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41/02 Melderecht;Norm
MeldeG 1991 §17 Abs2 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. November 2001, Zl. 604.672/6-II/13/01, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Bürgermeister der Gemeinde Nüziders, vertreten durch Dr. Eva Schneider und Dr. Christoph Schneider, Rechtsanwälte in Bludenz, Bahnhofstraße 8a, 2. Stefan Pichler in Wien XI, Grillgasse 34/17, bzw. in 6714 Nüziders, Burggasse 6), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Der am 20. Juli 1974 geborene, ledige Zweitmitbeteiligte ist seit 1974 mit Hauptwohnsitz in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters, Nüziders (in der Folge kurz: N), gemeldet. Seit 18. November 1999 ist er mit weiterem Wohnsitz in Wien gemeldet, wo er studiert. Er tritt den Weg zur Studieneinrichtung überwiegend von Wien aus an.
In einer Stellungnahme an die belangte Behörde vom 2. Mai 2001 (es handelt sich um ein formularmäßiges "Erhebungsblatt zur Feststellung des Hauptwohnsitzes") gab der Zweitmitbeteiligte an, er halte sich rund 165 Tage im Jahr in N auf, nämlich "die ganze Woche", "zum Wochenende", "fallweise" (klarstellend ist angemerkt "Ferien"), wo er mit seinen Eltern und seinem Bruder wohne, die in N mit Hauptwohnsitz gemeldet seien. Er halte sich rund 200 Tage im Jahr in Wien auf, nämlich "die ganze Woche" und "werktags" (klarstellend ist angemerkt "Semester"). Familienmitglieder als Mitbewohner in Wien sind nicht angegeben. Die Frage nach "aktiven gesellschaftlichen Betätigungen" wird für beide Wohnsitze verneint. Er brachte weiters zum Ausdruck, dass bis zur Beendigung seines Studiums jedenfalls ein größeres Naheverhältnis zu seiner Heimatgemeinde als zum Studienort bestehe (verwiesen wird auf die finanzielle Abhängigkeit von den Eltern und die steuerliche Absetzbarkeit der finanziellen Belastungen).
Die Wohnsitzerklärung vom 14. Mai 2001 entspricht diesen Angaben, wobei bei der Aufenthaltsdauer an den jeweiligen Wohnsitzen ein Fragezeichen eingesetzt ist (verwiesen wird auf das anhängige Reklamationsverfahren). Die Frage nach "Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften" wird für beide Wohnsitze verneint.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des beschwerdeführenden Bürgermeisters auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes des Zweitmitbeteiligten an der gemeldeten Adresse in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters ab. Hiezu stellte die belangte Behörde fest, dass der ausbildungsmäßige Mittelpunkt der Lebensbeziehungen auf Grund des Studiums in Wien liege, der "Familienwohnsitz" und somit der gesellschaftliche Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des Zweitmitbeteiligten liege hingegen eindeutig in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters. Dort sei auch das soziale Umfeld des Zweitmitbeteiligten konzentriert. Das subjektive Kriterium "überwiegendes Naheverhältnis", welches nur in der persönlichen Einstellung des Betroffenen zum Ausdruck komme, gebe daher im Beschwerdefall den Ausschlag.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt; angesprochen wird der Vorlageaufwand. Die erstmitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte der Zweitmitbeteiligte bereits das 26. Lebensjahr vollendet, sodass im Sinn des hg. Erkenntnisses vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0935, auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, davon auszugehen ist, dass der Zweitmitbeteiligte zum Studienort so intensive Lebensbeziehungen geknüpft hat, dass der Mittelpunktcharakter des Studienortes nicht zu leugnen ist, wo hingegen der Mittelpunktcharakter des Heimatortes nicht mehr bejaht werden kann, zumal nicht hervorgekommen ist, dass eine neue familiäre Bindung (Ehe oder Lebensgemeinschaft) am früheren Heimatort besteht.
Da die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass der Mittelpunktcharakter des Heimatortes noch bejaht werden könne und dem Zweitmitbeteiligten somit ein Wahlrecht nach § 1 Abs. 7 MeldeG zukomme, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Wien, am 25. April 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001051207.X00Im RIS seit
11.07.2002