TE Vwgh Erkenntnis 2002/4/29 2000/03/0016

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Veröffentlicht am 29.04.2002
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Index

E3R E02202000;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
91/01 Fernmeldewesen;

Norm

31992R2913 ZK 1992 Art201 Abs1;
AVG §60;
B-VG Art3;
TKG 1997 §104 Abs1 Z2;
TKG 1997 §104 Abs5;
TKG 1997 §70;
VStG §24;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des FF in R, vertreten durch Dr. Wolfgang Reinisch, Rechtsanwalt in 8490 Bad Radkersburg, Hauptplatz 5/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 15. Dezember 1999, Zl. UVS 30.2-39/99-3, betreffend Übertretung des TKG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Der Beschwerdeführer führte am 3. Februar 1999 auf dem Flughafen Graz ankommend in einer Reisetasche folgende Funkanlagen, die er in den USA erworben hatte, mit sich: zwei Funkgeräte "Fabr. Maxon, Type PC-50", 2 Abhörfunkanlagen (ohne nähere Bezeichnung) sowie eine Videoanlage mit Minikamera und Funkübertragung (ohne nähere Bezeichnung). Das Zollamt Flughafen Graz ersuchte am selben Tag um Überprüfung durch die Fernmeldebehörde. Diese stellt fest, dass "die Einfuhr, Errichtung und der Betrieb dieser Geräte nicht möglich" sei.

Mit Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Steiermark und Kärnten vom 24. Februar 1999 wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, die eingangs angeführten Geräte entgegen § 70 Abs. 1 Telekommunikationsgesetz, BGBl. I Nr. 100/1997 (TKG), ohne fernmeldebehördliche Bewilligung nach Österreich eingeführt zu haben. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 104 Abs. 1 Z. 2 TKG begangen. Es wurde über ihn eine Geldstrafe von S 3000,-- verhängt. Die verfahrensgegenständlichen Geräte wurden gemäß § 104 Abs. 5 TKG zu Gunsten für Bundes für verfallen erklärt. Letzteres wurde damit begründet, dass die im Spruch genannten Geräte nicht typenzugelassen seien und auf nicht zugelassenen Frequenzen arbeiteten. Die Erteilung einer Bewilligung zur Einfuhr und in weiterer Folge zur Errichtung und zum Betrieb der Geräte komme somit nicht in Betracht.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass dieser den objektiven Tatbestand der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nicht bestreite. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genüge für die Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimme, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehöre und der Täter nicht glaubhaft mache, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Gemäß § 5 Abs. 2 VStG entschuldige Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet sei und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen habe können. Das Vorbringen des Beschwerdeführers könne nicht als Schuldausschließungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG qualifiziert werden. Dass ihm die Einhaltung der ihm zur Last gelegten gesetzlichen Bestimmung ohne sein Verschulden unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, gehe einerseits aus der Aktenlage nicht hervor, andererseits werde dies selbst vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Allein der Umstand, dass der Beschwerdeführer seitens des Unternehmens K nicht darüber informiert worden sei, dass die von ihm eingeführten Funkanlagen nach dem TKG bewilligungspflichtig seien, sondern ihm lediglich - auf seine Anfrage - die Höhe des Zolles für die einzelnen Produkte bei der Einfuhr mitgeteilt worden sei, könne einen Schuldausschließungsgrund nicht begründen. Der Ausspruch des Verfalles gemäß § 104 Abs. 5 TKG sei eine Folge der vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlung.

1.2. In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

1.3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 70 Abs. 1 des Telekommunikationsgesetzes - TKG, BGBl. I Nr. 100/1997, ist die Einfuhr, der Vertrieb und der Besitz von Funksendeanlagen nur mit einer Bewilligung zulässig. Eine Bewilligung zum Vertrieb berechtigt auch zur Einfuhr und zum Besitz. Eine Bewilligung zur Einfuhr berechtigt auch zum Besitz. Die Verwahrung gilt als Besitz. Als Endgeräte zugelassene und entsprechend gekennzeichnete Funksendeanlagen bedürfen keiner derartigen Bewilligung.

Gemäß § 104 Abs. 1 Z. 2 TKG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen, wer entgegen § 70 Abs. 1 eine Funksendeanlage ohne Bewilligung einführt, vertreibt oder besitzt.

Gemäß § 104 Abs. 5 TKG können im Straferkenntnis die Gegenstände, mit denen die strafbare Handlung begangen wurde, zu Gunsten des Bundes für verfallen erklärt werden.

2.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass sich die belangte Behörde nicht damit auseinander gesetzt habe, ob überhaupt eine "Einfuhr" vorgelegen sei, und verweist diesbezüglich auf das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1998, Zlen. 96/04/0162, 0163. Danach sei eine Einfuhr so lange noch nicht vollendet, als der Reisende den "Grünkanal" noch nicht verlassen habe. Übertrage man diese Überlegungen auf den vorliegenden Fall, ergebe sich, dass jemand, der die einzuführenden Waren bei der Zollbehörde deklariere und zum Zwecke der Abfertigung abgebe, keinesfalls die Einfuhr dieser Gegenstände bereits vollendet haben könne. Eine Strafbarkeit nach § 70 TKG erscheine daher ausgeschlossen. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Das vom Beschwerdeführer angeführte hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1998 betraf die Einfuhr von sogenannten "zollämterermächtigten" Waren nach dem Außenhandelsgesetz 1984. Der Verwaltungsgerichtshof hatte die Verwaltungsstrafbestimmung des § 17a des Außenhandelsgesetzes anzuwenden, der die Aus- oder Einfuhr von Waren ohne die erforderliche Bewilligung unter Verwaltungsstrafe stellte. Da in diesem Fall die Zollämter gemäß § 2 der Verordnung über die Ermächtigung der Zollämter zur Erteilung von Aus- und Einfuhrbewilligungen in vereinfachter Form (sogenannte ZollämterermächtigungsVO) zur Erteilung u.a. von Einfuhrbewilligungen nach dem Außenhandelsgesetz 1984 ermächtigt waren, die zollamtliche Bestätigung gleichzeitig die außenhandelsrechtliche Bewilligung darstellte, und derart die erforderliche Bewilligung anlässlich der Abfertigung erteilt werden konnte, hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten, dass das damals in Frage stehende Delikt der Einfuhr ohne die erforderliche Bewilligung nach § 17a Außenhandelsgesetz 1984 nicht vollendet sei, solange die Abfertigung nicht beendet war. Die für dieses Erkenntnis maßgebliche Rechtslage ist mit jener des im vorliegenden Fall anzuwendenden Telekommunikationsgesetzes (insbesondere § 70) aber schon deswegen nicht vergleichbar, weil hier keine Ermächtigung der Zollämter, eine Bewilligung gemäß TKG in vereinfachter Form zu erteilen, vorgesehen ist. Aus diesem Erkenntnis ist somit zur Auslegung der Begriffe "Einfuhr" bzw. "eingeführt" in § 70 Abs. 1 TKG nichts zu gewinnen. Ferner geben dafür, dass in § 70 TKG der Begriff der Einfuhr im zollrechtlichen Sinne zu verstehen sei, bei dem der Tatbestand der Einfuhr grundsätzlich erst mit dem Überführen der Ware in den zollrechtlich freien Verkehr erfüllt sei (vgl. Art. 201 Abs. 1 Zollkodex), weder die gesetzlichen Regelungen des TKG noch die Gesetzesmaterialien hiezu (siehe 759 BlgNR 20. GP, S. 53; vgl. auch 1293 BlgNR 18. GP, S. 21, zu dem inhaltlich gleich lautenden, früher geltenden § 7 FMG 1993) einen Anhaltspunkt. Vielmehr ist - wie sich aus dem Begriff "Einfuhr" vor dem Hintergrund der Umschreibung des Bundesgebietes in Art. 3 B-VG ergibt - unter der Einfuhr einer Funksendeanlage gemäß § 70 TKG das Verbringen der Anlage über die Grenze in das Bundesgebiet - im Beschwerdefall unstrittig von "Florida/USA" nach Graz - zu verstehen, unabhängig von der zollrechtlichen Behandlung einer solchen Anlage. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer die verfahrensgegenständlichen Funksendeanlagen ordnungsgemäß zollrechtlich gestellt hat, vermag somit an der zutreffenden Beurteilung der Behörde, der Beschwerdeführer habe diese Gegenstände nach Österreich eingeführt, nichts zu ändern, weshalb auch die Rüge, die belangte Behörde habe diesem Umstand im angefochtenen Bescheid nicht hinreichend Rechnung getragen, fehl geht.

2.3. Der Beschwerdeführer macht weiters Schuldausschließungsgründe im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG geltend. Er habe nicht wissen können, dass diese Geräte bewilligungspflichtig gemäß TKG seien, und er habe auch nicht erkennen können, dass es sich um Funksendeanlagen im Sinne des § 70 Abs. 1 TKG gehandelt habe. Weiters habe er sich bei einer namhaften österreichischen Spedition erkundigt, was bei der Einfuhr der Geräte vorzukehren sei. Auch dieses Vorbringen geht fehl. Die Unkenntnis eines Gesetzes kann gemäß der hg. Judikatur (vgl. die in Walter - Thienel, Verwaltungsverfahren II2, S 90 f, in E. 166 und E. 168 angeführten hg. Erkenntnisse) nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Selbst guter Glaube stellt den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht her, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde anzufragen. In der Unterlassung von diesbezüglichen Erkundigungen liegt mindestens ein fahrlässiges Verhalten. In diesem Sinne war es Sache des eine Einfuhr der in Rede stehenden Gegenstände in Aussicht nehmenden Beschwerdeführers, sich in diesem Sinn selbst mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und es nicht bei Erkundigungen lediglich bei einem privaten Unternehmen bewenden zu lassen. Hiezu hätte er sich nach der hg. Rechtsprechung bei der Behörde und/oder einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person oder Stelle Gewissheit verschaffen müssen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1989, Zl. 85/08/0064).

2.4. Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, dass es sich bei der Verfallsregelung im § 104 Abs. 5 TKG um eine "Kann-Bestimmung" handelt. Es läge somit im Ermessen der Behörde, ob ein Verfallsausspruch gefällt werde. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müssten Ermessensentscheidungen begründet werden. Dieser Begründungspflicht sei die belangte Behörde nicht nachgekommen, vielmehr hätte sie die Bestimmung zu Unrecht als "Muss-Bestimmung" ausgelegt. Dem ist zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer in der Berufung gegen den Verfall und deren Begründung durch die erstinstanzliche Behörde keinen Einwand erhoben hat. Die Berufungsbehörde war somit nicht veranlasst, zu dieser Problematik Stellung zu nehmen. Die erstinstanzliche Behörde hat den Verfall der verfahrensgegenständlichen Geräte damit begründet, dass sie in Österreich nicht typenzugelassen seien und auf nicht zugelassenen Frequenzen arbeiten würden, die Erteilung einer Bewilligung zur Einfuhr und in weiterer Folge zur Errichtung und zum Betrieb der Geräte komme somit nicht in Betracht. Diese Begründung, die infolge der die Berufung abweisenden Erledigung der belangten Behörde auch Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides geworden ist, stellt nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofe eine ausreichende Begründung für die Entscheidung betreffend den Verfall der Gegenstände dar. Aus dieser Begründung ergibt sich auch nicht, dass § 104 Abs. 5 TKG nicht als Ermessensbestimmung gedeutet worden wäre. Wenn der Beschwerdeführer meint, es hätte eine insofern andere gelindere Maßnahme zur Sicherstellung erfolgen können, als die verfahrensgegenständlichen Geräte mit der Auflage ausgefolgt würden, die sofortige Ausfuhr in das Herkunftsland mittels Urkunden nachzuweisen, genügt es, ihn darauf zu verweisen, dass in dieser Hinsicht keine gesetzliche Grundlage besteht. Der Verwaltungsgerichtshof kann den gemäß § 104 Abs. 5 TKG erfolgten Ausspruch auf Verfall der verfahrensgegenständlichen Geräte im Hinblick auf das zu Grunde liegende Verwaltungsdelikt auch nicht als unangemessen qualifizieren.

2.5. Die Beschwerde war daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 29. April 2002

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000030016.X00

Im RIS seit

19.07.2002

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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