TE Vwgh Erkenntnis 2002/4/25 2002/05/0050

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Veröffentlicht am 25.04.2002
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Index

41/02 Melderecht;

Norm

MeldeG 1991 §17 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. November 2001, Zl. 605.033/6-II/13/01, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Bürgermeister der Stadtgemeinde Braunau am Inn, 2. Marion Le Merrer in Wien VII, Neubaugasse 80/1 bzw. in Braunau am Inn, Stadtplatz 50/1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die am 15. Mai 1974 geborene, ledige Zweitmitbeteiligte ist in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters, Braunau am Inn (kurz: B), (jedenfalls) seit 23. Feber 1994 mit Hauptwohnsitz gemeldet. Sie war in Wien mit Hauptwohnsitz vom 7. Oktober 1993 bis zum 23. Feber 1994 gemeldet, sie ist nun mit weiterem Wohnsitz in Wien seit 2. Dezember 1999 gemeldet. Sie studiert in Wien und tritt den Weg zur Studieneinrichtung überwiegend vom Wiener Wohnsitz aus an.

In einer Stellungnahme an die belangte Behörde vom 6. Feber 2001 brachte der mitbeteiligte Bürgermeister vor, die Zweitmitbeteiligte halte sich nur zu Studienzwecken in Wien auf und verbringe ihre Freizeit sowie die Ferien in B (und zwar gemäß einem (nicht aktenkundigen) Erhebungsbogen 210 Tage in B zu 155 Tagen in Wien). Sie habe erklärt, dass sie auch in B den Mittelpunkt ihrer Lebensziehungen habe, weil ihre Familie, ihr Freundeskreis und auch ihre gesellschaftlichen und kulturellen Interessen eindeutig auf B ausgerichtet seien. Besonders wichtig erscheine, dass sie am politischen Geschehen in B mitwirken wolle.

In ihrer Wohnsitzerklärung vom 19. Mai 2001 gab die Zweitmitbeteiligte an, sie halte sich in B rund 165 Tage im Jahr auf, wo sie mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater wohne (die dort mit Hauptwohnsitz gemeldet seien). In Wien halte sie sich rund 200 Tage im Jahr auf. Die Frage nach Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften wird für beide Wohnsitze verneint.

In einer weiteren Stellungnahme vom 16. Oktober 2001 verwies der mitbeteiligte Bürgermeister auf seine frühere Stellungnahme vom 6. Feber und brachte ergänzend vor, die Zweitmitbeteiligte habe mitgeteilt, dass sich die in der Wohnsitzerklärung bekannt gegebene Aufenthaltsdauer auf einen nur kurzen Zeitraum (Diplomarbeit) beschränke und ihre eigentliche Aufenthaltsdauer eher den Angaben im (nicht aktenkundigen) Erhebungsblatt zur Feststellung des Hauptwohnsitzes entspräche (offenbar: 210/155). Da sie voraussichtlich im November 2001 ihr Studium in Wien beenden werde, werde sie auch den weiteren Wohnsitz in Wien aufgeben.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Reklamationsantrag des Beschwerdeführers abgewiesen. Zusammengefasst kam sie zum Ergebnis, dass die Zweitmitbeteiligte "zwei Mittelpunkte der Lebensbeziehungen" habe, womit ihre Wahl zu Gunsten B den Ausschlag gegeben habe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt;

angesprochen wird der Vorlageaufwand.

     Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1

Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

     Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides

hatte die Zweitmitbeteiligte bereits das 26. Lebensjahr vollendet, sodass im Sinn des hg. Erkenntnisses vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0935, auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, davon auszugehen ist, dass die Zweitmitbeteiligte zum Studienort so intensive Lebensbeziehungen geknüpft hat, dass der Mittelpunktcharakter des Studienortes nicht zu leugnen ist, wo hingegen der Mittelpunktcharakter des Heimatortes nicht mehr bejaht werden kann, zumal nicht hervorgekommen ist, dass eine neue familiäre Bindung (Ehe oder Lebensgemeinschaft) am früheren Heimatort besteht. Insbesondere hat sich im Verfahren nicht ergeben, dass die Zweitmitbeteiligte ihr Studium in Wien bereits beendet hätte (das wäre aber im fortgesetzten Verfahren zu prüfen).

Da die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass der Mittelpunktcharakter des Heimatortes noch bejaht werden könne und der Zweitmitbeteiligten somit ein Wahlrecht nach § 1 Abs. 7 MeldeG zukomme, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am 25. April 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002050050.X00

Im RIS seit

11.07.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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