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L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde der R H in F, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in Innsbruck, Salurnerstraße 16, gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 6. Juni 2001, Zl. 711.112/5- OAS/01, betreffend Grenzfeststellung in einem Sonderteilungsverfahren (mitbeteiligte Parteien:
1.
Agrargemeinschaft S, vertreten durch den Obmann G N in S, und
2.
Agrargemeinschaft K, vertreten durch den Obmann F H in A, vertreten durch Dr. Peter Greil, Rechtsanwalt in Innsbruck, Südtiroler Platz 8/IV), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des geschlossenen Hofes "S" in EZ. 90065, KG F, mit welchem das Eigentumsrecht an der sogenannten "K-Alpe" (teilweise im Akt auch als "K-Leger" bezeichnet) in EZ. 43 GB 87121 S realrechtlich verbunden ist. Mit dem K-Leger ist die Mitgliedschaft an der Agrargemeinschaft S verbunden.
Mitglied der Agrargemeinschaft S ist auch die zweitmitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, die Agrargemeinschaft K.
Mit Eingabe vom 18. Jänner 1971 beantragte der mittlerweile verstorbene F H, der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin, die Ablösung der ihm auf Grund des Eigentums am K-Leger zustehenden Weide- und Holzbezugsrechte am angrenzenden Wald der Agrargemeinschaft S gegen Grund und Boden.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung (LAS) vom 15. Dezember 1983 wurde das Sonderteilungsverfahren durch Ausscheidung der Stammsitzliegenschaft K-Leger in EZ 43 II aus der Agrargemeinschaft S, eingeleitet.
Im Zuge des Sonderteilungsverfahrens kam es zu Auffassungsunterschieden zwischen der Agrargemeinschaft S und dem Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin über den Grenzverlauf zwischen den Liegenschaften dieser Agrargemeinschaft auf der einen und denen des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführerin auf der anderen Seite.
Mit Bescheid vom 10. Februar 1995 traf das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) in diesem Grenzstreit folgende Entscheidung:
"Das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz stellt gemäß § 72 Abs. 4 und 5 lit. a und b Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetz 1978, LGBl. Nr. 54 idF LGBl. Nr. 18/1984 - TFLG - fest, dass die Grenze zwischen dem Gebiet der Agrargemeinschaft S einerseits und dem Gebiet des K-Legers andererseits durch jene Grenzlinie gebildet wird, die durch die Steine, die auf Grund des Erkenntnisses der Grundlastenregulierungskommission vom 23.11.1895, Zl. 23.01 3292, gesetzt wurden und in der Natur ersichtlich sind und mit den römischen Zahlen III (bei Abzweigung von der sog. Grundlmauer) bis IX. (knapp südlich des Schnittes mit dem L-Bach) gezeichnet ist."
Gegen diesen Bescheid erhob die Verlassenschaft nach F H Berufung.
Diese Berufung wurde mit Bescheid des LAS vom 8. Juni 1995 als unbegründet abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid des LAS erhob die Verlassenschaft nach F H Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der mit Erkenntnis vom 21. November 1996, 95/07/0188, den Bescheid des LAS vom 8. Juni 1995 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufhob.
In der Folge wurden durch den LAS Erhebungen, Grundstücksbegehungen, Vermessungen, Verhandlungen und Besprechungen durchgeführt bzw. veranlasst. Diese dienten der Klärung der anhängigen Grenzstreitigkeit im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. November 1996, 95/07/0188.
Zwischenzeitlich kam es aber auch zu Vergleichsverhandlungen zwischen der Beschwerdeführerin und der Agrargemeinschaft S über die Sonderteilung und die Bereinigung der Grenzstreitigkeit und zur Erarbeitung von Grundlagen für einen Vergleich.
Die Agrargemeinschaft S knüpfte die Zustimmung zu einem Vergleich an die vorherige Klärung der zwischen der Beschwerdeführerin und der Agrargemeinschaft K strittigen Weiderechte hinsichtlich des für die Beschwerdeführerin in den Vergleichsgrundlagen vorgesehenen Abfindungsgrundstückes.
Mit Eingabe vom 2. März 1999 beantragte die Beschwerdeführerin bei der AB, diese möge der Agrargemeinschaft K auftragen, die Beweidung eines näher bezeichneten Teiles des Gebietes der Agrargemeinschaft S zu unterlassen.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des LAS vom 8. Juli 1999 wurde diesem Antrag Folge gegeben.
Eine von der Agrargemeinschaft K gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 25. Mai 2000, 99/07/0157, als unbegründet abgewiesen.
Mit Eingabe vom 8. Februar 2001 begehrte die Agrargemeinschaft K bei der belangten Behörde den Übergang der Entscheidungspflicht betreffend die von der Verlassenschaft nach dem Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin erhobene Berufung gegen den Bescheid der AB vom 10. Februar 1995, der die Grenzen zwischen den Gebieten der Agrargemeinschaft S und der Beschwerdeführerin festlegt.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 6. Juni 2001 gab die belangte Behörde dem Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht statt (Spruchpunkt 1) und behob auf Grund der nunmehr der Beschwerdeführerin zuzurechnenden Berufung der Verlassenschaft nach F H den Bescheid der AB vom 10. Februar 1995 gemäß § 66 Abs. 2 AVG und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die AB zurück (Spruchpunkt 2).
In der Begründung setzte sich die belangte Behörde zunächst mit der Frage ihrer Zuständigkeit auseinander. Sie bejahte diese mit der Begründung, das dem Devolutionsantrag zugrunde liegende Hauptverfahren bilde ein Sonderteilungsverfahren, in dessen Rahmen die Streitigkeit über den Grenzverlauf zwischen in die Teilung einbezogenen und nicht einbezogenen Grundstücken zur Entscheidung anstehe. Diese Entscheidung sei als Gegenstand eines Sonderteilungsverfahrens Voraussetzung für das restliche Sonderteilungsverfahren, insbesondere für die nachfolgende Bestimmung der Abfindungsfläche der Beschwerdeführerin, da die Bestimmung der Abfindungsgrundstücke vom ermittelten Umfang des der Sonderteilung unterzogenen Gebietes der Agrargemeinschaft abhänge. Die Bestimmung der Abfindungsflächen aber sei kausal für die Frage der Gesetzmäßigkeit der Abfindung bei der Sonderteilung. Dadurch werde auch die Entscheidung über diesen Grenzverlauf kausal für die Frage der Gesetzmäßigkeit der Abfindung bei der Teilung.
Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens sei eine Grenzstreitigkeit im Rahmen eines Sonderteilungsverfahrens. Parteien eines Sonderteilungsverfahrens seien gemäß § 74 Abs. 2 lit. a und b des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1996, LGBl. Nr. 74 (TFLG 1996) die Mitglieder (richtig: Miteigentümer) der agrargemeinschaftlichen Grundstücke und die Agrargemeinschaft bzw. Personen, die ihre Nutzungsansprüche auf ihre persönliche oder mit einem Besitz verbundene Zugehörigkeit zu einer Gemeinde, zu einem Gemeindeteil (Ortschaft) oder zu einer Agrargemeinschaft stützten. Durch die Novelle LGBl. Nr. 27/1996 sei diese Parteistellungsregelung nur um die Agrargemeinschaft erweitert, sonst aber nicht geändert worden.
Als - bisher allerdings übergangene - Partei habe die Agrargemeinschaft K einen Rechtsanspruch auf Entscheidung über die anhängige Berufung der Beschwerdeführerin. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei nicht nur jene Partei, die Berufung erhoben habe, zur Stellung eines Devolutionsantrages berechtigt, sondern auch jede andere Partei, sofern deren Rechtslage durch den ausständigen Bescheid - so etwa der Berufungsgegner - einer Veränderung ausgesetzt sei (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Oktober 1991, 90/07/0093). Durch die ausständige Berufungsentscheidung seien rechtliche Interessen der zweitmitbeteiligten Partei betroffen.
Die ausständige Berufungsentscheidung über die Grenzstreitigkeit sei aber auch maßgebend für die spätere Bestimmung der Abfindungsflächen der Beschwerdeführerin. Dadurch würden durch die ausständige Entscheidung auch die rechtlichen Interessen der übrigen Mitglieder der Agrargemeinschaft unmittelbar berührt, zumal es ihnen im bisherigen Verfahren versagt gewesen sei, ihre rechtlichen Interessen zu vertreten.
Den LAS treffe auch ein Verschulden daran, dass die ausständige Berufungsentscheidung noch nicht getroffen worden sei. Das Argument des LAS, das Zuwarten mit der Entscheidung über die Berufung entspreche dem Parteiwillen, da die Parteien einen Vergleich über die Grenzstreitigkeit anstrebten, treffe nicht zu. Unter einem Vergleich im Sinne des § 60 Abs. 1 in Verbindung mit § 74 Abs. 2 TFLG 1996 müsse ein solcher verstanden werden, der zwischen dem ausscheidenden Mitglied der Agrargemeinschaft einerseits und der Agrargemeinschaft selbst sowie jedem Einzelnen der die verbleibende Agrargemeinschaft bildenden Mitglieder derselben andererseits geschlossen werde. Ein solcher Vergleichsabschluss erfordere die Beteiligung aller Verfahrensparteien, denn es entspreche dem Wesen eines verfahrensbeendenden oder das Verfahren vermeidenden Vergleichs, dass er in der außerbehördlichen Einigung aller jener Rechtssubjekte bestehe, denen im verglichenen Verfahren Parteistellung zukomme. Für die Beurteilung des überwiegenden Verschuldens an der Verfahrensverzögerung ergebe sich somit, dass auch die dem Abschluss eines solchen Vergleiches dienenden und das Verfahren verzögernden Handlungen nicht dem Willen jener Parteien zugeschrieben werden könnten, die an den Verfahrenshandlungen gar nicht beteiligt worden seien.
In ihrer Auseinandersetzung mit der Berufung der Beschwerdeführerin kam die belangte Behörde zu der Auffassung, der erstinstanzliche Bescheid sei aufzuheben, weil das gesamte bisherige Verfahren ohne Beteiligung aller am Verfahren zu beteiligenden Parteien, so auch ohne Zuziehung der Agrargemeinschaft K als Partei, durchgeführt worden sei. Auf Grund der Bestimmungen über die Parteistellung im Sonderteilungsverfahren sei es notwendig, alle bisher übergangenen Parteien dem Verfahren beizuziehen. Es erscheine daher die Durchführung und Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unter Beteiligung aller Verfahrensparteien unvermeidlich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.
Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, den Mitgliedern der Agrargemeinschaft S und damit auch der Agrargemeinschaft K stünde im Grenzfeststellungsverfahren keine Parteistellung zu. Diese Meinung hätten bisher nicht nur die AB und der LAS vertreten, sondern implizit auch der Verwaltungsgerichtshof, der bereits zweimal mit der Angelegenheit befasst gewesen sei, nämlich im Erkenntnis vom 17. Jänner 1989, 84/07/0303, und in jenem vom 21. November 1996, 95/07/0188. In keinem dieser beiden Verfahren habe der Verwaltungsgerichtshof die Mitglieder der Agrargemeinschaft S als mitbeteiligte Parteien zugezogen.
Für die Auslegung der Bestimmungen des TFLG 1996 über die Parteistellung sei der Zweck der Einräumung einer Parteistellung maßgeblich. Maßgeblich für die Parteistellung sei, dass die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden eingreife und dass darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete und mittelbare Wirkung zum Ausdruck komme. Eine unmittelbare Betroffenheit von Rechten der Mitglieder der Agrargemeinschaft S könne es im Beschwerdefall aber nicht geben. Diese könnten ihre Rechte im Rahmen der internen Willensbildung der Agrargemeinschaft geltend machen. Bei Einräumung der Parteistellung an die Agrargemeinschaftsmitglieder im Sonderteilungsverfahren ergäben sich Wertungswidersprüche. Eine Agrargemeinschaft, die Eigentümerin der agrargemeinschaftlichen Liegenschaften sei, könne einen Teil dieser Liegenschaften verkaufen, ohne dass hiefür die Zustimmung jedes einzelnen Mitgliedes erforderlich sei. Es sei daher nicht einzusehen, warum dann, wenn ein Grundstück an ein Mitglied nicht verkauft, sondern als Abfindung für den Anteil veräußert werde, ein Monsterverfahren mit mehr als 250 Parteien abgehalten werden müsste. Sinngemäß das Gleiche gelte für einen Ankauf eines Anteilsrechtes durch die Agrargemeinschaft.
Die belangte Behörde übersehe, dass § 74 Abs. 2 lit. a TFLG 1996 nicht den "Mitgliedern" der agrargemeinschaftlichen Grundstücke Parteistellung einräume, sondern den Miteigentümern.
Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der zufolge im Sonderteilungsverfahren die Mitglieder der Agrargemeinschaft Parteistellung hätten, sei durch die Novelle zum TFLG 1996 überholt. Durch diese Novelle sei der Agrargemeinschaft Parteistellung eingeräumt worden; es sei daher nicht mehr notwendig, eine Parteistellung der einzelnen Mitglieder anzunehmen.
Im Beschwerdefall sei auch die Besonderheit zu beachten, dass es um einen Grenzstreit innerhalb eines Sonderteilungsverfahrens gehe. In einem außerhalb eines Sonderteilungsverfahrens vor Gericht abgeführten Grenzstreit hätten nur die Agrargemeinschaft und ihre Gegner, nicht aber die Mitglieder der Agrargemeinschaft Parteistellung. Es sei nicht einzusehen, warum dies im Rahmen eines Sonderteilungsverfahrens anders sein sollte.
Selbst wenn man den Agrargemeinschaftsmitgliedern Parteistellung im Sonderteilungsverfahren einräumte, wäre der Devolutionsantrag der Agrargemeinschaft K nicht berechtigt. Es sei nämlich völlig unmöglich, mit mehr als 250 Parteien gleichzeitig zu verhandeln. Einzig sinnvoll wäre es daher, zunächst einen Vergleich zwischen der Beschwerdeführerin und der Agrargemeinschaft auszuhandeln und diesen dann erforderlichenfalls noch den einzelnen Mitgliedern zur Genehmigung vorzulegen. Da die Agrarbehörde nach § 60 Abs. 1 TFLG 1996 verpflichtet sei, auf ein Übereinkommen zwischen den Parteien hinzuwirken, könne ihr aus dem Umstand, dass sie das dafür Nötige tue, kein Verschulden angelastet werden.
Die Rechte der Agrargemeinschaft K könnten weder durch die Entscheidung im Sonderteilungsverfahren noch durch eine wie immer geartete Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die gegenständliche Beschwerde berührt werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die zweitmitbeteiligte Partei, die Agrargemeinschaft K, hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Die erstmitbeteiligte Partei, die Agrargemeinschaft S, hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 74 Abs. 2 TFLG 1996 in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 55/2001 sind
Parteien des Regulierungs- und Teilungsverfahrens:
a) die Miteigentümer der agrargemeinschaftlichen Grundstücke und die Agrargemeinschaft;
b) Personen, die ihre Nutzungsansprüche auf ihre persönliche oder mit einem Besitz verbundene Zugehörigkeit zu einer Gemeinde, zu einem Gemeindeteil (Ortschaft) oder zu einer Agrargemeinschaft stützen;
c)
die Gemeinde, der ein Anteilsrecht zusteht;
d)
Siedlungsträger nach dem Tiroler Landwirtschaftlichen Siedlungsgesetz 1969.
§ 74 Abs. 2 lit. b TFLG 1996 erfasst die Mitglieder einer Agrargemeinschaft. Diese haben daher Parteistellung in einem Teilungsverfahren. Zum Teilungsverfahren gehört nach § 42 Abs. 3 lit. b TFLG 1996 auch das Sonderteilungsverfahren.
Die von der Beschwerdeführerin für ihren Standpunkt, dass die Mitglieder einer Agrargemeinschaft im Sonderteilungsverfahren keine Parteistellung hätten, ins Treffen geführte Novelle zum TFLG 1978, LGBl. Nr. 27/1996, vermag diesen Standpunkt der Beschwerdeführerin nicht zu stützen.
Das TFLG 1978 enthielt in seinem § 74 Abs. 2 eine Regelung über die Parteistellung im Regulierungs- und Teilungsverfahren, die sich von der entsprechenden Regelung im TFLG 1996 nur in einem Punkt unterscheidet. Im TFLG 1978 war nämlich im § 74 Abs. 2 lit. a die Agrargemeinschaft nicht als Partei eines solchen Verfahrens genannt.
Im zeitlichen Geltungsbereich des TFLG 1978 hat der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen und Beschlüssen die Auffassung vertreten, dass in einem Teilungsverfahren und somit auch in einem Sonderteilungsverfahren nur die Mitglieder der Agrargemeinschaft, nicht aber die Agrargemeinschaft selbst, Parteistellung habe. Es wurde also bereits damals die Parteistellung der Agrargemeinschaftsmitglieder anerkannt (vgl. den Beschluss vom 18. März 1994, 93/07/0188, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Durch die Novelle LGBl. Nr. 27/1996 wurde in § 74 Abs. 2 lit. a die Agrargemeinschaft ausdrücklich als Partei eingefügt. Die daraus von der Beschwerdeführerin gezogene Schlussfolgerung, durch die Zuerkennung der Parteistellung an die Agrargemeinschaft selbst erübrige sich die Annahme einer Parteistellung der einzelnen Agrargemeinschaftsmitglieder, lässt außer Acht, dass durch die besagte Novelle die Bestimmung des § 74 Abs. 2 lit. b TFLG 1978, die den Mitgliedern einer Agrargemeinschaft im Teilungsverfahren die Parteistellung zuerkennt, unverändert gelassen wurde und dass sich diese Bestimmung daher auch in der Wiederverlautbarung des TFLG als TFLG 1996 wieder findet. Angesichts der eindeutigen und unmissverständlichen Bestimmung des § 74 Abs. 2 lit. b TFLG 1996 gehen alle Argumente der Beschwerdeführerin, mit denen sie die Parteistellung von Mitgliedern einer Agrargemeinschaft im Sonderteilungsverfahren bestreiten will, ins Leere.
Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass es auch nicht zutrifft, wenn die Beschwerdeführerin behauptet, der Verwaltungsgerichtshof habe in zwei Erkenntnissen, die das in Rede stehende Sonderteilungsverfahren betreffen, die Parteistellung der Mitglieder der Agrargemeinschaft S verneint, weil er sie nicht als mitbeteiligte Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens beigezogen habe. Mit diesem Argument übersieht die Beschwerdeführerin, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Personen, denen der angefochtene Bescheid nicht zugestellt worden ist, die Rechtsstellung als Mitbeteiligte nicht zukommt (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 165, angeführte Rechtsprechung).
An der Parteistellung der Mitglieder der Agrargemeinschaft S und damit auch der Agrargemeinschaft K ändert auch der Umstand nichts, dass es im Beschwerdefall um eine Grenzstreitigkeit zwischen der Agrargemeinschaft S und der Beschwerdeführerin geht.
Nach § 72 Abs. 4 TFLG 1996 erstreckt sich die Zuständigkeit der Agrarbehörde von der Einleitung bis zum Abschluss eines Zusammenlegungs-, Flurbereinigungs-, Teilungs- oder Regulierungsverfahrens, sofern sich aus dem Abs. 7 nichts anderes ergibt, auf die Verhandlung und Entscheidung über alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die zum Zwecke der Durchführung der Zusammenlegung, Flurbereinigung, Teilung oder Regulierung in das Verfahren einbezogen werden müssen. Während dieses Zeitraumes ist in diesen Angelegenheiten die Zuständigkeit der Behörden ausgeschlossen, in deren Wirkungskreis die Angelegenheiten sonst gehören.
Nach § 72 Abs. 5 erstreckt sich diese Zuständigkeit der Agrarbehörde insbesondere auf Streitigkeiten über Eigentum und Besitz an den in das Verfahren einbezogenen Grundstücken (lit. a) und Streitigkeiten über den Grenzverlauf der in lit. a angeführten Grundstücke einschließlich der Streitigkeiten über den Grenzverlauf zwischen einbezogenen und nicht einbezogenen Grundstücken (lit. b).
Wie die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides zutreffend ausgeführt hat, sind Entscheidungen über den Grenzverlauf zwischen in die Teilung einbezogenen und nicht einbezogenen Grundstücken als Gegenstand eines Sonderteilungsverfahrens Voraussetzungen für das restliche Sonderteilungsverfahren, insbesondere für die nachfolgende Bestimmung der Abfindungsgrundstücke des Sonderteilungswerbers. Ein solches Grenzfeststellungsverfahren ist daher Teil des Sonderteilungsverfahrens, für das uneingeschränkt die Bestimmungen des § 74 Abs. 2 TFLG 1996 über die Parteistellung gelten.
Die Beschwerdeführerin ist auch nicht im Recht, wenn sie meint, selbst bei Bejahung der Parteistellung der Mitglieder der Agrargemeinschaft S wäre der Devolutionsantrag der Agrargemeinschaft K deswegen unzulässig gewesen, weil es unmöglich sei, mit über 200 Mitgliedern der Agrargemeinschaft zu verhandeln und es daher nur sinnvoll wäre, dass der LAS zunächst versucht, einen Vergleich zwischen der Agrargemeinschaft und der Beschwerdeführerin herbeizuführen und diesen dann den Mitgliedern der Agrargemeinschaft zur Genehmigung vorzulegen.
Selbst wenn es zutreffen würde, dass es sinnvoll wäre, zunächst zu versuchen, einen Vergleich zwischen der Agrargemeinschaft und der Beschwerdeführerin herbeizuführen und diesen dann den übrigen Agrargemeinschaftsmitgliedern vorzulegen, hätte das den LAS nicht berechtigt, mit der Vorlage eines solchen Vergleiches unter Einbeziehung der Agrargemeinschaftsmitglieder in das Verfahren unbegrenzt zuzuwarten.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 25. April 2002
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen RechtspersönlichkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001070104.X00Im RIS seit
11.07.2002Zuletzt aktualisiert am
23.06.2015