TE Vwgh Erkenntnis 2002/4/23 98/14/0017

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Veröffentlicht am 23.04.2002
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Index

32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

UStG 1972 §4 Abs1;
UStG 1972 §4 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des Dr. R, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat) vom 20. Dezember 1996, Zl. 262-7/96, betreffend u.a. Umsatzsteuer 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erzielt als Rechtsanwalt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Mit Bescheid vom 19. Juni 1996 wurde die Umsatzsteuer des Streitjahres der Abgabenerklärung gemäß festgesetzt.

In einer dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, in den erklärten Entgelten seien auch Beträge enthalten, die als durchlaufende Posten anzusehen und daher nicht umsatzsteuerpflichtig seien. Weiters handle es sich bei den Barauslagenersätzen im Rahmen der Verfahrenshilfe um bundesgesetzlich geregelte Zuschüsse, die von der Umsatzsteuerpflicht ausgenommen seien. Diese beliefen sich im Jahr 1994 zumindest auf S 100.000,--. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass im Umfang von weiteren S 300.000,-- Betriebseinnahmen zu Unrecht als umsatzsteuerpflichtig behandelt worden seien. Begründend verwies der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf den Umstand, dass vorsteuerabzugsberechtigte Klienten von ihren Rechtsschutzversicherungen lediglich Nettobeträge vergütet erhielten, sodass die diesbezüglichen Honorareingänge des Beschwerdeführers "naturgemäß" nur "netto erfolgen". "Sollte sich aus der Abgabenerklärung eine andere Darstellung ergeben", so beruhe dies auf einem Fehler des Steuerberaters, welcher auf Grund des Berufungsvorbringens zu berichtigen sei. Hinzu komme, dass - anders als der Verwaltungsgerichtshof entschieden habe - Postgebühren, Telekommunikationsgebühren sowie Fahrt- und Reisekosten durchlaufende Posten darstellten. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte das Finanzamt daher "zumindest von einer um S 100.000,-- und S 300.000,--, insgesamt um S 400.000,--, geringeren Bemessungsgrundlage auszugehen gehabt".

     Im Zuge einer Nachschau gemäß § 144 BAO wurde festgestellt,

dass die Erlöse des Beschwerdeführers auf den Konten

     800 - Durchläufer

     801 - Honorare 10 %

     802 - Honorare 20 %

     803 - Honorare 0 %

     erfasst waren. Ein Vergleich der auf den Konten

festgehaltenen mit den erklärten Beträgen habe ergeben, so der

Prüfer in einer Mitteilung an das Finanzamt vom 5. September 1996,

dass auf dem Konto 802 um S 761.988,37 höhere Honorarerlöse

verzeichnet als erklärt worden seien; während der auf dem Konto

800 erfasste Betrag an Durchläufern um S 717.807,35 niedriger sei

als jener der der Abgabenerklärung zu Grunde liege. Der

Beschwerdeführer sei im Rahmen der Nachschau nicht in der Lage

gewesen, die aufgezeigten Differenzen aufzuklären, doch habe er

sich bereit erklärt, über schriftlichen Vorhalt zu den

hervorgekommenen Differenzen Stellung zu nehmen.

Im daraufhin ergangenen Vorhalt vom 14. Oktober 1996 wurde dem Beschwerdeführer darüber hinaus u.a. ergänzend mitgeteilt, dass nach dem Ergebnis der Nachschau Zahlungen von Rechtsschutzversicherungen bereits (nach Ansicht der belangten Behörde zu Unrecht) auf dem Konto "Honorare 0 %" erfasst seien. Zur korrekten steuerlichen Behandlung dieser Beträge mögen alle diesbezüglichen Umsätze im Einzelnen angeführt und näher erläutert werden.

In der Vorhaltsbeantwortung vom 24. Oktober 1996 führte der Beschwerdeführer aus, in den im Betrieb erstellten Aufzeichnungen seien zu Unrecht Einnahmen aus der Tätigkeit als Verfahrenshelfer und Pflichtverteidiger auf dem Konto 802 erfasst worden. Richtigerweise wären diese Honorare dem Konto 803 zuzuordnen gewesen. Die Höhe der unrichtigen Einbuchungen ergebe sich aus den übermittelten Kopien des Kontos 802, wobei die mit Leuchtstift markierten Erlösbuchungen "zum Teil" nicht umsatzsteuerpflichtig seien und daher dem Konto 803 hätten zugeordnet werden müssen. Auch die Höhe der Umsätze, die "die Rechtsschutzversicherungen nur netto auszahlen und in welchen Umsätzen zudem noch die Gerichtskostenmarken enthalten" seien, würde sich aus "den Unterstreichungen in den Kopien der Kontonummer 802 und 803" (die in den Verwaltungsakten enthaltenen Kontoablichtungen weisen Unterstreichungen allerdings nicht auf) ergeben.

Den in der Einnahmen-Ausgabenrechnung ausgewiesenen Gesamtbetrag an durchlaufenden Posten in Höhe von S 984.163,29 hatte der Beschwerdeführer bereits in einem an das Finanzamt gerichteten Schreiben vom 9. Oktober 1996 damit "erklärt", dass der steuerliche Vertreter die Beträge aus den monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen übernommen habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und änderte zugleich die Festsetzung insoweit ab, als die zum Normalsteuersatz erklärten Einnahmen erhöht wurden. Begründend führte die belangte Behörde zunächst aus, sie teile zwar die Rechtsansicht des Beschwerdeführers, wonach die dem Verfahrenshilfeanwalt vom Gericht vergüteten Barauslagenersätze als bundesgesetzlich geregelte Zuschüsse von dritter Seite nicht der Umsatzsteuer unterliegen würden. Allerdings habe die abgabenbehördliche Nachschau ergeben, dass die gegenständlichen Barauslagenersätze, die zunächst unrichtig auf dem Konto 802 erfasst worden seien, in der Umsatzsteuererklärung - wie sich aus den festgestellten Differenzen ergebe - ohnedies nicht mehr den steuerpflichtigen Entgelten zugeordnet worden seien. Der Beschwerdeführer habe somit seiner zutreffenden Rechtsansicht bereits in der Umsatzsteuererklärung Rechnung getragen. Anhaltspunkte dafür, dass in den erklärten steuerpflichtigen Umsätzen noch weitere S 100.000,-- an derartigen Barauslagenersätzen enthalten seien, hätten sich im Verwaltungsverfahren nicht gefunden.

Zum Streitpunkt der Verrechnung mit Rechtsschutzversicherungen wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, der Leistungsaustausch finde zwischen dem Rechtsanwalt und der von ihm vertretenen Partei statt. Die dabei erbrachte Vertretungshandlung unterliege als sonstige Leistung dem Normalsteuersatz, unabhängig davon, ob die Vertretungskosten dem Klienten durch eine Rechtsschutzversicherung ersetzt würden oder nicht. Für die Beurteilung der Steuerpflicht sei daher die Frage, ob der zum Ersatz verpflichtete Dritte die Vertretungskosten mit oder (infolge der Vorsteuerabzugsberechtigung des Klienten) ohne Umsatzsteuer ersetze, nicht relevant. Da der Beschwerdeführer - wie der Vorhaltsbeantwortung vom 24. Oktober 1996 zu entnehmen sei - die durch Rechtschutzversicherungen ersetzten Honorare als nicht umsatzsteuerpflichtig behandelt habe, seien die erklärten Umsätze zu erhöhen. Mangels anderer Anhaltspunkte gehe die belangte Behörde dabei von den vom Beschwerdeführer in der Berufungsschrift selbst genannten Betrag von S 300.000,-- aus. Die darin enthaltenen Gerichtsgebühren und Stempelkosten würden mit 10 % geschätzt, sodass die erklärten 20 %igen Umsätze um den Betrag von S 225.000,-- zu erhöhen seien.

Die vom Beschwerdeführer begehrte Erhöhung der Position "durchlaufende Posten" sei nicht gerechtfertigt; handle es sich bei den angeführten Post- und Telekommunikationsgebühren sowie den Fahrt- und Reisekosten doch um Ausgaben, bei denen davon ausgegangen werden könne, dass sie der Beschwerdeführer selbst geschuldet habe. Derartige Aufwendungen würden zwar auf Rechnung, jedoch nicht im Namen des Klienten verausgabt. Die dafür vom Klienten erhaltenen Kostenersätze stellten daher steuerpflichtiges Entgelt dar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete und von diesem mit Erkenntnis vom 28. November 1997, B 480/97, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetretene Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde einen Verstoß gegen § 4 Abs. 3 UStG 1972 insoweit vor, als sie weder die Post- und Telekommunikationsgebühren noch die Fahrt- und Reisekosten als durchlaufende Posten anerkannt habe. Letztere würden nämlich, was die belangte Behörde verkannt habe, "in jedem Akt gesondert als Kostennote verzeichnet".

Gemäß § 4 Abs. 3 UStG 1972 gehören nicht zum Entgelt die Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten). Bei Rechtsanwälten gehören zu den durchlaufenden Posten vor allem Streit- und Vergleichssummen, Hypothekengelder, die zu treuen Handen erlegten Kaufpreise, Forderungs- und Darlehensbeträge, die für den gegnerischen Anwalt bestimmten Kostenerläge sowie auch die Gerichtsgebühren und Stempelkosten (vgl. Kranich/Siegl/Waba, UStG 1972, Tz. 174 zu § 4, und die dort angeführte hg. Rechtsprechung). Hingegen zählen Portospesen, Fernsprechgebühren, Telegrammgebühren sowie Reisekosten und dgl., die von den Klienten vergütet werden, zum Entgelt des Rechtsanwaltes. Diese Ausgaben werden vom Rechtsanwalt zwar auf Rechnung, jedoch - weil dies nach außen hin nicht erkennbar ist - nicht im Namen des Klienten geleistet (vgl. nochmals Kranich-Siegl-Waba, a.a.O.).

Bemessungsgrundlage der anwaltlichen Leistung ist somit das ungekürzte Entgelt, auch wenn der Unternehmer daraus noch seine Geschäftsunkosten decken muss. Maßgebend ist jener Betrag, den der Abnehmer für die Leistung aufzuwenden hat. Dazu gehören aber auch Aufwendungen des Anwaltes, die dieser gesondert weiter verrechnet (Auslagen- oder Spesenersatz). Der Umstand, dass in den Kostennoten, Gerichtsurteilen und Zahlungsbelegen die vom Beschwerdeführer genannten Kostenersätze gesondert ausgewiesen sind, ändert somit nichts daran, dass die genannten Beträge Teil des umsatzsteuerpflichtigen Entgelts darstellen. Entscheidend ist nämlich, dass durchlaufende Posten bereits im Namen des Klienten verausgabt werden.

Zu dem in der Beschwerde angesprochenen Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit Fahrt- und Reiseaufwendungen ist zu sagen, dass eine Erhöhung der in der Umsatzsteuererklärung geltend gemachten Vorsteuern vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht begehrt wurde und daher diesbezügliche Erwägungen von der belangten Behörde nicht anzustellen waren.

Die Beschwerde wendet sich weiters gegen die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Erhöhung der steuerpflichtigen Entgelte um S 225.000,--. Der belangten Behörde sei insoweit ein Missverständnis unterlaufen, als sie zu Unrecht davon ausgegangen sei, der Beschwerdeführer habe eingeräumt, Honorare in der genannten Höhe nicht der Umsatzsteuer unterworfen zu haben. Aus den vorgelegten Konten hätte die belangte Behörde klar ersehen können, dass die erklärten Entgelte um den von ihm genannten Betrag zu vermindern gewesen wären.

Dem Beschwerdeführer wurde im Verwaltungsverfahren vorgehalten, dass die von ihm erklärten Honorarerlöse von jenen abweichen, die sich aus den Erlöskonten laut Buchhaltung ergeben würden. Weiters wurde er zu seinem Berufungsvorbringen, die erklärten Honorarerlöse seien um die von Rechtsschutzversicherungen geleisteten Zahlungen um einen Betrag von zumindest S 300.000,-- zu vermindern, auf die Feststellung einer abgabenbehördlichen Nachschau hingewiesen, wonach auf dem Konto mit der Bezeichnung "Honorare 0 %" bereits derartige, nach Ansicht der belangten Behörde steuerpflichtige, Entgelte erfasst worden seien. Um eine allenfalls gebotene Richtigstellung vornehmen zu können, wurde der Beschwerdeführer zudem ersucht, alle diesbezüglichen Umsätze einzeln anzuführen und näher zu erläutern.

In der Vorhaltsbeantwortung vom 24. Oktober 1996 hat sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen darauf beschränkt, Kontoablichtungen vorzulegen und einzelne Sammelbuchungen mit dem Hinweis zu markieren, darin seien "zum Teil" (in nicht angegebener Höhe) auch Beträge enthalten, die als Durchläufer, Barauslagen, etc. nicht der Umsatzsteuer unterliegen würden. Die strittigen, von Rechtsschutzversicherungen getragenen Honorarerlöse wurden weder beziffert noch näher aufgegliedert und in ihrer buchhalterischen Erfassung zur Darstellung gebracht. Die vom Beschwerdeführer angekündigte "umfassende Darstellung und Erklärung" seitens seines steuerlichen Vertreters ist unterblieben. Warum es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen sein sollte, die offenbar im Zuge der Erstellung der Abgabenerklärung vorgenommenen strittigen Berichtigungen der buchhalterischen Erfassung im Einzelnen offen zu legen, gibt die Beschwerde nicht zu erkennen. Auch dem ausdrücklichen Vorhalt, Eingänge von Rechtsschutzversicherungen seien bereits unter den nicht steuerpflichtigen Erlösen verbucht worden, ist der Beschwerdeführer konkret nicht entgegengetreten. Wenn die belangte Behörde solcherart zur Feststellung gelangt ist, die vom Beschwerdeführer vorgenommenen Kürzungen der Steuerbemessungsgrundlage hätten nicht ausschließlich durchlaufende Posten iSd § 4 Abs. 3 UStG 1972 betroffen und die erklärten steuerpflichtigen Umsätze erhöht hat, kann dies auch dann nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die Vorhaltsbeantwortung nicht als Eingeständnis des Beschwerdeführers, Eingänge von Rechtsschutzversicherungen nicht erklärt zu haben, verstanden werden durfte.

Gegen die zutreffende rechtliche Beurteilung jener Honorarerlöse, die wirtschaftlich von Rechtsschutzversicherungen getragen wurden, als umsatzsteuerpflichtig, bringt die Beschwerde nichts vor.

Insgesamt gelingt es der Beschwerde demnach nicht, eine Rechtswidrigkeit des Bescheides im hier angefochtenen Umfang (somit in seinem Abspruch über die Umsatzsteuer 1994) aufzuzeigen; sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 23. April 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1998140017.X00

Im RIS seit

13.08.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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