Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der F in S, vertreten durch Dr. Roland Gabl, Dr. Josef Kogler und Mag. Harald Papesch, Rechtsanwälte OEG in 4020 Linz, Karl-Wiser-Straße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 14. Jänner 2002, Zl. VwSen-420326/5/Gf/Km, betreffend Maßnahme nach § 360 GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerde der beschwerdeführenden Partei wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des Bürgermeisters der Stadt Linz am 16. November 2001 als unzulässig zurückgewiesen und die beschwerdeführende Partei zu einem näher bezeichneten Kostenersatz an den Bund verpflichtet.
In der Begründung dieses Bescheides geht die belangte Behörde davon aus, dass - unter Bezugnahme auf § 360 Abs. 3 GewO 1994 - die am 16. November 2001 einschreitenden Organe mit guten Gründen davon hätten ausgehen können, dass die beschwerdeführende Partei offenkundig das Bauträgergewerbe "nach wie vor bewilligungslos ausübt". Entgegen dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei sei hierüber aber auch fristgerecht "ein Bescheid (vom 28. November 2001, Zl. 100-1-1-330137677, ihren (damaligen) Rechtsvertretern zugestellt am 13. Dezember 2001) erlassen" worden. Damit sei der beschwerdeführenden Partei gleichzeitig die Möglichkeit eröffnet worden, gegen diesen Bescheid das ordentliche Rechtsmittel der Berufung zu erheben. Bei einer derartigen Sach- und Rechtslage sei aber - um nach der insoweit übereinstimmenden Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts eine Zweigleisigkeit des Rechtsschutzes zu vermeiden - eine auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG gestützte Maßnahmenbeschwerde von vornherein ausgeschlossen. Die Beschwerde sei daher gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird (u.a.) vorgebracht, die belangte Behörde gehe davon aus, dass der beschwerdeführenden Partei fristgerecht am 28. November 2001 ein Bescheid betreffend die Rechtfertigung der Maßnahmen nach § 360 Abs. 3 GewO 1994 zugestellt worden sei. Dies sei jedoch in der Maßnahmenbeschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat in Abrede gestellt worden. Aus dem Akt ergebe sich diesbezüglich auch ein erheblicher Zweifel, weil der Rückschein die Geschäftszahl 100-1/316/33-137677 aufweise, wohingegen der die Maßnahme rechtfertigende Bescheid die Geschäftszahl 100-1-330137677 trage. Tatsächlich sei dieser Bescheid "in der Kanzlei Dr. Afflenzer/Mag. Ebner niemals zugegangen", vielmehr hätten diese am 13. Dezember 2001 lediglich einen mit 29. November 2001 datierten Kostenbescheid sowie eine mit 7. Dezember 2001 datierte Rechnung samt Erlagschein über ATS 1.080,-- zugestellt erhalten. Überdies sei der Kanzlei Dr. Afflenzer/Mag. Ebner im gegenständlichen Verfahren von Seiten der beschwerdeführenden Partei weder ein Mandat noch eine Zustellungsbevollmächtigung erteilt worden. Eine Bevollmächtigung habe ausschließlich im Berufungsverfahren gegen einen Bescheid vom 10. April 2001 bestanden und sei dies aus der Aktenlage eindeutig nachvollziehbar. Eine allfällige Zustellung an diese Kanzlei wäre daher ohnehin nichtig.
Schon mit dem zuletzt Vorgebrachten ist die beschwerdeführende Partei im Ergebnis im Recht.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 28. März 2001, Zl. 2000/04/0168, und die dort zitierte Vorjudikatur) ist die Behörde nämlich nicht berechtigt, auch wenn der Gewalthaber in einer Rechtssache eine allgemeine Vollmacht des Machtgebers vorgelegt hat, diesen im Verfahren über andere, bereits schwebende oder erst später anhängige Rechtsangelegenheiten ebenfalls als durch den einmal ausgewiesenen Gewalthaber vertreten zu behandeln. Anderes hat zu gelten, wenn die Partei ihren Willen, sich auch in allen weiteren Rechtssachen eben dieses Vertreters zu bedienen, unmissverständlich zu erkennen gegeben hat, wobei solches auch dann anzunehmen ist, wenn der Machthaber in einem (späteren) Verfahren auf eine in einem früheren Verfahren ausgewiesene unbeschränkte Vollmacht hinweist.
Dafür, dass die Behörde von einer Bevollmächtigung in einem so gelagerten Fall auszugehen hätte, bietet der Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. In ihrer Gegenschrift vertritt die belangte Behörde vielmehr die Meinung, dass die beschwerdeführende Partei von ihrem früheren Rechtsbeistand seit dem 10. April 2001 bereits in dem einen anderen Standort in Linz betreffenden und zum hier maßgeblichen Zeitpunkt noch anhängigen Schließungsverfahren vertreten und "daher - mangels eines gegenteiligen Hinweises - von der Erstbehörde offenkundig zu Recht von einem zu diesem Zeitpunkt noch aufrechten Vertretungsverhältnis ausgegangen" worden sei. Danach geht die belangte Behörde aber rechtsirrig davon aus, dass dann, wenn der Gewalthaber in einer Rechtssache eine allgemeine Vollmacht des Machtgebers vorgelegt habe, die Behörde berechtigt sei, diesen im Verfahren über andere, später anhängige Rechtsangelegenheiten durch den einmal ausgewiesenen Machthaber vertreten zu behandeln. Darauf aber, dass von derselben Angelegenheit oder Rechtssache gesprochen werden könne (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1990, Zl. 90/10/0035) stellt die belangte Behörde nicht ab.
Da die belangte Behörde insoweit die Rechtslage verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon in Hinsicht darauf mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG (in der Fassung BGBl. I Nr. 136/2001) im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil mit dem Pauschbetrag für Schriftsatzaufwand auch die Umsatzsteuer abgegolten wird.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 8. Mai 2002
Schlagworte
Vertretungsbefugnis Inhalt UmfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002040020.X00Im RIS seit
17.07.2002