TE Vwgh Erkenntnis 2002/4/25 2001/05/1101

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.04.2002
beobachten
merken

Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Umgebungslärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §42 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauO NÖ 1976 §62 Abs2;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Prof. Dr. Hanns Hermann Bühler, der Herlinde Chlada, der Hildegard Frostl, des Mattheus Karhof und des Wilhelm Spitzmüller, alle in Kaltenleutgeben, sowie der Irmgard Köpf in Ulm, alle vertreten durch Dr. Andreas Manak, Rechtsanwalt in Wien XXII, Donau-City-Straße 11, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 16. Oktober 1998, Zl. RU1-V-96101/01, 02, 04, 06 bis 09, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Wohnpark Doktorberg Immobilien Gesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. Erhard Hanslik, Rechtsanwalt in Wien IV, Brucknerstraße 2, 2. Marktgemeinde Kaltenleutgeben, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,41 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der erstmitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Im Juni des Jahres 1995 beantragte die erstmitbeteiligte Partei die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer Terrassenwohnhausanlage mit insgesamt 42 Wohneinheiten und einer Tiefgarage für 66 Stellplätze auf dem Grundstück Nr. 95/15, KG Kaltenleutgeben. Dieses Baugesuch wurde in der Folge zurückgezogen. Mit Schreiben vom 21. August 1996, eingelangt bei der Behörde am 22. August 1996, beantragte die erstmitbeteiligte Partei die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage mit nunmehr 35 Terrassenwohnungen und 66 PKW Garagenplätzen auf dem selben Grundstück. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der Liegenschaft 2391 Kaltenleutgeben, Siedlung Doktorberg. Beide Liegenschaften grenzen unmittelbar aneinander wobei die Liegenschaft der Beschwerdeführer in Hanglage oberhalb des zu bebauenden Grundstückes gelegen ist.

Vor und in der über das Baugesuch abgehaltenen mündlichen Verhandlung vom 18. Dezember 1996 erhoben die Beschwerdeführer Einwendungen gegen das Bauvorhaben. Sie führten aus, dass sie durch Rutschungen und Senkungen gefährdet seien sowie durch die von der Garage und der Heizung ausgehenden Emissionen in unzumutbarer Weise beeinträchtigt würden.

Mit Bescheid vom 4. März 1997 bewilligte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde das Bauvorhaben unter Auflagen, weiters wurde jener Grundstücksteil, der als Bauland-Wohngebiet gewidmet ist, zum Bauplatz erklärt. Die Einwendungen der Nachbarn wurden teilweise ab, teilweise auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführer blieb ebenso erfolglos wie ihre Vorstellung, die mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde.

Die Beschwerdeführer erhoben zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Erkenntnis vom 28. September 2001, B 2226/98-16, die Beschwerde als unbegründet abgewiesen hat. Die Beschwerdeführer seien durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden. Gleichzeitig hat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden sind.

In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und ebenso wie die erstmitbeteiligte Partei, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bei dem gegenständlichen Bauvorhaben handelt es sich um eine an den Hang angegliederte Terrassenwohnhausanlage bestehend aus einem Kellergeschoss und fünf Wohnebenen mit insgesamt 35 Wohneinheiten. Im Kellergeschoss soll eine Tiefgarage mit insgesamt 66 Stellplätzen errichtet werden, wobei die Zu- und Abfahrt zur Garage über die Winternitzgasse erfolgen soll. Die Tiefgarage soll mit einer mechanischen Lüftungsanlage sowie mit einer CO-Warnanlage ausgestattet werden, wobei die Entlüftung über einen Abluftventilator im nördlichen Bereich der Wohnhausanlage über Dach erfolgen soll. Im Kellergeschoss soll auch der zentrale Heizraum untergebracht werden, diverse Lüftungen sowie der Kamin sollen am Aufzugsschacht hochgezogen werden. Die Heizung und die Warmwasseraufbereitung der gesamten Anlage soll mit einer Niedertemperatur-Zentralheizungsanlage mit vollautomatischer Gasfeuerung erfolgen. In der Mitte der Wohnhausanlage soll sich ein rund 8 m breiter, zentraler Stiegen- und Aufzugsschacht rund 14 m bergwärts über die hintere Kellerwand erstrecken. Das Kellergeschoss soll im Westen und Osten rund 9 m tief und im Bereich des zentralen Stiegen- und Aufzugsschachtes rund 14 m tief in das Gelände einschneiden.

Da das gegenständliche Verfahren am Tage des Inkrafttretens der NÖ Bauordnung 1996, am 1. Jänner 1997, bereits anhängig war, war es gemäß § 77 Abs. 1 NÖ BO 1996 nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen. Auf das gegenständliche Bauvorhaben ist somit die NÖ Bauordnung 1976 anzuwenden.

Gemäß § 118 Abs. 9 NÖ Bauordnung 1976 werden subjektivöffentliche Rechte der Anrainer durch jene Vorschriften begründet, welche nicht nur den öffentlichen Interessen dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer. Hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über

1.

den Brandschutz;

2.

den Schutz vor anderen Gefahren, die sich auf die Anrainergrundstücke ausdehnen können;

              3.              die sanitären Rücksichten wegen ihres Einflusses auf die Umgebung;

              4.              die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe und die Abstände der Fluchtlinien zur Erzielung einer ausreichenden Belichtung.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Hinsicht beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als den Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektivöffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. u.a. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A). Die Beschwerdeführer haben rechtzeitig Einwendungen hinsichtlich der Rutsch- und Standsicherheit sowie hinsichtlich der von der Garage und der Heizung zu erwartenden Emissionen vorgebracht. Da ihnen in diesem Rahmen auch ein subjektiv-öffentliches Recht gemäß § 118 Abs. 9 Z. 2 NÖ BO 1976 zukommt, ist ihr Mitspracherecht in diesem Umfang gegeben, wovon auch die belangte Behörde zutreffend ausgegangen ist.

Dem vorliegenden Bescheid liegen mehrere Gutachten zu Grunde, die im erstinstanzlichen Verfahren erstattet wurden und während des Verfahrens auf Gemeindeebene und im Vorstellungsverfahren ergänzt wurden. Mit vier Bescheiden vom 27. November 1996 hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde D.I. Dr. Martin Gregori, D.I. Werner Retter, Prof. D.I. Gernot Püchl und D.I. Günther Hadler gemäß § 52 Abs. 2 AVG 1991 zu nichtamtlichen Sachverständigen für das gegenständliche Bauvorhaben bestellt.

Die Beschwerdeführer bringen vor, die Bestellung der Gutachter Püchl, Retter und Gregori zu nichtamtlichen Sachverständigen habe nicht den Vorschriften des § 52 AVG entsprochen, weil im vorliegenden Fall nicht die Behörde den Gutachtensauftrag erteilt habe, sondern die mitbeteiligte Partei, diese habe gemeinsam mit den Einreichunterlagen die erwähnten Gutachten vorgelegt (das geotechnische Gutachten des D.I. Püchl vom 22. November 1996, das statische Gutachten zur Überprüfung der Standsicherheiten vom November 1996 des D.I. Retter sowie das Gutachten über die zu erwartenden Emissionen von KFZ-Abgasen und aus der Heizungsanlage des D.I. Gregori vom 19. November 1996).

Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass gemäß § 52 Abs. 2 AVG in der Fassung BGBl. Nr. 471/1995, wenn Amtsachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten ist, die Behörde ausnahmsweise andere geeignete Personen als Sachverständige (nichtamtliche Sachverständige) heranziehen kann.

Die genannten Sachverständigen waren zunächst von der erstmitbeteiligten Partei mit der Erstellung von Gutachten beauftragt worden. Da sie bereits umfangreiche Untersuchungen vorgenommen hatten, war es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles gerechtfertigt, diese Personen als Sachverständige (nichtamtliche Sachverständige) im Sinne des § 52 Abs. 2 AVG heranzuziehen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die Baubehörde erster Instanz Aufträge an die genannten Sachverständigen erteilt; die Sachverständigen Püchl und Gregori haben in der Verhandlung vom 18. Dezember 1996 ihre Gutachten ergänzt und während des Vorstellungsverfahrens über Auftrag der belangten Behörde Ergänzungen der Gutachten erstellt, die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegt wurden. Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass sich die belangte Behörde auf Gutachten gestützt hätte, die der Bewilligungswerber beigebracht hat. Wenn die Behörde bloß eine Ergänzung beauftragt, die Nachbarn dann den ergänzten Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegentreten, besteht für die Behörde kein Anlass zur Beiziehung weiterer Sachverständiger.

Die Beschwerdeführer erblicken eine Widersprüchlichkeit in einem Gutachten des D.I. Püchl aus dem Jahre 1995 (das im Zusammenhang mit dem zurückgezogenen Bauvorhaben vorgelegt wurde) zu jenem aus 1996, weil im zuerst genannten Gutachten eine Baugrubensicherung mit einer geankerten Bohrpfahlwand empfohlen wurde, weil diese gegenüber einer Sicherung mit Spritzbeton und geankerten Balken die notwendige größere Sicherheit erbringe, wo hingegen im zuletzt genannten Gutachten empfohlen wurde, eine Umschließung entweder durch eine geankerte Bohrpfahlwand oder eine Sicherung mit Spritzbeton, Ankerbalken und Ankern vorzunehmen. Abgesehen davon, dass ein Bauvorhaben aus dem Jahre 1995 und das damit im Zusammenhang stehende Gutachten nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist, kann in diesen beiden Aussagen kein Widerspruch erkannt werden, da in beiden Fällen aufgezeigt wird, dass es mehrere Möglichkeiten zur Baugrubensicherung gibt. Da das Gutachten aus dem Jahre 1996 auf das in diesem Jahr eingereichte, nunmehr gegenständliche Bauvorhaben abgestellt war, hat die belangte Behörde zu Recht dieses Gutachten samt seinen Ergänzungen dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegt.

Das geotechnische Gutachten über die Fundierung des verfahrensgegenständlichen Bauvorhabens vom 22. November 1996 ist auf sieben Schürfe mit einer Tief von ca. 4 m und auf sieben Aufschlussbohrungen mit Tiefen von 15 m bis 18 m gestützt. Zusammengefasst kommt dieser Gutachter zu dem Schluss, dass das beantragte Projekt zunächst die Herstellung des schachtartigen Stiegen- und Aufzugsbauwerkes vorsieht; dieses werde nach seiner Fertigstellung sodann eine Stützwirkung im Hang ausüben, durch welche sodann die Gesamtsicherung des Hanges erhöht werde. Abschließend werde eine abschnittweise Herstellung des Garagenbauwerkes so erfolgen, dass die Stützwirkung jedes einzelnen fertig gestellten Garagenabschnitts wirksam werde, bevor andere Abschnitte in Angriff genommen würden.

D.I. Retter führte in seiner Stellungnahme vom 25. November 1997 zum Vorbringen der damaligen Vorstellungswerber (nunmehrigen Beschwerdeführer) aus, dass den festgestellten Wasserführungen durch Förderung eines kontrollier- und spülbaren Drainagesystems Rechnung getragen worden sei. Durch dieses System werde das Hangwasser geleitet, es bewirke dieses System keine Entwässerung des Untergrundes; dadurch erübrige sich sowohl für den Bau als auch für den Endzustand der Ansatz eines Wasserdrucks. Überdies vertrat er die Auffassung, dass die hangaufwärts bestehende Bebauung auf die Gesamtstandsicherheit des Hanges im Bereich des geplanten Bauvorhabens keinen Einfluss habe und eine detaillierte statische Bearbeitung (Bewehrungsberechnung und planliche Darstellung der Baugrubensicherung) des Bauvorhabens üblicherweise erst im Ausführungsprojekt durchgeführt werde. D.I. Retter kam zu dem Schluss, dass das beantragte Projekt nach seiner Fertigstellung eine Stabilisierung des Hanges und somit eine Verbesserung der derzeitigen Situation mit sich bringen werde.

Es kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie diese Gutachten, die auf einem eingehenden Befund beruhen, als schlüssig erkannte und demzufolge davon ausging, dass das beantrage Projekt sowohl während der Bauführung als auch nach seiner Fertigstellung eine Stabilisierung des Hanges und somit eine Verbesserung der derzeitigen Situation aber keine Gefährdung der Liegenschaft bzw. Baulichkeiten der Beschwerdeführer mit sich bringen werde. Aus der Empfehlung zusätzlicher Sicherungsmaßnahmen während der Bauausführung kann nicht abgeleitet werden, dass die standsichere Errichtung zum Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung nicht gegeben wäre.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann weder dem eingereichten Projekt noch den vorgeschriebenen Auflagen entnommen werden, dass durch die Hangsicherung Grundstückteile der Beschwerdeführer in Anspruch genommen würden.

Die Errichtung von Wohngebäuden ist im Bauland-Wohngebiet gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1 ROG 1976 grundsätzlich zulässig. Hinsichtlich der Wohngebäude enthält § 16 Abs. 1 Z. 1 ROG keinen Immissionsschutz. Der Immissionsschutz der Nachbarn konnte damit ausschließlich auf § 62 Abs. 2 NÖ BO 1976 gestützt werden. Diese Bestimmung verpflichtete die Baubehörde, dann, wenn die in einer geplanten Baulichkeit nach deren Zweckbestimmung zu erwartenden Vorgänge das ortsübliche Maß übersteigende Belästigungen der Nachbarschaft erwarten lassen, durch Auflagen dafür Sorge zu tragen, dass durch eine entsprechende bautechnische Ausgestaltung der Baulichkeit ein erhöhter Schutz vor den zu erwartenden Belästigungen dieser Art sichergestellt ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, so auch in seinem Erkenntnis vom 24. Februar 1998, Zl. 97/05/0286, gewährt der in § 62 Abs. 2 leg. cit. normierte allgemeine Schutz des Nachbarn vor Belästigungen durch Immissionen keinen absoluten, zu einer Versagung des Bauvorhabens führenden Immissionsschutz des Nachbarn. Im selben Erkenntnis wurde auch ausgesprochen, dass sich die Bestimmung des § 62 Abs. 2 leg. cit. ausschließlich auf das zu errichtende Bauwerk (und dessen Betrieb) ausrichtet, und nur im Hinblick auf dieses Bauwerk erforderliche Auflagen vorzuschreiben sind, aber keine Rechtsgrundlage dafür bietet, dass die bereits in der Umgebung bestehenden "Altlasten" mit zu berücksichtigen seien. Das Beschwerdevorbringen, der angefochtene Bescheid sei deshalb rechtswidrig, weil in den Gutachten die bestehende Grundbelastung bzw. "Hintergrundkonzentration" durch Schadstoffe nicht berücksichtigt worden sei, geht somit an der hier anzuwendenden Rechtslage vorbei. Bestehende Grundbelastungen erhöhen jedoch die Grenze der Ortsüblichkeit und sind damit nur insofern zu berücksichtigen. Mit dem Beschwerdevorbringen, an anderen Messpunkten hätte sich eine höhere Grundbelastung bzw. "Hintergrundkonzentration" ergeben, ist damit für die Beschwerdeführer nichts gewonnen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat auch wiederholt ausgesprochen, dass die Immissionen, die sich im Rahmen des in einer Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halten, von den Nachbarn hingenommen werden müssen. Hiezu gehören insbesondere die Immissionen, die im Bauland-Wohngebiet mit dem Wohnen üblicherweise verbunden sind, also auch jene, die von einer Wohnhausbeheizung ausgehen, da es in den klimatischen Verhältnissen Österreichs üblich ist, dass Wohnhäuser beheizt werden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 23. November 1989, Zl. 89/06/0109). Abgesehen davon liegt dem Beschwerdefall entgegen dem Beschwerdevorbringen ein Gutachten des D.I. Gregori zu Grunde, das nicht nur die Emissionen aus der Garage sondern auch jene aus der Heizungsanlage beurteilt und zu dem Schluss gelangt, dass weder durch die Heizungsanlage bzw. Notheizung noch durch die Immissionen aus der Garage Gefahren oder Belästigungen zu erwarten sind, die das örtlich zumutbare Maß übersteigen.

Die belangte Behörde hat die Erteilung der Baubewilligung im aufsichtsbehördlichen Verfahren mit der Begründung bestätigt, dass die zu erwartenden Immissionen vom KFZ Verkehr sowie aus der Heizungsanlage und die Immissionen aus der Tiefgarage und der Notheizung sowie der Garagenentlüftungsanlagen und durch das Garagentor so beschaffen sind, dass von einem Überschreiten des örtlich zumutbaren Maßes keine Rede sein könne. Sie stützte sich dabei auf das Gutachten des D.I. Dr. Gregori vom 19. November 1996 sowie der Ergänzung vom 25. März 1998 sowie das Gutachten des D.I. Dr. Kalliwoda vom Februar 1998. Beide Gutachter sind auf Grund der vorgenommenen Messungen und Berechnungen zu dem Ergebnis gekommen, dass einerseits der äquivalente Dauerschallpegel an der Grundstückgrenze der Beschwerdeführer unter den Werten der in der Verordnung der NÖ Landesregierung über die Bestimmung der äquivalenten Dauerschallpegel bei Baulandwidmungen, LGBl. 8000/4- 0, liegt, andererseits die Ergebnisse der Emissionsbelastung unter Berücksichtigung ungünstiger Ausbreitungsbedingungen mit gleichzeitig maximalen Emissionen jeweils unter den Grenzwerten liegen. Hinsichtlich dieser zu erwartenden Emissionen des gegenständlichen Bauvorhabens hat die Aufsichtsbehörde schließlich ein medizinisches Gutachten eingeholt, dieses enthält entgegen dem Beschwerdevorbringen die Beurteilung sämtlicher prognostizierter Emissionen. In seinem Gutachten kam der medizinische Sachverständige schließlich zu dem Schluss, dass die zu erwartenden Immissionen äußerst gering seien, sodass sie zu keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen bzw. Belästigungen der Anrainer führen. Aus diesem Gutachten konnte die belangte Behörde zu Recht den Schluss ziehen, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass im Sinne des § 62 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1976 Auflagen zu erteilen wären, weil Belästigungen der Nachbarn zu erwarten seien, die das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigen, zumal im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Marktgemeinde bereits mehrere terrassierte Reihenhaussiedlungen bestehen (zB liegt gerade auf dem Doktorberg eine Siedlung mit 126 Wohneinheiten und 216 Stellplätzen).

Ein Verfahrensmangel kann darin, dass die belangte Behörde die Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens beauftragt hat, nicht erkannt werden: Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, kann die Aufsichtsbehörde, wenn sie der Ansicht ist, der entscheidungserhebliche Sachverhalt sei von der Berufungsbehörde mangelhaft oder nicht vollständig ermittelt worden, durch eigene Ermittlungen die Voraussetzungen für die endgültige Lösung der Frage, ob eine Rechtsverletzung der Vorstellungswerber eingetreten ist, schaffen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1998, Zl. 98/05/0034). Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde dies durch Einholung eines medizinischen Gutachtens getan; sie konnte auf Grund dieses Gutachtens nunmehr abschließend beurteilen, dass die von der Gemeindebehörde gezogene Schlussfolgerung, das vorliegende Bauvorhaben bedürfe keiner weiteren Auflagen im Sinne des § 62 Abs. 2 NÖ BO 1976, zutraf.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Das Mehrbegehren der Erstmitbeteiligten war abzuweisen, weil der Ersatz des pauschalierten Schriftsatzaufwandes nur einmal zuerkannt werden kann und in diesem pauschalierten Schriftsatzaufwandersatz die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.

Wien, am 25. April 2002

Schlagworte

Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6Auflagen BauRallg7Umfang der Abänderungsbefugnis Allgemein bei Einschränkung der Berufungsgründe beschränkte ParteistellungBaurecht Nachbar

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001051101.X00

Im RIS seit

24.06.2002

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten