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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AlVG 1977 §34 Abs1 idF 1997/I/078;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der G in S, vertreten durch Dr. Edeltraud Fichtenbauer, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Kärntner Ring 10, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom 24. März 1999, Zl. LGS NÖ/JUR/12181/1999, betreffend Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die in Stuttgart geborene Beschwerdeführerin ist - nach ihren Angaben in der Beschwerde - seit 1997 österreichische Staatsbürgerin. Auf Grund eines am 9. Juni 1998 bei der regionalen Geschäftsstelle Hollabrunn des AMS gestellten Antrages bezog sie bis 4. Jänner 1999 Arbeitslosengeld. Mit Wirkung vom 5. Jänner 1999 beantragte sie die Zuerkennung von Notstandshilfe.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Notstandshilfe mit der Begründung ab, die Beschwerdeführerin erfülle nicht die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 AlVG "idF BGBl. I Nr. 55/1998".
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die Beschwerdeführerin zieht in der Beschwerde aus der in der Bestimmung des § 79 Abs. 47 AlVG enthaltenen Formulierung "§ 34 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 167/1998 tritt mit 1. April 1998 in Kraft und gilt bei erstmaliger Zuerkennung von Notstandshilfe nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld, Karenz(urlaubs)geld oder Notstandshilfe gemäß § 34 Abs. 4 in der Fassung vor dem 1. April 1998" den Schluss, dass im Beschwerdefall § 34 Abs. 1 und 3 AlVG in der vor dem 1. April 1998 geltenden Fassung anzuwenden sei. Diese Ansicht der Beschwerdeführerin beruht offenbar auf einem Missverständnis des wiedergegebenen Gesetzeswortlautes, weil die Bezugnahme auf "§ 34 Abs. 4 in der Fassung vor dem 1. April 1998" nur für die nach dieser Rechtslage in bestimmten Fällen vorgesehene Befristung des Anspruches auf Notstandshilfe und die sich daraus - nach der damaligen Rechtslage - ergebende Möglichkeit einer "Erschöpfung" des Anspruches auf Notstandshilfe gilt. Auch in einem solchen Fall ist nach § 79 Abs. 47 AlVG die Bestimmung des § 34 AlVG in der Fassung BGBl. I Nr. 167/1998 anzuwenden. Dass im Fall der Beschwerdeführerin - nämlich "bei erstmaliger Zuerkennung von Notstandshilfe nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld" - nichts Anderes gilt, ergibt sich unmittelbar aus dem insoweit unmissverständlichen Text der zitierten Gesetzesstelle. Für die Ansicht der Beschwerdeführerin, ihr Anspruch auf Zuerkennung der Notstandshilfe nach Erschöpfung ihres Anspruches auf Arbeitslosengeld am 4. Jänner 1999 sei nach der am 31. März 1998 außer Kraft getretenen Rechtslage zu beurteilen, fehlt demnach jede Grundlage im Gesetz.
Somit hat die belangte Behörde für die Beurteilung des Anspruches auf Notstandshilfe zutreffend die ab dem 1. April 1998 in Geltung gewesene Fassung des § 34 AlVG (Abs. 1 und 2 idF BGBl. I Nr. 78/1997; Abs. 3 idF BGBl. I Nr. 167/1998) angewendet. Die von der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides der Bestimmung des § 34 Abs. 1 AlVG fälschlich zugeordnete Fassung "BGBl. I Nr. 55/1998", womit ausschließlich § 79 Abs. 40 AlVG geändert worden ist, ist deswegen ohne Belang, weil sich allein aus dem Wortlaut der von der belangten Behörde wiedergegebenen Norm die Richtigkeit der angewendeten Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 78/1997 ergibt.
Mit Erkenntnis vom 9. Juni 1999, G 48-55/99, kundgemacht mit BGBl. I Nr. 193/1999, hat der Verfassungsgerichtshof § 34 Abs. 1 AlVG in der von der belangten Behörde angewendeten Fassung aufgehoben und ausgesprochen, die aufgehobene Bestimmung sei nicht mehr anzuwenden. Sie ist daher auch der Prüfung des hier angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof nicht zu Grunde zu legen (vgl. dazu beispielsweise das Erkenntnis vom 21. September 1999, Zl. 98/08/0327).
Da die belangte Behörde ihre Entscheidung auf die nicht mehr anzuwendende Bestimmung gestützt und den Antrag der Beschwerdeführerin mit dieser Begründung abgewiesen hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Umrechnung der entrichteten Stempelgebühren gründet sich auf § 3 Abs. 2 Z 2 Eurogesetz BGBl. I Nr. 72/2000. Das auf den Ersatz von Umsatzsteuer gerichtete Begehren war
abzuweisen, weil der durch Verordnung festgesetzte pauschalierte Schriftsatzaufwand auch die Umsatzsteuer deckt.
Wien, am 30. April 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999080066.X00Im RIS seit
14.08.2002