TE Vwgh Erkenntnis 2002/5/8 2001/04/0043

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Veröffentlicht am 08.05.2002
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §13 Abs1;
GewO 1994 §87 Abs1 Z1;
StGB §133 Abs1;
StGB §133 Abs2 Fall1;
StGB §298 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. Leutgeb, Dr. Rath, Rechtsanwälte OEG in 1030 Wien, Weißgerber Lände 40, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22. November 2000, Zl. MA 63 - W 157/00, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, nach der am 8. Mai 2002 durchgeführten Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Dr. Leutgeb, und der Vertreterin der belangten Behörde, Mag. Nussgruber, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 710,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung "Vermietung von Kraftfahrzeugen ohne Beistellung eines Lenkers" sowie "Handelsgewerbe gemäß § 124 Z. 10 GewO 1994" - im jeweils näher bezeichneten Standort - gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 GewO 1994 entzogen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 27. Jänner 1999 gemäß § 133 Abs. 1, Abs. 2 erster Fall StGB und § 298 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, bedingt auf drei Jahre verurteilt worden, weil er zwei Personen einen geleasten Pkw unrechtmäßig zugeeignet und den Auftrag erteilt habe, diesen zu verwerten. Zur Eigenart der strafbaren Handlung und der Persönlichkeit des Beschwerdeführers sei festgestellt worden, dass er die Veruntreuung "nicht im Affekt", sondern "mit Vorsatz wissentlich" ausgeübt und andererseits einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung wissentlich vorgetäuscht habe.

Wie es in der Begründung weiters heißt, sei dem in Rede stehenden Strafurteil zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer bei der Porsche Bank AG einen Pkw geleast gehabt habe, mit dem er auf Grund seiner Reparaturanfälligkeit nicht zufrieden gewesen sei. Nach den Feststellungen des Strafgerichtes habe der Beschwerdeführer im Zuge eines Gespräches mit einem Mitangeklagten diesem mitgeteilt, dass er diesen Pkw gerne "verschwinden" lassen wolle, zumal dieser auch vollkaskoversichert sei. Im Juni 1998 habe der Beschwerdeführer dem Mitangeklagten eine Kopie des Zulassungsscheines samt Originalschlüssel mit der Aussage übergeben, dass er den Pkw nicht mehr wieder sehen wolle. Der Pkw sei von einem Mitangeklagten in Ungarn um 400.000,-- Forint verkauft worden. Am 26. Juli 1998 habe der Beschwerdeführer schließlich beim Polizeikommissariat Floridsdorf den angeblichen Diebstahl des Pkws durch unbekannte Täter angezeigt.

In ihrer rechtlichen Beurteilung vertritt die belangte Behörde die Auffassung, die Erstbehörde habe richtig erkannt, dass bei der Prüfung der Frage der Erfüllung des Entziehungstatbestandes nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 sowohl auf die Eigenart der strafbaren Handlung als auch auf die Persönlichkeit des Verurteilten Bedacht zu nehmen sei. Der Beschwerdeführer habe sich nach der Feststellung des Strafgerichtes an seinen Bekannten mit dem Wunsch gewandt, er wolle den reparaturanfälligen Pkw "verschwinden" lassen, zumal dieser "vollkaskoversichert" sei. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe den Auftrag zur Veruntreuung nicht erteilt, sondern sei von den Mittätern dazu lediglich angestiftet worden, sei entgegen zu halten, dass der Beschwerdeführer bezüglich des Vergehens der Veruntreuung als unmittelbarer Täter, seine Mittäter hingegen als Beitragstäter verurteilt worden seien. Bezüglich der Behauptung, er habe die "falsche Anzeige" als "Vertuschungstat" begangen, sei darauf hinzuweisen, dass dieses Argument bereits vom Strafgericht im Hinblick auf den eigenständigen Unrechtsgehalt dieses Vergehens verworfen worden sei. Für die Beurteilung des ohne Einholung eines Gutachtens schon aus dem Strafurteil zu gewinnenden Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers sei daher ausreichend, dass er wegen einer vorsätzlichen strafbaren Handlung gegen fremdes Vermögen, das das Leasingunternehmen im Ausmaß von ca. 370.000,-- S hätte schädigen sollen, und wegen eines wissentlich begangenen Vergehens gegen die Strafrechtspflege verurteilt worden sei. Die Erstinstanz habe treffend darauf aufmerksam gemacht, dass der Beschwerdeführer diese Straftat im Alter von 58 Jahren, in einem Alter also, in dem die Persönlichkeitsentwicklung eines Menschen in der Regel bereits abgeschlossen sei, begangen habe. Überdies seien seit der Straftat noch nicht einmal zweieinhalb Jahre, seit der Verurteilungen noch nicht einmal zwei Jahre, vergangen. Es sei offenkundig und bedürfe daher keines weiteren Beweises, dass sowohl die Ausübung des Handelsgewerbes als auch das Vermieten von Kraftfahrzeugen ohne Beistellung eines Lenkers sehr wohl Gelegenheit zur Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten biete, insbesondere zur Begehung von Vermögensdelikten gegenüber Geschäftspartnern, Kunden, Versicherungsunternehmen etc. (z.B. bei Käufen von Kraftfahrzeugen unter Eigentumsvorbehalt oder bei Ausübung der Rechte gemäß §§ 34 ff GewO 1994).

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 26. Februar 2001, B 249/01-3, ab; antragsgemäß wurde die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 ist von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wer von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden ist, wenn die Verurteilung weder getilgt ist noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister (§ 6 des Tilgungsgesetzes 1972 in der jeweils geltenden Fassung) unterliegt.

Nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Ausschlussgründe des § 13 Abs. 1 oder 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht das Vorliegen des in der Verurteilung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 27. Jänner 1999 bestehenden Ausschlussgrundes gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994. Er meint aber (zunächst), die belangte Behörde übersehe, dass § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 nicht "ipso iure" mit § 13 Abs. 1 GewO 1994 gleichzusetzen sei.

Die Auffassung, dass derart die belangte Behörde die Rechtslage verkannt habe, teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht. Hat sich doch die belangte Behörde mit der Frage des Vorliegens des weiteren Tatbestandselementes des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994, nämlich die in der Eigenart der strafbaren Handlung und der Persönlichkeit des Verurteilten begründete Befürchtung der Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes, auseinander gesetzt.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag aber auch nicht zu finden, dass der belangten Behörde bei Beurteilung dieser Frage - im Hinblick auf das weitere unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemachte Beschwerdevorbringen - eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit unterlaufen sei:

Dabei ist zunächst darauf zu verweisen, dass die belangte Behörde bei der Prüfung der Frage des Tatbestandsmerkmales der Befürchtung, der Verurteilte werde die gleiche oder eine ähnliche Straftat bei Ausübung des Gewerbes begehen, zufolge der damit im Zusammenhang getroffenen gesetzlichen Anordnung, sowohl auf die Eigenart der strafbaren Handlung als auch auf das Persönlichkeitsbild des Verurteilten Bedacht zu nehmen ist, wobei auf den Umstand der erfolgten gerichtlichen Verurteilung abzustellen war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. März 1995, Slg. Nr. 14.226/A, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Was die Eigenart des nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 tatbestandsmäßigen strafbaren Verhaltens der festgestellten strafbaren Handlung betrifft, so ist es auf dem Boden des Beschwerdevorbringens nicht als unschlüssig zu erkennen, wenn die belangte Behörde sich diesbezüglich darauf stützte, sowohl die Ausübung des Handelsgewerbes als auch das Vermieten von Kraftfahrzeugen ohne Beistellung eines Lenkers biete Gelegenheit zur Begehung von Vermögensdelikten gegenüber Geschäftspartnern, Kunden, Versicherungsunternehmen etc. Soweit dabei vom Beschwerdeführer die Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fach der Berufskunde, mit dem gutachterlichen Auftrag der Beschreibung der Gewerbeberechtigung Handelsgewerbe und der Gewerbeberechtigung Vermietung von Kraftfahrzeugen ohne Beistellung eines Lenkers zum Beweis dafür, dass weder das eine noch das andere Berufsbild "klassisch" dafür geeignet sei, gleiche oder ähnliche Straftaten wie die in Rede stehenden zu begehen, und zum Beweis dafür, dass die sich auf diese Gewerbeberechtigung stützende Berufsausübung (Berufsbilder) keine "erhöhte" Gefahrensituation zur Verwirklichung gleicher oder ähnlicher Straftaten "im Verhältnis zur Nichtinnehabung solcher Gewerbeberechtigungen darstellt", gerügt wird, wird übersehen, dass es auf die Befürchtung, der Verurteilte werde die gleiche oder eine ähnliche Straftat bei Ausübung des Gewerbes begehen, ankommt und nicht (auch), dass das Gewerbe "klassisch" dafür geeignet sei, gleiche oder ähnliche Straftaten zu begehen, oder ob eine "erhöhte" Gefahrensituation vorliege.

Der belangten Behörde ist gleichfalls keine Rechtswidrigkeit anzulasten, wenn sie annahm, dass in Hinsicht auf die Persönlichkeit des Beschwerdeführers die Befürchtung bestehe, der Verurteilte werde die gleiche oder eine ähnliche Straftat bei Ausübung der Gewerbe begehen. Gerade das den Straftaten zu Grunde liegende Motiv gibt mit dem sich aus den Straftaten manifestierenden Charakter des Beschwerdeführers Anlass zur Befürchtung, der Beschwerdeführer werde, sollte er neuerlich in eine vergleichbare Situation geraten, wiederum einen Ausweg in ähnlichen Straftaten suchen.

Da ferner die nach der Annahme der belangten Behörde gegebene tatbestandsmäßige Befürchtung im Sinne der zitierten Gesetzesstelle sich bereits in der Art der strafgerichtlichen Verurteilungen manifestiert, erübrigte sich für die gewerberechtlich vorzunehmende Beurteilung die Durchführung des vom Beschwerdeführer angeführten Beweismittels, nämlich "auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der Psychologie ... zum Beweis dafür, dass der Einschreiter keine kriminellen Energien dahin gehend hat, weitere gleiche oder ähnliche Straftaten zu begehen". In diesem Zusammenhang ist es im Übrigen nicht nachvollziehbar, wenn der Beschwerdeführer geltend macht, nur der Zufall des Zusammentreffens mit Kriminellen hätte zur Tat geführt. Wird doch in der Begründung des angefochtenen Bescheides in einer nicht als rechtswidrig zu erkennenden Weise darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer bezüglich des Vergehens der Veruntreuung als unmittelbarer Täter, zwei Mittäter hingegen als Beitragstäter verurteilt wurden (der Beschwerdeführer den Auftrag erteilt habe).

Ebenso ist für den Verwaltungsgerichtshof die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels nicht zu erkennen, wenn geltend gemacht wird, im Hinblick auf den abgegebenen Rechtsmittelverzicht des Beschwerdeführers habe keine Gelegenheit bestanden, die Feststellungen des Strafgerichtes zu bekämpfen und "schon allein aus diesem Grund" der Antrag gestellt worden sei, den gesamten Strafakt beizuschaffen, weil nur durch Kenntnis des gesamten Strafaktes der Behörde die Möglichkeit offen gestanden sei, ein mängelfreies Beweisverfahren unter Bedachtnahme auf das Vorbringen des Beschwerdeführers durchzuführen. Zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde gelangt wäre, wird in der Beschwerde (in konkretisierter Form) nicht dargetan, sondern lediglich allgemein behauptet, die belangte Behörde hätte "zur Feststellung gelangen müssen, dass das Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers eine positive Zukunftsprognose zulässt und darüber hinaus die von ihm ausgeübten Gewerbe keinesfalls dazu geneigt sind, gleichartige Straftaten zu begehen".

Was aber die Hinweise des Beschwerdeführers betrifft, die Entziehung der Gewerbeberechtigung vernichte die wirtschaftliche Existenz des Beschwerdeführers, im gegenständlichen Fall sei keinesfalls von einer "großflächigen Gläubigerschädigung wie im Fall von Konkursen infolge fahrlässiger oder betrügerischer Krida die Rede" sowie lediglich durch Ausübung des Gewerbes könne der Beschwerdeführer eine Schadenswiedergutmachung durchführen, so kann er auch damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dartun, weil für die Berücksichtigung derartiger Umstände im Rahmen der von der belangten Behörde anzuwendenden Vorschriften die Rechtsgrundlage fehlt.

Schließlich kann auch weder der bis zur gegenständlichen Verurteilung vorliegenden Unbescholtenheit des Beschwerdeführers noch auch den während des - relativ kurzen - Zeitraumes von nicht einmal zweieinhalb Jahren seit der Straftat bzw. nicht einmal zwei Jahren seit der Verurteilung ins Treffen geführten Verhalten nach allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen jenes Gewicht beigemessen werden, das die in Rede stehende Befürchtung rechtswidrig erscheinen ließe.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 8. Mai 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001040043.X00

Im RIS seit

17.07.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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