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21/06 Wertpapierrecht;Norm
WAG 1997 §20 Abs1 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des Ing. Mag. TB in Graz, vertreten durch Dr. Dieter Rautnig, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Joanneumring 11, gegen den Bescheid der Bundes-Wertpapieraufsicht vom 25. Jänner 2002, Zl. W00494/2001- 0435, betreffend Konzession für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen nach dem Wertpapieraufsichtsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Mit Eingabe vom 1. Juli 2001 habe der Beschwerdeführer die Erteilung einer Konzession für die gewerbliche Erbringung von in § 1 Abs. 1 Z 19 lit. a und c des Bankwesengesetzes, BGBl. Nr. 532/1993 (im Folgenden: BWG), genannten Dienstleistungen, jeweils eingeschränkt auf Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen (Investmentfonds), nach § 19 Abs. 1 Z 1 und § 20 Abs. 4 des Wertpapieraufsichtsgesetzes - WAG, BGBl. Nr. 753/1996 idgF, beantragt. Aus den vorgelegten Unterlagen sei hervorgegangen, dass der Beschwerdeführer von 1983 bis 1988 die HTBLA für Elektrotechnik in Weiz (Matura im Mai 1988) besucht und von 1988 bis 1997 Betriebswirtschaft in den speziellen Fächern "Industriebetriebslehre" und "Bank- und Versicherungsbetriebslehre" an der Universität Graz studiert habe. Seit 1993 studiere der Beschwerdeführer Rechtswissenschaften an der Universität Graz. Von 1989 bis 1997 habe der Beschwerdeführer als Elektriker bei der Fa. Elektro B gearbeitet. Im Oktober 1992 sei dem Beschwerdeführer die Standesbezeichnung "Ingenieur" verliehen worden. Von September 1998 bis 12. November 2001 habe der Beschwerdeführer als freier Mitarbeiter bei dem konzessionierten Wertpapierdienstleistungsunternehmen "E GmbH" in Graz gearbeitet. Im Jahr 2001 sei der Beschwerdeführer als Förderberater bei der Fa. "b" in Graz tätig gewesen. Die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für das Jahr 1998 habe Einnahmen des Beschwerdeführers in der Höhe von S 13.826,70 und Ausgaben von S 29.053,75 ausgewiesen. Im Jahr 1999 seien Einnahmen in der Höhe von S 35.185,-- erwirtschaftet und Ausgaben von S 53.689,25 getätigt worden. Im Jahr 2000 stünden Einnahmen von S 71.555,84 Ausgaben von S 75.932,02 gegenüber.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 20 Abs. 1 Z 3 WAG iVm § 56 AVG ab.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des sich aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen ergebenden Sachverhaltes aus, der Beschwerdeführer habe in einer Befragung vom 7. November 2001 vor der belangten Behörde angegeben, dass es sich bei den Einnahmen ausschließlich um Provisionen aus der Vermittlung von Investmentfonds gehandelt habe. Zu den Verlusten befragt, habe er angegeben, dass diese deswegen entstanden seien, weil seine Kunden weit verstreut wohnten und er diese Kunden häufig besuche. Auf die Frage, aus welchen Mitteln er seinen Lebensunterhalt während der Beschäftigungszeit bei der Fa. E GmbH bestritten habe, habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er im Jahr 1998 Arbeitslosengeld und in den Jahren 1999 und 2000 Notstandshilfe bezogen habe. Das Haus, in dem er wohne, gehöre seinem Vater, sodass er keine Miete zahle. Er beziehe neben den Einkünften aus der Tätigkeit als Investmentfondsberater weitere Einkünfte als Unternehmensberater, werde diese Tätigkeit aber nur bis zum Ende des Jahres 2001 ausüben.
In der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes gehe die belangte Behörde davon aus, es werde in § 20 Abs. 1 Z 3 WAG als eine Voraussetzung für die Erteilung einer Konzession gefordert, dass die Geschäftsleiter auf Grund ihrer Vorbildung fachlich geeignet seien und die für die Erbringung von Finanzdienstleistungen erforderlichen Eigenschaften und Erfahrungen hätten. Diese erforderlichen Eigenschaften und Erfahrungen könnten durch mehrjährige praktische Tätigkeit im Wertpapierbereich und zusätzlich durch den nachgewiesenen Besuch von einschlägigen Aus- und Weiterbildungseinrichtungen erreicht werden. Insbesondere könnten die zuvor genannten Erfordernisse als gegeben angenommen werden, wenn ein Geschäftsleiter entweder
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über den Gewerbeschein für den Vermögensberater und Verwalter von beweglichem Vermögen verfüge und eine mindestens über drei Jahre ausgeübte einschlägige Tätigkeit als Angestellter oder Selbständiger im Wertpapierbereich nachweisen könne oder
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drei Jahre in leitender Position bei einem Unternehmen im Wertpapierbereich oder
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fünf Jahre als Angestellter bei einem Unternehmen im Wertpapierbereich tätig gewesen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 19. März 2001, Zl. 2000/17/0135, alle notwendigen Voraussetzungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 3 WAG zusammengefasst, welche kumulativ in der Person des Geschäftsleiters vorliegen müssten:
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seine fachliche Eignung auf Grund seiner Vorbildung,
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die für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen erforderlichen Eigenschaften und
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die für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen erforderlichen Erfahrungen.
Eine Konzession sei somit nur dann zu vergeben, wenn neben der (für sich allein nicht ausreichenden) fachlichen Eignung auch eine ausreichende praktische Erfahrung der vorgesehenen Geschäftsleiter vorliege. Diese praktischen Erfahrungen müssten im Umfang der beantragten konzessionsgegenständlichen Geschäfte gesammelt werden und aus einer rezenten wie nachhaltig ausgeübten beruflichen Tätigkeit resultieren.
Mögliche relevante Berufserfahrungen hätten vom Beschwerdeführer allenfalls in der Zeit vom 29. September 1998 bis 12. November 2001 als freier Mitarbeiter bei der Fa. E GmbH gesammelt werden können. Wie in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt worden sei, hätten in den Jahren 1998 bis 2000 Provisionen nur in geringem Ausmaß lukriert werden können und habe diese Tätigkeit nur mit Verlust ausgeübt werden können. Ein wirtschaftliches Überleben sei nur durch den Bezug von Arbeitslosenunterstützung und Notstandshilfe möglich gewesen. Es entspreche der Lebenserfahrung, dass die Intensität der Ausübung der Dienstleistung nicht in einer für die Bestreitung eines laufenden Lebensfundamentes ausreichenden Art und Weise erfolgt und diese Tätigkeit offenkundig nur sporadisch ausgeübt worden sei. In Ermangelung sonstiger Hinweise ließen Provisionseinnahmen von insgesamt S 120.567,54 in drei aufeinanderfolgenden Jahren nicht auf eine intensive und nachhaltige Vermittlungstätigkeit schließen, zumal die Provisionen für die Jahre 1998 und 1999 nur S 13.826,70 bzw. S 35.185,-- betragen hätten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Erteilung einer Konzession zur gewerblichen Erbringung der Dienstleistungen der Beratung über die Veranlagung von Kundenvermögen, eingeschränkt auf Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen (Investmentfonds) nach § 1 Abs. 1 Z 19 lit. a BWG und der Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten zum Erwerb oder zur Veräußerung von einem oder mehreren der in § 1 Abs. 1 Z 7 lit. b bis f BWG genannten Instrumente im Rahmen der im Art. 2 Abs. 2 lit. g der Richtlinie 93/22/EWG angeführten Schranken, eingeschränkt auf Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen (Investmentfonds), auch über natürliche Personen als freie Mitarbeiter gemäß § 19 Abs. 2a WAG, beschwert erachtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 12. Dezember 2001, G 269/01 und Folgezahlen, eine Reihe von Bestimmungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes - WAG, BGBl. Nr. 753/1996, als verfassungswidrig aufgehoben. Die Bestimmungen betrafen die Organisation der belangten Behörde. Die Aufhebung tritt nach dem Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes mit Beginn des 1. April 2002 in Kraft. Der hier vorliegende Beschwerdefall stellt keinen Anlassfall im Sinne des Art. 140 Abs. 7 B-VG dar. Gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG ist auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Ein derartiger Ausspruch ist in dem genannten Erkenntnis nicht enthalten.
Im Beschwerdefall ist daher das WAG in der Fassung vor Wirksamwerden der Aufhebung durch das genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes anzuwenden.
2. §§ 19 und 20 Abs. 1 WAG lauten (auszugsweise):
§ 19. (1) Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist, wer
1. eine oder mehrere der Dienstleistungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 19 BWG gewerblich erbringt,
2.
kein Kreditinstitut gemäß § 1 Abs. 1 BWG ist und
3.
seine Berechtigung zur Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 19 nicht auf die §§ 9 ff BWG gründet.
(2) Die Erbringung der in § 1 Abs. 1 Z 19 BWG genannten Dienstleistungen bedarf der Konzession der BWA, ...
(3) Die Konzession ist bei sonstiger Nichtigkeit schriftlich zu erteilen; sie kann mit entsprechenden Bedingungen und Auflagen versehen werden, auch nur auf einzelne oder mehrere Geschäfte nach § 1 Abs. 1 Z 19 BWG lauten und Teile von einzelnen Dienstleistungen aus dem Konzessionsumfang ausnehmen. Hinsichtlich des Antrags auf Erteilung einer Konzession ist § 4 Abs. 3 BWG anzuwenden.
...
§ 20. (1) Die Konzession ist zu erteilen, wenn:
...
3. die Geschäftsleiter auf Grund ihrer Vorbildung fachlich geeignet sind und die für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen erforderlichen Eigenschaften und Erfahrungen haben;
..."
3. In dem von der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides genannten Erkenntnis vom 19. März 2001, Zl. 2000/17/0135, hat der Verwaltungsgerichtshof zum Erfordernis der "erforderlichen Erfahrungen" der Geschäftsleiter ausgeführt, dass § 20 Abs. 1 Z 3 WAG keine dem § 5 Abs. 1 Z 8 BWG entsprechende gesetzliche Vermutung der fachlichen Eignung enthalte. In diesem Erkenntnis hat es der Verwaltungsgerichtshof dahingestellt lassen, ob aus dem Hinweis in den Materialien zum Gesetz (RV 369 BlgNR 20. GP, 61) abzuleiten sei, dass die fachliche Eignung für die Leitung eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens in aller Regel anzunehmen sei, wenn der vorgesehene Geschäftsleiter eine zumindest dreijährige leitende Tätigkeit bei einem Unternehmen vergleichbarer Größe und Geschäftsart nachweise, da in dem Beschwerdefall die Voraussetzung einer derartigen dreijährigen Tätigkeit nicht gegeben war.
Es könne umgekehrt - selbst wenn § 5 Abs. 1 Z 8 letzter Halbsatz BWG im Bereich des § 20 Abs. 1 Z 3 WAG eine gewisse Rolle spielen sollte - aus dem Nichtvorliegen der dort umschriebenen Voraussetzung nicht schon abgeleitet werden, dass die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Z 3 WAG überhaupt nicht gegeben wären. Die belangte Behörde hätte zutreffend das Vorliegen der Erfahrungen nach den individuellen Verhältnissen geprüft und im Beschwerdefall das Vorliegen der Erfahrungen des Komplementärs der Beschwerdeführerin gemäß § 20 Abs. 1 Z 3 WAG beurteilt. Im damaligen Beschwerdefall trat der Verwaltungsgerichtshof der Einschätzung der belangten Behörde nicht entgegen, dass relevante Berufserfahrungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 3 WAG beim Geschäftsleiter allenfalls im Hinblick auf eine Tätigkeit in zwei verschiedenen Banken vom Dezember 1993 bis Mai 1996 vorgelegen seien. Die aus dieser Tätigkeit im Jahre 1997 angefallenen Provisionen von S 60.000,-- und in den Jahren 1998 und 1999 angefallenen Provisionen von S 3.000,-- fielen jedoch im vorliegenden Zusammenhang nicht nachhaltig ins Gewicht. Eine intensive berufliche Tätigkeit sei im damaligen Beschwerdefall bereits vier Jahre zurückgelegen, sodass der Einschätzung der belangten Behörde, dass keine ausreichenden Erfahrungen vorgelegen seien, im Hinblick auf die Dynamik des Wertpapiermarktes nicht entgegengetreten werden könnte.
4. Im vorliegenden Beschwerdefall hat die belangte Behörde die Verneinung des Vorliegens der Erfahrungen gemäß § 20 Abs. 1 Z 3 WAG auf ihre Feststellungen hinsichtlich der vom Beschwerdeführer vereinnahmten Provisionen aus seiner Tätigkeit als freier Mitarbeiter der E GmbH in den Jahren 1998 bis 2001 (welche der Art nach an sich geeignet gewesen wäre, einschlägige Erfahrung zu sammeln) gestützt. Sie ist zum Schluss gekommen, dass auf Grund der geringfügigen Provisionserlöse nur eine sporadisch ausgeübte Tätigkeit vorgelegen sei. Im Hinblick auf die oben dargestellte Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 19. März 2001 kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie aus der geringen Höhe der Provisionen geschlossen hat, dass der Beschwerdeführer aus der Tätigkeit bei der Fa. E GmbH keine ausreichend intensiven Erfahrungen erworben habe, sodass die gesetzliche Voraussetzung gemäß § 20 Abs. 1 Z 3 WAG nicht vorgelegen sei.
5. Wenn in der Beschwerde in diesem Zusammenhang ein vom Beschwerdeführer vorgelegtes Zertifikat der Fa. E GmbH mit dem Text "Zertifikat für Herrn Ing. Mag. TB. Sie haben das Seminar 'Gewinnung von Geschäftspartnern' absolviert. Vollziehen Sie den Aufbau Ihres Teams, denn der Grundstein Ihres Unternehmens liegt in den Anfängen des Rekrutierens. Die Geschäftsleitung der Fa. E. Graz, den 20.5.1999" ins Treffen führt, so ist dazu zu bemerken, dass dieses Zertifikat lediglich die Absolvierung des darin genannten Seminares dartut, jedoch keinerlei Beleg für die vom Beschwerdeführer nach Absolvierung dieses Seminars entfaltete Tätigkeit darstellt. Die belangte Behörde hat die Abweisung des Konzessionsansuchens nicht auf fehlende fachliche Eignung des Beschwerdeführers auf Grund seiner Vorbildung, sondern auf das Fehlen der erforderlichen Erfahrungen gestützt. Auch eine Berücksichtigung des in der Beschwerde genannten Zertifikates hätte daher zu keinem anderen Bescheid führen können. Ein Verfahrensmangel hinsichtlich der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes liegt insofern nicht vor.
6. Hinsichtlich des in der Beschwerde der Sache nach geltend gemachten Verfahrensmangels im Zusammenhang mit der Ermittlung der Provisionseinnahmen ergibt sich aus der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde selbst, dass die von der belangten Behörde genannten Zahlen übernommen und somit nicht bestritten werden. Es ist daher unerfindlich, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde hätte kommen können.
7. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 29. April 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002170041.X00Im RIS seit
19.09.2002