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82/02 Gesundheitsrecht allgemein;Norm
EpidemieG 1950 §32 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der S GesmbH in K, vertreten durch Dr. Herwig Hammerer und Dr. Alois Autherith, Rechtsanwälte in 3500 Krems, Utzstraße 13, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 24. Jänner 2000, Zl. 21.704/129-VIII/D/5/99, betreffend Vergütung des Verdienstentganges nach dem Epidemiegesetz 1950, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 29. März 1999 wies der Landeshauptmann von Niederösterreich einen Antrag der Beschwerdeführerin auf Vergütung des von ihr an einen namentlich genannten Dienstnehmer für die Zeit des mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 28. September 1998 angeordneten Beschäftigungsverbotes bezahlten Entgeltes gemäß § 33 in Verbindung mit § 32 des Epidemiegesetzes 1950 "als verspätet" zurück. Begründend wurde ausgeführt, das Beschäftigungsverbot sei bereits mit Bescheid vom 10. November 1998, der am 11. November 1998 abgefertigt worden sei, aufgehoben worden. Der von der Bezirkshauptmannschaft Tulln vorgelegte Antrag der Beschwerdeführerin vom 14. Dezember 1998 weise den Eingangsstempel der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 7. Jänner 1999 auf. Im Hinblick auf die im § 33 des Epidemiegesetzes 1950 festgesetzte sechswöchige Antragsfrist, gerechnet ab dem Tag der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen, sei der Antrag der Beschwerdeführerin als verspätet anzusehen.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, bei der im § 33 des Epidemiegesetzes 1950 geregelten Antragsfrist handle es sich nicht um eine materiellrechtliche, sondern um eine verfahrensrechtliche Frist, weshalb die Tage des Postenlaufes nicht einzurechnen seien. Sie habe bereits im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren vorgebracht, der Antrag sei am 14. Dezember 1998 geschrieben und auch zur Post gegeben worden, weshalb die Frist als gewahrt anzusehen sei.
Über diese Berufung entschied die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales mit Bescheid vom 24. Jänner 2000, dessen Spruch wie folgt lautet:
"Spruch
Gem § 66 Abs 4 AVG iVm § 32 Abs 1 und § 33 Epidemiegesetz 1950, BGBl 186/1950 idgF (EpG), wird der Spruch des bekämpften Bescheides dahingehend abgeändert, dass der Antrag der Fa S GesmbH auf Vergütung des Verdienstentganges abgewiesen wird."
In der Begründung führte die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales aus, das über den namentlich genannten Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin verhängte Tätigkeitsverbot sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 10. November 1998 mit sofortiger Wirkung aufgehoben worden. Der Aufhebungsbescheid sei dem Arbeitnehmer am 11. November 1998 ausgehändigt worden. Dieser habe die Übernahme mit seiner Unterschrift quittiert. In der Folge habe die Beschwerdeführerin gemäß § 32 des Epidemiegesetzes 1950 einen Antrag auf Vergütung des Verdienstentganges, datiert mit 14. Dezember 1998, gestellt. Auf dem Antragsoriginal sei der Eingangsstempel der Einlaufstelle der Bezirkshauptmannschaft Tulln mit dem Datum vom 7. Jänner 1999 ersichtlich. Die Beschwerdeführerin habe in weiterer Folge als Beweis für die Aufgabe des das Datum vom 14. Dezember 1998 tragenden Antrages eine schriftliche Bestätigung einer namentlich genannten Angestellten beigebracht, welche den Antrag verfasst und am 14. Dezember 1998 zur Post gegeben haben solle. Nach Wiedergabe des Berufungsvorbringens sowie der maßgeblichen Rechtslage wurde mit näherer Begründung ausgeführt, dass es sich bei der im § 33 des Epidemiegesetzes 1950 umschriebenen Frist um eine materiellrechtliche Frist handle. Tage des Postenlaufes seien demnach in die Frist einzurechnen. Im gegenständlichen Fall sei der erste Tag der in Wochen bestimmten Frist der Tag der Erlassung des Aufhebungsbescheides (11. November 1998, Aushändigung an den Angestellten) gewesen, weshalb die sechswöchige Frist am 23. Dezember 1998 geendet habe. Die von der Beschwerdeführerin angestrebte Beweisführung hinsichtlich einer rechtzeitigen Aufgabe des Antrages und damit fristgerechten Einbringung sei im Hinblick auf die Qualifikation der Frist als materiellrechtliche nicht mehr relevant, weil es im gegebenen Zusammenhang ausschließlich um das rechtzeitige Einlangen bei der Behörde bis spätestens 23. Dezember 1998 gehe, was aber durch die wiedergegebene Aussage der Angestellten nicht bewiesen werde. Ebenso relativiere sich damit der Beweiswert des Umstandes, dass das Antragskuvert nicht mehr vorhanden sei. Zum einen habe der Nachweis der Rechtzeitigkeit der Aufgabe durch den Poststempel bei einer materiellrechtlichen Frist nicht mehr dieselbe Konsequenz wie bei einer verfahrensrechtlichen Frist, zum anderen wäre der Nachweis der Rechtzeitigkeit des Einganges auch mit einem beigehefteten Postkuvert nicht möglich, weil möglicherweise Eingangsstempel nur auf dem Eingangsstück (im vorliegenden Fall: dem Antrag) angebracht würden und nicht auf dem Kuvert. Der Einwand, durch das Fehlen des Kuverts könne generell auf Fehler bei der Postbearbeitung in der Einlaufstelle der Bezirkshauptmannschaft Tulln geschlossen werden, sei nicht schlüssig, weil das abhanden gekommene oder nicht beigefügte Kuvert nicht "gleichzeitig" bedeute, dass Poststücke deswegen auch nicht sofort beim Öffnen mit der Eingangsstampiglie versehen würden bzw. Poststücke unbearbeitet liegen blieben. Zwar sei davon auszugehen, dass der Eingangsstempel bzw. das darauf befindliche Datum kein unwiderlegbarer Beweis dafür sei, dass der Antrag an diesem Tag bei der Bezirkshauptmannschaft durch Einlangen geltend gemacht worden sei. Nach Auffassung der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales sei jedoch die Aussage der Angestellten der Beschwerdeführerin, den Antrag an einem bestimmten Tag zur Post gegeben zu haben, nicht geeignet, den Beweiswert des behördlichen Eingangsstempels zu widerlegen. Dies deshalb, weil der Aussage nur bedingte Relevanz für den Beweis des Einlangens zukomme. Der Beweis der Aufgabe könne lediglich als Indiz dafür angesehen werden, dass der Antrag in der Regel wenige Tage nach Postaufgabe beim Empfänger eingelangt sein würde, sei jedoch nicht geeignet, diesen Umstand zu beweisen. Aus diesen Gründen sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Vorschriften des Epidemiegesetzes 1950 lauten (idF der Epidemiegesetz-Novelle 1974, BGBl. Nr. 702) auszugsweise:
"§ 32. (1) Natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes ist wegen der durch die Behinderung ihres Erwerbes entstandenen Vermögensnachteile dann eine Vergütung zu leisten, wenn und soweit
...
3. ihnen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit gemäß § 17 untersagt worden ist, oder
...
und dadurch ein Verdienstentgang eingetreten ist.
(2) Die Vergütung ist für jeden Tag zu leisten, der von der in Abs. 1 genannten behördlichen Verfügung umfasst ist.
(3) Die Vergütung für Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, ist nach dem regelmäßigen Entgelt im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes, BGBl. Nr. 399/1974, zu bemessen. Die Arbeitgeber haben ihnen den gebührenden Vergütungsbetrag an den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen auszuzahlen. Der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund geht mit dem Zeitpunkt der Auszahlung auf den Arbeitgeber über. Der für die Zeit der Erwerbsbehinderung vom Arbeitgeber zu entrichtende Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung und der Zuschlag gemäß § 21 des Bauarbeiterurlaubsgesetzes 1972, BGBl. Nr. 414, ist vom Bund zu ersetzen.
...
§ 33. Der Anspruch auf Entschädigung gemäß § 29 ist binnen sechs Wochen nach erfolgter Desinfektion oder Rückstellung des Gegenstandes oder nach Verständigung von der erfolgten Vernichtung, der Anspruch auf Vergütung des Verdienstentganges gemäß § 32 binnen sechs Wochen vom Tage der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich diese Maßnahmen getroffen wurden, geltend zu machen, widrigenfalls der Anspruch erlischt."
Wie bereits im Verwaltungsverfahren vertritt die Beschwerdeführerin auch in der Beschwerde die Auffassung, bei der im § 33 des Epidemiegesetzes 1950 vorgesehenen Antragsfrist handle es sich um eine verfahrensrechtliche Frist. Diese Auffassung ist, wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, schon im Hinblick auf den Wortlaut der Bestimmung, die von einem Erlöschen eines (durch Ausbezahlung im Sinne des § 32 Abs. 3 des Epidemiegesetzes 1950 auf den Arbeitgeber übergegangenen) Anspruches bei nicht rechtzeitiger Antragstellung spricht, verfehlt. Davon, dass es sich im vorliegenden Fall um eine materiellrechtliche Frist handelt, ist nach Ausweis der Gesetzesmaterialien offenkundig auch der Gesetzgeber ausgegangen (vgl. zB. zur Neufassung des § 33 durch die Epidemiegesetz-Novelle, StGBl. Nr. 83/1920, die Vorlage der Staatsregierung, 610 Blg KNV, 6, in der in Bezug auf § 33 ausdrücklich von einem "Beginn der Fallfrist" die Rede ist).
Die Beschwerdeführerin ist weiters mit ihrem Vorbringen nicht im Recht, aus dem angefochtenen Bescheid ergebe sich keine Feststellung der belangten Behörde, der verfahrensgegenständliche Antrag sei nicht innerhalb der Antragsfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Tulln eingelangt. Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt, ergibt sich aus den Ausführungen der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides (S. 6) nach Feststellung des Beginns der sechswöchigen Frist mit 11. November 1998 klar, dass die belangte Behörde ihrem Bescheid die Annahme zu Grunde legt, dass der Antrag nicht innerhalb dieser sechswöchigen Frist (also spätestens bis 23. Dezember 1998) eingelangt sei. Da die Beschwerdeführerin im gesamten Verwaltungsverfahren, aber auch in der Beschwerde, ein konkretes Vorbringen nur dahin gehend erstattet, die Postaufgabe des verfahrensgegenständlichen Antrages sei am 14. Dezember 1998 erfolgt, hegt der Verwaltungsgerichtshof im Ergebnis auch keine Bedenken gegen die Schlüssigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen, wenngleich sehr kurzen, Beweiswürdigung, die sich insbesondere auf den Eingangsstempel der Bezirkshauptmannschaft Tulln, der auf 7. Jänner 1999 lautet, stützt. Konkrete Umstände, welche Anhaltspunkte dafür bieten hätten können, dass die Bezirkshauptmannschaft Tulln das Einlangen des Antrages erst mit einer Verzögerung von mehr als 14 Tagen protokolliert hätte, wurden von der Beschwerdeführerin weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde vorgebracht.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.
Wien, am 23. April 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000110061.X00Im RIS seit
25.07.2002Zuletzt aktualisiert am
15.03.2010