TE Vwgh Erkenntnis 2002/4/25 2000/07/0267

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Veröffentlicht am 25.04.2002
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Index

L61303 Kulturpflanzenschutz Pflanzenschutz Mindestpflanzabstände
Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
KulturflächenschutzG NÖ 1994 §2 Abs1 lita;
KulturflächenschutzG NÖ 1994 §2 Abs3;
KulturflächenschutzG NÖ 1994 §2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck und Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des KH in D, vertreten durch Dr. Klaus P. Hofmann, Rechtsanwalt in 3390 Melk, Abt Karl-Straße 10, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 30. Oktober 2000, Zl. LF1-Fo-171/7, betreffend Aufforstung landwirtschaftlicher Kulturflächen (mitbeteiligte Parteien: 1.) KH und 2.) MH, beide in D, beide vertreten durch Dr. Gerhard Rößler, Rechtsanwalt KEG in 3910 Zwettl, Hamerlingstraße 1), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages der Berichterin, nach Verlesung der Beschwerde sowie nach Anhörung der Ausführungen der Vertreterin der belangten Behörde, Mag. Barbara Hölzl und des Vertreters der mitbeteiligten Parteien, Rechtsanwalt Dr. Werner Schwarzmann zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 740,20 und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.139,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Hinsichtlich der Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 22. April 1999, Zl. 98/07/0078, verwiesen. Mit dem damals angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. Jänner 1998 war (im Instanzenzug) ein Antrag der mitbeteiligten Parteien vom 26. September 1996 zur Kulturumwandlung ihrer Grundstücke Nr. 912/1 und 912/3 KG D, gestützt auf das Niederösterreichische Kulturflächenschutzgesetz 1994 (NÖ KulturflächenschutzG 1994) bewilligt und ausgesprochen werden, dass "entlang der Grenze" zum Grundstück des Beschwerdeführers (Grundstück Nr. 951) ein holzvegetationsfreier Streifen von 3 m einzuhalten sei. Der Verwaltungsgerichtshof behob diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Es fehlten Feststellungen darüber, welche Bäume auf dem aufzuforstenden Grundstück angepflanzt werden sollten, welche Höhe mit welchem Schattenwurf diese erreichen würden und wieweit die zu erwartende Durchwurzelung gehen würde. Erst dann könne abschließend eine Aussage über die zu erwartenden Einwirkungen der Holzvegetation auf die betroffenen Grundstücke getroffen und der Abstand zur Grenze im Sinne des § 2 Abs. 4 NÖ KulturflächenschutzG 1994 festgesetzt werden. Ein weiterer Aufhebungsgrund lag im Fehlen einer Feststellung über den strittigen Verlauf der Grenze zwischen den betroffenen landwirtschaftlichen Kulturflächen des Beschwerdeführers und den Mitbeteiligten; erst dann könne der Abstand im Sinne des § 2 Abs. 4 NÖ KulturflächenschutzG 1994 abschließend festgesetzt werden.

Zwischenzeitig hatte das Bezirksgericht Y mit Urteil vom 8. Juni 1999 den Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers im Rahmen eines Unterlassungsstreites verpflichtet, alle nördlich des Weges Nr. 1742 auf dem Grundstück Nr. 912/3 der Liegenschaft EZ 256 (der Mitbeteiligten) abgelegten Steine und versetzten Steine sowie eingeschlagene Pflöcke bei sonstiger Exekution zu entfernen, sowie in Hinkunft jegliche Benützung und Bewirtschaftung nördlich der Wegparzelle Nr. 1742 auf dem Grundstück Nr. 912/3 der Liegenschaft EZ 256 bei sonstiger Exekution zu unterlassen. Aus den rechtlichen Erwägungen dieses Urteils geht hervor, dass das Grundstück Nr. 912/3 (im Eigentum der mitbeteiligten Parteien) direkt an den öffentlichen Weg Grundstück Nr. 1742 grenze und die in einem Teil dieses Grundstückes vom Beschwerdeführer aufgestellten Felsblöcke, Grenzsteine und Eisenstangen rechtswidrige Eingriffe in den Besitz und in das Eigentum der Kläger darstellten. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, auch ein zwischen dem öffentlichen Weg Nr. 1742 und dem Grundstück Nr. 912/3 liegender schmaler Grundstücksstreifen stehe in seinem Eigentum, wurde nicht gefolgt.

Mit Urteil des Landesgerichtes S vom 14. Dezember 1999 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben.

Die belangte Behörde führte in weiterer Folge das Berufungsverfahren fort. Aus einer Stellungnahme der mitbeteiligten Parteien vom 26. Mai 2000 geht hervor, dass die Aufforstung des verfahrensgegenständlichen Grundstücksteiles auf dem Grundstück Nr. 912/3 mit Ahornbäumen vorgenommen worden sei. Ein Abstand zum nördlichen Wegrand von etwas mehr als drei Metern sei eingehalten worden. Der Abstand der einzelnen aufgeforsteten Bäume untereinander betrage zwischen 1,5 m und 2 m. Bezüglich der angeblichen Beeinträchtigung des Grundstückes Nr. 951 im Eigentum des Beschwerdeführers sei darauf zu verweisen, dass dieser auch Eigentümer des Grundstückes Nr. 914/1 sei, welches westlich der Parzelle 951 liege. Hier gehe der Baumbestand bis unmittelbar an den Weg und es sei nicht einmal ein Abstand von 3 m eingehalten, woraus zu ersehen sei, dass der Beschwerdeführer selbst einen Pflanzabstand in Wegbreite von 4 m für ausreichend halte, während die Mitbeteiligten in Bezug auf die Grenze einen Abstand von mehr als 7 m eingehalten hätten.

Die belangte Behörde holte ein Gutachten ihres landwirtschaftlichen Amtssachverständigen vom 27. Juli 2000 ein, der feststellte, die Aufforstungswerber hätten angegeben, dass auf ihrem Grundstück Ahornbäume ausgepflanzt worden seien. Bergahorn erreiche eine Höhe von 25 bis 30 m, eine Wurzelausbreitung von 5 m, in seltenen Fällen von 9 m. Alle anderen Ahornarten erreichten nicht diese Höhe und ihre Wurzeln hätten keine derartige Ausbreitung. Das Grundstück Nr. 912/3 grenze im Süden überwiegend an einen Wald (Grundstück Nr. 914/1 und 914/2) an. Auf einer Länge von knapp 20 m habe die Aufforstungsfläche im Süden auch eine gemeinsame Grenze mit dem Weggrundstück Nr. 1742. Im Bereich des Weges sei das Grundstück Nr. 912/3 annähernd eben, erst nach rund 10 m (im Osten auch noch mehr) steige es gegen Nordwesten an. Dort wo das Grundstück Nr. 912/3 an den 4 m breiten asphaltierten Weg 1742 angrenze, befinde sich auf der gegenüber liegenden Wegseite im Süden das Grundstück Nr. 951. Bei diesem Grundstück handle es sich in der Natur um eine Wiese, welche vom Weg gesehen zunächst sehr leicht und daraufhin mäßig nach Südosten geneigt sei. In Richtung Westen werde die Wiese des Beschwerdeführers ebenfalls vom Weggrundstück Nr. 1742 begrenzt. Daran anschließend sei das Waldgrundstück 914/1, welches steil nach Westen ansteige, angeordnet.

Hinsichtlich der Beschattung sei die Lage der landwirtschaftlichen Nutzfläche zur Aufforstungsfläche entscheidend. Die größten Nachteile seien zu erwarten, wenn die landwirtschaftliche Fläche im Norden an die Aufforstungsfläche angrenze, da in diesem Fall die Beschattung am stärksten sei. Die nachteiligen Auswirkungen würden umso geringer, je mehr die landwirtschaftliche Fläche im Süden der aufzuforstenden Fläche liege. Im konkreten Fall befinde sich das landwirtschaftlich genutzte Grundstück Nr. 951 südlich der Aufforstungsfläche und sei von dieser durch einen 4 m breiten Weg getrennt. Der Bereich, in dem die Aufforstungsfläche und das Grundstück Nr. 951 benachbart seien, betrage knapp 20 m. Infolge der örtlichen Lage und Himmelsrichtung könne eine Beschattung des Grundstückes des Beschwerdeführers durch die gegenständliche Aufforstung während des gesamten Tagesverlaufes und unabhängig von der aufzuforstenden Baumart und deren voraussichtlichen Wuchshöhe ausgeschlossen werden.

In diesem Zusammenhang könne außerdem angemerkt werden, dass die Kulturumwandlungsfläche eine natürliche Geländemulde darstelle und sich sowohl im Westen als auch über weite Strecken im Süden der Aufforstungsfläche auf steil ansteigendem Gelände ein Wald befinde. Am späteren Nachmittag führten daher eher die Geländeverhältnisse bzw. der bestehende Wald zu einer Beschattung des Grundstückes Nr. 951 als dass eine Beschattung durch die vorliegende Aufforstung zum Tragen kommen könnte. Ahornbäume erreichten eine Wurzelausbreitung von 5 m, in seltenen Fällen von 9 m. Einer im Laufe des Verfahrens eingeholten Stellungnahme der Bezirksforstinspektion Melk sei zu entnehmen, dass eine Durchwurzelung durch den die beiden benachbarten Grundstücke trennenden Straßenkörper nicht möglich sei. Es ergebe sich daher, dass die gegenständliche Aufforstung für das benachbarte Grundstück Nr. 951 auf Grund der örtlichen Gegebenheiten (Lage bzw. Geländeverhältnisse sowie den dazwischen liegenden 4 m breiten asphaltierten Weg Nr. 1742) weder durch Beschattung noch durch Durchwurzelung Bewirtschaftungsnachteile erwarten lasse.

Dieses Gutachten wurde (irrtümlich) vorerst den Rechtsvorgängern des Beschwerdeführers zugestellt, welche am 12. September 2000 eine Stellungnahme abgaben.

Schließlich wurde das Gutachten am 13. Oktober 2000 dem Beschwerdeführer übermittelt und ihm die Gelegenheit gegeben, dazu binnen zwei Wochen nach Zustellung Stellung zu nehmen. Das Schreiben der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer am 20. Oktober 2000 zugestellt.

Mit einem am 3. November 2000 bei der belangten Behörde eingelangten Schriftsatz nahm der Beschwerdeführer zu dem Gutachten Stellung und führte aus, ein rechtsgültiger Grenzverlauf werde noch immer nicht anerkannt. Es sei eine Oppositionsklage beim Bezirksgericht Y eingebracht worden. Zum Gutachten selbst führte er aus, Ahornbäume erreichten laut Fachliteratur eine Kronenweite bis zu 24 m und es sei ein Gesetz der Natur, dass sich Krone und Wurzeln in gleichem Maße ausbreiteten. Also könne von einer Durchwurzelung von 12 m in eine Richtung ausgegangen werden. Der Pflanzabstand von 7 m schütze die von ihm bewirtschaftete Wiese jedenfalls nicht ausreichend vor Durchwurzelung. Auch die Feststellung der Bezirksforstinspektion M sei unhaltbar, weil nachweisbar sogar Fichtenbäume asphaltierte Wege dieser Bauart durchwachsen würden.

Die belangte Behörde hatte noch vor Einlangen dieser Stellungnahme den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30. Oktober 2000 erlassen. Damit wurde die Berufung der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft M vom 22. April 1997 als unbegründet abgewiesen. Nach Darstellung des Verfahrensablaufes und der im Verfahren eingeholten Gutachten stellte die belangte Behörde fest, der Erstberufungswerber habe seinen Betrieb an seinen Sohn übergeben. Eigentümer des Grundstückes Nr. 951 sei nunmehr der Beschwerdeführer, zu den ihm übermittelten Unterlagen habe dieser keine Stellungnahme abgegeben.

Aus rechtlicher Hinsicht sei festzuhalten, dass die zu Beginn des Verfahrens noch offene Frage des strittigen Grenzverlaufes mittlerweile gerichtlich dahingehend geklärt worden sei, dass das Grundstück der Mitbeteiligten direkt an den öffentlichen Weg Nr. 1742 und nicht an das Grundstück Nr. 951 angrenze. Der Einwand der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers, ihnen sei im naturschutzbehördlichen Verfahren die Parteistellung nachträglich aberkannt worden, sei im gegenständlichen Verfahren ohne Bedeutung. Parteirechte seien im gegenständlichen Verfahren in vollem Umfang gewährt worden. Hinsichtlich möglicher Bewirtschaftungsnachteile infolge zu erwartender Durchwurzelung und Beschattung hätten die Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers keine konkreten Einwendungen vorgebracht. Sowohl in der Berufung als auch in den Stellungnahmen hätten sie zwar ausführlich auf zivilrechtliche Streitigkeiten mit den Aufforstungswerbern hingewiesen, hätten jedoch keine konkreten Angaben hinsichtlich zu erwartender Durchwurzelung oder Beschattung abgegeben, die geeignet wären, den Feststellungen des Amtssachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene zu entgegnen. Die Berufungsbehörde folge daher den objektiven, schlüssigen und widerspruchsfreien Feststellungen des Amtssachverständigen, wonach Bewirtschaftungsnachteile weder durch Beschattung noch durch Durchwurzelung zu erwarten seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Als Mangelhaftigkeit des Verfahrens macht der Beschwerdeführer geltend, der angefochtene Bescheid greife in den Naturschutz ein, weshalb ein naturschutzbehördliches Verfahren eingeleitet worden sei und auch Entscheidungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid bilde. In das naturschutzbehördliche Gutachten vom 8. April 1997 sei dem Beschwerdeführer nicht Einsicht gewährt und ihm auch keine Möglichkeit gegeben worden, bei der Befundaufnahme teilzunehmen. Die belangte Behörde sei in der Begründung des angefochtenen Bescheides in keiner Weise auf das naturschutzbehördliche Verfahren eingegangen. Gerade im Umkreis der aufzuforstenden Liegenschaften entstehe in den letzten Jahren eine starke Verwaldung. Ehemalige Ackergebiete würden aufgeforstet, wodurch in den Wasserhaushalt des Bodens nachhaltig eingegriffen werde. Gemäß § 2 Abs. 3 NÖ KulturflächenschutzG widerspreche diese Kulturumwandlung den öffentlichen Interessen an der Erhaltung einer gesunden und leistungsfähigen Landwirtschaft.

Als weiteren Verfahrensmangel bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde folge ebenso wie die erstinstanzliche Behörde lediglich den Ausführungen des landwirtschaftlichen Sachverständigen. Die belangte Behörde habe sich aber nicht mit den Ausführungen des Sachverständigen im Naturschutzverfahren befasst.

Weiters sei zu rügen, dass die belangte Behörde keine Feststellungen dahin getroffen habe, welchen Wuchs die gesetzten Laubbäume hätten und welche Reichweite der Krone bzw. der Wurzeln zu erwarten sei. Die Wurzeln der Ahornbäume erreichten eine Länge von mehr als 10 m und hätten die Angewohnheit, nicht tief in den Boden zu wachsen, sondern Richtung Humusschicht zu streben. Aus dem Schotterbereich unter der Humusschicht könnten die Bäume keine Nährstoffe, sondern nur Wasser ziehen. Die Baumwurzeln befänden sich daher nur rund 10 cm unter der Erdoberfläche. Durch die breitflächige Bewurzelung des Grundstückes des Beschwerdeführers würden der Wiese Nährstoffe entzogen, wodurch es zu "krassen" Ernteausfällen kommen werde. Darüber hinaus führten herausragende Wurzeln zu Beschädigungen des verwendeten Mähwerkes.

Gleichzeitig wäre festzustellen gewesen, in welcher Breite ein Ahornbaum seine Krone entwickle. "Erfahrungsgemäß" hätten Ahornbaumkronen einen Durchmesser von bis zu 24 m. Die Bäume würden direkt mit dem Stamm entlang des Zaunes gesetzt, die Baumkrone reiche daher bei weitem über den öffentlichen Weg auf das Grundstück des Beschwerdeführers hinüber. Gerade Laubbäume verursachten durch das herabfallende Laub im Herbst einen erheblichen Schaden, in dem das dadurch abgedeckte Gras absterbe. Es sei zwar richtig, dass die Liegenschaft des Beschwerdeführers südwestlich der aufzuforstenden Grundstücke liege. Die Parzelle 912/3 stelle aber einen steilen Hang dar, sodass die nach einigen Jahren auf diesem Hang stehenden 20 bis 30 m hohen Bäume sehr wohl eine Beeinträchtigung der Sonneneinstrahlung vom Westen her darstellten. Solche Feststellungen habe der Sachverständige aber nicht getroffen, weshalb das Ermittlungsverfahren mangelhaft geblieben sei.

Darüber hinaus sei das Gutachten des landwirtschaftlichen Sachverständigen hinsichtlich der Beschattungsverhältnisse des Grundstückes Nr. 951 widersprüchlich. Wie es möglich sei, dass zum einen bereits gepflanzte Bäume bzw. die natürliche Beschaffenheit des Geländeverlaufes eine Beschattung des Grundstückes Nr. 951 bewirke, hingegen die Beschattung des Grundstückes durch die neu anzupflanzenden Bäume völlig ausgeschlossen sei, sei ein Widerspruch in sich und werde auch nicht näher erklärt. Auch in dieser Hinsicht sei das durchgeführte Ermittlungsverfahren mangelhaft.

Als inhaltliche Rechtswidrigkeit bringt der Beschwerdeführer vor, nördlich des öffentlichen Weges 1742 befinde sich noch ein Grundstücksstreifen von 20 m in einer Breite von 2,5 bis 4,7 m in seinem Eigentum und gehöre zur Parzelle 951. Der im Gesetz vorgeschriebene holzvegetationsfreie Streifen sei von der richtigen Grundstücksgrenze aus festzulegen, somit von den eindeutig in der Natur vorhandenen Grenzsteinen nördlichen des Weges in einer Breite von mindestens 3 m und höchstens 10 m unter Berücksichtigung der Reichweite der zu erwartenden Einwirkungen. Der Grenzverlauf zwischen den Grundstücken Nr. 951 und Nr. 912/3 bzw. Nr. 1742 sei eine präjudizielle Vorfrage für das Verwaltungsverfahren. Die belangte Behörde gehe im angefochtenen Bescheid irrtümlich von der rechtskräftigen Festsetzung dieses Grenzverlaufes aus. Tatsächlich sei jedoch gegen das gegenständliche Urteil des Bezirksgerichts Y eine Oppositionsklage eingebracht worden und diesbezüglich ein Verfahren anhängig. Die belangte Behörde hätte das Verwaltungsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Gerichtsverfahrens unterbrechen müssen. Die Antragsteller hätten selbst diese Grenze anerkannt und entlang dieser einen Zaun gesetzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Auch die Mitbeteiligten erstatteten eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragten.

Am 15. Jänner 2002 erstatteten die mitbeteiligten Parteien eine weitere Äußerung, in der sie die Abschrift einer mündlichen Streitverhandlung vor dem Bezirksgericht Y vom 1. August 2001 übermittelten, aus der hervorgeht, dass der Beschwerdeführer im Verfahren über die Oppositionsklage unter Wahrheitspflicht ausgesagt hatte, der strittige verfahrensgegenständliche Wiesenstreifen (zwischen dem Weg 1742 und dem Grundstück der Mitbeteiligten) stehe im öffentlichem Gut; ein Eigentum an diesem Wiesenstreifen werde nicht behauptet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung, jedoch in Abwesenheit des ordnungsgemäß geladenen Beschwerdeführers, erwogen:

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der Antrag der mitbeteiligten Parteien vom 26. September 1996 auf Erteilung einer Aufforstungsgenehmigung für ihre Grundstücke Nr. 912/1 und Nr. 912/3, KG D., nach dem NÖ KulturflächenschutzG 1994, LGBl. 6145-2. Die hier maßgeblichen Bestimmungen dieses Gesetzes haben folgenden Wortlaut:

"§ 1

Geltungsbereich

(1) Landwirtschaftliche Kulturflächen im Sinne dieses Gesetzes sind Grundflächen, für die im örtlichen Raumordnungsprogramm (Flächenwidmungsplan) überwiegend die Widmungs- und Nutzungsart Grünland-Landwirtschaft festgelegt ist. Ist im Flächenwidmungsplan innerhalb der Widmungsart Grünland keine landwirtschaftliche Nutzung festgelegt, dann sind für die Einstufung der betreffenden Grundflächen als landwirtschaftliche Kulturflächen deren Beschaffenheit und tatsächliche Verwendung maßgebend.

(2) Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten nicht für Grundflächen, die den forstrechtlichen Vorschriften unterliegen. Im Zweifelsfall hat die Bezirksverwaltungsbehörde vor der Entscheidung die forstbehördliche Feststellung zu veranlassen, ob diese Voraussetzung gegeben ist (§ 5 Forstgesetz 1975, BGBl. Nr. 440 i.d.F. BGBl. Nr. 970/1993).

...

§ 2

Kulturumwandlung

(1) Auf landwirtschaftlichen Kulturflächen sowie auf diesen benachbarten Grundstücken darf eine Kulturumwandlung nur mit Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde vorgenommen werden. Als benachbart gelten Grundstücke, die nicht weiter als 10 m von den von der Kulturumwandlung betroffenen Flächen entfernt sind. Als Kulturumwandlung im Sinne dieses Gesetzes gilt,

a) die Aufforstung,

...

(3) Die Bewilligung ist zu versagen, wenn die Kulturumwandlung dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung einer gesunden und leistungsfähigen Landwirtschaft dadurch widerspricht, dass sie nachteilige Auswirkungen auf die Agrarstruktur erwarten lässt. Die Bewilligung ist jedenfalls zu versagen, soweit es sich um die Kulturumwandlung einer im Flächenwidmungsplan als landwirtschaftliche Vorrangfläche zur ausschließlich landwirtschaftlichen Nutzung ausgewiesenen Fläche handelt.

(4) Wenn die beabsichtigte Maßnahme zwar nicht diesem Interesse widerspricht, aber für eine benachbarte landwirtschaftliche Kulturfläche Bewirtschaftungsnachteile, insbesondere infolge Durchwurzelung oder Beschattung zu erwarten sind, ist die Bewilligung mit der Auflage zu erteilen, einen Streifen entlang der Grenze von der Holzvegetation frei zu halten.

Dessen Breite ist von der Bezirksverwaltungsbehörde je nach Reichweite der zu erwartenden Einwirkung der Holzvegetation durch Beschattung oder Durchwurzelung so festzusetzen, dass der von der Holzvegetation freie Abstand zur Grenze der landwirtschaftlichen Kulturfläche mindestens 3 m und höchstens 10 m, im Allgemeinen jedoch 5 m beträgt.

...

§ 4

Parteien

Die Grundeigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte über die betroffenen Grundstücke sowie die zuständige Bezirksbauernkammer haben im Verfahren nach diesem Gesetz Parteistellung."

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im zitierten hg. Erkenntnis vom 22. April 1999 zum Ausdruck gebracht, dass § 2 NÖ KulturflächenschutzG 1994 im Hinblick auf seinen Regelungszweck nicht nur öffentlichen Interessen dient, sondern dem Eigentümer und sonstigen Nutzungsberechtigten der benachbarten landwirtschaftlichen Kulturfläche ein subjektiv-öffentliches Recht auf die Erteilung von Auflagen zur Verhinderung von Bewirtschaftungsnachteilen der benachbarten landwirtschaftlichen Kulturflächen verschafft. Der Grundeigentümer bzw. der sonstige Nutzungsberechtigte eines betroffenen Grundstückes hat aber keinen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Einhaltung der Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 leg. cit., wonach eine Bewilligung zu versagen ist, wenn die Kulturumwandlung dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung einer gesunden und leistungsfähigen Landwirtschaft durch nachteilige Auswirkungen auf die Agrarstruktur widerspricht. Soweit die unter dem Aspekt einer Verfahrensverletzung vorgebrachten Einwendungen zur "Verwaldung" ehemaliger Ackergebiete inhaltlich auf die Bestimmung des § 2 Abs. 3 leg. cit. Bezug nehmen, können sie schon deshalb der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen (vgl. dazu das zur vergleichbaren Rechtslage nach dem NÖ Gesetz über landwirtschaftliche Kulturflächen ergangene hg. Erkenntnis vom 18. März 1994, Zl. 93/07/0159).

Der Hinweis des Beschwerdeführers auf Verfahrensmängel im Verfahren nach dem Naturschutzgesetz geht am Gegenstand des vorliegenden Verfahrens vorbei; eine allfällige Mangelhaftigkeit des dortigen Verfahrens kann auf das vorliegende Verfahren keine Auswirkung haben.

Die belangte Behörde hat dem angefochtenen Bescheid ein Gutachten ihres landwirtschaftlichen Amtssachverständigen, welches sie im ergänzten Ermittlungsverfahren einholte, zu Grunde gelegt. Diesem Gutachten ist der Beschwerdeführer während des Verfahrens nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Auch die in der Beschwerde aufgezeigten angeblichen Widersprüchlichkeiten im Gutachten des landwirtschaftlichen Sachverständigen liegen nicht vor, geht man von der vom Sachverständigen festgestellten - und nicht bestrittenen - Bestockung westlich bzw. südlich des Grundstückes Nr. 912/3 aus, die der Sachverständige im Auge hatte, wenn er davon spricht, dass sich "sowohl im Westen als auch über weite Strecken im Süden der Aufforstungsfläche auf steil ansteigendem Gelände ein Wald befinde." Der Sachverständige ging bei dieser Formulierung - entgegen dem Verständnis des Beschwerdeführers - von einer bereits vorliegenden Beschattung des Grundstückes des Beschwerdeführers durch die Gegebenheiten außerhalb der Aufforstungsfläche aus, sodass es unter Zugrundelegung der - ebenfalls nicht bestrittenen - Lage der Aufforstungsfläche in einer natürlichen Geländemulde nachvollziehbar ist, dass die Aufforstungsfläche selbst gar nicht als Verursacher einer Beschattung des Grundstückes des Beschwerdeführers in Frage kommt. Angesichts dessen erübrigte sich auch ein näheres Eingehen auf die Frage der Reichweite der Baumkrone der Ahornbäume im Zusammenhang mit den vorliegenden Beschattungsverhältnissen.

Dies gilt auch für das (im Akt der Behörde erster Instanz erliegende) Gutachten eines Sachverständigen für Naturschutz vom 8. April 1997, das sich mit den örtlichen Gegebenheiten in Hinblick auf die bereits gegebenen Beschattungsverhältnisse nicht weiter befasst. Der diesem Gutachten weiter zu entnehmenden Aussage, "mit einem (insgesamt) 9 m breiten holzvegetationsfreien Grenzstreifen könne grundsätzlich jegliche nachteilige Beeinflussung (auch) infolge Durchwurzelung ausgeschlossen werden" sind die dem vorliegenden Verfahren beigezogenen agrarfachlichen bzw. landwirtschaftlichen Sachverständigen deshalb nicht gefolgt, weil eine Durchwurzelung wegen des dazwischen liegenden Straßenkörpers nicht möglich sei (vgl. insbesondere das Gutachten der forsttechnischen Sachverständigen vom 21. April 1997).

Unzutreffend ist auch der weitere Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe keine Feststellungen zur Reichweite der Wurzeln der angepflanzten Bäume getroffen. Dass sich die Wurzeln des Bergahorns 5 m, in seltenen Fällen 9 m ausbreiteten und dass der 4 m breite Weg Nr. 1742 wegen seiner Asphaltierung und des darunter befindlichen Schotterkörpers von Wurzeln nicht durchdrungen werden könne, haben die beigezogenen Sachverständigen in ihren Gutachten dargetan. Auf welcher fachlicher Grundlage der Beschwerdeführer davon ausgeht, die Wurzeln der Ahornbäume erreichten eine Länge von "mehr als 10 m" verschweigt er ebenso wie den fachlichen Hintergrund seines Vorbringens, wonach sich die Wurzeln der Ahornbäume nur 10 cm unter der Erdoberfläche befänden und seiner Wiese Wasser und Nährstoffe entzögen. Der Beschwerdeführer gibt durch dieses Vorbringen allerdings zu erkennen, dass er von der Vorstellung ausgeht, die Wurzeln würden den asphaltierten Weg Nr. 1742 "unterwandern." Diese - im Gegensatz zu den Ausführungen des Amtssachverständigen stehenden - Annahmen des Beschwerdeführers sind aber nicht weiter begründet, sodass sie auch nicht geeignet erscheinen, Zweifel an der Schlüssigkeit der vorliegenden Gutachten zu erwecken.

Der Berücksichtigung des erstmals in der Beschwerde erstatteten Vorbringens des Beschwerdeführers, durch den zu erwartenden Laubanfall werde im Herbst ein "erheblicher Schaden" verursacht, weil das dadurch abgedeckte Gras absterbe, steht ebenso wie den Darlegungen des Beschwerdeführers über zu befürchtende "krasse Ernteausfälle" und Beschädigungen des verwendeten Mähwerkes das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot entgegen.

Ergänzend wird bemerkt, dass der belangten Behörde zwar durch die Nichtberücksichtigung der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 3. November 2000 ein Verfahrensmangel unterlaufen ist; der Beschwerde ist es jedoch nicht gelungen, die Relevanz dieses Verfahrensmangels darzulegen.

Als "inhaltliche Rechtswidrigkeit" bezeichnet der Beschwerdeführer schließlich den Umstand, dass die belangte Behörde "irrtümlich" von der (mit Urteil der Landesgerichtes S erfolgten) rechtskräftigen Festsetzung des Grenzverlaufes zwischen den Grundstücken Nr. 951, 912/3 und 1742 ausgehe und begründet dies allein damit, dass im Zeitpunkt der Bescheiderlassung beim Bezirksgericht Y ein Oppositionsverfahren anhängig sei und die belangte Behörde das Verfahren aus diesem Grund hätte aussetzen müssen. Dieses Vorbringen geht aber ins Leere, weil die Anhängigkeit einer Oppositionsklage die Rechtskraft des zitierten Urteiles des Landesgerichtes S vom 14. Dezember 1999 nicht berührt.

Die belangte Behörde war an das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom 14. Dezember 1999 gebunden, wobei darauf hinzuweisen ist, dass sich die Bindungswirkung dieses Urteils nicht nur auf den (einem Unterlassungsbegehren stattgebenden) Urteilsspruch, sondern auch auf die der Individualisierung dieses Urteilspruches dienenden wesentlichen Entscheidungselemente bezieht. Darunter fällt im vorliegenden Fall auch die für den Urteilsspruch entscheidende Feststellung, dass das Grundstück der Mitbeteiligten direkt an den Weg Nr. 1742 angrenzt (vgl. dazu das Urteil des OGH vom 23. November 1999, Zl. 4 Ob 288/99b).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Abweisung des Mehrbegehrens der mitbeteiligten Partei betrifft zum einen den für den Schriftsatz vom 15. Jänner 2002 geltend gemachten Schriftsatzaufwand samt Barauslagen, der

für die Rechtsverfolgung nicht notwendig war, zum anderen die angesprochenen Reisekosten, die nur im Ausmaß des § 49 Abs. 3 VwGG zuzusprechen waren.

Wien, am 25. April 2002

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000070267.X00

Im RIS seit

11.07.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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