TE Vwgh Erkenntnis 2002/4/24 2001/12/0021

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Veröffentlicht am 24.04.2002
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Index

L24009 Gemeindebedienstete Wien;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

BO Wr 1994 §2;
PensionsO Wr 1995 §9;
PG 1965 §9 Abs1 impl;
PG 1965 §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 12/9, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 21. November 2000, Zl. MA 2/137/98, betreffend Zurechnung nach § 9 PO 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1959 geborene Beschwerdeführer steht seit seiner mit Bescheid der gemeinderätlichen Personalkommission vom 14. März 1997 zum 31. März 1997 erfolgten Ruhestandsversetzung in einem öffentlichrechtlichen Ruhestandsverhältnis zur Bundeshauptstadt Wien. Er war seit 1. Juli 1989 Kanzleibeamter der Verwendungsgruppe C des Schemas II mit einem Gehalt der Dienstklasse III.

Im Zuge des Ruhestandsversetzungsverfahrens wurde amtswegig ein Verfahren betreffend Zurechnung eines Zeitraumes zu seiner ruhegenussfähigen Dienstzeit zur Stadt Wien gemäß § 9 der Pensionsordnung 1995, LGBl. Nr. 67/1995 (im Folgenden: PO 1995), eingeleitet.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 12. März 1998 wurde ausgesprochen, dass die Zurechnung eines Zeitraumes zur ruhegenussfähigen Dienstzeit des Beschwerdeführers zur Stadt Wien gemäß § 9 PO 1995 nicht verfügt werden könne. Die erstinstanzliche Behörde ging auf Grund der ihr vorliegenden medizinischen Gutachten davon aus, dass der Beschwerdeführer noch als Arbeitskraft auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in Berufen wie etwa Registraturkraft, Informationsangestellter und Büroangestellter mit gleichzeitigem Verkauf von Kleinteilen verwiesen werden könnte. Diese Berufe seien ihm auch unter Berücksichtigung seiner sozialen Stellung als Kanzleibeamter zumutbar und kämen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in ausreichender Zahl vor, wobei außer Betracht bleiben müsse, ob Stellen frei oder besetzt seien.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in welcher er ein Vorbringen über seinen Gesundheitszustand erstattete, aus welchem er die Schlussfolgerung ableitete, er könne auf die im erstinstanzlichen Bescheid angeführten Berufe nicht verwiesen werden.

Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde am 23. Juni 1998 ein ergänzendes medizinisches Gutachten eingeholt.

Auf Basis des ihm damals bekannten Standes der medizinischen Begutachtung des Beschwerdeführers erstattete Ing. P am 23. November 1999 ein berufskundliches Sachverständigengutachten.

Darin wird der Berufsverlauf des Beschwerdeführers wie folgt geschildert:

"Herr K trat mit Wirksamkeit vom 22.8.1975 als Kanzleipraktikant in den Dienst der Stadt Wien ein. Ab 1.9.1977 war er Kanzleibediensteter der Verwendungsgruppe E. Mit Wirksamkeit vom 1.10.1977 wurde er als Kanzleibediensteter in die Verwendungsgruppe D überstellt und mit Wirksamkeit vom 1.10.1982 der Dienstordnung 1966 unterstellt. Am 1.7.1989 erfolgte die Überstellung zum Kanzleibeamten der Verwendungsgruppe C. Herr K wurde mit Wirksamkeit vom 31.3.1997 in den Ruhestand versetzt."

Unter "Tätigkeitsbeschreibung des überwiegend ausgeübten Berufes" heißt es:

"Bei Kanzleibeamten bzw. -beamtinnen der Verwendungsgruppe C handelt es sich um Verwaltungsfachbedienstete, die im Rahmen des öffentlichen Dienstes bürotechnische Arbeiten durchführen, die bereits umfangreiche Kenntnisse in einem bestimmten Fachgebiet erfordern. Es werden dabei unterschiedliche Agenden nach den jeweilig zutreffenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften bearbeitet. Beamte bzw. Beamtinnen dieser Art führen einfacheren Schriftwechsel selbstständig durch, wirken im Parteienverkehr mit, erteilen Auskünfte, stellen Statistiken und Tabellen auf, erstatten einfachere Berichte, führen Karteien, Registraturen und EDV-gespeicherte Daten, sind in Buchhaltungen, Hausverwaltungen udgl. tätig und arbeiten teilweise auch im Außendienst. Je nach dem Ressort, der Größe der Dienststelle usw. weisen die Tätigkeiten große Unterschiede auf.

Als Anstellungserfordernis ist der erfolgreiche Abschluss einer Grundschule und zumindest der Abschluss einer Lehrausbildung nachzuweisen. Absolventen von kaufmännischen Schulen werden bevorzugt. Eine dem Aufgabengebiet entsprechende Dienstprüfung für die Verwendungsgruppe C ist abzulegen. Die Verwendungsgruppe C ist der Verwendungsgruppe III eines Angestelltenkollektivvertrages gleichzusetzen."

Auf Basis des damaligen Standes der medizinischen Begutachtung erachtete der Sachverständige für den Beschwerdeführer die Möglichkeit gegeben, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in mehreren Angestelltenberufen einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Der Sachverständige nannte beispielshaft Telefonverkäufer (Verwendungsgruppe III des Angestelltenkollektivvertrages), Telefonist (Verwendungsgruppe II oder III desselben) und Fakturist (Verwendungsgruppe II oder III desselben) sowie Portier in Ämtern, Geschäfts- und Bürohäusern, Banken usw.

Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde in der Folge eine Ergänzung der medizinischen Begutachtung angeordnet. Diese ergab insbesondere, dass dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung Tätigkeiten in ausschließlich sitzender Körperhaltung aus medizinischer Sicht nicht möglich gewesen seien; wohl aber sei er in der Lage gewesen, Tätigkeiten in überwiegend sitzender Haltung durchzuführen.

Auf Grundlage dieses Ergebnisses der medizinischen Begutachtung wurde ein ergänzendes Gutachten des Sachverständigen Ing. P eingeholt, welches dieser am 28. März 2000 erstattete.

Darin führte er aus, seine Schlussfolgerungen im Gutachten vom 23. November 1999 seien (grundsätzlich) auch weiterhin aufrecht zu erhalten. Eine Arbeitskraft mit den Leistungseinschränkungen und der Berufslaufbahn des Beschwerdeführers sei zum Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung noch in der Lage gewesen, in einigen Angestelltenberufen einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Allerdings kämen die im Vorgutachten angeführten Verweisungsberufe Telefonverkäufer, Fakturist und Telefonist nicht mehr in Betracht, wohl aber stünden folgende Verweisungsberufe zur Verfügung:

"Aufseher bei Ausstellungen, in Museen, Versteigerungshäusern udgl.;

Aufsicht über die ausgestellten Exponate und das richtige Verhalten der Besucher. Erteilen einfacher Auskünfte (z.B. Tag der Versteigerung). Öffnen von Vitrinen zur Einzelbesichtigung von Versteigerungsgegenständen.

Die Tätigkeit ist unter ganz leichten körperlichen Belastungen auszuführen. Es ist dabei eine wechselnde Körperhaltung möglich. Es handelt sich um eine einfache Arbeit, die nach einer kurzen Unterweisung ausgeführt werden kann.

Hilfskraft in der Registratur (Verw.Gr. II)

Zusammenstellen von Aktenvorgängen, Paginieren von Seiten, Anbringen von Registernummern nach Aktenplänen, Ablegen der Akten in Ordner oder Schachteln. Herausnehmen von Aktenvorgängen aus der Registratur und Anschließen an neu eingelangte Akten.

Die Arbeit ist ca 2/3 im Sitzen und ca. 1/3 im Gehen und Stehen zu verrichten, wobei sich die Körperhaltung öfter ändert. Es handelt sich um eine leichte körperliche Arbeit bei gelegentlicher Verwendung von Bürotritten oder Zimmerleitern bis 3 Sprossen. Es sind nur wenige handschriftliche Arbeiten zu leisten. Beim Herausziehen und Einstellen von Ordnern mit einer Hand aus den bzw. in die Registraturfächer sind Gewichte bis zu 3 kg zu manipulieren. Es ist eine Arbeit, die in der Regel unter geringem Zeitdruck zuleisten ist.

Portier in Ämtern, Geschäfts- und Bürohäusern, Banken usw.;

Empfang von Besuchern; telefonische Anmeldung von Besuchern;

Erteilen von mündlichen und telefonischen Auskünften über Zuständigkeiten, die Betriebsorganisation, über angegliederte Geschäftsbereiche udgl.; Ausfertigen von Passierscheinen und Ausfolgen von Namenskarten; Erteilen von Auskünften verschiedenster Art (Bankinstitute, Gaststätten usw.), telefonische Anforderung von Taxis, Verabschiedung von Besuchern.

Die körperlich leichte Arbeit ist vorwiegend sitzend auszuüben; fallweise ist kurzes Aufstehen notwendig. Es bedarf einer raschen Auffassungsgabe und einer guten verbalen Ausdrucksweise. Eine begleitende betriebliche Einschulung von 2 bis 4 Wochen ist für selbstständiges Arbeiten erforderlich. Portiere dieser Art werden häufig im Angestelltenverhältnis beschäftigt.

Die in diesem Gutachten genannten Berufe (auch Verweisungsberufe) kommen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in ausreichender Zahl vor, wobei außer Betracht bleiben muss, ob Stellen frei oder besetzt sind."

In einer Stellungnahme vom 5. Mai 2000 bestritt der Beschwerdeführer zum einen, gesundheitlich in der Lage gewesen zu sein, die im berufskundlichen Gutachten vom 28. März 2000 genannten Verweisungsberufe auszuüben; zum anderen bestritt er ihre soziale Zumutbarkeit. Das vom Sachverständigen Ing. P in seinem Gutachten vom 23. November 1999 umschriebene Tätigkeitsprofil eines Kanzleibeamten sei im Sozialprestige jedenfalls als wesentlich höher anzusehen als die Tätigkeiten als Aufseher bei Ausstellungen in Museen und Versteigerungshäusern, als Hilfskraft in der Registratur oder als Portier in Geschäfts- und Bürohäusern.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 21. November 2000 wies diese die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 12. März 1998 als unbegründet ab.

Die belangte Behörde schilderte zunächst den Gang des erstinstanzlichen Verfahrens, führte sodann eingehend aus, aus welchen Gründen die Berufung als rechtzeitig anzusehen sei, gab den Wortlaut des § 9 PO 1995 wieder und schilderte ausführlich den Gang des Berufungsverfahrens. Schließlich begründete die belangte Behörde, aus welchen Erwägungen sie - entgegen den vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen - zum Ergebnis gelange, dieser sei - bezogen auf den Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung - aus medizinischer Sicht in der Lage gewesen, die im berufskundlichen Gutachten vom 28. März 2000 angeführten Verweisungsberufe auch auszuüben.

Dem Einwand des Beschwerdeführers, diese Verweisungsberufe seien ihm sozial nicht zumutbar, entgegnete die belangte Behörde Folgendes:

"Die Tätigkeit einer Hilfskraft in der Registratur erfordert das Zusammenstellen von Aktenvorgängen, Paginieren von Seiten, Anbringen von Registernummern nach Aktenplänen, Ablegen der Akten in Ordner oder Schachteln, Herausnehmen von Aktenvorgängen aus der Registratur und Anschließen an neu eingelangte Akten, Skartieren von Ablagegut nach dem Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen, Vernichten dieses Skartmaterials im Aktenreißwolf sowie das Vorbereiten von Ordnern bzw. von Ablageschachteln für folgende Ablagezeiträume, gelegentlich auch das Bedienen von Kopiergeräten. Die Tätigkeit einer Registraturkraft erfordert entsprechend hohes Verantwortungsbewusstsein, Genauigkeit, ein gutes Gedächtnis und eine rasche Auffassungsgabe, weil die richtige Lagerung und Evidenthaltung der Akten, die ordnungsgemäße Fertigstellung der Post bzw. die richtige Handhabung der diversen Geräte und Maschinen für die Erledigung der Akten und die Erfüllung der damit verbundenen Aufgaben sowohl im Rahmen der Privatwirtschaft als auch im öffentlichen Bereich nicht zuletzt auch auf Grund des stetig anwachsenden Ausmaßes der zu bewältigenden Arbeiten eine unabdingbare Voraussetzung bilden. Es ist daher davon auszugehen, dass die Gesellschaftsordnung die soziale Stellung einer Registraturkraft und eines Bürogehilfen gleich hoch wie die eines Kanzleibeamten einschätzt.

Die Tätigkeit eines Portiers in Fabriken, Ämtern, Geschäftshäusern u.dgl. erstreckt sich auf das Erteilen einfacher Auskünfte, einfache telefonische Anmeldungen, Kontrolle von Passierscheinen und Ausfahrtspapieren sowie der Stechuhranlage und das Öffnen und Schließen von Toren und Schranken. Der Portier ist in vielen Fällen erster Ansprechpartner für Kunden, Lieferanten oder auch Parteien. Er hat sich höflich und hilfsbereit zu verhalten und den Betrieb zu kennen, um Fragen richtig beantworten zu können. Es ist davon auszugehen, dass dieser Tätigkeit seitens der Gesellschaft große Bedeutung zugerechnet wird, weil ein Portier sozusagen als 'Visitkarte' des Unternehmens fungiert, überdies Überwachungsfunktionen zu erfüllen hat und letztlich seine Kenntnisse im Gefahrenfall wichtig sind. Die soziale Geltung eines Portiers werde daher von der belangten Behörde als genauso hoch eingeschätzt wie die eines Kanzleibeamten.

Auch der Aufseher bei Ausstellungen, in Museen und in Versteigerungshäusern hat sich bei der Auskunftserteilung und bei der Besichtigung der Versteigerungsgegenstände höflich und hilfsbereit zu verhalten und über entsprechende Kenntnisse der Ausstellungsstücke und des Betriebes zu verfügen. Auch setzt die Wahrnehmung der Aufsicht über die ausgestellten Exponate und das richtige Verhalten der Besucher großes Maß an Verantwortungsbewusstsein und soziale Kompetenz im Umgang mit den Besuchern voraus. Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist daher der Stellung als Aufseher die gleiche soziale Bedeutung beizumessen wie der Tätigkeit eines Kanzleibeamten.

Sachverhalte, welche die Aufnahme der Tätigkeit auf Grund sonstiger persönlicher Lebensumstände unbillig erscheinen lassen, sind nicht hervorgekommen und auch nicht behauptet worden.

Sämtliche der genannten Verweisungsberufe sind somit dem Berufungswerber auch sozial zumutbar."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Zurechnung eines Zeitraumes zu seiner ruhegenussfähigen Dienstzeit zur Stadt Wien gemäß § 9 PO 1995 verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 9 PO 1995 in der hier maßgeblichen Stammfassung LGBl. Nr. 67/1995 lautet:

"Begünstigungen bei Erwerbsunfähigkeit

§ 9. Ist der Beamte ohne sein vorsätzliches Verschulden zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden, so ist ihm aus Anlass der Versetzung in den Ruhestand der Zeitraum, der für die Erlangung des Ruhegenusses im Ausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage erforderlich ist, höchstens jedoch ein Zeitraum von zehn Jahren, zu seiner ruhegenussfähigen Dienstzeit zur Stadt Wien zuzurechnen."

In der Anlage 1 zur Besoldungsordnung 1994, LGBl. Nr. 55/1994

(im Folgenden: BO-1994), heißt es:

"GRUPPENAUFTEILUNG

     ...

SCHEMA I

     ...

Verwendungsgruppe 2

A

Beamtengruppen des gesamten Magistrats

     ...

     1.        ...

Portiere, nur auf den im Dienstpostenplan

bestimmten Posten

     ...

B

Beamtengruppen des Magistrats

mit Ausnahme der Wiener Stadtwerke

     1. Aufseher, nur auf den im Dienstpostenplan

bestimmten Posten

     ...

Verwendungsgruppe 3

     ...

A

Beamtengruppen des gesamten Magistrats

     1. Kanzleigehilfinnen

     ...

Portiere

     ...

B

Beamtengruppen des Magistrats

mit Ausnahme der Wiener Stadtwerke

     1. ...

Aufseher

     ...

SCHEMA II

     ...

Verwendungsgruppe C

A

Beamtengruppen des gesamten Magistrats

...

Kanzleibeamtinnen, nur auf den im Dienstpostenplan bestimmten

Posten

..."

Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bestreitet der Beschwerdeführer insbesondere unter Hinweis auf die Ausführungen des Sachverständigen Ing. P in seinem Gutachten vom 23. November 1999 die soziale Zumutbarkeit der von der belangten Behörde angeführten Verweisungsberufe. Bereits damit zeigt der Beschwerdeführer eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Ist auf der Grundlage eines mängelfreien und schlüssigen ärztlichen Gutachtens die (Rest-)Erwerbsfähigkeit des Beamten zu bejahen, hat die Dienstbehörde auf der Grundlage dieses Gutachtens die Frage zu beantworten, ob dem Beamten jene Erwerbstätigkeiten, die er nach seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit vom medizinischen Standpunkt aus noch auszuüben vermag, auch zugemutet werden können. Letzteres ist dann der Fall, wenn diese Tätigkeiten ihrer sozialen (gesellschaftlichen) Geltung nach der früheren Beschäftigung, der Vor(Aus- und Fort)bildung des Beamten und seiner erreichten dienst(recht)lichen Stellung wenigstens annähernd gleichkommen und von ihm die Aufnahme solcher Tätigkeiten auch nach seinen persönlichen Lebensumständen billigerweise erwartet werden kann. Ob dem Beamten eine solche Beschäftigung, die an sich Gegenstand des allgemeinen Arbeitsmarktes ist, tatsächlich vermittelt werden kann, ist für die abstrakt vorzunehmende Beurteilung der Erwerbsfähigkeit ohne Bedeutung (vgl. das zum vergleichbaren § 9 der Pensionsordnung 1966, LGBl. für Wien Nr. 19/1967, im Folgenden:

PO 1966, ergangene hg. Erkenntnis vom 30. September 1996, Zl. 95/12/0106).

In diesem Zusammenhang wurde in der Rechtsprechung ganz allgemein hervorgehoben, dass die soziale Einschätzung der vom Beamten ausgeübten Tätigkeit in erster Linie durch seine verwendungsgruppenmäßige Einstufung bestimmt wird (vgl. das zur PO 1966 ergangene hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1993, Zl. 92/12/0260).

Weiters wird in der Rechtsprechung folgender Gesichtspunkt betont: Auch wenn sich die soziale Geltung einer beruflichen Tätigkeit nach dem hg. Erkenntnis vom 9. April 1970, Slg. NF Nr. 7775/A, nicht vorwiegend nach den konkret erforderlichen Vorkenntnissen und der damit verbundenen Verantwortung richtet, stellen diese Aspekte doch nicht von Vornherein einen unwesentlichen Faktor für die Beurteilung der sozialen Geltung und damit auch für die Zumutbarkeit dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2002, Zl. 99/12/0302, mit weiteren Hinweisen). Die Anwendung dieser in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt Folgendes:

Die soziale Einschätzung der vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeit war vorliegendenfalls in erster Linie durch die Einordnung in die Verwendungsgruppe C des Schemas II bestimmt. Diese dienst- und besoldungsrechtliche Stellung hatte der Beschwerdeführer - bezogen auf den Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung - schon einen beträchtlichen Zeitraum lang inne.

Demgegenüber finden sich die den von der belangten Behörde angeführten Verweisungsberufen entsprechenden Verwendungen (für den Bereich der Beamten der Stadt Wien) grundsätzlich in der Verwendungsgruppe 3 des Schemas I der Gruppenaufteilung, Anlage 1 zu § 2 BO 1994. Die letztgenannte Verwendungsgruppe weist gegenüber der Dienstklasse III der Verwendungsgruppe C des Schemas II einen wesentlich ungünstigeren Gehaltsverlauf auf. Nur im Falle der Ernennung auf einen entsprechenden, im Dienstpostenplan als solchen bestimmten Posten können Portiere bzw. Aufseher in die Verwendungsgruppe 2 des Schemas I eingeordnet sein, wobei sich auch diesfalls der Gehaltsverlauf über weite Strecken ungünstiger gestaltet als jener der Dienstklasse III der Verwendungsgruppe C des Schemas II. Abgesehen von der unterschiedlichen Besoldung hat der Wiener Landesgesetzgeber aber durch die Einordnung der Verwendung als Kanzleibeamter einerseits, bzw. als Portier, Aufseher oder Kanzleigehilfe andererseits in verschiedene Schemata die allgemeine Einschätzung nachvollzogen, wonach es sich dabei um in Ansehung ihrer sozialen Geltung sowie der erforderlichen Vorbildung unterschiedliche Arten beruflicher Tätigkeiten handelt.

In diesem Zusammenhang fällt weiters auf, dass nach dem berufskundlichen Sachverständigengutachten die kollektivvertragliche Einordnung einer Hilfskraft in der Registratur in die Verwendungsgruppe II der Angestelltenkollektivvertrages erfolgt, während die Verwendungsgruppe C der BO 1994 der Verwendungsgruppe III des genannten Kollektivvertrages entspricht. Dem berufskundlichen Sachverständigengutachten ist auch nicht zu entnehmen, dass die Verweisungsberufe eines Portiers bzw. eines Aufsehers der Verwendungsgruppe III des Angestelltenkollektivvertrages entsprächen.

Zutreffend weist der Beschwerdeführer auch darauf hin, dass die - nach dem Vorgesagten nicht zu vernachlässigende - erforderliche berufliche Vorbildung sowie die für die Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse, wie sie im Gutachten vom 23. November 1999 beschrieben werden, bei einem Kanzleibeamten der Verwendungsgruppe C wesentlich höher sind als dies bei Aufsehern, Hilfskräften der Registratur und Portieren der Fall ist.

So ist für die Position als Aufseher bloß eine kurze Unterweisung, bei Portieren in Ämtern eine begleitende betriebliche Einschulung von nur zwei bis vier Wochen erforderlich. Dass der für die Ausübung des Berufes einer Hilfskraft in der Registratur erforderliche Ausbildungs- und Kenntnisstand ein geringerer ist als jener eines Kanzleibeamten der Verwendungsgruppe C, ist schon im Hinblick auf die Stellung der erstgenannten Personen als "Hilfskraft" als notorisch anzusehen.

Wenngleich der belangten Behörde durchaus beizupflichten ist, dass den Ausübenden der von ihr namhaft gemachten Verweisungsberufe aus den im angefochtenen Bescheid angeführten Gründen ein nicht unbeträchtliches Ausmaß an Leistung abverlangt wird und an Verantwortung zukommt, ist doch die soziale Geltung eines Kanzleibediensteten der Verwendungsgruppe C im Verständnis der vorzitierten Rechtsprechung gegenüber jener des vorgenannten Personenkreises doch als nicht bloß geringfügig höher einzuschätzen. Die von der belangten Behörde aufgezeigten Verweisungsberufe waren dem Beschwerdeführer daher im Verständnis des § 9 PO 1995 nicht zumutbar.

Indem sie dies verkannte, belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden Verwaltungsgerichtshof-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war mit EUR 181,68 zuzusprechen.

Wien, am 24. April 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001120021.X00

Im RIS seit

01.07.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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