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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
HDG 1994 §1 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. Thomas Krankl, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Lerchenfelder Straße 120/2/28, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 10. August 2001, Zl. 20 600/4-2.9/01, betreffend Dienstenthebung nach dem Heeresdisziplinargesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. August 2001 wurde über den Beschwerdeführer die Dienstenthebung verfügt, weil er sich seit 8. Juli 2001 in Untersuchungshaft auf Grund eines Beschlusses des Jugendgerichtshofes Wien vom 8. Juli 2001 befinde.
In der Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit Einberufungsbefehl vom 23. Mai 2000 zum Grundwehrdienst (GWD) für den 3. Juli 2000 einberufen worden. Diesem Einberufungsbefehl habe er nicht Folge geleistet. Nachdem er am 4. September 2000 von der Militärstreife in W angetroffen worden sei, sei er am 5. September 2000 zur 2. Gardekompanie in die M-Kaserne eingerückt, jedoch schon am darauffolgenden Tag nicht mehr zum Dienst erschienen. Am 18. Juni 2001 habe er sich wieder bei seiner Einheit gemeldet. Er sei für die Allgemeine Basisausbildung des Einrückungstermins Juli 2001 bei der
3. Gardekompanie vorgesehen gewesen, jedoch sei er am 1. Juli 2001 nicht zum Dienst erschienen. Am 5. Juli 2001 sei er vorläufig festgenommen worden. Mit Beschluss des Jugendgerichtshofes Wien vom 8. Juli 2001, GZ 11URX, sei über ihn wegen des Verdachtes "anderer" (nach der Aktenlage Taten gemäß §§ 146 ff StGB) strafrechtlich relevanter Delikte die Untersuchungshaft verhängt worden. Mit Bescheid des Kommandanten der 2. Gardekompanie vom 16. Juli 2001 sei er vorläufig vom Dienst enthoben worden, diesen Bescheid habe er am 19. Juli 2001 übernommen. Mit Bescheid des Kommandanten der Garde als Disziplinarvorgesetzten vom 19. Juli 2001, welcher dem Beschwerdeführer am gleichen Tag mittels Boten zugestellt worden sei, sei er vom Dienst enthoben worden. Dagegen habe er Berufung erhoben, in der er die rechtswirksame Zustellung des Einberufungsbefehles in Zweifel gezogen, Verfahrensmängel gerügt sowie andere, nicht mit dem Gegenstand dieses Verfahrens im Zusammenhang stehende Angaben gemacht habe.
Die Berufungsbehörde ging von einer rechtswirksamen Zustellung des Einberufungsbefehles aus, weshalb der Beschwerdeführer seit 3. Juli "2001" (gemeint wohl: 2000) Soldat und das HDG 1994 anzuwenden sei. Gemäß § 39 Abs. 1 Z. 1 HDG 1994 sei bei Verhängung der Untersuchungshaft über einen Soldaten die Dienstenthebung ohne weiteres Ermessen durch die zuständige Disziplinarbehörde zu verhängen, der Grund für die Verhängung der Untersuchungshaft sei für die Dienstenthebung nicht von Bedeutung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, es sei ihm der Einberufungsbefehl nicht rechtswirksam zugestellt worden. Er sei daher "bis zum heutigen Tag" nicht als Präsenzdiener des österreichischen Bundesheeres anzusehen, das HDG 1994 sei auf ihn nicht anzuwenden. Gestützt auf dieses Vorbringen rügt er Verfahrensmängel.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 des Heeresdisziplinargesetzes 1994 (HDG 1994) in der Fassung BGBl. I Nr. 30/1998 ist dieses Bundesgesetz u.a. auf Soldaten anzuwenden. Gemäß § 39 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 iVm § 42 Einleitungssatz HDG 1994 (diese Bestimmung idF BGBl. I Nr. 99/1998) ist die Dienstenthebung eines Soldaten, der den Präsenzdienst leistet, u.a. dann zu verfügen, sofern über diesen Soldaten die Untersuchungshaft verhängt wurde.
Nach § 1 Abs. 3 Z. 1 des Wehrgesetzes 1990 idF BGBl. I Nr. 30/1998 gehören dem Präsenzstand u.a. Personen an, die zum Präsenzdienst oder zum Ausbildungsdienst einberufen sind, vom Beginn des Tages, für den sie einberufen sind, bis zum Ablauf des Tages, mit dem sie entlassen werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt der normative Gehalt eines Einberufungsbefehles in der Begründung der Verpflichtung, den Präsenzdienst (hier in Form des Grundwehrdienstes) zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort anzutreten (siehe dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 2001, Zl. 2001/11/0309, mwN). Rückt ein Betroffener, um einem an ihn gerichteten, wenn auch möglicherweise nicht zugestellten Einberufungsbefehl zum Präsenzdienst zu entsprechen, ein, so ist er ab dem Zeitpunkt des Dienstantritts Soldat im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 HDG 1994; die Zustellung des Einberufungsbefehles verliert damit für die Frage der Anwendbarkeit des HDG 1994 die entscheidende Bedeutung. Da der Beschwerdeführer (wenngleich nach Abmahnung und Aufforderung durch die Militärstreife am 4. September 2000) - unbestrittenermaßen - erstmalig den Präsenzdienst am 5. September 2000 angetreten hat (und sich überdies nach längerer Abwesenheit vom Dienst bei seiner Einheit neuerlich am 18. Juni 2001 gemeldet und den Dienst wieder angetreten hat), ist es im gegenständlichen Fall ohne Bedeutung, ob der Einberufungsbefehl rechtswirksam zugestellt wurde. Die Ausführungen des Beschwerdeführers gehen deshalb ins Leere.
Dass sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in Untersuchungshaft befand, bleibt unbestritten, weshalb die belangte Behörde zu Recht den Dienstenthebungsgrund des § 39 Abs. 1 Z. 1 HDG 1994 herangezogen hat.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 18. April 2002
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001090169.X00Im RIS seit
08.07.2002