TE Vwgh Erkenntnis 2002/4/26 2000/06/0044

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Veröffentlicht am 26.04.2002
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Index

L85007 Straßen Tirol;

Norm

LStG Tir 1989 §37 Abs1 litc;
LStG Tir 1989 §43 Abs1;
LStG Tir 1989 §62 Abs1 lita;
LStG Tir 1989 §62 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des H in N, vertreten durch Dr. Josef-Michael Danler, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Colingasse 3, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 20. Jänner 2000, Zl. IIb1-L-2135/25-2000, betreffend straßenbaurechtliche Bewilligung gemäß § 40 Tir. Straßengesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde N, vertreten durch DDr. Christian C. Schwaighofer, Rechtsanwalt in Innsbruck, Salurnerstraße 12; 2. Straßeninteressentschaft O, vertreten durch den Obmann S in N), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der mitbeteiligten Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen der Zweitmitbeteiligten vom 1. Juli 1999 wurde um Erteilung der Straßenbaubewilligung für den Neubau der Straße (betreffend den Straßenabschnitt ab der Abzweigung von der Gemeindestraße Milders-Schaller bis zu der Kreuzung der Weggrundstücke Gp. 3557 (die öffentliche Interessentenstraße Oberbergtal) und Gp. 3556 (der vom Beschwerdeführer als Alternative ins Treffen geführte Gemeindeweg) gemäß dem beiliegenden Detailprojekt angesucht. Die beantragte Straße stellt nach der Beschreibung in der Kundmachung zur öffentlichen mündlichen Verhandlung die Verbindung der Gemeindestraße Milders-Schaller und der ausgebauten öffentlichen Interessentenstraße Oberbergtal dar und ist ca. 320 m lang. Die verfahrensgegenständliche Straße (die bereits besteht) führt u. a. durch den sogenannten "Hofraum Milders" (das Grundsstück Nr. 3560/1, EZ. 293), an dem u.a. der Beschwerdeführer Miteigentümer ist. Dieses Ansuchen wurde gestellt, nachdem der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. November 1997, Zl. 96/06/0244 (betreffend das gegen den Beschwerdeführer in Bezug auf den Hofraum Milders geführte Enteignungsverfahren gemäß Tir. StrG), entgegen der Auffassung der belangten Behörde festgestellt hatte, dass eine straßenbaurechtliche Bewilligung vom 11. Juni 1968, die u.a. das verfahrensgegenständliche Grundstück betroffen hätte, nicht vorliegt. Es lag von dieser Bewilligung nach den Angaben der belangten Behörde im Akt lediglich ein mit Konzept überschriebenes Schriftstück vor, in dem u.a. maßgebliche Inklusionen aus der Verhandlungsschrift (u.a. betreffend den Bewilligungsgegenstand) mangels ihres Vorliegens nicht mehr nachvollziehbar waren.

In der mündlichen Verhandlung vom 28. September 1999 machte der Beschwerdeführer geltend, dass die Höfe im Oberbergtal durch den Gemeindeweg (Weg vom Feuerwehrgerätehaus bis zur Einbindung in die Straße ins Oberbergtal) bereits erschlossen seien. Lediglich für talauswärts fahrende Fahrzeuge wäre das geplante Straßenbauvorhaben eine Verkürzung der Wegstrecke. Die Besitzer der Höfe im Oberbergtal hätten für die Zufahrt zu ihren Besitzungen ohnehin unbestritten ein Zufahrtsrecht ersessen. Es bestehe kein Anlass, die Dienstbarkeitsflächen nunmehr als Straße auszuweisen.

Der straßenbautechnische Sachverständige stellte in der Verhandlung fest, dass sich das vorliegende Projekt auf einen bereits in der Natur vorhandenen Straßenzug beziehe und es "solle im Wesentlichen den Grundbesitzverhältnissen entsprechend der gewünschten Fahrbahnbreite von ca. 4,5 m entsprechen". Das vorliegende Projekt stelle eine Erschließungsstraße für ein dicht verbautes Siedlungs- und Fremdenverkehrsgebiet dar und entspreche den Erfordernissen des § 37 Tir. Straßengesetz (LGBl. Nr. 13/1989 ((im Folgenden: Tir. StrG) in der Fassung LGBl. Nr. 8/1998). Zumindest einseitig der Wegverbindung werde auf die halbe Länge konzentriertes Fremdenverkehrsgebiet zufahrtsmäßig erschlossen. Die zweite Hälfte liege im Kerngebiet bzw. Tourismusgebiet. Besonders die als Fremdenverkehrsgebiet ausgewiesene Zone sei mit mehreren bis zu 5 Stock hohen Großhotels bebaut. Diese letztgenannten Objekte seien in ihrer Zufahrt und Erreichbarkeit genau auf diese Erschließungsstraße hin orientiert und könnten nur so ohne Umwege von Rettungsfahrzeugen, Mülldiensten und Räumfahrzeugen wie auch von den anfahrenden Gästen erreicht werden. Die im Projekt ausgewiesene Fahrbahnbreite von 3,80 m bzw. Kronenbreite von 4,50 m zuzüglich der verlangten einen Ausweichmöglichkeit stelle nach den Richtlinien für das Straßenwesen den minimalen Ausbauquerschnitt für eine gerade noch zweispurig befahrbare Straße dar.

Die von den Projektgegnern (u.a. dem Beschwerdeführer) eingebrachte Stellungnahme, dass der vorliegende Straßenzug durch die Wegverbindung (Feuerwehrgerätehaus bis Einbindung in Oberbergerweg) ersetzt werden könnte, sei aus folgenden Gründen nicht stichhaltig: Dieser Weg weise eine ungenügende Fahrbahnbreite mit Engstellen von 3,05/3,20 m auf. Ein verbreiterter Ausbau sei auf Grund der gegebenen Bauflucht nicht möglich. Auch der Abzweigebereich von der Gemeindestraße Milders-Schaller sei verkehrstechnisch und verkehrssicherheitsmäßig ungünstig (es werde auf den gültigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde verwiesen). Diese Verbindung erreiche den beantragten Straßenzug erst an dessen Ausbauende, sodass ein Großteil der Zufahrenden doch den bekämpften Weg befahren müssten und darüber einen unnötigen Umwegverkehr erzeugen würden. Weiters werde darauf hingewiesen, dass die bestehende Straße ohne besonderen Ausbau die notwendige Erschließungsfunktion erbringe und vorerst keine weiteren Ausbaumaßnahmen geplant seien.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 16. November 1999 wurde für das eingereichte Straßenbauvorhaben die Straßenbaubewilligung gemäß § 44 Tir. StrG nach Maßgabe des einen Bestandteil dieses Bescheides bildenden und mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauentwurfes unter Auflagen und Bedingungen erteilt. Die Einwendungen u.a. des Beschwerdeführers wurden als unbegründet abgewiesen. Die Einwendungen hätten nicht eine Änderung der Trassenführung im Sinne des § 43 Tir. StrG zum Gegenstand gehabt. Die Notwendigkeit der projektierten Straßenführung und das daran bestehende öffentliche Interesse sei vom Amtsachverständigen überzeugend dargestellt worden.

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 21. Dezember 1999 als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der beigezogene straßenbautechnische Sachverständige im erstinstanzlichen Verfahren überzeugend dargelegt habe, dass mit dem Vorhaben den Erfordernissen des § 37 Abs. 1 Tir. StrG nicht nur entsprochen, sondern dass die gegenwärtige Verkehrssituation insgesamt verbessert werde. Es sei entgegen den Behauptungen des Beschwerdeführers nicht hervorgekommen, dass die Straße für den gewidmeten Verkehr nur mit besonderer Gefahr benützt werden könnte, sie die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht gewährleiste oder mit dem Ziele der überörtlichen oder der örtlichen Raumordnung im Widerspruch stünde. Der gültige Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde sehe gerade diese Fläche als Verkehrsfläche vor. Die vom Gesetz den betroffenen Grundeigentümern (wie u.a. dem Beschwerdeführer) eingeräumten Rechte seien im § 43 Abs. 1 Tir. StrG erschöpfend aufgezählt. Diese hätten demnach das Recht, eine Änderung des Bauvorhabens hinsichtlich der Straßentrasse bzw. der technischen Ausgestaltung der Straße zu beantragen, sofern dadurch die Beanspruchung ihrer Grundstücke vermieden oder verringert werden könnte. Der Beschwerdeführer habe weder selbst noch durch seinen Rechtsvertreter Einwendungen oder Anträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Tir. StrG gestellt. Vielmehr sei ausschließlich auf die bestehende Verkehrserschließung hingewiesen und die Notwendigkeit der gegenständlichen Straße bestritten worden. Insoweit Verfahrensmängel geltend gemacht würden, sei festzuhalten, dass Gegenstand dieses Verfahrens nach dem Tir. StrG gerade nicht die Frage der Notwendigkeit einer Straße zur Erschließung von bestimmten Dorfteilen sei. Dieser Fragenkreis könnte allenfalls die Gründung oder den Bestand der Straßeninteressentschaft betreffen, nicht jedoch das Bauverfahren gemäß dem Tir. StrG, die vom Beschwerdeführer dahingehend erhobenen Einwendungen und Berufungsvorträge gingen am Gegenstand des Verfahrens vorbei. Für die Frage der Rechtmäßigkeit der erteilten Bewilligung sei es ohne Belang, ob und welche Hotels im Bereich des Straßenverlaufes existierten und wie es in der Vergangenheit um deren Zufahrt bestellt gewesen sei bzw. wie dies künftig sein solle. Soweit sich der straßenbautechnische Sachverständige mit dem Bestand von Beherbergungsbetrieben auseinander gesetzt habe, sei dies im Hinblick auf künftig allenfalls zu erwartende Verkehrsbedürfnisse und zur Erläuterung der bestehenden Situation erfolgt. Von den u. a. dem Beschwerdeführer als betroffenem Grundeigentümer zustehenden Mitspracherechten (§ 43 Tir. StrG) habe dieser keinen Gebrauch gemacht. Festgehalten werde überdies, dass das bewilligungsgegenständliche Straßenstück in der Natur im Wesentlichen bereits seit den 60er Jahren bestehe und asphaltiert sei. Die Straße werde auch entsprechend benützt. Dieser Umstand sei auch und insbesondere dem Beschwerdeführer als betroffenem Grundeigentümer bekannt.

Die dagegen erhobene Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

Die Behandlung der zunächst beim Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 15. März 2000, B 500/00-3, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und die Beschwerde unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Soweit die Beschwerde auch bereits an den Verwaltungsgerichtshof gerichtet ist, wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die erstmitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 40 Abs. 1 Tir. StrG bedürfen der Neubau einer Straße und jede bauliche Änderung einer Straße, die geeignet ist, die im § 37 Abs. 1 genannten Interessen wesentlich zu beeinträchtigen, einer Bewilligung der Behörde (Straßenbaubewilligung).

Gemäß § 37 Abs. 1 Tir. StrG (in der Fassung LGBl. Nr. 8/1998) müssen Straßen nach den Erfahrungen der Praxis und den Erkenntnissen der Wissenschaft so geplant und ausgebaut werden, dass,

"a) sie für den Verkehr, dem sie gewidmet sind, bei Beachtung der straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Vorschriften sowie bei Bedachtnahme auf die durch die Witterung oder durch Elementarereignisse hervorgerufenen Verhältnisse ohne besondere Gefahr benützt werden können,

b) sie im Hinblick auf die bestehenden und die abschätzbaren künftigen Verkehrsbedürfnisse den Erfordernissen der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs entsprechen,

c) Beeinträchtigungen der angrenzenden Grundstücke durch den Bestand der Straße sowie Gefährdungen oder Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den Verkehr auf der Straße oder durch Erhaltungsarbeiten an der Straße, soweit solche Beeinträchtigungen nicht nach den örtlichen Verhältnissen und der Widmung des betreffenden Grundstückes zumutbar sind, so weit herabgesetzt werden, wie dies mit einem im Verhältnis zum erzielbaren Erfolg wirtschaftlich vertretbaren Aufwand möglich ist,

d) sie mit den Zielen der überörtlichen und der örtlichen Raumordnung im Einklang stehen."

Gemäß § 37 Abs. 2 Tir. StrG werden durch Abs. 1 lit. c subjektive Rechte der Nachbarn nicht begründet.

Um die Erteilung der Straßenbaubewilligung hat der Straßenerhalter gemäß § 41 Abs. 1 leg. cit. bei der Behörde schriftlich anzusuchen. Gemäß § 42 Abs. 1 Tir. StrG ist über jedes Ansuchen gemäß § 41, sofern es nicht zurückzuweisen ist, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 42 Abs. 2 Tir. StrG sind zu der Verhandlung der Straßenverwalter, die Eigentümer der vom Bauvorhaben betroffenen Grundstücke sowie jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein im Privatrecht begründetes dingliches Recht, das zum Gebrauch oder zur Nutzung des Grundstückes berechtigt, oder als Teilwaldberechtigten ein öffentlich-rechtliches Nutzungsrecht zusteht, die Gemeinde, durch deren Gebiet oder zu deren Gebiet die Straße führt, und sonstige als Parteien in Betracht kommende Personen zu laden.

Gemäß § 43 Abs. 1 leg. cit. können die Eigentümer der von einem Bauvorhaben betroffenen Grundstücke sowie jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein im Privatrecht begründetes dingliches Recht, das zum Gebrauch oder zur Nutzung des Grundstückes berechtigt, oder als Teilwaldberechtigten ein öffentlich-rechtliches Nutzungsrecht zusteht, eine Änderung des Bauvorhabens hinsichtlich der Straßentrasse - unbeschadet des § 44 Abs. 4 - und der technischen Ausgestaltung der Straße beantragen, sofern dadurch die Beanspruchung ihrer Grundstücke vermieden oder verringert werden kann. In § 43 Abs. 2 Tir. StrG ist näher festgelegt, unter welchen Voraussetzungen einem Antrag nach Abs. 1 Rechnung zu tragen ist.

Gemäß § 44 Abs. 2 leg. cit. ist das Ansuchen abzuweisen, wenn das Bauvorhaben den Erfordernissen nach § 37 Abs. 1 nicht entspricht. Soweit die Trasse einer Straße durch die Festlegungen des Flächenwidmungsplanes oder des Bebauungsplanes bestimmt ist, ist die Behörde gemäß § 44 Abs. 4 Tir. StrG bei der Erteilung der Straßenbaubewilligung daran gebunden.

Wenn sich der Beschwerdeführer gegen die Auffassung der belangten Behörde wendet, dass er im Hinblick auf sein Vorbringen gemäß § 37 Abs. 1 lit. c Tir. StrG mangels entsprechenden Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren präkludiert sei, genügt es darauf zu verweisen, dass sich § 37 Abs. 1 lit. c auf Beeinträchtigungen von angrenzenden Grundstücken durch den Bestand der Straße sowie Gefährdungen oder Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den Verkehr auf der Straße oder durch Erhaltungsarbeiten an der Straße bezieht. Dieses Kriterium des § 37 Abs. 1 bezieht sich jedenfalls nicht auf Beeinträchtigungen durch das Straßenbauvorhaben gegenüber den von dem Projekt unmittelbar betroffenen Grundeigentümern. Für derartige Grundeigentümer sieht § 43 Abs. 1 leg. cit. - wie wiedergegeben - vielmehr vor, dass im straßenbaurechtlichen Verfahren eine Änderung des Bauvorhabens hinsichtlich der Straßentrasse und der technischen Ausgestaltung der Straße beantragt werden kann. Eine solche Änderung der vorliegenden Straßentrasse wurde vom Beschwerdeführer im straßenbaurechtlichen Bauverfahren nicht beantragt.

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, dass sich die belangte Behörde mit der Notwendigkeit der vorliegenden Straße nicht auseinander gesetzt habe. Sie habe vielmehr erstmals das Argument des Vorliegens einer öffentlichen Interessentenstraße ins Treffen geführt. Es hätte dem Beschwerdeführer zu dem Umstand, es liege eine öffentliche Interessentenstraße vor, Parteiengehör eingeräumt werden müssen.

Zunächst ist dazu festzustellen, dass einem von einem Bauvorhaben betroffenen Grundeigentümer im Hinblick auf die Regelung des § 62 Abs. 1 lit. a i.V.m. Abs. 2 leg. cit. im straßenbaurechtlichen Verfahren das Recht eingeräumt werden muss, das Vorliegen eines Bedarfes für das Vorhaben, dessen Deckung im öffentlichen Verkehrsinteresse gelegen ist, im Sinne des § 62 Abs. 1 lit. a Tir. StrG in Frage zu stellen. Gemäß § 62 Abs. 2 Tir. StrG gilt nämlich bei Bauvorhaben, die einer Straßenbaubewilligung bedürfen, der Bedarf im Sinne dieser Bestimmung mit dem Eintritt der Rechtskraft der Straßenbaubewilligung als nachgewiesen. Im Sinne dieser Regelung hat der Verwaltungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom 19. November 1998, Zl. 96/06/0102, ausgesprochen, dass in der Verhandlung betreffend die Erteilung der Baubewilligung für ein Straßenbauvorhaben die Möglichkeit bestehe, alles vorzubringen, was gegen die Erteilung der Straßenbaubewilligung spreche (so auch die Einwendung, an der Verbreiterung eines Weges bestehe kein öffentliches Verkehrsinteresse; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1996, Zl. 96/06/0165).

Im beschwerdegegenständlichen Verwaltungsverfahren vertrat die Berufungsbehörde daher zu Unrecht die Auffassung, dass diese Frage nicht Gegenstand des straßenbaurechtlichen Verfahrens sei und meinte ganz allgemein ohne nähere Konkretisierung dieser Überlegung weiter, dass dieser Fragenkreis "allenfalls Gründung oder Bestand einer Straßeninteressentschaft" betreffen könnte (Gründung und Bestand der zweitmitbeteiligten Partei wurde in diesem Zusammenhang nicht genannt). Die belangte Behörde berief sich in diesem Zusammenhang allein darauf, dass mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 24. Mai 1966 gemäß § 43 Tir. StrG 1951 die vom Bauvorhaben betroffene Straße zum öffentlichen Interessentenweg erklärt und die Weggemeinschaft Oberbergtal rechtskräftig gebildet worden sei. Eine Aufhebung dieser Widmung sei bisher nicht erfolgt. Es seien daher "die Interessentenstraße und ihre Verkehrsbedeutung rechtlich existent".

Der von der belangten Behörde zitierte Bescheid vom 24. Mai 1966 betreffend die Gründung der Weggemeinschaft Oberbergtal und betreffend die Erklärung einer Weganlage zum öffentlichen Interessentenweg lautet in den Punkten 1. und 2. des Spruches wie folgt:

"1.) Die im Projekt des Amtes der Tiroler Landesregierung, Abt. IIId1, geplante Weganlage zur Erschließung des Oberbergtales wird als öffentlicher Interessentenweg erklärt.

2.) Im Sinne der §§ 44 und 46 TStrG. werden die Besitzer nachbezeichneter Liegenschaften als Interessenten bezeichnet und ihre Beitragsanteile zu den Herstellungskosten wie folgt

festgestellt: ... ." (In der dann folgenden Aufzählung ist das

Grundstück, an dem der Beschwerdeführer Miteigentum hat - sog. Hofraum M. - nicht enthalten.)

Schon allein daraus ergibt sich, dass die in Punkt 1 erfolgte Erklärung zum öffentlichen Interessentenweg das verfahrensgegenständliche Grundstück 3560/1 nicht erfasst. Es muss daher dem Umstand nicht näher nachgegangen werden, dass im Verwaltungsakt über die Gründung der Weggemeinschaft Oberbergtal das in Punkt 1.) angeführte, aber nicht näher beschriebene Projekt nicht enthalten ist.

Dieser vom Beschwerdeführer an sich zu Recht aufgezeigte Verfahrensmangel der belangten Behörde, die sich mit der Frage der Notwendigkeit der Straße nicht auseinander gesetzt hat, kann jedoch aus folgenden Gründen nicht als wesentlich qualifiziert werden. Die Berufungsbehörde hat nämlich - abgesehen davon, dass im erstinstanzlichen Verfahren zu dieser Frage ein nicht als unschlüssig zu erkennendes Gutachten eingeholt worden war - im vorletzten Absatz ihrer Entscheidung auch darauf verwiesen, dass die verfahrensgegenständliche Straße in der Natur bereits bestehe, sie asphaltiert sei und auch entsprechend genutzt werde, und dass dieser Umstand u.a. auch dem Beschwerdeführer als betroffenem Grundeigentümer bekannt sei. Im Hinblick darauf, dass die verfahrensgegenständliche Straße bis kurz vor dem Kreuzungsbereich mit dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Gemeindeweg jedenfalls der Erschließung der in diesem Bereich gelegenen Höfe (u.a. des Beschwerdeführers) von der Gemeindestraße Milders-Schaller aus dient, was die Berufungsbehörde auch ins Treffen geführt hat, wurde das Vorliegen eines Bedarfes an dem vorliegenden Straßenstück bzw. das Vorliegen eines öffentlichen Interesses daran zu Recht angenommen. Dem wird in der Beschwerde auch nicht entgegengetreten. Es könnte aber nicht als im öffentlichen Verkehrsinteresse gelegen angesehen werden, worauf das Beschwerdevorbringen aber hinausläuft, dass keine Verbindung zwischen dem verfahrensgegenständliche Straßenstück, soweit es der Erschließung der an ihr gelegenen Höfe und Grundstücke dient, mit dem unweit davon entfernten Gemeindeweg GP.  3556 und der unweit davon beginnenden öffentlichen Interessentenstraße Oberbergtal Gp. 3657 geschaffen wird.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 26. April 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000060044.X00

Im RIS seit

22.07.2002

Zuletzt aktualisiert am

28.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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