worden. Daraus habe die Erstbehörde zu Recht den Schluss gezogen, dass sich an den Eheverhältnissen trotz gegenteiliger Behauptungen des Beschwerdeführers nichts geändert habe.

Der seit Einreise in das Bundesgebiet zur Gänze unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers stelle eine gravierende Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens dar. Angesichts des dargestellten Sachverhaltes sei auch davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin nur deshalb geschlossen habe, um sich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts wesentliche Berechtigungen zu verschaffen. Auf Grund der dargestellten Gefährdung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens sei die Ausweisung zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf Grund der unstrittig feststehenden Umstände, dass das Asylverfahren eingestellt, der Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung rechtskräftig abgewiesen worden ist und der Beschwerdeführer über keinen Einreise- oder Aufenthaltstitel verfügt, begegnet die Ansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 33 Abs. 1 iVm § 48 Abs. 2 FrG sei erfüllt, keinen Bedenken.

2. Der Beschwerdeführer ist mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Die Feststellung der belangten Behörde, dass kein gemeinsames Familienleben bestehe, beruht auf einer nicht als unschlüssig zu erkennenden und daher im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Überprüfungsbefugnis (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senats vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) unbedenklichen Beweiswürdigung. Die Beschwerde führt dagegen als einzig konkretes Argument ins Treffen, die Gattin des Beschwerdeführers habe die Frage nach dem Aufenthalt ihres Gatten so verstanden, dass damit der momentane Aufenthaltsort gemeint sei. Der Gattin sei bewusst gewesen, dass er sich zu dieser Zeit mit Freunden getroffen habe; lediglich über seinen konkreten Aufenthaltsort im Zeitpunkt der Befragung habe sie nicht Bescheid gewusst.

Dem ist zu entgegnen, dass die Gattin des Beschwerdeführers bei ihrer Vernehmung am 18. Mai 2000 angegeben hat, sie könne nicht genau sagen, wo sich ihr Mann aufhalte "und wohnt er angeblich bei seinem Freund". Über die Berufstätigkeit des Beschwerdeführers gab sie an: "Derzeit soll er laut Auskunft von seinem Freund ... als Tellerwäscher in einem Hotel am Wilhelminenberg beschäftigt sein". Daraus ergibt sich eindeutig, dass der Gattin des Beschwerdeführers nicht nur dessen momentaner Aufenthaltsort unbekannt war, sondern sie weder seinen Wohnort noch seine genaue Beschäftigung kannte.

Auf Grund des somit nicht bestehenden gemeinsamen Familienlebens wird das Gewicht der Beziehung des Beschwerdeführers zu seiner österreichischen Gattin entscheidend gemindert. Sonstige familiäre Beziehungen im Inland bestehen unstrittig nicht.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet kommt daher nur ein sehr geringes Gewicht zu.

Dem steht die Gefährdung öffentlicher Interessen durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers gegenüber. Der Beschwerdeführer hat die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossen und sich entgegen § 8 Abs. 4 FrG anlässlich der Beantragung einer Niederlassungsbewilligung auf diese Ehe berufen, obwohl er kein gemeinsames Familienleben führt. Zu Recht hat die belangte Behörde daraus gefolgert, dass der Beschwerdeführer die Ehe nur deshalb geschlossen hat, um sich fremdenrechtlich bedeutsame Berechtigungen zu beschaffen. Dies stellt ein die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens erheblich beeinträchtigendes Verhalten dar (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. April 1999, Zl. 99/18/0044, mwN). Da sein Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung aus den dargestellten Gründen rechtskräftig abgewiesen worden ist, stellt der - jedenfalls seit Einstellung des Asylverfahrens - unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers, trotz der ihm als Angehöriger einer Österreicherin - ungeachtet des Fehlens eines gemeinsamen Familienlebens (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. März 2000, Zl. 99/18/0269) - gemäß § 49 Abs. 1 erster Halbsatz FrG zukommenden Niederlassungsfreiheit eine gravierende Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, dar. Von daher kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

3. Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 5. April 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001180220.X00

Im RIS seit

01.07.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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