Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1994 §367 Z25;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. Peter Kunz, Dr. Georg Schima, Dr. Eberhard Wallentin und Dr. Thomas Wallentin, Rechtsanwälte in 1090 Wien, Porzellangasse 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 16. Jänner 2002, Zl. UVS- 04/V/35/7114/2001/7, betreffend Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2001, Zl. 2001/04/0137, verwiesen.
Im fortgesetzten Verfahren erging der nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid, mit dem der Berufung hinsichtlich des Ausspruches über die Strafe und den Kostenersatz insofern Folge gegeben wurde, als die zu den Spruchpunkten 1) und
2) verhängten Geldstrafen von je ATS 30.000,-- (entspricht jeweils EUR 2.180,19) auf je EUR 1.450,-- (entspricht jeweils ATS 19.952,44) und die für den Fall der Uneinbringlichkeit verhängten Ersatzfreiheitsstrafen von je zwei Wochen auf je neun Tage sowie die zu Spruchpunkt 3) verhängte Geldstrafe von ATS 30.000,-- (entspricht EUR 2.180,19) auf EUR 1.090,-- (entspricht ATS 14.998,73) und die für den Fall der Uneinbringlichkeit verhängte Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Wochen auf sieben Tage herabgesetzt werden.
In der Begründung heißt es im Wesentlichen, dass die in Rede stehende Türe - entgegen der zudem bloß allgemein gehaltenen Behauptung von An- und Ablieferungsvorgängen - nicht bloß kurzfristig (aus dem dem angefochtenen Straferkenntnis zu Grunde liegenden Erhebungsbericht gehe hervor, dass die Erhebung vom 30. Mai 2002 3/2 Stunden gedauert habe, während der der Zeuge J. seinen Angaben nach im Bereich des Flaschenrückgabeautomaten keine Anlieferungsmanipulationen wahrgenommen habe) während des Transportes der unverzüglich benötigten Waren vom Lagerraum in den Verkaufsraum mittels der in Rede stehenden Kartonagen in Offenstellung fixiert gewesen sei.
Hinsichtlich der in den Spruchpunkten 2) und 3) angelasteten Einengungen des Fluchtganges sowie des Hauptverkehrsweges im Verkaufsraum heißt es (u.a.), dass der Fluchtweg aus dem hintersten Verkaufsbereich im Bereich des Fluchtganges durch Kartonagen, Obstkisten (leer und voll, ca. 50 Stück bis zu einer Höhe von ca. 1,5 m) von 1,4 m auf ca. 0,6 m (also in einem Ausmaß von mehr als der Hälfte der Breite des Fluchtganges, womit die verbleibende Breite des Fluchtganges von ca. 0,6 m nur die Hälfte der im Verkaufsraum für einen bloßen Nebenverkehrsweg vorgeschriebenen Breite erreicht habe) und der Hauptverkehrsweg im Verkaufsraum am 29. Mai 2000 im Eingangsbereich, entlang des internen Ganges und im Kassenstauraum beim Getränkebereich durch Zweitplatzierungskörbe und Zusatzplatzierungen (Waschpulver, Getränke, Speiseöl, Hundefutter u.dgl.) von 1,8 m auf ca. 1,2 m (also in einem Ausmaß von einem Drittel der gesamten Hauptverkehrswegbreite, womit im Ergebnis die für den Kundenschutz in der gegenständlichen Betriebsanlage erforderlich erachtete Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebenverkehrswegen aufgehoben worden sei) eingeengt gewesen sei, wobei auf Grund des festgestellten Ausmaßes der beanstandeten Einengungen keinesfalls von einer bloß "minimalen Einengung des Verkehrsraumbereiches" die Rede sein könne.
Wie es sodann in der rechtlichen Beurteilung weiters heißt, schädigten die Taten in nicht unerheblichem Maße das durch die gesetzliche Vorschrift geschützte Interesse an der Einhaltung von Bescheidauflagen für gewerbliche Betriebsanlagen, die ein gefahrloses Betreiben der Betriebsanlage gewährleisten sollten. Der objektive Unrechtsgehalt der Taten sei daher im gegenständlichen Fall selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen keinesfalls als gering anzusehen, zumal die gegenständliche Türe im Brandfall auf Grund ihrer Fixierung in Offenstellung mittels Kartonagen nicht selbständig geschlossen hätte, sodass die Bildung von Brandabschnitten nicht gewährleistet und dadurch eine flächenmäßige Ausbreitung eines Brandes begünstigt gewesen wäre und im Brandfall auch die Flucht der Kunden infolge des auf ca. 0,6 m eingeengten Fluchtganges sowie der auf ca. 1,2 m eingeengten Bereiche des Hauptverkehrsweges nicht gewährleistet und das Leben oder die Gesundheit dieser Personen gefährdet gewesen wäre. Dass die Einhaltung der Auflagen eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Übertretungen aus besonderen Gründen nur schwer hätten vermieden werden können, sei weder hervorgekommen noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen, weshalb auch das Verschulden des Beschwerdeführers nicht als geringfügig angesehen werden könne. Im vorliegenden Fall sei daher davon auszugehen, dass das tatbildmäßige Verhalten des Beschwerdeführers nicht hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückgeblieben sei, sodass schon aus diesem Grund die gesetzlichen Voraussetzungen für das vom Beschwerdeführer begehrte Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs. 1 VStG nicht vorlägen. Bei der Strafbemessung seien zahlreiche (11) Vorstrafen wegen Nichteinhaltung von in Betriebsanlagengenehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Bescheidauflagen als erschwerend zu werten. Milderungsgründe seien keine hervorgekommen. Zwar seien die bisher über den Beschwerdeführer verhängten Geldstrafen nicht geeignet gewesen, ihn von der Begehung weiterer gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten, und sei die erstinstanzliche Behörde daher zu Recht davon ausgegangen, dass aus spezialpräventiven Gründen nunmehr die Verhängung höherer Strafen erforderlich sei, so erschienen die von der erstinstanzlichen Behörde verhängten Geldstrafen dennoch bei Weitem als überhöht. Obwohl die erstinstanzliche Behörde entgegen den diesbezüglichen Ausführungen in der Berufung bei ihrer Strafbemessung zu Recht von durchschnittlichen finanziellen Verhältnissen ausgegangen sei, seien die verhängten Strafen aus dem oben genannten Grund dennoch auf das im Spruch ersichtliche Ausmaß herabzusetzen gewesen, wobei bei der Neufestsetzung der zu Spruchpunkt 3) verhängten Strafe darüber hinaus auch zu berücksichtigen gewesen sei, dass der Berufung zu diesem Spruchpunkt hinsichtlich der Tatanlastung, wonach auch der Quergang im mittleren Bereich des Verkaufsraumes eingeengt gewesen sei, Folge gegeben worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Von der Erstattung einer Gegenschrift wurde abgesehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonstige nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach dem Abs. 2 dieser Bestimmung sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Soweit in der Beschwerde die Beweiswürdigung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, die Türe sei mittels Kartonagen nicht bloß kurzfristig in Offenstellung fixiert gewesen, damit bekämpft wird, im Zuge seiner Einvernahme in der Verhandlung am 25. Mai 2001 habe der Zeuge J. angegeben, dass es kurz vor seiner Erhebung am 29. Mai 2000 eine Anlieferung gegeben habe und nur während seiner Amtshandlung habe es im Bereich des Flaschenrücknahmeautomaten keine Anlieferungsmanipulationen gegeben, so vermag damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt zu werden. Wird doch damit der Auffassung der belangten Behörde, eine Offenstellung der Türe durch einen Zeitraum von 3/2 Stunden könne nicht bloß als kurzfristiges Offenhalten während des Transportes der unverzüglich benötigten Waren vom Lagerraum in den Verkaufsraum qualifiziert werden, gar nicht entgegen getreten. In der Beschwerde wird auch gar nicht behauptet, dass während dieser 3/2 Stunden noch ein Anund/oder Ablieferungsvorgang stattgefunden habe.
Wenn in der Beschwerde davon die Rede ist, dass durch die Fixierung der Türe in Offenstellung sowie "die noch dazu minimale Einengung des Verkehrsraumbereiches" nur eine minimale Gefährdung bewirkten, so vermag der Verwaltungsgerichtshof dem nicht zu folgen. Wird doch in der Beschwerde gar nicht (in konkretisierter Form) die Annahme der belangten Behörde bestritten, dass der Fluchtweg aus dem hintersten Verkaufsbereich im Bereich des Fluchtganges durch Kartonagen und Obstkisten von 1,4 m auf ca. 0,6 m und der Hauptverkehrsweg im Verkaufsraum im Eingangsbereich, entlang des internen Ganges und im Kassenstauraum beim Getränkebereich durch Zweitplatzierungskörbe und Zusatzplatzierungen von 1,8 m auf ca. 1,2 m (also in einem Ausmaß von einem Drittel der gesamten Verkaufswegebreite) eingeengt gewesen sei. Vor allem ist aber darauf zu verweisen, dass die von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen - und diesbezüglich vom Beschwerdeführer auch nicht bestrittenen - Einengungen im Falle des fluchtartigen Verlassens der Betriebsanlage durch viele Personen gleichzeitig eine wesentliche Beeinträchtigung und daher eine Gefährdung von Personen darstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2002, Zl. 2001/04/0203).
Vor diesem Hintergrund vermag das - wohl unter dem Aspekt des "Ausmaßes des Verschuldens" im Grunde des § 19 Abs. 2 VStG gemachte - Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer habe sämtliche Mitarbeiter ausdrücklich darüber instruiert, dass die im rechtskräftigen Bescheid angeführten brandhemmenden Türen zur Sicherheit der Mitarbeiter und Kunden nur ausnahmsweise und allenfalls kurzfristig zwecks Durchführung unbedingt erforderlicher Arbeiten und zwar ausschließlich während An- und Ablieferungsvorgängen - unter Beaufsichtigung - offen gehalten werden dürften, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. Dass mit einer derartigen Anordnung unter vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften aus gutem Grund nicht erwartet werden können (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 9. Dezember 1997, Zl. 97/04/0107), zeigt gerade der Beschwerdefall, wobei auch ins Gewicht fällt, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen ist, welches konkrete "Kontrollsystem" bestehe.
Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Tagessatzsystem ist dem Verwaltungsstrafverfahren fremd (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2002, Zl. 2001/04/0203). Im Übrigen ist, soweit eine Relation zwischen den verhängten Strafen und der Regelung des § 16 Abs. 2 VStG über die Ersatzfreiheitsstrafe hergestellt wird, darauf zu verweisen, dass die Ersatzfreiheitsstrafe nach den Strafzumessungsregeln des § 19 VStG festzusetzen ist, wonach - ohne dass ein bestimmter Umrechnungsschlüssel im Verhältnis zwischen Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe Anwendung zu finden hätte - ausschließlich maßgebend ist, ob die Behörde von ihrem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/04/0034).
Auch sonst ist nicht zu finden, dass die belangte Behörde bei der Strafbemessung von ihrem Ermessen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1995, Zl. 93/04/0110, und die dort zitierte Vorjudikatur) nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hätte. Die von der belangten Behörde als maßgebend erachtete Erwägung, es lägen beim Beschwerdeführer mehrere einschlägige Vorstrafen vor, bestreitet dieser nicht. Es ist daher in diesem Punkt auf die ständige hg. Judikatur hinzuweisen, wonach eine Strafbemessung, die vom Gedanken getragen ist, die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften durch Verhängung einschneidender und im Wiederholungsfall entsprechend erhöhter Strafen zu erzwingen, nicht gesetzwidrig ist, insbesondere dann nicht, wenn das bisherige Strafausmaß nicht ausreichend war, um den Beschuldigten zur Einsicht und zur Einhaltung der Vorschriften zu bringen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 9. Mai 2001, Zl. 2001/04/0046, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Dabei vermag auch die Beschwerderüge, die belangte Behörde habe Feststellungen über die Einkommens- und Vermögenssituation des Beschwerdeführers offensichtlich auf Grund unrichtiger rechtlicher Beurteilung nicht getroffen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. War doch die Behörde mangels Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen im erstinstanzlichen Strafverfahren zu deren Einschätzung berechtigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/04/0034). Wenn sie dabei von durchschnittlichen finanziellen Verhältnissen ausgegangen ist, so wurde der Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten verletzt, wenn er in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid auf ein durchschnittliches monatliches Bruttoeinkommen des Beschwerdeführers von ca. S 35.000,--, Sorgepflichten für ein Kind und keinerlei Vermögen hinweist (und im angefochtenen Bescheid darauf nicht eingegangen wird). Dass bei derartigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen nicht von "durchschnittlichen finanziellen Verhältnissen" ausgegangen werden könne, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht zu finden und wird Derartiges in der Beschwerde auch gar nicht behauptet. Soweit aber in der Beschwerde eine Unrichtigkeit der Strafbemessung aus dem Umstand abzuleiten gesucht wird, dass der Beschwerdeführer zwischenzeitig (nach Erlassung des angefochtenen Bescheides) in vorzeitige Alterspension gegangen sei, genügt der Hinweis, dass der Verwaltungsgerichtshof im Grunde des § 41 Abs. 1 VwGG den angefochtenen Bescheid nur nach der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung gegebenen Sach- und Rechtslage zu überprüfen hat (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 553, referierte hg. Rechtsprechung).
Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 8. Mai 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002040022.X00Im RIS seit
17.07.2002