TE Vfgh Erkenntnis 1999/6/7 B1859/97

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Veröffentlicht am 07.06.1999
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Index

L7 Wirtschaftsrecht
L7200 Beschaffung, Vergabe

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
Wr LandesvergabeG

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Zurückweisung eines Antrags auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens durch den Vergabekontrollsenat mangels Zuständigkeit; Erteilung einer Berechtigung zur Sammlung und Verwertung von Alttextilien keine Vergabe öffentlicher Aufträge; keine Bedenken gegen die Bestimmungen über den Geltungsbereich des Wr LandesvergabeG

Spruch

Der beschwerdeführende Verein ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Nachdem der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 48, aufgrund einer "öffentlichen Ausschreibung" die Berechtigung zur Sammlung und Verwertung von Alttextilien in Wien einem anderen Interessenten erteilt hatte, wandte sich der beschwerdeführende Verein mit Schreiben vom 16. April 1997 an die vergebende Magistratsabteilung, wies darauf hin, daß die Zuschlagserteilung seiner Ansicht nach gegen die Ausschreibung und das Wiener Landesvergabegesetz, LGBl. 36/1995 (künftig: WLVergG) verstoße und ihm ein Schaden zu entstehen drohe, und erklärte, daß er die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens beabsichtige. Mit Schriftsatz vom gleichen Datum beantragte er beim Vergabekontrollsenat beim Amt der Wiener Landesregierung die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens gemäß §97 WLVergG.

Der Vergabekontrollsenat wies mit Bescheid vom 21. Mai 1997 den Antrag zurück. Es handle sich im gegebenen Fall nicht um einen entgeltlichen Dienstleistungsauftrag, bei dem der öffentliche Auftraggeber Dienstleistungen gegen Entgelt erlangen wolle, sondern um einen Vertrag, bei dem die Gemeinde Wien gegenüber ihrem Vertragspartner Leistungen erbringe, nämlich Aufstellplätze zur Alttextiliensammlung gegen Entgelt zur Verfügung stelle. In der Ausschreibung sei klargestellt, daß die ausschreibende Stelle den Bewerbern im Zuschlagsfalle keine Entgelte bezahle, sondern von diesen vielmehr die Leistung von Mietentgelten für die Zurverfügungstellung von Aufstellplätzen begehre. Derartige Verträge unterlägen aber nicht dem Regime des WLVergG.

2. a) Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, insbesondere des Gleichheitsgrundsatzes und des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, und eine Rechtsverletzung wegen Anwendung einer für rechtswidrig erachteten generellen Norm behauptet und begehrt wird, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

b) Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand genommen.

Die im verfassungsgerichtlichen Verfahren beteiligte vergebende Stelle verteidigte in einem Schriftsatz ihre Vorgangsweise.

3. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

a) Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10413/1985, 11682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10337/1985, 11436/1987).

Das Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird - wie der beschwerdeführende Verein zu Recht ausführt - u.a. dann verletzt, wenn die Behörde eine Zuständigkeit zu Unrecht abgelehnt hat.

b) Die beschwerdeführende Gesellschaft wirft der belangten Behörde vor allem vor, zu Unrecht ihre Zuständigkeit abgelehnt zu haben. Dieser Vorwurf besteht nicht zu Recht. Denn das WLVergG regelt wie alle in Österreich geltenden Rechtsvorschriften über die Auftragsvergabe bloß die Vergabe öffentlicher Aufträge, d.s. nach einhelliger Auffassung "privatrechtliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern und Unternehmungen, in denen sich diese verpflichten, eine bestimmte Leistung gegen Entgelt zu erbringen" (so Korinek, Vergaberecht, in: Raschauer (Hrsg.), Wirtschaftsrecht, 1998, 285), nicht aber die Vergabe von Berechtigungen, für die vom Erwerber der öffentlichen Hand ein Entgelt entrichtet wird.

Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen über den Geltungsbereich des WLVergG sind aus Anlaß dieses Verfahrens nicht entstanden. Insbesondere bestehen keine Bedenken dagegen, daß durch das WLVergG nur die Beauftragung von Unternehmen durch die öffentliche Hand gegen Entgelt, nicht aber die Zurverfügungstellung von Grundflächen durch die öffentliche Hand gegen ein dieser zufließendes Entgelt, also die Vergabe einer Berechtigung zur Benützung von Grundflächen, geregelt wird.

c) Im übrigen wirft die Beschwerde der belangten Behörde bloß Vollzugsfehler vor. Damit werden aber keine in die Verfassungssphäre reichende Fehler geltend gemacht; von einer verfassungswidrigen oder denkunmöglichen Gesetzesanwendung kann keine Rede sein.

Die Behörde hat ihre Entscheidung plausibel und nachvollziehbar begründet. Sie hat die Entscheidung weder leichtfertig getroffen noch sonst Willkür geübt. Ob das Verfahren in jeder Hinsicht rechtmäßig geführt wurde und die Entscheidung rechtsrichtig ist, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen; und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. VfSlg. 10565/1985, 10659/1985, 12697/1991).

d) Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Da das Verfahren auch nicht ergeben hat, daß der beschwerdeführende Verein in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde, war die Beschwerde abzuweisen.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Vergabewesen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:B1859.1997

Dokumentnummer

JFT_10009393_97B01859_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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