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41/02 Melderecht;Norm
MeldeG 1991 §1 Abs7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Dezember 2001, Zl. 633681/5- III/11/01-drr, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Bürgermeister der Stadtgemeinde Poysdorf in Poysdorf, 2. Gerda Hannelore Glöckler in Wien VII, Neustiftgasse 64/33, bzw. in 2170 Kleinhadersdorf, Matschakerhofgasse 2), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die im März 1936 geborene, verheiratete Zweitmitbeteiligte ist seit 27. April 2001 in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters, Poysdorf (kurz: P), mit Hauptwohnsitz gemeldet. Sie ist seit 18. Mai 2001 mit weiterem Wohnsitz in Wien gemeldet. Sie war an dieser Anschrift in Wien mit Hauptwohnsitz vom 7. Mai 1985 bis 27. April 2001, und an einer anderen Anschrift in Wien mit Hauptwohnsitz vom 10. Oktober 1973 bis 7. Mai 1985 gemeldet.
In ihrer Wohnsitzerklärung vom 21. Juni 2001 gab die Zweitmitbeteiligte an, sie halte sich rund 200 Tage im Jahr in P auf, wo sie mit ihrer Schwiegermutter wohne, die dort mit Hauptwohnsitz gemeldet sei. An dieser Anschrift in P sei auch ihr Ehemann mit Nebenwohnsitz gemeldet. Sie halte sich rund 165 Tage im Jahr in Wien auf, wo sie mit ihrem Ehemann und ihrer 1976 geborenen Tochter wohne (die beide in Wien mit Hauptwohnsitz gemeldet seien). Sie sei Pensionistin. Die Frage nach "Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften" wird für beide Wohnsitze verneint.
In einer Stellungnahme an die belangte Behörde vom 9. November 2001 brachte die Zweitmitbeteiligte vor, sie sei in Mistelbach geboren und habe dort ihre Kindheit und Jugend verbracht. Weiters habe sie lange Zeit in Laa an der Thaya gearbeitet. Viele ihrer Verwandten und Freunde lebten hier (gemeint nach dem Zusammenhang wohl: in P oder in der Umgebung von P) und sie sei mit ihnen im engen Kontakt. Infolge ihrer Heirat und berufsbedingt habe sie ihren Hauptwohnsitz nach Wien verlegt, habe aber die meiste Freizeit mit ihrer Familie im Haus ihrer Schwiegermutter in P verbracht. Das Objekt sei mit hohen finanziellen Mitteln und großem persönlichen Einsatz so ausgebaut worden, dass zwei Wohneinheiten geschaffen worden seien. Weiters hätten sie einen Weinkeller gekauft, der mit großem Aufwand restauriert worden sei. Die Beziehungen zu den meisten Dorfbewohnern hätten sich in den letzten Jahren immer mehr vertieft und sie nähmen immer öfter an den vielen kulturellen Angeboten und an den Festen im Dorf teil. Sie sei seit März 2001 in Pension und daher an keine beruflichen Zeiten mehr gebunden. Sie wolle nun den Großteil des Jahres am Wohnsitz in P verbringen, wo sie bereits Mitglied des Tennisklubs sei. Weiters beabsichtige sie, in der nächsten Zeit in der Pfarre und bei verschiedenen Gemeinschaften, die bereits an sie herangetreten seien, mitzuarbeiten. Ein Hauptgrund für die Verlagerung ihres Lebensbereiches an den Wohnsitz in P sei es aber, ihrer 84- jährigen Schwiegermutter zu ermöglichen, in ihrem Haus wohnen zu können, weil sie in ihrem Alter nicht mehr längere Zeit allein bleiben könne. Sobald ihr Ehemann pensioniert werde, hätten sie vor, ihren Wohnsitz gemeinsam hauptsächlich an den Wohnsitz in P zu verlegen. Die Verlegung ihres Hauptwohnsitzes sei somit durch ihre Pensionierung ermöglicht worden und sei nur zufällig zeitlich mit der Volkszählung zusammengefallen.
Der erstmitbeteiligte Bürgermeister trat in einer Stellungnahme diesen Ausführungen bei.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag des beschwerdeführenden Bürgermeisters auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes der Zweitmitbeteiligten in P abgewiesen. Ausgehend von ihrem Vorbringen gelangte die belangte Behörde erkennbar zum Ergebnis, dass die Zweitmitbeteiligte mehrere Mittelpunkte von Lebensbeziehungen habe, wobei das subjektive Kriterium "überwiegendes Naheverhältnis", welches nur in der persönlichen Einstellung des Betroffenen zum Ausdruck komme, im Beschwerdefall den Ausschlag gegeben habe.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt;
angesprochen wird der Vorlageaufwand.
Der erstmitbeteiligte Bürgermeister hat in einer Gegenschrift
die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom
13. November 2001, Zl. 2001/05/0941, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, eingehend zur Frage des Hauptwohnsitzes von Eheleuten Stellung genommen.
Der Beschwerdefall ist dadurch gekennzeichnet, dass (anders als die im genannten Erkenntnis dargelegten Fallkonstellationen) hier nur ein Ehegatte in Pension ist, nämlich die Zweitmitbeteiligte, ihr Ehemann hingegen (offenbar in Wien) berufstätig ist, andererseits aber die Zweitmitbeteiligte in P ihre betagte Schwiegermutter pflegt, wodurch sich insgesamt eine solche Verdichtung der Lebensbeziehungen zu P ergeben hat, dass dem Wohnsitz in P (nicht nur der Charakter eines Freizeitwohnsitzes, sondern vielmehr) - wie auch im Fall des zuvor genannten Erkenntnisses - die Qualität eines weiteren "Mittelpunktes von Lebensbeziehungen" zukommt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001 Wien, am 25. April 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002050061.X00Im RIS seit
04.06.2002