Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §68;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die Beschwerde des Ing. U in W, vertreten durch Hopmeier, Sauerzopf & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rathausstraße 15, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Österreichischen Post Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes vom 3. Dezember 2001, Zl. 113067-HS/01, betreffend Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides betreffend einen Karenzurlaub nach dem Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der am 20. Juli 1941 geborene Beschwerdeführer stand bis 31. März 2002 als Amtsdirektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
Mit Bescheid des beim Vorstand der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes vom 11. Februar 1998 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 2 in Verbindung mit § 9 des Bundesgesetzes über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte, BGBl. I Nr. 138/1997, für die Zeit vom 1. April 1998 bis 31. Juli 2001 Urlaub (unter Entfall seiner Bezüge) gewährt.
Mit Bescheid vom 18. Juli 2001 sprach das beim Vorstand der Österreichischen Post Aktiengesellschaft eingerichtete Personalamt aus, dass auf Grund des § 10 des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes, BGBl. I Nr. 6/2001, in Verbindung mit § 236b und § 236c des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 an die Stelle des in der Erklärung des Beschwerdeführers festgelegten Monatsletzten 31. Juli 2001 (mit dem der Beschwerdeführer aus dem Dienststand ausscheiden wollte) der 31. Dezember 2001 trete, weshalb sich der ihm mit Bescheid vom 11. Februar 1998 gewährte Karenzurlaub bis 31. Dezember 2001 verlängere. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß § 10 des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes in Verbindung mit §§ 236b und 236c BDG 1979 an die Stelle des vom Beamten in seiner Erklärung festgelegten Monatsletzten derjenige Monatsletzte trete, zu dem der Beamte frühestmöglich seine Versetzung in den Ruhestand durch Erklärung bewirken könne. Da er zum ursprünglichen Ende des Karenzurlaubes eine beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit in der Dauer von 39 Jahren, 7 Monaten und 17 Tagen aufweise, verlängere sich sein Karenzurlaub nach den genannten gesetzlichen Bestimmungen bis zum 31. Dezember 2001.
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 24. Juli 2001 zugestellt.
Wie den vorgelegten Verwaltungsakten zu entnehmen ist, wurde im Bereich der belangten Behörde in weiterer Folge bemerkt, dass der Beschwerdeführer zum 31. Dezember 2001 nicht die im vorgenannten Bescheid vom 18. Juli 2001 zu Grunde gelegte beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit, sondern nur eine solche von 35 Jahren, 9 Monaten und 25 Tagen aufwies.
Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde daraufhin aus, dass auf Grund des § 10 des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes, BGBl. I Nr. 6/2001, in Verbindung mit § 236b und § 236c BDG 1979 an die Stelle des in der Erklärung des Beschwerdeführers festgelegten Monatsletzten 31. Juli 2001 der 31. März 2002 trete, weshalb sich der ihm mit Bescheid vom 11. Februar 1998 gewährte Karenzurlaub bis zum 31. März 2002 verlängere. Begründend führte die belangte Behörde nunmehr aus, dass sich, da der Beschwerdeführer zum ursprünglichen Ende des Karenzurlaubes eine beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit in der Dauer von 35 Jahren, 9 Monaten und 25 Tagen aufweise, sein Karenzurlaub nach den angeführten gesetzlichen Bestimmungen bis zum 31. März 2002 verlängere. Mit Bescheid vom 18. Juli 2001 sei sein Karenzurlaub ursprünglich nur bis zum 31. Dezember 2001 verlängert worden. Dem habe die unrichtige Annahme zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer zum 31. Juli 2001 eine beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit von 39 Jahren, 7 Monaten und 17 Tagen aufweise. Bei einer neuerlichen Überprüfung habe sich jedoch herausgestellt, dass bei diesen Zeiten versehentlich HTL-Schulzeiten berücksichtigt worden seien, sodass er zum 31. Juli 2001 tatsächlich nur die geringere beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit aufweise. Auf Grund seines Geburtsdatums ergebe sich daher die Verlängerung seines Karenzurlaubes bis zum 31. März 2002. Der Beschwerdeführer sei von diesem Umstand am 29. November 2001 fernmündlich in Kenntnis gesetzt worden. Es sei daher ein neuer Bescheid zu erlassen und spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der dessen Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Unterbleiben einer neuerlichen Entscheidung in derselben - erledigten - Sache bei unverändertem Bestand des rechtskräftigen Bescheides vom 18. Juli 2001 verletzt.
Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt er vor, die belangte Behörde verkenne, dass der rechtskräftige Bescheid vom 18. Juli 2001, mit dem eine Verlängerung des Karenzurlaubes bis 31. Dezember 2001 ausgesprochen worden sei, der mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommenen (weiteren) Verlängerung bis 31. März 2002 entgegenstehe. Bei unverändertem Sachverhalt und unveränderter Rechtslage sei eine neuerliche Entscheidung in derselben Sache ausgeschlossen. Dem angefochtenen Bescheid sei aber zu entnehmen, dass weder hinsichtlich des zu beurteilenden Sachverhaltes noch hinsichtlich der anzuwendenden Rechtsvorschriften eine Änderung gegenüber dem Bescheid vom 18. Juli 2001 eingetreten sei. Die neuerliche Entscheidung in derselben, bereits mit Bescheid vom 18. Juli 2001 erledigten Sache belaste den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Da der belangten Behörde im Hinblick auf den Bescheid vom 18. Juli 2001 eine Kompetenz zur nochmaligen Entscheidung in derselben Sache nicht zukomme, erscheine der angefochtene Bescheid - "in eventu" - auch infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde als rechtswidrig.
Der Beschwerde kommt Berechtigung zu.
Nach § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes "über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte und eine Änderung des Poststrukturgesetzes" (= Art. 14 des 1. Budgetbegleitgesetzes 1997, BGB. I Nr. 138), konnten einer ausgegliederten Einrichtung zur dauernden Dienstleistung zugewiesene Beamte frühestens mit dem Monatsersten, der der Vollendung ihres 55. Lebensjahres folgt, von Amts wegen unter Entfall der Bezüge beurlaubt (karenziert) werden, wenn keine wichtigen dienstlichen Gründe entgegenstehen und der Beamte (Z. 1) der Karenzierung vor Antritt des Karenzurlaubes schriftlich zustimmt, (Z. 2) abweichend von § 15 BDG 1979 gleichzeitig die schriftliche Erklärung abgibt, spätestens mit dem 30. Juni oder 31. Dezember, der jeweils auf die Vollendung seines 60. Lebensjahres folgt, aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen und (Z. 3) sich vor Antritt des Karenzurlaubes schriftlich verpflichtet, während des Karenzurlaubes keine erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung auszuüben, aus der er ein die jeweilige Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs. 2 ASVG übersteigendes Entgelt bezieht.
Nach § 9 Abs. 1 leg. cit. hat der Beamte gegenüber der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft oder einem Unternehmen, an dem diese Gesellschaft zumindest mehrheitlich beteiligt ist, für die Dauer des Karenzurlaubes nach § 2 Anspruch auf monatlich wiederkehrende Geldleistungen in der Höhe von 80 % des Monatsbezuges gemäß § 3 Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956, der seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Zeitpunkt der Karenzierung entspricht, und der Sonderzahlungen.
Auf dieser Rechtsgrundlage wurde der Beschwerdeführer in den sogenannten "Vorruhestand" versetzt.
§ 10 Abs. 1 und 3 des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes (BB-SozPG) lautet in der bei Erlassung des Bescheides vom 18. Juli 2001 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 6/2001:
"§ 10. (1) Auf Beamte, die am 31. Dezember 2000 nach § 2 dieses Bundesgesetzes in der an diesem Tag geltenden Fassung karenziert waren, sind dieses Bundesgesetz in der am 31. Dezember 2000 geltenden Fassung sowie die Betriebsvereinbarungen nach § 4 Abs. 1 und 2 in der am 31. Dezember 2000 geltenden Fassung weiter anzuwenden.
...
(3) Für einen am 1. Oktober 2000 in einen Karenzurlaub nach § 2 in der am 31. Dezember 2000 geltenden Fassung befindlichen Beamten tritt an die Stelle des in seiner Erklärung nach § 2 Abs. 1 Z. 2 in der am 31. Dezember 2000 geltenden Fassung festgelegten Monatsletzten derjenige Monatsletzte, zu dem der Beamte frühestmöglich seine Versetzung in den Ruhestand durch Erklärung (§ 15 in Verbindung mit §§ 236b oder 236c BDG 1979) bewirken kann."
Am 31. Juli 2001 - sohin nach Erlassung des Bescheides vom 18. Juli 2001 - wurde das Pensionsreformgesetz 2001, BGBl. I Nr. 87, kundgemacht, durch das dem § 10 Abs. 3 BB-SozPG der folgende zweite Satz angefügt wurde:
"Dies gilt nicht, wenn sich dadurch ein früheres als das in der Erklärung bezeichnete Datum des Ausscheidens aus dem Dienststand ergeben würde. § 236c Abs. 4 BDG 1979 ist nur auf Beamte anzuwenden, die am 30. Juni 2000 bereits ihr 59. Lebensjahr vollendet haben.
..."
§ 10 Abs. 3 BB-SozPG in der Fassung des Pensionsreformgesetzes 2001 trat (rückwirkend) mit 1. Jänner 2001 in Kraft.
Nach § 236b Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2001 (BDG 1979), sind die §§ 15 und 15a (wonach eine Versetzung in den Ruhestand frühestens mit Ablauf des Monats möglich ist, in dem der Beamte seinen 738. Lebensmonat vollendet) auf vor dem 1. Oktober 1945 geborene Beamte mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Versetzung in den Ruhestand durch Erklärung oder von Amts wegen frühestens mit Ablauf des Monats erfolgen kann, in dem der Beamte sein
60. Lebensjahr vollendet, wenn er zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in der Ruhestand eine beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit von 40 Jahren aufweist. Nach der weiteren Übergangsbestimmung des § 236c leg. cit. tritt für Beamte, die in den tabellarisch näher wiedergegebenen Zeiträumen geboren sind, an die Stelle des in § 15 Abs. 1 und 4 und in § 15a Abs. 1 Z. 1 angeführten 738. Lebensmonats der jeweils angeführte Lebensmonat, für den (im Beschwerdefall relevanten) Zeitraum vom 2. Juli 1941 bis 1. Oktober 1941 der 728. Monat.
Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer mit Ablauf des 31. Juli 2001, dem Ende seines mit Bescheid vom 11. Februar 1998 gewährten Karenzurlaubes, weder die Voraussetzung nach §§ 15 oder 15a BDG 1979 (die Vollendung des 738. Lebensmonats) noch die Voraussetzungen nach § 236b Abs. 1 leg. cit. (die Vollendung des 60. Lebensjahres und eine beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit von 40 Jahren) aufwies. Allerdings konnte der Beschwerdeführer in den Genuss des § 236c Abs. 1 leg. cit. (der Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des Monates, in dem er seinen
728. Lebensmonat vollendet) kommen.
Mag auch die Änderung der Rechtslage, nämlich die Übergangsbestimmung des § 10 des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes idF BGBl. I Nr. 6/2001, die belangte Behörde zur Abänderung des (mit Bescheid vom 11. Februar 1998 gewährten) Karenzurlaubes mit Bescheid vom 18. Juli 2001 berechtigt haben, so konnten die im Spruch des angefochtenen Bescheides angegebenen Bestimmungen des § 10 des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes in Verbindung mit §§ 236b und 236c BDG 1979 jedoch nicht als Grundlage für die neuerliche Abänderung des rechtskräftigen Bescheides vom 18. Juli 2001 herangezogen werden, zumal diese Bestimmungen seit der Erlassung des Bescheides vom 18. Juli 2001 lediglich in einem hier nicht relevanten Punkt, nämlich durch die Einfügung eines hier bedeutungslosen zweiten Satzes in § 10 Abs. 3 des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes durch die Novelle BGBl. I Nr. 87/2001 geändert wurden.
Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auf einen ihr bei der Erlassung des Bescheides vom 18. Juli 2001 unterlaufenen Irrtum verweist und vorbringt, es sei ein neuer Feststellungsbescheid erlassen worden, um eine rechtswidrige Ruhestandsversetzung zu vermeiden und der angefochtene Bescheid derogiere jenem vom 18. Juli 2001, sodass keine res iudicata vorliege, vermengt sie die Frage der Geltung (allenfalls rechtswidriger Bescheide) mit der Frage der Rechtmäßigkeit (Zulässigkeit) der Abänderung rechtskräftiger Bescheide. Mag auch einem rechtswidrigen Bescheid (über die Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides) Geltung zukommen, so beurteilt sich die Rechtmäßigkeit einer solchen Abänderung an Hand der § 13 DVG iVm § 68 AVG und nicht an Hand seiner Geltung. Im Übrigen entbehrt der angefochtene Bescheid jeglicher Begründung für eine Abänderung des Bescheides vom 18. Juli 2001 im Hinblick auf die Voraussetzungen nach § 13 DVG iVm § 68 AVG.
Da die belangte Behörde rechtsirrig eine Abänderung der rechtskräftigen Karenzierung nur auf die im angefochtenen Bescheid genannten Rechtsgrundlagen stützte und jegliches Verfahren im Hinblick auf § 13 DVG iVm § 68 AVG unterließ, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.
Wien, am 24. April 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002120097.X00Im RIS seit
01.07.2002