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41/02 Staatsbürgerschaft;Norm
StbG 1985 §10 Abs1 idF 1998/I/124;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schimetits, über die Beschwerde des EY in G, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 12. Dezember 2001, Zl. 2- 11. Y/92 - 00/10, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft und Erstreckung derselben, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und den damit verbundenen Antrag auf Erstreckung der Verleihung auf seine Ehegattin und die beiden gemeinsamen minderjährigen Kinder gemäß §§ 10 Abs. 1 Z 2 - 8, 11, 16, 17 Abs. 1 Z 1 und 18 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) iVm § 39 leg. cit. ab. Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, habe seinen Hauptwohnsitz seit 13. September 1989 in Österreich und erfülle die allgemeinen Einbürgerungserfordernisse des § 10 Abs. 1 StbG. Er beherrsche die deutsche Sprache, doch treffe das nicht auch auf seine Ehefrau zu. Das habe schon bei Antragstellung festgestellt werden müssen, weshalb ein "Ruhen" des Verfahrens vereinbart worden sei. Aus Anlass eines weiteren Gesprächs im Oktober 2001 - dessen Verlauf (in Frage/Antwort-Form) im bekämpften Bescheid wiedergegeben ist - habe jedoch festgestellt werden müssen, dass sich die Deutschkenntnisse in keiner Weise gebessert hätten.
In einer dazu abgegebenen Stellungnahme habe der Beschwerdeführer - so die belangte Behörde weiter - zugestimmt, dass die Deutschkenntnisse seiner Ehegattin für eine Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht ausreichten; er habe weiter ausgeführt, dass fast alle gemeinsamen Freunde aus der Türkei stammten und dass daher bei Treffen und Zusammenkünften leider fast ausschließlich Türkisch gesprochen werde; ebenso werde innerhalb der Familie "bislang auch noch vorwiegend" Türkisch gesprochen; seine Ehegattin besuche nun aber zwei Deutschkurse, sodass er sich eine recht bald eintretende Verbesserung ihrer Sprachkenntnisse erwarte.
Die belangte Behörde führte weiter aus, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers die Voraussetzung des § 10a StbG nicht erfülle. Es habe daher "von der Möglichkeit eine Ermessensentscheidung zu treffen", Gebrauch gemacht werden müssen, da die Integration "der Familie" noch nicht abgeschlossen sei. Wie der Beschwerdeführer selbst angebe, werde in der Familie und im Freundeskreis nur Türkisch gesprochen, was beweise, dass "die Antragsteller" vorerst an einer Integration kein Interesse hätten. Da der Beschwerdeführer selbst gut Deutsch spreche, hätte er mit seiner Ehegattin Deutsch sprechen und ihr damit die Gelegenheit geben können, ihre erworbenen Sprachkenntnisse anzuwenden und auszuweiten. Im Hinblick darauf, dass mehrfache Gespräche mit der Ehegattin des Beschwerdeführers "immer mit demselben Resultat" geendet hätten, müsse angenommen werden, dass sie nicht wirklich gewillt sei, die deutsche Sprache zu erlernen und sich somit in Österreich zu integrieren. Somit sei auch die Integration des Beschwerdeführers noch nicht abgeschlossen, weil auch von seiner Seite kein Interesse bestehe, dass seine Ehegattin die deutsche Sprache beherrsche. Dem Verleihungsbegehren - und damit auch den daran anknüpfenden Erstreckungsbegehren - habe daher nicht Folge gegeben werden können.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Zunächst sei gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2001/01/0525, welchem ein ähnlich gelagerter Sachverhalt zu Grunde liegt, verwiesen. Auch im vorliegenden Fall kann sich der Beschwerdeführer auf eine Reihe maßgeblicher Integrationskriterien berufen, so auf das Zusammenleben mit seiner Familie in Österreich (seine Ehegattin befindet sich behauptetermaßen seit 1997 im Bundesgebiet), auf die Geburt seiner beiden Kinder im Inland und auf seine - ihm von der belangten Behörde attestierten - guten Deutschkenntnisse. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer bereits mit 17 Jahren nach Österreich einreiste und demnach sein Berufsleben wenn nicht zur Gänze, so doch jedenfalls zum weit überwiegenden Teil hier verbrachte. All das spricht für ein weit gehendes Ausmaß an Integration, sodass der Umstand mangelhafter Deutschkenntnisse seiner Ehegattin (dazu später) keinesfalls maßgeblich ins Gewicht fallen kann. Davon abgesehen ist nicht ersichtlich, wie die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangen konnte, es bestehe kein Interesse an einer (weiteren) Integration in Österreich. Einerseits trifft es nicht zu, dass nach den Angaben des Beschwerdeführers in seiner Familie nur Türkisch gesprochen werde; in der Stellungnahme vom 13. November 2001, auf die sich die belangte Behörde bezieht, wird lediglich erwähnt, dass in der Familie "bislang auch noch vorwiegend Türkisch" gesprochen werde. Andererseits belegen die schon im Verwaltungsverfahren vorgelegten Bestätigungen über den Besuch von Deutschkursen durch die Ehegattin des Beschwerdeführers offenkundig sehr wohl den Willen, die deutsche Sprache zu erlernen. Dass diese Kurse nach Ansicht der belangten Behörde kaum Erfolge erbracht haben, lässt ohne Beschäftigung mit der Persönlichkeit der Ehegattin des Beschwerdeführers keine gegenteiligen Rückschlüsse - schon gar nicht auf den Beschwerdeführer selbst - zu. Im Übrigen ist mit der Beschwerde einzuwenden, dass die im bekämpften Bescheid getroffenen Feststellungen betreffend die Überprüfung der Deutschkenntnisse im Oktober 2001 nicht ohne Weiteres die Schlussfolgerung rechtfertigen, die Ehegattin des Beschwerdeführers erfülle nicht die Verleihungsvoraussetzung nach § 10a StbG. Auch in diesem Zusammenhang sei auf das schon erwähnte hg. Erkenntnis vom heutigen Tag verwiesen und ergänzend ausgeführt, dass die Erstreckungswerberin gemäß dem wiedergegebenen Verlauf des Gesprächs vom Oktober 2001 von den ihr gestellten 21 Fragen nach ihren persönlichen Verhältnissen immerhin 19 - soweit erkennbar weitgehend zutreffend - beantworten konnte. Dass der Beschwerdeführer im Zuge des Verwaltungsverfahrens selbst einräumte, seine Ehegattin spreche nicht ausreichend Deutsch, vermag die allein auf rechtlicher Ebene zu treffende Beurteilung, ob ihre Deutschkenntnisse den gesetzlichen Anforderungen genügen, nicht zu präjudizieren.
Nach dem Gesagten ist der vorliegende Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil ein weiterer Kostenersatz unter dem Titel von Umsatzsteuer neben dem Pauschbetrag für den Schriftsatzaufwand nicht zusteht.
Wien, am 14. Mai 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002010040.X00Im RIS seit
01.08.2002