TE Vwgh Erkenntnis 2002/4/25 98/07/0019

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Veröffentlicht am 25.04.2002
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1934 §3 Abs1 litd;
WRG 1934 §3 Abs1 lite;
WRG 1934 §3 Abs3;
WRG 1959 §1;
WRG 1959 §2 Abs1 lita;
WRG 1959 §2 Abs1 litb;
WRG 1959 §2 Abs1 litc;
WRG 1959 §2 Abs2;
WRG 1959 §3 Abs1 lita;
WRG 1959 §3 Abs1 litb;
WRG 1959 §3 Abs1 litc;
WRG 1959 §3 Abs1 litd;
WRG 1959 §3 Abs1 lite;
WRG 1959 §3 Abs1;
WRG 1959 §3 Abs3;
WRG 1959 §61 Abs1;
WRG 1959 §98 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Beck und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des durch die Österreichische Bundesforste AG in Wien vertretenen Bundes, vertreten durch die Finanzprokuratur in 1011 Wien, Singerstraße 17-19, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 22. Dezember 1997, Zl. IIIa1-3699/50, betreffend Feststellung eines Gewässers als öffentliches Gewässer (mitbeteiligte Partei: Bergbahnen W GmbH in W, vertreten durch Dr. Heinz Knoflach und Dr. Eckart Söllner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Beschwerdeführende Partei vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Bund, der gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 des Bundesforstegesetzes 1996, Art. I des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 793/1996 durch die Österreichische Bundesforste AG als gesetzlichen Verwalter des Liegenschaftsbestandes des Bundes (§ 1 Abs. 1 des genannten Gesetzes) vertreten wird.

Die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (MP), eine Gesellschaft mbH, stellte mit einem an die Bezirkshauptmannschaft K (BH) gerichteten Anbringen vom 31. Oktober 1996 den Antrag auf Feststellung der W-Ache als öffentliches Gewässer. Die MP habe im Jahre 1991 aus Anlass der Errichtung einer Beschneiungsanlage dem amtlichen Auszug aus dem Grundstücksverzeichnis entnommen, dass das Grundstück Nr. 4254/3 KG W (Gewässer) in der betroffenen Einlagezahl für die Republik Österreich (Österreichische Bundesforste) eingetragen sei. Bei den Verhandlungen mit den Vertretern der Österreichischen Bundesforste hätten diese die Ansicht vertreten, dass die W-Ache ein privates Gewässer in ihrem Besitz sei, weshalb die Feststellung der W-Ache als öffentliches Gewässer begehrt werde.

Der von der BH um Äußerung ersuchte Verwalter des öffentlichen Wassergutes teilte der BH mit, dass die Eintragung der beschwerdeführenden Partei als Eigentümer der betroffenen Parzelle im Grundbuch zutreffe, was mit "der historischen Entwicklung der Österreichischen Bundesforste" zusammenhänge. Über die Eigenschaft der Wasserwelle der W-Ache könne mangels beim Verwalter des öffentlichen Wassergutes aufliegender Unterlagen keine Aussage gemacht werden.

In einem Amtsvermerk vom 21. Jänner 1997 wurde von der BH festgestellt, dass eine Erhebung im örtlichen Wasserbuch keinen Hinweis darauf erbracht habe, dass die W-Ache vor Inkrafttreten des Wasserrechtsgesetzes als öffentliches Gewässer behandelt worden sei.

Die beschwerdeführende Partei erstattete zum Antrag der MP eine Stellungnahme, welcher sie ihrem Inhalt nach zahlreiche - in den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten allerdings nicht einliegende - Beilagen anschloss und im Wesentlichen Folgendes ausführte:

Wie sich aus einer vorgelegten zivilrechtlichen Vereinbarung der beschwerdeführenden Partei mit der MP entnehmen lasse, habe die MP die Eigenschaft der W-Ache als Privatgewässer der Österreichischen Bundesforste ausdrücklich anerkannt, weshalb die beschwerdeführende Partei die vorliegende Antragstellung durch die MP als unzulässig und die Zurückweisung des gestellten Antrages als angezeigt erachte. Es sei das Begehren der MP aber auch inhaltlich verfehlt. Zu verweisen sei zunächst auf das unstrittige Eigentum der beschwerdeführenden Partei an den betroffenen Bachparzellen sowie darauf, dass die W-Ache einen Abfluss aus dem im Eigentum der beschwerdeführenden Partei stehenden Privatgewässer mit der Bezeichnung "R-See" darstelle. Wie aus den vorgelegten Unterlagen entnommen werden könne, bilde die W-Ache von ihrer Einmündung in die B-Ache flussaufwärts die Katastralgemeindegrenze zwischen den Gemeinden W und H, wobei taleinwärts die beschwerdeführende Partei immer wieder mit einzelnen Waldabteilungen zum Teil direkt an das Bachbett angrenze. Wesentlich sei des Weiteren, dass alle seitlichen Zuflüsse und wasserführenden Gräben im grundbücherlichen Eigentum der beschwerdeführenden Partei stünden. Da die W-Ache nicht im Anhang A zum Wasserrechtsgesetz 1959 enthalten sei, scheide § 2 Abs. 1 lit. a WRG 1959 als Grund für eine Eigenschaft dieses Gewässers als öffentliches Gewässer aus; da die W-Ache auch vor Inkrafttreten des Wasserrechtsgesetzes nicht anlässlich der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung als öffentliches Gewässer behandelt worden sei, komme auch der Rechtsgrund des § 2 Abs. 1 lit. b WRG 1959 nicht in Frage, sodass als denkmöglicher Grund für eine Eigenschaft der W-Ache als öffentliches Gewässer nur § 2 Abs. 1 lit. c WRG 1959 verbleibe, welche Bestimmung jedoch durch jene des § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959 im vorliegenden Fall verdrängt werde. Nach § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959 seien die Abflüsse aus den unter § 3 Abs. 1 lit. a bis lit. d WRG 1959 genannten Gewässern bis zu ihrer Vereinigung mit einem öffentlichen Gewässer als Privatgewässer zu qualifizieren, wenn nicht von anderen erworbene Rechte vorlägen, was nicht der Fall sei. Eine Vereinigung der W-Ache mit öffentlichen Gewässern finde bis zu ihrer Einmündung in die B-Ache nicht statt. Die W-Ache bilde den Abfluss aus dem bundesforsteigenen Privatgewässer "R-See" und fließe ohne Unterbrechung auf bundesforsteigenen Grundflächen weiter, wobei sie noch dazu von Seitenbächen gespeist werde, die alle gleichfalls im Eigentum der beschwerdeführenden Partei stünden, was sowohl hinsichtlich des Bachbettes als auch hinsichtlich der Wasserwelle so sei. Vorsorglich sei klarzustellen, dass der Begriff "Abflüsse" im Sinne des § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959, wie dies aus näher angeführten Lehrmeinungen zu folgern sei, weit ausgelegt werden müsse. Es werde demnach die Zurückweisung des Antrages der MP, hilfsweise die Abweisung dieses Antrages begehrt und gleichzeitig die Feststellung beantragt, dass die W-Ache im Bereiche näher genannter Grundstücke ein Privatgewässer der beschwerdeführenden Partei darstelle.

Die BH übermittelte eine Gleichschrift dieser Stellungnahme der MP mit dem Auftrag, mit Rücksicht auf die von der beschwerdeführenden Partei aufgezeigte privatrechtliche Regelung der Frage der Nutzung des Wassers der W-Ache zwischen der beschwerdeführenden Partei und der MP anzugeben, aus welchen Gründen der Feststellungsantrag gestellt werde.

Die MP äußerte sich dazu in der Weise, dass sie darüber berichtete, es hätten bei den Vertragsverhandlungen im Jahr 1991 die Vertreter der Österreichischen Bundesforste "fix die Meinung vertreten", dass es sich bei der W-Ache um ein privates Gewässer handle, welche Ansicht die MP zu diesem Zeitpunkt im guten Glauben anerkannt habe. Spätere Zweifel an dieser Eigenschaft des Gewässers hätten die MP dazu bewogen, den vorliegenden Feststellungsantrag zu stellen. Die Besitzverhältnisse an den Bachbettparzellen würden nicht bestritten. Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei könne aber nach Sichtweise der MP ihre seinerzeitige Anerkennung der W-Ache als privates Gewässer für die rechtliche Gewässereigenschaft wohl nicht maßgebend sein.

In einer von der BH am 5. Mai 1997 durchgeführten Verhandlung wurden vom Verhandlungsleiter folgende von allen Verfahrensparteien als zutreffend außer Streit gestellte Feststellungen getroffen:

Ursprung der W-Ache sei der so genannte R-See. Dieser befinde sich im Grundeigentum der beschwerdeführenden Partei. Der Abfluss aus dem R-See stelle sich als ständig wasserführender Graben dar, der in weiterer Folge von den Oberflächenwässern gespeist werde, die von der Umgebung abflössen. Der Abfluss zwischen dem R-See und dem Beginn der Parzelle der beschwerdeführenden Partei (4254/3) sei nicht als eigene Parzelle ausgewiesen; Eigentümer in diesem Bereich sei nicht die beschwerdeführenden Partei, wobei es sich um eine Lauflänge von ca. 1,9 km handle. Der nächste größere seitliche Zubringer, der insbesondere auch als eigene Grundparzelle ausgewiesen sei, sei der so genannten M-Bach, der ebenfalls wiederum im Eigentum der beschwerdeführenden Partei stehe. Bereits auf der Strecke zwischen R-See und Einmündung des M-Baches werde die W-Ache von einer großen Anzahl kleinerer Seitenbächlein, Quellen, Oberflächenwässern etc. gespeist und es machten diese Zuflüsse auch die Charakteristik der W-Ache in diesem Bereich aus. Die Strecke zwischen R-See und Einmündung des M-Baches betrage annähernd 6 km. Der so genannte M-Bach besitze ausgeprägten Bachcharakter und habe ein Einzugsgebiet von 9 km2. Es handle sich dabei um einen charakteristischen Wildbach. Der Ursprung des M-Baches jedoch befinde sich auf Privatgrund. Der M-Bach werde aus einem weit verzweigten Entwässerungssystem durch Gräben etc. gespeist. Es handle sich dabei hauptsächlich um Oberflächenwässer. Dasselbe wie für den M-Bach gelte für weitere größere, namentlich angeführte Seitenzubringer. Die über diese Gräben zugeführten Wässer machten die hauptsächliche Charakteristik der W-Ache aus. Ab dem Einfluss des so genannten M-Baches weise die W-Ache in etwa ein Bachbett von ca. 5 bis 6 m Breite auf, das sich in weiterer Folge bis zur Einmündung in die B-Ache auf ca. 10 m erweitere. Nach den Unterlagen der Wildbach- und Lawinenverbauung W sei die W-Ache ein linksufriger Zubringer der B-Ache und habe ein Einzugsgebiet von 82,5 km2. Die W-Ache habe nach diesen Unterlagen einen ca. 18 km langen, nach Norden gerichteten Lauf, wobei das Quellgebiet beim R-See an der nordöstlichen Abdachung des K-Berges (2.440 m Seehöhe) liege. Die W-Ache nehme eine Reihe von stark geschiebeführenden Wildbächen auf und münde ca. 1,5 km südöstlich von H in die B-Ache. Die Wasser- und Geschiebeführung der W-Ache sei bei starken oder länger andauernden Niederschlägen bedeutend; die Schäden, die bei Hochwässern, insbesondere in der äußeren W, entstünden, seien groß und würden nicht nur landwirtschaftlichen Kulturen, sondern auch Wegen, dem Bahnkörper und bäuerlichen Betriebsstätten zugefügt.

Die beschwerdeführende Partei trug in der Verhandlung sodann ihren schon in der schriftlichen Stellungnahme artikulierten Standpunkt vor, während die MP der Auffassung Ausdruck gab, dass die W-Ache im Hinblick auf ihre große Bedeutung auf jedem Fall ein öffentliches Gewässer sein müsse, was schon auf Grund der Zuflüsse und der charakteristischen Bildung dieses Gewässers zu bejahen sei. Der Verwalter des öffentlichen Wassergutes führte aus, dass das Grundeigentum der beschwerdeführenden Partei anerkannt werden müsse, während hinsichtlich der Wasserwelle es auf die Auslegung der einschlägigen wasserrechtlichen Bestimmungen ankomme. Außer Streit gestellt wurde in der Folge, dass hinsichtlich des Einzugsbereiches davon auszugehen sei, dass ein Großteil der Nachbarflächen zu den Bachparzellen der beschwerdeführenden Partei Waldparzellen der beschwerdeführenden Partei darstellten. Die beschwerdeführende Partei ergänzte noch, dass hinsichtlich der Wasserwelle der W-Ache mehrere privatrechtliche Vereinbarungen bestünden, auf Grund welcher von den Benutzungsberechtigten Wasserzinse bezahlt würden. Festgehalten wurde noch abschließend, dass die W-Ache in der Niederwasserzeit eine Schüttung von ca. 800 bis 1.000 l/sec bringe.

Mit Bescheid vom 20. Mai 1997 stellte die BH unter Berufung auf §§ 2 Abs. 1 lit. c und 98 Abs. 2 WRG 1959 fest, dass die W-Ache im Bereich zwischen ihrer Mündung in die B-Ache und der Einmündung des so genannten M-Baches ein öffentliches Gewässer sei. In der Begründung dieses Bescheides führte die BH nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, der in der mündlichen Verhandlung getroffenen Feststellungen und der maßgebenden Gesetzesstellen zur Zulässigkeit des Antrages der MP zunächst aus, dass die MP im Hinblick auf die Entschädigungsfrage für die Nutzung der W-Ache für Beschneiungszwecke jedenfalls ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Eigenschaft der W-Ache als öffentliches oder privates Gewässer durch die zuständige Wasserrechtsbehörde habe. Eine derartige Entscheidung obliege, von der im § 98 Abs. 2 WRG 1959 vorgesehenen Ausnahme abgesehen, einzig und allein der Wasserrechtsbehörde, ohne dass privatrechtlichen Vereinbarungen in dieser Hinsicht eine rechtliche Verbindlichkeit zukommen könne. Aus den Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. a und b WRG 1959 lasse sich eine Eigenschaft der W-Ache als öffentliches Gewässer nicht ableiten, wohl aber aus der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. c leg. cit. Der Rechtsansicht der beschwerdeführenden Partei, die W-Ache sei im Grunde des § 3 Abs. 1 lit. e in Verbindung mit § 3 Abs. 3 WRG 1959 als Privatgewässer anzusehen, könne deswegen nicht beigetreten werden, weil eine derartig weite Auslegung des Begriffes "Abflüsse" im § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959 den Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. c WRG 1959 völlig inhaltsleer machen würde. Stelle doch schlussendlich jedes Gewässer unabhängig von seiner Größe einen "Abfluss" von aus atmosphärischen Niederschlägen stammenden Oberflächenwässern oder Quellwässern dar. Bei einer solchen Auslegung wären öffentliche Gewässer lediglich auf Grund des § 2 Abs. 1 lit. a und lit. b WRG 1959 denkbar, während alle anderen Gewässer als private anzusehen wären. Eine solche Auslegung widerspräche dem Wasserrechtsgesetz schon auf Grund der Existenz der Vorschrift des § 2 Abs. 1 lit. c WRG 1959. Der Begriff "Abflüsse" sei vielmehr so zu verstehen, dass es sich dabei um Wässer handle, die "auch nach den tatsächlichen Verhältnissen die Abflüsse aus den im § 3 Abs. 1 lit. a bis d WRG genannten Privatgewässern im landläufigen Sinn" darstellten. Dies sei so lange der Fall, als solche Abflüsse "nicht hauptsächlich von anderen Wässern gespeist" würden "und insbesondere nicht den Charakter eines eigenständigen Gewässers wie etwa eines Baches" annähmen (Hinweis auf Haager-Vanderhaag und "die offensichtlich einschränkende Auslegung" bei Krzizek). Wende man dieses Auslegungsergebnis auf die W-Ache an, dann sei festzuhalten, dass es sich dabei um ein Gewässer mit ausgeprägtem Wildbachcharakter handle. Das Einzugsgebiet betrage 82,5 km2 und die Niederwasserführung ca. 1.000 l/sec. Der Abfluss aus dem R-See stelle sich als ständig wasserführender Graben dar, der in weiterer Folge von den Oberflächenwässern gespeist werde, die von der Umgebung abflössen. Der nächste größere seitliche Zubringer nach dem Abfluss in den R-See sei der so genannte M-Bach, welcher ein Einzugsgebiet von ca. 9 km2 und wiederum ausgeprägten Bachcharakter habe, was in gleicher Weise auch für eine Anzahl weiterer größerer Seitenzubringer gelte. Ab dem Einfluss des M-Baches weise die W-Ache bereits ein Bachbett von ca. 5 bis 6 m Breite auf, welches sich in weiterer Folge bis zur Einmündung in die B-Ache auf ca. 10 m erweitere. Hieraus gehe hervor, dass die W-Ache nicht den Abfluss irgendwelcher kleiner Privatgewässer darstelle, sondern dass es sich sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht um einen eigenen Gewässerabschnitt mit besonderer Charakteristik handle, weshalb die W-Ache im Grunde des § 2 Abs. 1 lit. c WRG 1959 ein öffentliches Gewässer sei. Hinsichtlich des Wasserlaufs der W-Ache zwischen der Einmündung des M-Baches und dem Abfluss aus dem R-See wäre zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes ein Ortsaugenschein erforderlich gewesen. Ein diesbezüglicher bescheidmäßiger Abspruch habe jedoch unterbleiben können, weil sich der Antrag der MP auf die Wasserentnahme für eine Schneeerzeugungsanlage beziehe, welche sich in dem von der getroffenen Feststellung umfassten Verlauf der W-Ache befinde.

Gegen diesen, an die MP und die Österreichische Bundesforste AG erlassenen Bescheid erhob die Österreichische Bundesforste AG namens der beschwerdeführenden Partei Berufung, in welcher sie in tatsächlicher Hinsicht auf das von ihr schon im erstinstanzlichen Verfahren erstattete Vorbringen verwies. Weshalb der Umstand nicht gewürdigt worden sei, dass das weit verzweigte Entwässerungssystem seinen Ursprung im weitaus überwiegenden Ausmaß in bundesforsteigenen Waldgrundstücken habe, die den diversen Gewässergrundstücken benachbart und im relevanten Einzugsbereich situiert seien, sei nicht verständlich. Der behördlichen Gesetzesauslegung sei zu erwidern, dass die im vorliegenden Fall unternommene Stützung auf § 2 Abs. 1 lit. c WRG 1959 umgekehrt den Tatbestand des § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959 praktisch inhaltsleer machen würde, weil die Behörde das Vorliegen eines Abflusses nur so lange annehme, als dieser nicht hauptsächlich von anderen Gewässern gespeist werde und insbesondere nicht den Charakter eines eigenständigen Gewässer wie etwa eines Baches annehme. Da nun aber jeder Abfluss von irgendwelchen Zuflüssen, Seitenarmen, Oberflächenwässern etc. gespeist werde, müsse zur Lösung der Rechtsfrage u.a. das Kriterium des Überwiegens hinsichtlich der Abflussmenge sowie das der Hauptsächlichkeit ins Kalkül gezogen werden. Lege man eine solche vernünftige Auslegungsregel an die vorliegenden tatsächlichen Verhältnisse an, dann werde deutlich, dass der weitaus überwiegende Einzugsbereich sowohl hinsichtlich der Bachbettgrundstücke als auch hinsichtlich des Abflusseinzugsbereiches der beschwerdeführenden Partei zuzuordnen sei. Die Grenze des Begriffes "Abfluss" könne nicht dort gefunden werden, wo der Charakter eines eigenständigen Gewässers anzunehmen sei, weil der Gesetzgeber keine solche Abgrenzung vorgenommen habe und eine solche Grenze auch zu fließend wäre. Der Begriff "Abfluss" ende vielmehr dort, wo eben ein Zusammentreffen mit einem öffentlichen Gewässer stattfinde. Im vorliegenden Fall münde die W-Ache in das öffentliche Gewässer B-Ache und werde ab diesem Moment zu öffentlichem Gewässer. Da aktuelle Judikatur zum vorliegenden Abgrenzungsproblem nicht existiere, müsse auf Lehrmeinungen sowie frühere Entscheidungen zurückgegriffen werden. Aus einer wörtlich wiedergegebenen Ansicht von Krzizek und einem dort angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs aus dem Jahre 1907 sei zu folgern, dass die W-Ache im gegenständlichen Bereich als Privatgewässer beurteilt werden müsse. Erhärtet werde dies dadurch, dass in diversen Fachkommentaren der Zweck der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. b WRG 1959 darin gesehen werde, es zu verhindern, dass durch § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959 der Kreis der öffentlichen Gewässer zu eng werde. Hieraus müsse abgeleitet werden, dass der Begriff "Abflüsse" im Sinne des § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959 weit auszulegen sei.

Die belangte Behörde führte am 11. Dezember 1997 eine Verhandlung durch, in deren Verlauf vom Verhandlungsleiter Feststellungen über die vom Verfahren betroffenen Grundparzellen getroffen wurden. Das Grundstück Nr. 4253 KG W betreffe die Strecke der W-Ache von der Einmündung in die B-Ache bis ca. 500 m bachaufwärts. In diesem Bereich sei die W-Ache in ihrer Mitte gleichzeitig Katastergrenze zwischen der KG W und der KG H. Im Bereich der KG H führe die W-Ache die Bezeichnung Grundstück Nr. 6248/2. Vom Ende des Grundstückes Nr. 4253 KG W an verlaufe das Grundstück Nr. 4254/1, daran anschließend das Grundstück Nr. 4254/3, welches bis ca. 1,9 km unterhalb des R-Sees reiche. Vom R-See bis zum Beginn des Grundstückes Nr. 4254/3 fließe die W-Ache über das Grundstück Nr. 4091/2, welches nicht im Eigentum der beschwerdeführenden Partei stehe. Im Grundbuchsanlegungsakt des Bezirksgerichtes H aus dem Jahre 1927 sei unter EZ 48 mit den Grundstücken Nr. 4253, 4254/1 und 4254/3 die W-Ache genannt, wobei sich unter Postzahl 1 im A-Blatt die Eintragung finde, dass "auf Grund Ersitzung und der Alt-salzburg. Bergwerksordnung vom Jahre 1532 das Eigentumsrecht für das Ärar einverleibt" werde. Eine Fortsetzung der Verhandlung vor der belangten Behörde in der Grundbuchsabteilung des Bezirksgerichtes H führte zu folgenden weiteren Feststellungen:

Im Grundbuchsanlegungsakt aus dem Jahre 1914 finde sich unter der Grundbuchseinlage 158 der KG H für das Grundstück Nr. 6248/2 W-Achenbett die Feststellung, dass dieses Grundstück öffentliches Gut - Gewässer sei. Auf Grund einer Anmeldung der Forst- und Domänendirektion namens des Ärars unter Zl. 58 vom 26. Juni 1920 sei das Eigentumsrecht für das Grundstück Nr. 6248/2 angemerkt worden. Im Zuge des Grundbuchsanlegungsverfahrens sei unter derselben Tagebuchzahl 58 vom 5. Juli 1920 "auf Grund der Ersitzung der Bergwerksordnung des Erzstiftes Salzburg vom Jahre 1538 und der Kaiserlichen Entschließung vom 5. Juli 1847" u. a. das Grundstück Nr. 6248/2 aus der EZ 158 öffentliches Gut abgeschrieben und hiefür die EZ 235 im Eigentum des Ärars (Staatsforstverwaltung) eröffnet worden. Für die Grundstücke in der KG W 4253, 4254/1 und 4254/3 sei bereits in der Grundbuchsanlegung im Jahre 1927 die EZ 48 eröffnet und in dieser das Eigentumsrecht für das Ärar einverleibt worden, wobei als Begründung die Bemerkung der Ersitzung gelte.

In einer schriftlichen Stellungnahme vom 15. Dezember 1997 wurde von der beschwerdeführenden Partei darauf hingewiesen, dass in der Verhandlung vom 11. Dezember 1997 keine Tatsachen hervorgekommen seien, welche den Inhalt der Berufung erschüttern könnten. Die bei der Verhandlung erhobenen tatsächlichen Verhältnisse zu den betroffenen Grundstücken würden als zutreffend außer Streit gestellt. Aus der Tatsache, dass - zudem nur hinsichtlich des Grundstückes Nr. 6248/2 Grundbuch H - im Grundbuchsanlegungsakt festgestellt sei, dass dieses Grundstück öffentliches Gut-Gewässer sei, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass die diesem Grundstück zuzuordnende Wasserwelle öffentliches Gewässer sei. Voraussetzung einer Beurteilung eines Gewässers als öffentliches Gewässer im Grunde des § 2 Abs. 1 lit. b WRG 1959 sei doch, dass die Behandlung eines solchen Gewässers anlässlich der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung als öffentliches Gewässer stattgefunden habe, was eindeutig nicht der Fall sei. Die Feststellung dieses Grundstückes als öffentliches Gut-Gewässer habe zudem nur etwa 6 Jahre lang gewährt, weil schon am 26. Juni 1920 das Eigentumsrecht des Ärars auch bezüglich dieses Grundstückes angemerkt worden sei. Die Grundstücke Nr. 4253, 4254/1 und 4254/3 Grundbuch W seien zudem stets im Eigentum des Ärars gestanden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid der BH vom 20. Mai 1997 keine Folge. Auf der Basis des von der BH unstrittig festgestellten Sachverhaltes sei auch die rechtliche Beurteilung der BH zu teilen, zufolge welcher die W-Ache als öffentliches Gewässer im Grunde der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. c WRG 1959 anzusehen sei. Auch die rechtliche Beurteilung des Bescheides der BH werde von der belangten Behörde übernommen. Zusätzlich ergebe sich aber aus den von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen, dass die W-Ache ursprünglich schon als öffentliches Gewässer angesehen worden sei. Ein gleicher Sachverhalt liege für in unmittelbarer Nähe befindliche näher genannte andere Achen vor. Bezüglich dieser anderer Gewässer sei in einem Feststellungsverfahren über deren Eigenschaft als öffentliche Gewässer eine grundbücherliche Vorgangsweise hervorgekommen, die wie im vorliegenden Fall ebenso dadurch gekennzeichnet sei, dass die Gewässer zunächst als öffentliches Gut geführt worden sein, wobei in der Folge auf Grund der Ersitzung unter Hinweis auf die Bergwerksordnung des Erzstiftes Salzburg vom Jahre 1538 es zur Eintragung des Eigentums des Ärars gekommen sei. Es sei damit offensichtlich zum Zeitpunkt der Grundbuchsanlegung im Jahre 1913/1914 immer davon ausgegangen worden, dass die großen Teilflüsse öffentliches Gewässer seien. Unterlagen, die darüber Aufschluss geben könnten, weshalb es zur Eintragung des Eigentumsrechtes für das Forstärar gekommen sei, lägen nicht mehr vor, wie auch das Bezirksgericht H mitgeteilt habe. Es liege die Vermutung nahe, dass ab dem Jahre 1920 der Grundbuchsführer im Bezirksgericht H die Ansicht vertreten habe, dass die öffentlichen Gewässer grundbuchsrechtlich der beschwerdeführenden Partei zuzuschreiben seien. In keinem anderen Bezirksgericht Tirols nämlich finde sich eine solche Vorgangsweise. Bezogen auf den gegenständlichen Fall liege "auf Grund eines Größenschlusses" die Voraussetzung zur Anwendung des § 2 Abs. 1 lit. b WRG 1959 vor. Wenn der Gesetzgeber schon die Ansicht vertrete, dass vor Inkrafttreten des Wasserrechtsgesetzes im Jahre 1934 jene Gewässer als öffentliche Gewässer anzusehen seien, die anlässlich der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung als öffentlich behandelt worden seien, dann habe dies umso mehr für jene Gewässer zu gelten, die bereits im Grundbuch als solche öffentliche Gewässer angesehen worden seien.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die Bescheidaufhebung mit der Erklärung begehrt, dass sich die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht darauf als verletzt erachtet, dass ein ihr gehöriges Privatgewässer als solches festgestellt wird.

Die belangte Behörde hat Teile der Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Den gleichen Antrag stellt die MP in ihrer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Wasserrechtsgesetz 1959 handelt in seinem ersten Abschnitt von der rechtlichen Eigenschaft der Gewässer und definiert in seinem § 2 die öffentlichen Gewässer und in seinem § 3 die Privatgewässer.

Öffentliche Gewässer sind nach § 2 Abs. 1 WRG 1959:

a) die im Anhang A zu diesem Bundesgesetze namentlich aufgezählten Ströme, Flüsse, Bäche und Seen mit allen ihren Armen, Seitenkanälen und Verzweigungen;

b) Gewässer, die schon vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anlässlich der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung als öffentliche behandelt wurden, von der betreffenden Stelle angefangen;

c) alle übrigen Gewässer, sofern sie nicht in diesem Bundesgesetze ausdrücklich als Privatgewässer bezeichnet werden.

Insoweit für die im Abs. 1 genannten Gewässer ein besonderer, vor dem Jahre 1870 entstandener Privatrechtstitel nachgewiesen wird, sind diese Gewässer nach § 2 Abs. 2 WRG 1959 als Privatgewässer anzusehen. Das Eigentum an den Ufergrundstücken oder dem Bette des Gewässers bildet keinen solchen Privatrechtstitel.

Nach § 3 Abs. 1 WRG 1959 sind außer den im § 2 Abs. 2 bezeichneten Gewässern folgende Gewässer Privatgewässer und gehören, wenn nicht von anderen erworbene Rechte vorliegen, dem Grundeigentümer:

a) das in einem Grundstück enthaltene unterirdische Wasser (Grundwasser) und das aus einem Grundstücke zu Tage quellende Wasser;

b) die sich auf einem Grundstück aus atmosphärischen Niederschlägen ansammelnden Wässer;

c) das in Brunnen, Zisternen, Teichen oder anderen Behältern enthaltene und das in Kanälen, Röhren usw. für Verbrauchszwecke abgeleitete Wasser; ferner, soweit nicht die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. a und b entgegenstehen,

d) Seen, die nicht von einem öffentlichen Gewässer gespeist oder durchflossen werden;

e) die Abflüsse aus den vorgenannten Gewässern bis zu ihrer Vereinigung mit einem öffentlichen Gewässer.

Nach der Bestimmung des § 3 Abs. 3 WRG 1959 sind die im Abs. 1 lit. d und e genannten Privatgewässer, insofern nichts anderes nachgewiesen wird, als Zugehör der Grundstücke zu betrachte, auf oder zwischen denen sie sich befinden, und zwar nach Maßgabe der Uferlänge eines jeden Grundstückes.

Nach § 61 Abs. 1 WRG 1959 können die im § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 1 lit. d und e genannten Privatgewässer zu öffentlichen Gewässern erklärt werden, wenn wichtige öffentliche Interessen es erfordern.

Gemäß § 98 Abs. 2 WRG 1959 haben die Wasserrechtsbehörden insbesondere auch darüber zu entscheiden, ob ein Gewässer ein öffentliches oder ein Privatgewässer ist, jedoch mit Ausnahme des Falles, in dem ein Privatrechtstitel (§ 2 Abs. 2) in Frage kommt.

Der rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde, die W-Ache sei auch im Grunde des § 2 Abs. 1 lit. b WRG 1959 als öffentliches Gewässer anzusehen, weil sie anlässlich der Grundbuchsanlegung als öffentliches Gewässer angesehen worden sei, tritt die beschwerdeführende Partei mit folgender Argumentation entgegen:

.) Der von der belangten Behörde gezogene Größenschluss sei als Unterfall der Gesetzesanalogie ein Hilfsmittel der Lückenfüllung, welche das Vorhandensein einer Rechtslücke voraussetze, die weithin nicht zu sehen sei. Die Bedeutung des Unterschiedes zwischen öffentlichen und privaten Gewässern vor allem für den Umfang der Befugnisse zu ihrer Benützung und für das Bestehen von Bewilligungspflichten lasse es als folgerichtig erscheinen, dass § 2 Abs. 1 lit. b WRG 1959 auf die Behandlung als öffentliches Gewässer in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren abstelle.

.) Auch der Ausgangspunkt der behördlichen Argumentation, die W-Ache sei im Grundbuch als öffentliches Gewässer behandelt worden, sei unrichtig. Die Ersichtlichmachung der Eigenschaft als öffentliches Gut im Grundbuch könne sich nur auf das Gewässerbett, nicht aber auf die Wasserwelle beziehen, die gerade nicht Gegenstand grundbücherlicher Eintragungen sei. Da Gewässerbett und Wasserwelle die Eigenschaft als öffentliches oder privates Gut nicht teilen müssten, sondern auch ein öffentliches Gewässer über Privatgrund und - hier interessierend - ein privates Gewässer über öffentlichen Grund fließen könne, könne von einer Behandlung der W-Ache im Grundbuch als öffentliches Gewässer von vornherein nicht die Rede sein.

.) Ergänzend sei festzuhalten, dass sich auch die Bezeichnung als öffentliches Gut nur im Grundbuchsanlegungsakt für das Grundstück Nr. 6248/2 KG H und auch dort nur für den unteren Bereich der W-Ache finde. Woraus die belangte Behörde eine dementsprechende Behandlung auch der Grundstücke Nr. 4253, 4254/1 und 4254/3 KG W ableiten wolle, bleibe im Dunklen. Die Vermutung über die von einem Grundbuchsführer im Bezirksgericht H im Jahre 1920 vertretene Rechtsansicht sei eine nicht nachvollziehbare Spekulation.

Diese von der beschwerdeführenden Partei vorgetragenen Argumente überzeugen in jeder Hinsicht. Ihnen ist nichts mehr hinzuzufügen. Die Begründung der belangten Behörde, mit welcher sie eine Eigenschaft der W-Ache als öffentliches Gewässer im Grunde der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. b WRG 1959 abzuleiten versucht hat, ist mit dem gezogenen Größenschluss aus dem von der beschwerdeführenden Partei dargestellten Grund schon im Ansatz methodisch verfehlt (siehe Koziol/Welser, Bürgerliches Recht10 I (1995) 25, Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff2, 472ff, und etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1995, Slg. NF. Nr. 14.353/A), durch die Verwechslung von Wasserbett mit Wasserwelle aus dem von der beschwerdeführenden Partei aufgezeigten Grund inhaltlich unrichtig (siehe Hartig, Das österreichische Wasserrecht, Anm. 8 zu § 2 WRG 1934, Grabmayr/Rossmann, Das österreichische Wasserrecht2, Anm. 9 zu § 2 WRG 1959, und etwa das hg. Erkenntnis vom 11. Juli 1996, 93/07/0144), und hat überdies, worauf die beschwerdeführende Partei ebenso zutreffend hinweist, nicht einmal ein taugliches Sachverhaltssubstrat.

Als ebenso berechtigt erweist sich die Bekämpfung der von der belangten Behörde übernommenen rechtlichen Beurteilung der BH über die Eigenschaft der W-Ache als öffentliches Gewässer im Grunde der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. c WRG 1959. Diese Bestimmung steht unter dem Vorbehalt, dass es sich um ein Gewässer handelt, das nicht in diesem Bundesgesetz ausdrücklich als Privatgewässer bezeichnet wird (siehe etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1993, Slg. NF Nr. 13.959/A).

Der einschränkenden Interpretation des Begriffes "Abflüsse" in der Bestimmung des § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959 durch die BH vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizutreten. Entgegen der von der beschwerdeführenden Partei geübten Kritik an der Begründung des Bescheides der BH kann einer der von der BH herangezogenen Lehrmeinungen allerdings eine Auffassung entnommen werden, welche den von der BH eingenommenen Standpunkt zu stützen scheint. Haager-Vanderhaag, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz, 108, zählt tatsächlich zu den Abflüssen im Sinne der gleich lautenden Vorschrift des § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1934 "zumeist nur das sich frei über das Gelände ergießende Gewässer (Wildwasser)", während die Abflüsse in eigenen Betten nach Ansicht des genannten Autors nicht unter diese Bestimmung fallen sollen. Gegen die Sichtweise dieses Autors, welche sich die BH erkennbar zu Eigen gemacht hat, spricht aber schon der Wortlaut des § 3 Abs. 3 der betroffenen Wasserrechtsgesetze, welche die Zugehörseigenschaft der im Abs. 1 lit. d und e genannten Privatgewässer jenen Grundstücken zuordnet, auf oder zwischen denen sie sich befinden, und dabei die Uferlänge eines jeden Grundstückes als maßgebend bezeichnet. Da die Vorschrift des § 3 Abs. 3 WRG 1959 nicht bloß Privatgewässer nach Abs. 1 lit. d dieses Paragraphen, sondern eben auch Privatgewässer nach Abs. 1 lit. e der Norm anspricht, lässt sich die in der genannten Vorschrift erklärte Maßgeblichkeit der Uferlänge mit der von Haager-Vanderhaag vertretenen Auffassung, die Abflüsse in eigenen Betten könnten unter diese Bestimmung nicht fallen, nicht in Einklang bringen; setzt doch ein Ufer allemal ein Bett voraus. Der von der BH ebenfalls zitierten Lehrmeinung Krzizeks, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz, 28 f, welcher sich eine solche Auffassung nicht entnehmen lässt, sondern welche deutlich gegen die Sichtweise des erstinstanzlichen Bescheides spricht, ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden der Vorzug zu geben. Dass die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. c WRG 1959 bei einer solchen Auslegung der Norm des § 3 Abs. 1 lit. e leg. cit. völlig inhaltsleer würde, trifft nicht zu, wie die beschwerdeführende Partei etwa mit ihrem Beispiel eines Abflusses aus einem als öffentliches Gewässer zu qualifizierenden See zutreffend bemerkt (vgl. auch die dem hg. Erkenntnis vom 21. November 1996, 96/07/0098, zu Grunde gelegene Sachverhaltskonstellation). Durchaus zutreffend hat die beschwerdeführende Partei im Verwaltungsverfahren auch auf Lehrmeinungen zum Gesetzeszweck der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. b WRG 1959 hingewiesen, nach welchen mit dieser Vorschrift vermieden werden sollte, dass durch § 3 Abs. 1 lit. e des Gesetzes der Kreis der öffentlichen Gewässer zu eng würde (Hartig, a.a.O., Anm. 4 zu § 2 WRG 1934, Grabmayr/Rossmann, a.a.O., Anm. 5 zu § 2 WRG 1959), was für eine weite Auslegung des Begriffes "Abflüsse" in § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959 spricht.

Entscheidend gegen die im angefochtenen Bescheid aufrecht erhaltene Interpretation der Bestimmung des § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959 spricht, dass die damit vorgenommene Reduzierung des Bedeutungsgehaltes des Wortes "Abflüsse" ein - ohne eine solche Reduzierung des Bedeutungsgehaltes dieses Wortes nicht bestehendes - Regelungsdefizit schafft, welches durch die Wasserrechtsbehörden im Wege einer Einführung von Kriterien zu kompensieren versucht wird, denen es an einer Anbindung ans Gesetz aber fehlt. Für das Vorliegen eines "Charakters eines eigenständigen Gewässers wie etwa eines Baches" als Kriterium für den Verlust der Eigenschaft eines Gewässers als "Abfluss" aus den im § 3 Abs. 1 lit. a bis d WRG 1959 genannten Gewässern bietet das Gesetz eine Deckung ebenso wenig wie für ein Kriterium der Speisung eines solchen Abflusses "hauptsächlich von anderen Wässern", wozu im Beschwerdefall sachverhaltsbezogen ohnehin noch kommt, dass ja auch die die W-Ache speisenden anderen Gewässer sich nahezu durchgehend aus einem im Eigentum der beschwerdeführenden Partei stehenden Einzugsgebiet bilden. Auch die von der BH im Spruche ihres Bescheides eingeschlagene Vorgangsweise, nur den unteren Abschnitt der W-Ache ab Einmündung des M-Baches bis zur Mündung der W-Ache in die B-Ache, ein öffentliches Gewässer nach § 2 Abs. 1 lit. a WRG 1959, als öffentliches Gewässer festzustellen, zeigt die Fragwürdigkeit des von der BH gewählten Interpretationsansatzes insoweit auf, als die Frage der Kriterien, nach welchen die hier interessierende Rechtsfrage für den weiter bachaufwärts gelegenen Abschnitt des Gewässers zu lösen sein sollte, völlig ungeklärt im Raum stehen bleiben musste. Jenseits aller methodischen Überlegungen zur Reduzierung des Bedeutungsgehaltes des Wortes "Abflüsse" in der Bestimmung des § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959 ist auch aus Gründen der Rechtssicherheit der von der beschwerdeführenden Partei unter zutreffender Berufung auf Krzizek, a.a.O., vorgenommenen Auslegung der genannten Gesetzesstelle entschieden der Vorzug zu geben. Dass der Anwendungsbereich der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. c WRG 1959 damit verschmälert wird, steht dieser Auslegung des § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959 nicht entgegen. Wichtigen öffentlichen Interessen an solchen Gewässern, welche nach der Bestimmung des § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959 in der vom Verwaltungsgerichtshof geteilten Auslegung dieser Norm durch die beschwerdeführende Partei als Privatgewässer anzusehen sind, bietet die Vorschrift des § 61 WRG 1959 ohnehin ein Eingriffsinstrument.

Der angefochtene Bescheid erwies sich somit als inhaltlich rechtswidrig und war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Das Begehren der beschwerdeführenden Partei auf Zuspruch von Aufwandersatz war zufolge ihrer Identität mit dem Rechtsträger der belangten Behörde abzuweisen (siehe das hg. Erkenntnis vom 9. März 1993, Slg. N.F. Nr. 13.790/A, den hg. Beschluss vom 21. Februar 2002, 2001/07/0026, und das der beschwerdeführenden Partei gegenüber ergangene hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1998, 96/15/0146).

Wien, am 25. April 2002

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Besondere Rechtsgebiete Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1998070019.X00

Im RIS seit

11.07.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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