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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GrKontrG 1969 §1 Abs2 idF 1996/435;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des W in B, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Christoph Schneider und Dr. Thomas Zelger, Rechtsanwälte in 6330 Kufstein, Unterer Stadtplatz 11, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 19. Juni 1998, Zl. 1998/14/66-1, betreffend Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol (der belangten Behörde) wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 26. September 1997 gegen 11.35 Uhr seinen nach dem Kennzeichen bestimmten PKW auf der A-12 aus Richtung Deutschland kommend auf den Amtsplatz der Grenzübergangsstelle Kiefersfelden gelenkt. Trotz Aufforderung eines Organes der Grenzgendarmerie, ein gültiges Reisedokument zur Einreise nach Österreich vorzulegen, sei der Beschwerdeführer vor Beendigung dieser Amtshandlung unter Ignorierung dieser Aufforderung in seinen PKW gestiegen und habe diesen auf der A-12 Richtung Kufstein gelenkt. Der Beschwerdeführer habe sich als Grenzkontrollpflichtiger nicht der Grenzkontrolle gestellt. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs. 1 Z 3 iVm § 11 Abs. 2 Z 2 und 3 des Grenzkontrollgesetzes begangen, weshalb über ihn gemäß § 16 Abs. 1 Z 3 leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-
- (Ersatzarrest vier Tage) verhängt werde. Ferner wurden die Verfahrenskosten bestimmt (§ 64 Abs. 1 und 2 VStG).
Nach Wiedergabe des § 16 Abs. 1 Z 3 sowie des § 12 Abs. 4 des Grenzkontrollgesetzes führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, aus dem vorliegenden Akt ergebe sich, dass der Beschwerdeführer am 26. September 1997 um ca. 08.30 Uhr "mit" dem genannten Fahrzeug auf der A-12 aus Richtung Deutschland kommend "auf dem Amtsplatz der Grenzübergangsstelle Kiefersfelden" gelenkt und sich der Einreisekontrolle gestellt habe. Da er weder ein Reisedokument noch einen Führerschein noch den Zulassungsschein mitgeführt habe, sei ihm die Einreise verweigert worden, es sei die Zurückweisung nach Deutschland erfolgt. Um 11.35 Uhr habe der Beschwerdeführer neuerlich das besagte Fahrzeug auf der A-12 aus Richtung Deutschland kommend "auf dem Amtsplatz der Grenzübergangsstelle Kiefersfelden" gelenkt, um auf Grund der erfolgten Zurückweisung die Dienstnummer der Beamten Bezirksinspektor Eder und Bezirksinspektor Meinad zu verlangen. Die Beamten seien dieser Aufforderung nachgekommen und hätten den Beschwerdeführer zur Vorlage eines Reisedokumentes, Führerscheines und eines Zulassungsscheines aufgefordert. Der Beschwerdeführer habe jedoch das Amtsgebäude verlassen, sei in seinen Wagen gestiegen und habe sein Fahrzeug in Richtung Kufstein gelenkt. Dieser Sachverhalt werde vom Beschwerdeführer nicht bestritten, dieser bringe jedoch vor, dass das Vorgehen der Beamten nicht rechtmäßig gewesen wäre, da er die Grenzkontrolle passiert hätte. Aus seinem Schreiben an die Finanzlandesdirektion für Tirol vom 15. November 1997 gehe hervor, dass er dabei nicht kontrolliert worden sei. Sein Vorbringen in der Berufung, dass er "kontrolliert wurde", sei nicht richtig. Abgesehen davon sei die Grenzkontrollpflicht nicht auf das "Passieren der Sperre" beschränkt, sondern bestehe eine solche Verpflichtung für den gesamten Grenzübergang (§ 11 Abs. 1 und 2 des Grenzkontrollgesetzes). Dazu zähle auch der Amtsplatz der Grenzübergangsstelle. Der Beschwerdeführer wäre daher verpflichtet gewesen, den Aufforderungen der Beamten Folge zu leisten. Diesen Aufforderungen sei er unbestrittenerweise nicht nachgekommen, vielmehr sei er weiter in Richtung Kufstein nach Österreich gefahren. Es ergebe sich somit, dass der von der Erstbehörde erhobene Schuldvorwurf gerechtfertigt sei. Als Schuldform sei zumindest von grober Fahrlässigkeit auszugehen. Was die Höhe der verhängten Geldstrafe anlange, sei zu bemerken, dass von der Erstbehörde der mögliche Strafrahmen bei weitem nicht ausgeschöpft worden sei, sondern "lediglich eine Geldstrafe unter 10 %" verhängt worden sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die vorliegend maßgeblichen Regelungen des Grenzkontrollgesetzes, BGBl. Nr. 435/1996, lauten:
"Strafbestimmungen
§ 16. (1) Wer
...
3. sich als Grenzkontrollpflichtiger der Grenzkontrolle nicht stellt
...
begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach einer anderen Rechtsvorschrift mit einer strengeren oder gleich strengen Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde von dieser, mit Geldstrafe bis zu 30 000 S oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Der Versuch ist außer in den Fällen der Z 5 und 6 strafbar."
"Begriffsbestimmungen
§ 1. (1) Grenzübertritt ist die Bewegung eines Menschen über die Bundesgrenze.
(2) Grenzkontrolle ist die aus Anlass eines beabsichtigten oder bereits erfolgten Grenzübertritts vorgenommene Überprüfung der Einhaltung der die Sicherheitspolizei, das Passwesen, die Fremdenpolizei sowie das Waffen-, Schieß- und Sprengmittelwesen regelnden bundesgesetzlichen Vorschriften.
(3) Grenzübergangsstelle ist eine zum Grenzübertritt bestimmte Stelle oder ein bestimmtes Gebiet während der Verkehrszeiten und im Umfang der Zweckbestimmung. ... "
"Grenzkontrollbereich
§ 7. (1) Jeder Grenzübergangsstelle ist ein Grenzkontrollbereich zugeordnet; dies ist der im Inland gelegene Bereich innerhalb von 10 Kilometern im Umkreis der Grenzübergangsstelle."
"Grenzkontrollpflicht
§ 11. (1) Der Grenzübertritt an Grenzübergangsstellen sowie das Betreten des Bundesgebietes im Schiffs- oder Luftverkehr an anderer Stelle, als in dem Hafen oder an dem Flugplatz, die als Grenzübergangsstelle vorgesehen waren, verpflichten den Betroffenen, sich der Grenzkontrolle zu stellen (Grenzkontrollpflicht).
(2) Wer einen der Grenzkontrollpflicht unterliegenden Grenzübertritt vornehmen will oder vorgenommen hat, ist innerhalb des Grenzkontrollbereiches verpflichtet,
1. darüber Auskunft zu erteilen, ob er einen Grenzübertritt vorgenommen hat oder vornehmen will und
2. sich ohne unnötigen Aufschub und unter Einhaltung der vorgegebenen Verkehrswege an der dafür vorgesehenen Stelle innerhalb des Grenzkontrollbereiches, gegebenenfalls innerhalb des Transitraumes der Grenzkontrolle zu stellen und
3. die für die zweckmäßige und rasche Abwicklung der Grenzkontrolle getroffenen Anordnungen zu befolgen."
"Durchführung der Grenzkontrolle
§ 12. ...
(3) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Menschen einer Grenzkontrolle zu unterziehen, sofern Grund zur Annahme besteht, dass diese grenzkontrollpflichtig sind oder dass sie den Grenzübertritt unbefugt außerhalb von Grenzübergangsstellen vornehmen wollen oder vorgenommen haben. Diese Ermächtigung besteht bei Grenzübertritten an Grenzübergangsstellen innerhalb des Grenzkontrollbereiches, sonst an jener Stelle, an der ein Grenzkontrollpflichtiger angetroffen wird; sie besteht auch an jener Stelle, an der ein Mensch, der den Grenzübertritt unbefugt außerhalb einer Grenzübergangsstelle vornehmen will oder vorgenommen hat, auf frischer Tat betreten wird.
(4) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, zum Zwecke der Grenzkontrolle die Identität der Betroffenen festzustellen, sowie deren Fahrzeuge und sonst mitgeführte Behältnisse von außen und innen zu besichtigen; sofern ein Zollorgan anwesend ist, haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes diesem die Möglichkeit einzuräumen, eine Zollkontrolle zusammen mit diesem vorzunehmen. Jeder Betroffene ist verpflichtet, an der Identitätsfeststellung (§ 35 des Sicherheitspolizeigesetzes - SPG, BGBl. Nr. 566/1991) mitzuwirken und die unmittelbare Durchsetzung dieser Maßnahme zu dulden; er hat außerdem dafür zu sorgen, dass die Fahrzeuge und Behältnisse für die Besichtigung zugänglich sind. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, die von ihnen getroffenen Anordnungen - nach Maßgabe des § 50 Abs. 2 und 3 SPG - mit unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durchzusetzen."
2. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsstrafakten hat der Beschwerdeführer schon im Verwaltungsstrafverfahren (vgl. das im angefochtenen Bescheid genannte, seinem Einspruch gegen die Strafverfügung der Erstbehörde beigeschlossene Schreiben an die Finanzlandesdirektion für Tirol vom 15. November 1997 sowie seine Berufung gegen das Straferkenntnis der Erstbehörde) vorgebracht, er habe sich - nach seiner unbestrittenen Zurückweisung am 26. September 1997 um ca. 08.30 Uhr bei der Grenzübergangsstelle Kiefersfelden - um ca. 11.35 Uhr bei dieser Grenzübergangsstelle (zunächst) neuerlich der Grenzkontrolle bei der "Grenzkontrollsperre" (bzw. der "Kontrollsperre") gestellt. Ob er dort kontrolliert worden sei, also dieser Beamte am Grenzbalken in seine Dokumente Einsicht genommen habe oder nicht, vermöge daran, dass sich der Beschwerdeführer der Grenzkontrolle ordnungsgemäß gestellt habe, nichts zu ändern. Mit dieser Kontrolle "durch den Beamten beim Grenzbalken" sei "die Amtshandlung abgeschlossen" gewesen. Erst danach habe er das Amtsgebäude betreten. Weiters sei er, als er dort die Dienstnummer der beiden Beamten, die ihn um ca. 08.30 Uhr zurückgewiesen gehabt hätten, verlangt habe, nicht zur Ausweisleistung aufgefordert worden. Vielmehr sei ihm nach Verlassen des Amtsgebäudes ein Beamter gefolgt und habe ihn bei seinem abgestellten Fahrzeug zunächst nach seinem Namen und seiner Anschrift gefragt und dann - mit Hinweis auf die noch nicht abgeschlossene Amtshandlung - zur Ausweisleistung aufgefordert.
3. Dem ist Folgendes entgegenzuhalten: Im Spruch des angefochtenen Bescheides wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe sich als Grenzkontrollpflichtiger der Grenzkontrolle nicht gestellt, weil er trotz Aufforderung kein gültiges Reisedokument zur Einreise vorgelegt habe, und dadurch § 16 Abs. 1 Z 3 des Grenzkontrollgesetzes übertreten. Sich der Grenzkontrolle als Grenzkontrollpflichtiger stellen zu müssen, bedeutet nach § 11 Abs. 2 Z 2 leg. cit. die Verpflichtung, sich an der dafür vorgesehenen Stelle innerhalb des Grenzkontrollbereiches (auf der in der genannten Bestimmung näher geregelten Weise) der Grenzkontrolle zu unterziehen. Nach § 1 Abs. 2 leg. cit. ist Grenzkontrolle die aus Anlass eines beabsichtigten oder bereits erfolgten Grenzübertritts vorgenommene Überprüfung der Einhaltung der die Sicherheitspolizei, das Passwesen, die Fremdenpolizei sowie das Waffen-, Schieß- und Sprengmittelwesen regelnden bundesgesetzlichen Vorschriften. Als die für die Grenzkontrolle vorgesehene Stelle innerhalb des Grenzkontrollbereiches im Sinn des § 11 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. ist der gesamte Amtsplatz der Grenzübergangsstelle Kiefersfelden und nicht - wie die Beschwerde offenbar meint - bloß der Platz unmittelbar beim Grenzbalken anzusehen. Vor diesem Hintergrund hätte der Beschwerdeführer daher, als er (unstrittig) nach seiner Kontaktaufnahme mit den beiden Beamten im Amtsgebäude im Bereich des Amtsplatzes der genannten Grenzübergangsstelle zur Vorlage eines Reisedokuments, Führerscheins und eines Zulassungsscheins aufgefordert wurde, seiner Verpflichtung, sich dieser Kontrolle als Grenzkontrollpflichtiger zu stellen, nachkommen müssen, und die verlangten Dokumente vorzuweisen gehabt.
Dass der Beschwerdeführer, wie er vorbringt, sich schon zuvor um etwa 11.35 Uhr "an der vorgesehenen Stelle beim Grenzbalken" der Grenzkontrolle gestellt habe, vermag daran nichts zu ändern, zumal dort - wie in der Beschwerde ausgeführt - "vom diensthabenden Beamten in seine Dokumente nicht eingesehen wurde", und (wie sich aus den insofern unbestrittenen Feststellungen ergibt) der Beschwerdeführer den beiden Beamten deswegen bekannt war, weil sie ihn bei seinem ersten Versuch am 26. September 1997 um etwa 8.30 Uhr, nach Österreich einzureisen, gerade deshalb zurückgewiesen hatten, weil er die genannten Dokumente nicht mitgeführt hatte. Auch der Umstand, dass die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides neben dem § 11 Abs. 2 Z 2 auch § 11 Abs. 2 Z 3 des Grenzkontrollgesetzes mitzitiert hat, ändert an diesem Ergebnis nichts, weil sie dem Beschwerdeführer nicht zum Vorwurf gemacht hat, die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 6 leg. cit. - der auf die Missachtung einer Anordnung nach § 11 Abs. 2 Z 3 leg. cit. abstellt - übertreten zu haben.
4. Vor diesem Hintergrund geht auch die (im Übrigen nicht weiter substantiierte) Verfahrensrüge, die von der belangten Behörde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen seien so mangelhaft, dass sich daraus kein strafbares Verhalten des Beschwerdeführers ableiten lassen würde, fehl.
5. Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Wien, am 24. April 2002
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1998180267.X00Im RIS seit
22.07.2002