TE Vfgh Beschluss 1999/6/8 B377/99

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Veröffentlicht am 08.06.1999
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
ZPO §63 Abs1

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages wegen Versäumung der Frist zur Vorlage eines ergänzten Vermögensbekenntnisses durch den Rechtsvertreter; kein bloß minderer Grad eines Versehens; Zurückweisung des Verfahrenshilfeantrags wegen nicht fristgerecht behobenen Formmangels

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Mit Schreiben vom 3. März 1999, beim Verfassungsgerichtshof eingelangt am 4. März 1999, begehrte der rechtsfreundlich vertretene minderjährige Antragsteller die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen den an ihn ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Jänner 1999. Der Einschreiter wurde sodann mit Schreiben des Verfassungsgerichtshofes vom 10. März 1999 unter Hinweis auf die eintretenden Säumnisfolgen aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen ein ergänztes Vermögensbekenntnis vorzulegen. Dieses Schreiben wurde dem Antragsteller zuhanden seines Rechtsanwaltes am 12. März 1999 zugestellt.

Mit einem am 1. April 1999 zur Post gegebenen und am folgenden Tag beim Verfassungsgerichtshof eingelangten Schriftsatz beantragt der Einschreiter die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Vorlage des ergänzten Vermögensbekenntnisses. Er führte dazu aus:

"Der Antragsteller wurde durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis daran gehindert, die Frist zur ergänzenden Bekanntgabe seiner Vermögensverhältnisse einzuhalten. Die gesetzliche Vertreterin des Antragstellers hat erst kurz vor Fristende von der Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes erfahren, da ihr Lebensgefährte, der den Berichtsbrief der einschreitenden Rechtsanwälte dem Postkasten entnommen hatte, irrtümlich davon ausging, daß das Vermögensbekenntnis bereits ausgefüllt wurde und daher nicht neuerlich ausgefüllt werden müsse.

Die Mutter des Antragstellers spricht nicht sehr gut Deutsch, ist jedoch sehr sorgfältig und hat nach Kenntnis des Schreibens ihres Rechtsanwaltes sofort bei ihrer Betreuerin beim Beratungszentrum für Migranten und Migrantinnen einen Termin vereinbart und sich darum bemüht, das ergänzte Vermögensverhältnis so schnell wie möglich ihrem Rechtsanwalt zur weiteren Veranlassung zu übergeben. An der Fristversäumung trifft die gesetzliche Vertreterin des Antragstellers kein Verschulden bzw. höchstens ein minderer Grad des Versehens.

Von der Fristversäumis hat der Antragsteller am 29.03.1999 Kenntnis erlangt, die vierzehntägige Frist ist somit gewahrt."

II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht begründet.

1. Gemäß §33 VerfGG kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VerfGG im §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff ZPO sinngemäß anzuwenden.

Nach §146 Abs1 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Unter einem "minderen Grad des Versehens" ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (s. etwa VfSlg. 10489/1985, 10880/1986).

2. Im vorliegenden Fall kann nicht mehr von einem solchen Fehler gesprochen werden. Es war Aufgabe des Rechtsvertreters des Antragstellers - dessen Verschulden einem solchen der Partei gleichzuhalten ist (§39 ZPO) -, fristgerecht ein ergänztes Vermögensbekenntnis vorzulegen. Daß der Vertreter des Einschreiters durch bestimmte Umstände an der Vorlage eines ergänzten Vermögensbekenntnisses gehindert gewesen wäre, wird durch das Antragsvorbringen nicht dargetan.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher abzuweisen (§35 VerfGG iVm §§146 ff ZPO).

3. Bei diesem Ergebnis war der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wegen Nichterfüllung des Verbesserungsauftrages zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 15053/1997).

4. Diese Beschlüsse konnten gemäß §33 zweiter Satz und §19 Abs3 Z2 VerfGG sowie gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Verfahrenshilfe, VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:B377.1999

Dokumentnummer

JFT_10009392_99B00377_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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