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90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung einer Bestimmung des FührerscheinG betreffend eine Voraussetzung für die Anordnung einer Nachschulung für den Besitzer eines Probeführerscheins mangels unmittelbarer Wirksamkeit der angefochtenen NormSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1. Der Antragsteller ist Besitzer einer Lenkberechtigung für Anfänger (Probeführerschein) im Sinne des §4 Abs1 FSG 1997. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 23. März 1998 wurde er zu einer Geldstrafe in Höhe von S 2.000,-
gemäß §20 Abs2 iVm. §99 Abs3 lita StVO 1960 verurteilt und ihm zur Last gelegt, er habe am 22. Februar 1998 im Ortsgebiet von Neumarkt am Wallersee die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 30 km/h überschritten. Diese Geschwindigkeitsfeststellung erfolgte mittels Lasermessung. Der Antragsteller erhob dagegen fristgerecht Einspruch, das Verwaltungsstrafverfahren in erster Instanz bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung war zum Zeitpunkt der Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof noch anhängig.
1.2. Mit dem beim Verfassungsgerichtshof am 8. April 1998 eingelangten Antrag wird die gänzliche bzw. teilweise Aufhebung des §4 Abs6 Z2 FSG 1997, BGBl. I 1997/120, als verfassungswidrig begehrt und zur Zulässigkeit des Individualantrages im wesentlichen ausgeführt, daß bei rechtskräftiger Bestrafung wegen der oben genannten Verwaltungsübertretung zu befürchten sei, daß dem Antragsteller gemäß §4 Abs3 erster Satz FSG 1997 unverzüglich eine Nachschulung angeordnet werde. Diese Nachschulung sei neben großen Mühen und Zeitaufwand auch mit erheblichen Kosten verbunden, welche empfindlich in den Finanzhaushalt des Antragstellers eingreifen würden.
1.3. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst bestreitet in seiner Äußerung die Zulässigkeit des Antrages und verteidigt die Verfassungsmäßigkeit der genannten Bestimmung.
2. Über die Zulässigkeit des Antrages nach Art140 Abs1 B-VG wurde erwogen:
2.1. Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die "Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist; ...".
2.2. Der Verfassungsgerichtshof vertritt in ständiger - mit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 beginnender - Rechtsprechung die Auffassung, die Antragslegitimation erfordere nicht nur, daß die antragstellende Partei behauptet, unmittelbar durch eine als verfassungswidrig angefochtene Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sondern auch, daß dieses Gesetz für die antragstellende Partei tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation bildet dabei der Umstand, daß das angefochtene Gesetz die Rechtssphäre der betreffenden Person berührt und - im Falle der Verfassungswidrigkeit - verletzt. Jedoch nicht jedem Normadressaten kommt die Anfechtungsberechtigung zu; es ist vielmehr auch notwendig, daß unmittelbar durch das Gesetz selbst - tatsächlich - in die Rechtssphäre des Antragstellers eingegriffen wird. Ein solcher, die Antragslegitimation begründender Eingriff in die Rechtssphäre einer Person muß jedenfalls nach Art und Ausmaß durch das Gesetz eindeutig bestimmt sein und die rechtlich geschützten Interessen des Betroffenen nicht nur potentiell, sondern aktuell beeinträchtigen.
2.3. Wie der Antragsteller selbst vorbringt, war zum Zeitpunkt der Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof kein Verfahren nach dem Führerscheingesetz betreffend die Anordnung einer Nachschulung anhängig. Die angefochtene Bestimmung ist daher für ihn tatsächlich nicht wirksam geworden. Der Antrag ist daher schon aus diesem Grund zurückzuweisen.
Die Anordnung einer Nachschulung gemäß §4 Abs3 erster Satz FSG 1997 erfolgt mittels Bescheid. Schon aus diesem Grund wäre der Antrag zurückzuweisen, weil es an einem "unmittelbaren" Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers fehlen würde, stünde ihm doch zur Abwehr der - ihm durch die angebliche Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Gesetzesbestimmung entstandenen - Rechtsverletzung ein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung. Ein - die Antragslegitimation ausschließender - zumutbarer Weg besteht nämlich grundsätzlich dann, wenn bereits ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren anhängig ist, das dem Betroffenen Gelegenheit zur Anregung einer Antragstellung auf Gesetzesprüfung nach Art140 B-VG bietet (vgl. VfSlg. 13871/1994 mit weiteren Judikaturhinweisen, 14752/1997). Es kann dem Antragsteller durchaus zugemutet werden, in einem allfälligen Verfahren über die Anordnung einer Nachschulung den administrativen Instanzenzug auszuschöpfen und sodann in einem Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nach Art144 B-VG die Bedenken gegen die generelle Norm vorzubringen.
3. Dieser Antrag konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Kraftfahrrecht, Lenkerberechtigung, Führerschein, LenkberechtigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1999:G74.1998Dokumentnummer
JFT_10009392_98G00074_00