TE Vwgh Erkenntnis 2002/4/26 2000/06/0060

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Veröffentlicht am 26.04.2002
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Index

L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Vorarlberg;
L81708 Baulärm Vorarlberg;
L82000 Bauordnung;
L82008 Bauordnung Vorarlberg;
L85008 Straßen Vorarlberg;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1 litb;
BauG Vlbg 1972 §6 Abs9;
BauRallg;
LStG Vlbg 1969 §36 Abs1;
LStG Vlbg 1969 §36 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde der D OHG in H, vertreten durch Dr. Julius Brändle, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Dr. Waibelstraße 10, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 16. März 2000, Zl. 4151- 1999/0009, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren und Bewilligung gemäß § 36 Vlbg. Straßengesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Stadt H, vertreten durch den Bürgermeister; 2. G GmbH in H, vertreten durch Dr. Dieter Klien, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Kapuzinergasse 4), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Gesellschaft hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 934,16 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Gemeinde wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom 28. Oktober 1997 wurde von der Zweitmitbeteiligten um die Erteilung der baurechtlichen Bewilligung für den Abbruch des bestehenden Hauses auf einem näher angeführten Grundstück und den Neubau eines Gastronomiebetriebes mit Gastgarten und Frühstückspension mit 21 Betten auf diesem Grundstück angesucht. Die beschwerdeführende Gesellschaft grenzt an einer Seite des Baugrundstückes mit ihrem Grundstück .9, KG H, an das Baugrundstück unmittelbar an. Das geplante Gebäude soll u. a. unmittelbar an dieses Nachbargrundstück herangebaut werden.

Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 21. Jänner 1999 wurden im zweiten Rechtsgang gemäß § 6 Abs. 9 Vlbg. Baugesetz die für das Bauvorhaben erforderlichen Abstandsnachsichten gegenüber den näher angeführten benachbarten Grundstücken - u.a. das Grundstück der Beschwerdeführerin - (Spruchpunkt I.), gemäß § 36 Straßengesetz der Bauabstand von 0,00 m zur B-Straße bewilligt (Spruchpunkt II.), gemäß § 74 Bautechnikverordnung u.a. für die gegen die Fluchtrichtung aufschlagende Restaurant-Eingangstüre eine Ausnahmegenehmigung erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß §§ 30 und 31 Vlbg. BauG die Baubewilligung für das angeführte Bauvorhaben unter Auflagen erteilt (Spruchpunkt IV.).

Das in der von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Berufung erstattete Vorbringen betraf die Frage der Befangenheit des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadt, § 18 Abs. 4 AVG, die Gefährdung des Grundstückes der Beschwerdeführerin durch das Bauvorhaben (die Einholung eines bodenmechanischen sowie eines hydrologischen Gutachtens wurde verlangt), das Gutachten des Stadtarztes Dr. P., auf Grund der gewährten Abstandsnachsicht auf 0 zu befürchtende Beeinträchtigungen für das Nachbargrundstück und die Gewährung der Ausnahmen gemäß § 36 Straßengesetz und § 74 Bautechnikverordnung.

Der Berufung wurde (gleichfalls im zweiten Rechtsgang) mit Bescheid der Berufungskommission der mitbeteiligten Stadt vom 18. Oktober 1999 insofern Folge gegeben, als neben den §§ 31 und 32 Baugesetz auch § 23 Abs. 1 lit. a und k Vlbg. Baugesetz im Spruch angeführt und weitere Auflagen angeordnet wurden.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass auf Grund der Stellungnahme des bautechnischen Amtssachverständigen das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zulassung geringerer als der gesetzlich vorgeschriebenen Abstände gemäß § 6 Abs. 9 Vlbg. Baugesetz vorgelegen seien. Zu dem Vorbringen, dass eine Ausnahmebewilligung nach § 36 Vlbg. Straßengesetz nicht hätte erteilt werden dürfen, sei darauf zu verweisen, dass dadurch keine Rechte der Beschwerdeführerin verletzt würden.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie auch jede der mitbeteiligten Parteien - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin macht Rechtsverletzungen im Hinblick auf § 6 Abs. 9 i.V.m. § 30 Abs. 1 lit. b Vlbg. Baugesetz und § 36 Vlbg. Straßengesetz geltend.

Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die erteilte Abstandsnachsicht gemäß § 6 Abs. 9 Vlbg. Baugesetz wendet, ist sie darauf zu verweisen, dass sie in ihrer gegen den im 2. Rechtsgang ergangenen erstinstanzlichen Bescheid vom 21. Jänner 1999 erhobenen Berufung derartige Einwendungen gegen das vorliegende Bauvorhaben nicht aufrechterhalten hat. Sie hat dort lediglich im Zusammenhang mit der Abstandsnachsicht darauf hingewiesen, dass mit Beeinträchtigungen des Nachbargrundstückes zu rechnen sei und die Behörde mittels Auflage der Zweitmitbeteiligten die Vornahme einer Beweissicherung hätte auftragen müssen. Lässt eine Partei mit einem beschränkten Mitspracherecht einen Bescheid, mit dem auch über ihre subjektiv-öffentlichen Rechte abschließend abgesprochen worden ist, bezüglich bestimmter ursprünglich mit rechtzeitig erhobenen Einwendungen geltend gemachter subjektivöffentlicher Rechte unangefochten, so kann sie in der Folge Entscheidungen der Behörde in dieser Sache nur mehr bekämpfen, wenn darin eine Änderung zu ihrem Nachteil erfolgt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. April 1998, Zl. 96/05/0142, und das in diesem dazu angeführte Vorerkenntnis). Die Prüfungspflicht der Berufungsbehörde erstreckt sich nur auf die in der Berufung geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Rechte des Nachbarn. Die belangte Behörde hätte daher schon aus diesem Grund diesen in der Vorstellung wieder erhobenen Einwendungen keine Folge geben dürfen. Soweit im angefochtenen Bescheid dem Begehren der Beschwerdeführerin in diesem Punkt nicht gefolgt wurde, ist sie daher in einem subjektiven Recht nicht verletzt.

§ 36 Abs. 1 erster Satz Vlbg. Straßengesetz, LGBl. Nr. 8/1969, sieht vor, dass, soweit im Verbauungsplan (Teilregulierung) nichts anderes bestimmt ist und soweit nicht geschlossene Bauweise besteht, an Landesstraßen innerhalb einer Entfernung von 6 m und an den übrigen öffentlichen Straßen innerhalb einer Entfernung von 4 m keine Bauwerke oder sonstigen Anlagen errichtet werden dürfen. Gemäß § 36 Abs. 2 letzter Satz Vlbg. Straßengesetz können kleinere Abstände von der Behörde ausnahmsweise zugelassen werden, wenn sich dadurch keine ungünstigen Rückwirkungen für die Straßenbenützer ergeben.

Die belangte Behörde hat zu den diesbezüglichen Einwendungen der Beschwerdeführerin zutreffend die Auffassung vertreten, dass durch die Gewährung eines geringeren Abstandes zu einer öffentlichen Straße keine Rechte der Beschwerdeführerin als Nachbarin im Sinne des Vlbg. BauG verletzt werden. Aus § 36 Abs. 1 und 2 Vlbg. Straßengesetz kann kein Nachbarrecht des Eigentümers eines Grundstückes abgeleitet werden, das im weiteren Straßenverlauf an einer Straße gelegen ist, zu der für das Nachbargrundstück ein geringerer Abstand für das Bauvorhaben zur Straße hin gewährt wurde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Gemeinde war abzuweisen, weil ein rechtsanwaltschaftlich nicht vertretener Mitbeteiligter in sinngemäßer Anwendung des § 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG i.d.F. BGBl. I Nr. 88/1997 keinen Anspruch auf Schriftsatzaufwand hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1999, Zl. 98/05/0185).

Wien, am 26. April 2002

Schlagworte

Baurecht Nachbar Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000060060.X00

Im RIS seit

22.07.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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