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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
StVO 1960 §89a Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde der A L in Wien, vertreten durch Dr. Adalbert Laimer, Rechtsanwalt in 1210 Wien, Brünnerstraße 37/5, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 21. November 2001, Zl. MA 65-12/284/2001, betreffend Kostenvorschreibung gemäß § 89a StVO, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 21. November 2001 wurden der Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 89a Abs. 7 und 7a StVO iVm §§ 1 und 2 der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien betreffend die Festsetzung der Kosten für die Entfernung und Aufbewahrung von Fahrzeugen in Bauschbeträgen, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 20/1997, Kosten für die von der Magistratsabteilung 48 am 29. Jänner 2001 um 12.15 Uhr vorgenommene Entfernung und nachfolgende Aufbewahrung des an einer näher umschriebenen Anschrift in Wien verkehrsbehindernd abgestellt gewesenen, dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges in der Gesamthöhe von S 2.200,-- vorgeschrieben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 89a Abs. 2 erster Satz StVO hat die Behörde dann, wenn durch einen Gegenstand auf der Straße, insbesondere durch ein stehendes Fahrzeug der Verkehr beeinträchtigt wird, die Entfernung des Gegenstandes ohne weiteres Verfahren zu veranlassen.
Nach Abs. 2a lit. c dieses Paragraphen ist eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des Abs. 2 insbesondere dann gegeben, wenn der Lenker eines (sonstigen) Fahrzeuges unter anderem am Zufahren zu einer Garagen- oder Grundstückseinfahrt gehindert ist.
Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Berufung die Beweiswürdigung der ersten Instanz bekämpft und vorgebracht, dass ihr PKW keine Verkehrsbehinderung verursacht habe, da er nicht vor der Grundstückseinfahrt abgestellt gewesen sei. Selbst wenn man aber das von der Behörde erster Instanz zu Grunde gelegte Überragen der Abschrägung um 45 cm annehmen wolle, sei dennoch eine gefahrlose Durchfahrt möglich gewesen. Damit hätte sich die Behörde erster Instanz nicht befasst, sie hätte auch insbesondere keine konkreten Feststellungen über die Breite der Grundstückseinfahrt, den nach Ansicht der Behörde frei gebliebenen Teil der Einfahrt sowie über die Straßenbreite und sonstige Verparkung getroffen; es könne daher nicht objektiviert werden, ob eine Behinderung für ein ein- bzw. ausfahrendes Fahrzeug vorgelegen sei.
Die belangte Behörde hat im bekämpften Bescheid dargelegt, warum sie - den Angaben der Meldungslegerin und des Aufforderers K. folgend - davon ausging, dass der vordere Teil des Fahrzeuges der Beschwerdeführerin ca. 45 cm über die vor der Hauseinfahrt angebrachte Abschrägung ragte. Sie sah demnach als erwiesen an, dass durch die Abstellung des Fahrzeuges der Beschwerdeführerin derart, dass dieses in den Bereich einer Grundstücksein- und ausfahrt hinein ragte, dieser Ein- und Ausfahrtsbereich für andere Verkehrsteilnehmer nur unter Erschwernissen benützbar gewesen sei. Darüber hinaus hätte im gegenständlichen Fall nicht bloß die begründete Besorgnis einer Hinderung des Verkehrs, sondern sogar eine konkrete Hinderung vorgelegen, weshalb es keiner weiteren Ermittlungen bedurft hätte.
Die Beschwerdeführerin rügt vor dem Verwaltungsgerichtshof zutreffend, dass die belangte Behörde es unterlassen habe, konkrete Feststellungen über die Breite der Grundstücksausfahrt und über die sonstigen maßgeblichen örtlichen Verhältnisse zu treffen. Vor allem das Fehlen jeglicher Feststellungen über die Breite der Grundstücksausfahrt hindert eine objektive Nachprüfung der Frage, ob der Lenker eines sonstigen Fahrzeuges am Zu- oder Ausfahren gehindert war; die Beschwerdeführerin hat jedenfalls - wie dargelegt - bestritten, dass ihr PKW ein derartiges Hindernis gebildet hätte. Geht man nun mit der belangten Behörde davon aus, dass der PKW der Beschwerdeführerin 45 cm über die vor der Hauseinfahrt angebrachte Abschrägung geragt habe, so lässt sich - selbst wenn man die Abschrägung mit der Einfahrt gleichsetzt - nicht erkennen, ob eine Beeinträchtigung der Zufahrtsmöglichkeit zur Grundstückseinfahrt vorgelegen ist. Hiezu hätte es entsprechender Feststellungen über die Breite der Grundstückseinfahrt bedurft. Solche wurden - wie erwähnt - nicht getroffen. Darüber hinaus könnten auch Feststellungen im Hinblick auf den erforderlichen "Schwenkbereich" beim Einbiegen von der Fahrbahn bzw. in diese zur rechtlichen Beurteilung erforderlich sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2001, Zl. 96/02/0599). Abgesehen davon, dass die von der eingeschrittenen Polizeibeamtin verfertigte Skizze hinsichtlich der Eintragungen nicht maßstabgerecht ist (sohin sind aus ihr die erforderlichen Feststellungen nicht zu treffen), liegt auch insofern ein Widerspruch zwischen den Angaben der Meldungslegerin und des Zeugen K. vor, als jene von 45 cm, der Zeuge von einem Drittel des Hineinragens des Fahrzeuges der Beschwerdeführerin in die Einfahrt spricht, was bei geklärter Hauseinfahrtsbreite (samt "Schwenkbereich") von Bedeutung sein könnte.
Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich daher der angefochtene Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 26. April 2002
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002020011.X00Im RIS seit
17.07.2002