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82/04 Apotheken Arzneimittel;Norm
ApG 1907 §10 Abs1 Z2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2001/10/0199Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerden 1. des Mag. pharm. K in Klosterneuburg und 2. der S KG, vertreten durch die Konzessionärin Mag. pharm. H in Klosterneuburg, alle vertreten durch Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Nussdorferstraße 10-12, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen vom 28. August 2001, Zl. 262.270/7-VIII/A/4/01, betreffend Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke (mitbeteiligte Partei: Mag. pharm. G in Kierling, vertreten durch Dr. Johannes Stieldorf, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Nibelungengasse 1-3), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.816,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit hg. Erkenntnis vom 13. November 2000, Zlen. 99/10/0246, 0255, wurde der im Instanzenzug ergangene Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 12. Oktober 1999, mit dem der mitbeteiligten Partei die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in Klosterneuburg-Kierling erteilt worden war, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die Auffassung der (damals) belangten Behörde, den vier in Klosterneuburg bestehenden öffentlichen Apotheken (der "Stadt-Apotheke", der "Rathaus-Apotheke", der Apotheke "Zum Heiligen Leopold" und der Apotheke "Zur Heiligen Agnes") würde nach Errichtung der Apotheke der mitbeteiligten Partei in Klosteneuburg-Kierling ein Kundenpotenzial von insgesamt
22.268 Personen verbleiben und jeder dieser vier Apotheken sei daher im Durchschnitt ein Versorgungspotenzial von mindestens
5.567 Personen zuzurechnen, nicht dem Gesetz entspreche. Diese unter Anwendung der sogenannten Divisionsmethode erfolgte Zurechnung sei ohne Rücksicht darauf vorgenommen worden, ob die Voraussetzungen, unter denen von dieser Methode ausnahmsweise Gebrauch gemacht werden dürfe, vorgelegen seien. Aus Gründen der Verfahrensökonomie wurde weiters auf die hg. Judikatur zur Berücksichtigung von Zweitwohnungsbesitzern bei der Bedarfsbeurteilung nach dem Apothekengesetz hingewiesen und dargelegt, dass im konkreten Einzelfall festgestellt werden müsse, in welchem Umfang durch die Gruppe der Zweitwohnungsbesitzer ein Bedarf nach einer öffentlichen Apotheke mitbegründet werde. Die Zurechnung der Zweitwohnungsbesitzer zur Hälfte in Form von "Einwohnergleichwerten" zum Versorgungspotenzial, weil die Erfahrung zeige, "dass die Zweitwohnsitze relativ häufig auch unter der Woche benutzt" würden, entspreche dieser Anforderung nicht. Denn aus dieser - nicht näher begründeten - Erfahrung ergäben sich weder Anhaltspunkte dafür, dass die in Betracht kommenden Zweitwohnsitze halb so häufig benützt würden wie Hauptwohnsitze, noch dafür, dass Zweitwohnungsbesitzer ihren Medikamentenbedarf in der dem Zweitwohnsitz nächstgelegenen Apotheke in einem Ausmaß decken würden, der der Hälfte des Medikamentenbedarfes eines ständigen Einwohners entspricht. Schließlich wurde in Ansehung der Abgrenzung der Versorgungspotenziale öffentlicher Apotheken zu jenen aufrecht bleibender ärztlicher Hausapotheken an jene Grundsätze erinnert, die der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 20. Dezember 1993, Zl. 92/10/0359, dargelegt hat.
Die Berufungsbehörde holte eine Stellungnahme der Stadtgemeinde Klosterneuburg ein. Dieser Stellungnahme zufolge bestünden in Klosterneuburg 13.738 Haupt- und 4.031 Zweitwohnsitze, in Kierling 2.648 Haupt- und 751 Zweitwohnsitze, in Maria-Gugging 1.028 Haupt- und 201 Zweitwohnsitze, in Kritzendorf 2.394 Haupt- und
1.321 Zweitwohnsitze und in Höflein 800 Haupt- und 395 Zweitwohnsitze. Allerdings gebe es kaum Haushalte, in denen ausschließlich Personen mit Zweitwohnsitz gemeldet seien. Zumeist seien in einem Haushalt Hauptmelder und Zweitmelder gleichzeitig vorhanden; vielfach werde ein Hauptwohnsitz wegen "Wiener Begünstigungen (Parkpickerl, Gemeindewohnung etc.)" in Wien belassen.
Die österreichische Apothekerkammer erstattete ein (neuerliches) Gutachten zur Bedarfssituation im Sinne des Apothekengesetzes. Diesem Gutachten zufolge müssten die Versorgungspotenziale der "Stadt-Apotheke" und der Apotheke "Zum Heiligen Leopold" gemeinsam ermittelt und im Wege der sogenannten "Divisionsmethode" zugeordnet werden, weil die beiden Apotheken so nahe beieinander lägen, dass eine Beurteilung, welcher Apotheke sich das in Betracht kommende Apothekenpublikum zuwenden werde, bei lebensnaher Betrachtung unmöglich sei. Den beiden Apotheken würden - wie im Einzelnen dargelegt - 9.714 ständige Einwohner im Sinne des § 10 Abs. 4 Apothekengesetz zur Versorgung verbleiben, darüber hinaus 176 ständige Einwohner der Katastralgemeinde Höflein/Donau, für die - obwohl außerhalb des 4 km-Polygons - die beiden Apotheken die nächstgelegenen öffentlichen Apotheken seien. Höflein verfüge zwar über eine ärztliche Hausapotheke, die im Falle der Errichtung der von der mitbeteiligten Partei beantragten Apotheke aufrecht bleibe. Eine von der Österreichischen Apothekerkammer im Jahre 2000 durchgeführte Untersuchung, bei der das tatsächliche Verhalten erforscht worden sei, das ständige Einwohner von durch ärztliche Hausapotheken versorgten Gemeinden an den Tag legten, habe jedoch erbracht, dass sich im Schnitt 22 % dieser Personen trotz des Bestehens der ärztlichen Hausapotheke in der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke mit Arzneimitteln versorgten, wobei dafür im Einzelnen genannte Gründe maßgeblich seien. Es könnten daher 22 % der ständigen Einwohner von Höflein dem Versorgungspotenzial der beiden (nächstgelegenen) Apotheken zugerechnet werden. Schließlich müssten noch 2.663 Einwohner mit Zweitwohnsitz in dem näher beschriebenen Versorgungsgebiet berücksichtigt werden. Über deren Verweildauer gäbe es zwar keine amtlichen Aufzeichnungen, die Stadtgemeinde Klosterneuburg sei jedoch auf Grund ihrer Ortskenntnis der Auffassung, dass sich der Großteil der Zweitmelder (jährlich) ca. 9 Monate in Klosterneuburg aufhalte. Viele Zweitmelder würden den Hauptwohnsitz lediglich auf Grund "Wiener Begünstigungen (Parkpickerl, Gemeindewohnung etc.)" in Wien belassen. Eine Berücksichtigung der Personen mit Zweitwohnsitz zur Hälfte stelle daher einen abgesicherten Mindestwert dar. Den beiden öffentlichen Apotheken "Stadt-Apotheke" und "Zum Heiligen Leopold" würden daher gemeinsam
11.222 Personen zur Versorgung verbleiben, jeder dieser Apotheken also mehr als die gesetzlich geforderten 5.500. Das Versorgungspotenzial der "Rathaus-Apotheke" werde durch die Errichtung der von der mitbeteiligten Partei beantragten Apotheke nicht berührt, weil jene Personen, die die neu zu errichtende Apotheke der mitbeteiligten Partei aufsuchen würden, bisher durch die "Stadt-Apotheke" und durch die Apotheke "Zum Heiligen Leopold" versorgt würden. Ein Kundenverlust sei daher für die "Rathaus-Apotheke" - ebenso wie für die weitere in Klosterneuburg bestehende öffentliche Apotheke - nicht zu erwarten. Das Erfordernis der Kausalität einer etwaigen Verringerung des Versorgungspotenzials dieser Apotheke im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 3 Apothekengesetz werde nicht erfüllt. Der Bedarf nach der von der mitbeteiligten Partei beantragten Apotheke im Sinne des § 10 Abs. 2 Apothekengesetz sei somit gegeben.
Die Berufungsbehörde zog schließlich Dr. W. von der Statistik Austria bei, der u.a. ausführte, dass eine klare Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebenwohnsitzen zwar im ländlichen Bereich leicht möglich sei, nicht jedoch bei Gemeinden im Nahebereich von Großstädten. Grund dafür sei das Wetteifern der Gemeinden um "Hauptwohnsitzer". Benötige man daher im Umlandbereich von Großstädtern für Infrastrukturplanungen die Zahl der Bewohner mit Haupt- oder Zweitwohnsitz, müsse man zweckmäßigerweise auf die Zahl der Wohnungen sowie auf das im Flächenwidmungsplan ausgewiesene Bauland zurückgreifen. Dadurch erhalte man einen besseren Überblick über die Verteilung der tatsächlichen (und nicht bloß der statistischen) Wohnbevölkerung. Die durchschnittliche Zahl der Bewohner einer Wohnung liege in Klosterneuburg bei knapp über 2,5, wobei - wie aus einer näher bezeichneten wissenschaftlichen Arbeit hervorgehe - diese Zahl jener der durchschnittlichen Anzahl der Bewohner einer Zweitwohnsitzwohnung ident sei. Multipliziere man daher die Zahl der Wohnungen im Bauland (11.276) mit 2,5, so erhalte man
28.190 Personen mit Hauptwohnsitz. Multipliziere man die Anzahl der Wohnungen im Grünland (inklusive Kleingartengebiete), diese betrage 1.851 mit 2,5, so erhalte man 4.627 Personen mit Zweitwohnsitz. Die Gesamtbevölkerung betrage daher für das Jahr 1991 32.817 Personen. Diese Methode sei bereits im Rahmen der Erstellung eines Emissionskatasters angewendet worden. Für die Volkszählung 2001 werde ein Wohnungszuwachs von 2.200 Wohnungen erwartet; dies würde zusätzlich 3.000 Personen mit Haupt- und Zweitwohnsitz bedeuten, wobei eine entsprechende Aufschlüsselung erst nach Auswertung der Volkszählung 2001 gemacht werden könne. Allerdings werde ein Zuwachs der Wohnbevölkerung in Klosterneuburg auf Grund der Volkszählung 2001 in nur geringem Ausmaß erwartet, weil im Falle der Hauptwohnsitzmeldung in Wien diverse Vergünstigungen in Aussicht gestellt worden seien. Das Bild der tatsächlichen Bevölkerungszunahme in Klosterneuburg werde dadurch verzerrt.
Mit Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen vom 28. August 2001 wurden die Berufungen der Beschwerdeführer (neuerlich) abgewiesen und der (der mitbeteiligten Partei die beantragte Konzession erteilende) Erstbescheid bestätigt. Begründend wurde - auf das Wesentliche zusammengefasst - betreffend die "Rathaus-Apotheke" der erstbeschwerdeführenden Partei auf das Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer verwiesen, wonach auf Grund der örtlichen Verhältnisse die Errichtung der von der mitbeteiligten Partei beantragten Apotheke keinen Einfluss auf das Kundenpotenzial der "Rathaus-Apotheke" haben werde. Die Versorgungspotenziale der "Stadtapotheke" und der Apotheke "Zum Heiligen Leopold" seien im Hinblick auf die geringe Entfernung der Betriebsstätten gemeinsam zu ermitteln; dem sei schon im hg. Erkenntnis vom 13. November 2000 "zugestimmt" worden. Das Versorgungspotenzial dieser beiden Apotheken übersteige 11.000 Personen; dies auch auf Grund des Umstandes, dass - den näher dargestellten Ermittlungsergebnissen und Überlegungen zufolge - ein Großteil der als "Zweitwohnungsbesitzer" gemeldeten Personen eine überwiegende räumliche Nahebeziehung zum Wohnsitz in Klosterneuburg aufweise.
Gegen diesen Bescheid richten sich die zu den hg. Zlen. 2001/10/0181 und 2001/10/0199 protokollierten Beschwerden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt wird. Die mitbeteiligte Partei erstattete im jeweiligen Beschwerdeverfahren eine Gegenschrift, in der ebenfalls die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden. Er hat sodann erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 Apothekengesetz ist die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke zu erteilen, wenn
1. in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und
2. ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.
Ein Bedarf besteht u.a. gemäß § 10 Abs. 2 Z. 3 Apothekengesetz nicht, wenn die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich infolge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5.500 betragen wird.
Zu versorgende Personen gemäß Abs. 2 Z. 3 sind gemäß § 10 Abs. 4 Apothekengesetz die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von 4 Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden.
Beträgt die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne des Abs. 4 weniger als 5.500, so sind die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigen.
Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2002, Zl. 2000/10/0022, und die dort zitierte Vorjudikatur) hat sich die gemäß § 10 Apothekengesetz durchzuführende Bedarfsprüfung auf eine - auf entsprechende Ermittlungsergebnisse gestützte - prognostische Zuordnung konkreter Kundenpotenziale zu den beteiligten Apotheken zu gründen. Die Behörde hat somit festzustellen, wie viele der ständigen Einwohner im Umkreis von 4 km um die Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke(n) nach Errichtung der geplanten Apotheke ihren Arzneimittelbedarf auf Grund der örtlichen Verhältnisse voraussichtlich weiterhin aus der (den) bestehenden öffentlichen Apotheke(n) decken werden. Diese unter dem Gesichtspunkt der leichteren Erreichbarkeit vorzunehmende Zuordnung hat in erster Linie anhand der Straßenentfernungen zu der (den) bestehenden öffentlichen Apotheke(n) im Vergleich zur beantragten Apotheke zu erfolgen. Ergibt sich für eine bestehende öffentliche Apotheke die kritische Zahl der zu versorgenden Personen nicht schon nach den ständigen Einwohnern des 4-km-Umkreises, so ist weiter zu prüfen, ob diese Zahl unter Berücksichtigung der auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet weiterhin zu versorgenden Personen erreicht wird.
Wohnt die zu versorgende Bevölkerung im 4-km-Umkreis zweier (oder mehrerer) Apotheken, so ist für die Zuordnung des Kundenpotenzials zur einen oder anderen Apotheke nach dem Kriterium der örtlichen Verhältnisse im Sinne des § 10 Abs. 4 Apothekengesetz in erster Linie die leichtere Erreichbarkeit ausschlaggebend, wobei es vor allem auf die zurückzulegende Entfernung unter Berücksichtigung der vorhandenen Verkehrsmöglichkeiten ankommt. Die Zuordnung der Wohnbevölkerung zu den in Betracht kommenden Apotheken hat sich im Überschneidungsbereich der 4-km-Polygone an einer gedachten, nach den Gesichtspunkten der räumlichen Nähe und Erreichbarkeit zu ziehenden örtlichen Trennlinie zu orientieren (vgl. nochmals das zitierte Erkenntnis vom 18. Februar 2002 und die dort zitierte Vorjudikatur).
Dem angefochtenen Bescheid liegt in Ansehung der Rathaus-Apotheke der erstbeschwerdeführenden Partei die Auffassung zu Grunde, das Kundenpotenzial dieser Apotheke werde - auf Grund der hervorragenden Lage und entsprechend den Darlegungen im Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer - infolge der Neuerrichtung der von der mitbeteiligten Partei beantragten Apotheke nicht im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 3 Apothekengesetz verringert und weniger als 5.500 Personen betragen. Die belangte Behörde ist somit - ebenso wie das Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer - der Auffassung, die Errichtung der von der mitbeteiligten Partei beantragten Apotheke habe auf Grund der örtlichen Verhältnisse, d. h. wegen der Situierung der "Stadt-Apotheke" und der Apotheke "Zum Heiligen Leopold" unter den Gesichtspunkten der räumlichen Nähe und Erreichbarkeit zwischen der "Rathaus-Apotheke" und der von der mitbeteiligten Partei beantragten Apotheke keinen Einfluss auf das Kundenpotenzial der "Rathaus-Apotheke". Die Personen, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse zum Kundenpotenzial der beantragten Apotheke zu rechnen wären, gehörten nach den dargestellten Zuordnungskriterien - ohne Errichtung dieser Apotheke - zum Kundenpotenzial der "Stadt-Apotheke" bzw. der Apotheke "Zum Heiligen Leopold".
Die erstbeschwerdeführende Partei wendet sich zwar gegen die Auffassung der belangten Behörde, ihr Versorgungspotenzial werde nicht unter 5.500 Personen fallen, sie führt aber nicht auch konkrete Umstände ins Treffen, denen zufolge die - von der belangten Behörde übernommenen - Darlegungen der Österreichischen Apothekerkammer als unzutreffend zu erachten wären. Darauf, ob - wie im Verwaltungsverfahren vorgebracht - Einwohner von Klosterneuburg-Kierling Rezepte in der "Rathaus-Apotheke" tatsächlich eingelöst haben, kommt es bei der vorzunehmenden prognostischen Zuordnung nicht an; entscheidend ist vielmehr das anhand von objektiven Umständen prognostizierte Kundenverhalten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 12. November 2001, Zl. 2000/10/0108, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Kann solcherart aber im Sinne des Gutachtens der Österreichischen Apothekerkammer davon ausgegangen werden, die Neuerrichtung der von der mitbeteiligten Partei beantragten Apotheke sei zwar auf das Versorgungspotenzial der "Stadt-Apotheke" und der Apotheke "Zum Heiligen Leopold" von Einfluss, nicht aber auf das Versorgungspotenzial der "Rathaus-Apotheke", so ist es nicht als rechtswidrig zu beanstanden, wenn die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid - ohne das Versorgungspotenzial der "Rathaus-Apotheke" im Einzelnen festzustellen - die Auffassung zu Grunde legte, das Versorgungspotenzial werde sich durch die Neuerrichtung der von der mitbeteiligten Partei beantragten Apotheke nicht im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 3 Apothekengesetz verringern (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 13. November 2000, Zl. 99/10/0259).
Die von der erstbeschwerdeführenden Partei erhobene Beschwerde erweist sich daher schon aus diesem Grunde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
In Ansehung der "Stadt-Apotheke" der zweitbeschwerdeführenden Partei liegt dem angefochtenen Bescheid - soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung - die Auffassung zu Grunde, das Versorgungspotenzial der "Stadt-Apotheke" und der Apotheke "Zum Heiligen Leopold" müsse wegen der Lage der Betriebsstätten dieser Apotheken gemeinsam ermittelt und anhand des durchschnittlichen Wohnungsbelages von 2,5 Personen pro Wohnung errechnet werden. Diese Berechnung ergebe - selbst ohne Einbeziehung von Höflein - eine 11.000 Personen jedenfalls übersteigende Zahl an zu versorgenden Personen, sodass ein Bedarf im Sinne des Apothekengesetzes nach der beantragten Apotheke gegeben sei.
Dem hält die zweitbeschwerdeführende Partei entgegen, die belangte Behörde habe sich im fortgesetzten Verfahren wohl bemüht, das Versorgungspotenzial der "Stadt-Apotheke" durch konkrete Erhebungen zu ermitteln und der beigezogene Fachmann Dr. W. habe ausgeführt, dass der "Stadt-Apotheke" und der Apotheke "Zum Heiligen Leopold" ein gemeinsames Versorgungspotenzial von insgesamt lediglich 9.985 Personen zur Verfügung stehe, wobei selbst in dieses Potenzial die Einwohner von Kritzendorf zu Unrecht in einem höheren Ausmaß als der Hälfte Eingang gefunden hätten. Im Übrigen liege jedoch kein greifbares Ermittlungsergebnis vor, dem entnommen werden könne, dass den beiden Apotheken jeweils mehr als 5.500 Personen zur Versorgung verblieben. Auf Grund der Klosterneuburger Meldedaten habe der Sachverständige Dr. W. ein 11.000 Personen übersteigendes Versorgungspotenzial weder ermitteln noch feststellen können. Das Abstellen auf Wohnungen mit einem durchschnittlichen Wohnungsbelag von 2,5 Personen pro Wohnung vermische in unzulässiger Weise Haupt- und Zweitwohnsitze. Schließlich seien auch keinerlei Erhebungen durchgeführt worden, die die Anwendung der sogenannten "Divisionsmethode" gerechtfertigt erscheinen ließen, obwohl die Betriebsstätten der beiden Apotheken mehr als 500 m voneinander entfernt seien.
Was zunächst den letzterwähnten Kritikpunkt anlangt, ist die zweitbeschwerdeführende Partei auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 13. November 2000, Zl. 99/10/0246, 0255, hinzuweisen, wo nicht nur die Voraussetzungen für die - ausnahmsweise - Anwendbarkeit der sogenannten "Divisionsmethode" dargestellt, sondern auch dargelegt wurde, es sei die Annahme plausibel, diese Methode komme zur Bestimmung der Versorgungspotenziale der in Rede stehenden, nur 200 m voneinander entfernten Apotheken in Betracht. Soweit die zweitbeschwerdeführende Partei nunmehr erstmals und abweichend von ihrem im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen behauptet, die Betriebsstätten der beiden Apotheken seien "mehr als 500 m" voneinander entfernt, fällt sie mit dieser Behauptung unter das Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG. Im Übrigen ist angesichts des aus den vorliegenden Verwaltungsakten ersichtlichen Umstandes, dass die 4-km-Polygone der beiden Apotheken sich nahezu gänzlich überdecken, die Auffassung der belangten Behörde nicht zu beanstanden, es seien die Unterschiede in der Erreichbarkeit der beiden Apotheken so geringfügig, dass sie bei lebensnaher Betrachtung nicht den Ausschlag für die Zurechnung zur einen oder anderen Apotheke geben könnten. Folglich begegnet auch die Anwendung der sogenannten "Divisionsmethode" in diesem Fall keinen Bedenken.
Was nun die Zurechnung eines gemeinsamen Versorgungspotenzials von mehr als 11.000 Personen an die beiden Apotheken angeht, ist dem Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer zu entnehmen, dass von diesen Apotheken auf Grund der örtlichen Verhältnisse 9.890 ständige Einwohner und
1.332 Personen mit Zweitwohnsitz weiterhin zu versorgen sein würden, wobei im Versorgungsgebiet 2.663 Personen ihren Zweitwohnsitz hätten (KG Klosterneuburg: Zählsprengel 001:
60 Personen, Zählsprengel 010: 119 Personen, Zählsprengel 011:
263 Personen, Zählsprengel 012: 48 Personen, Zählsprengel 015:
192 Personen, Zählsprengel 016: 306 Personen, Zählsprengel 017:
221 Personen; KG Kierling: Zählsprengel 038: 46 Personen;
KG Kritzendorf: 1.321 Personen; KG Höflein a.d.Donau: 87 Personen;
die Berücksichtigung dieser Personen mit Zweitwohnsitz sei im gleichen Verhältnis erfolgt, wie die Zuteilung der ständigen Einwohner). Ausgehend davon, dass ein Großteil der "Zweitmelder" einen großen Teil des Jahres in Klosterneuburg verbringe und den Hauptwohnsitz lediglich auf Grund "Wiener Begünstigungen" in Wien belassen habe, sei eine Berücksichtigung dieses Personenkreises zur Hälfte "als gesicherter Mindestwert" gerechtfertigt.
In Ansehung der Zurechnung der Einwohner mit Hauptwohnsitz rügt die zweitbeschwerdeführende Partei die Einbeziehung der Einwohner von Kritzendorf; diese Personengruppe hätte den beiden Apotheken wegen der bestehen bleibenden ärztlichen Hausapotheke in Höflein höchstens zur Hälfte zugerechnet werden dürfen.
Damit zeigt die beschwerdeführende Partei allerdings nicht konkret auf, dass die Zurechnung der ständigen Einwohner von Kritzendorf zum Versorgungspotenzial der beiden Apotheken zu Unrecht erfolgt sei. Ihrem Vorbringen ist nämlich nicht einmal ansatzweise die konkrete Behauptung zu entnehmen, dass nach den für die Abgrenzung der Versorgungspotenziale öffentlicher Apotheken zu jenen aufrecht bleibender ärztlicher Hausapotheken bestehenden Grundsätzen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1993, Zl. 92/10/0359) die Hälfte der ständigen Einwohner von Kritzendorf der ärztlichen Hausapotheke in Höflein zugerechnet werden müssten.
Die zweitbeschwerdeführende Partei zeigt aber auch mit ihrem Vorbringen, die belangte Behörde habe, indem sie Haupt- und Zweitwohnungsbesitzer unterschiedslos als ständige Einwohner zum Versorgungspotenzial der beiden Apotheken gerechnet habe, keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit auf.
Es trifft zwar zu, dass der Verwaltungsgerichtshof für die Berücksichtigung von "Zweitwohnungsbesitzern" in ständiger Rechtsprechung verlangt, dass im konkreten Einzelfall festgestellt wird, in welchem Umfang durch diese Personengruppe der Bedarf an einer öffentlichen Apotheke mitbegründet wird. Auf diese Judikatur wurde im hg. Erkenntnis vom 13. November 2000, Zl. 99/10/0246, 0255, für das fortgesetzte Verfahren hingewiesen. Dem ist hinzuzufügen, dass es dann, wenn auf den Einzelfall bezogene Ermittlungen nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich sind, zulässig ist, durch allgemeine, für den jeweiligen Fall repräsentative Untersuchungsergebnisse aufzuzeigen, in welchem Ausmaß Zweitwohnungsbesitzer Apothekenleistungen in der dem Zweitwohnsitz nächstgelegenen Apotheke im Allgemeinen in Anspruch nehmen und in welchem Verhältnis diese Inanspruchnahme von Apothekenleistungen zu einer Inanspruchnahme von Apothekenleistungen eines ständigen Einwohners als Maßstabfigur i. S.d. § 10 ApG steht (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 22. April 2002, Zl. 2001/10/0105, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Dieser Judikatur liegt - den Gesetzesmaterialien (RV, 1336 BlgNR, 17 Gp Seite 5) folgend - das Begriffsverständnis der "Zweitwohnungsbesitzer" als einer Gruppe von Personen zu Grunde, die ihre Zweitwohnung im Allgemeinen bloß vorübergehend, also z. B. an Wochenenden oder in den Sommermonaten, jedenfalls aber in einem der Benützung des Hauptwohnsitzes gegenüber untergeordneten Ausmaß benützen. Eine Berücksichtigung dieser nur fallweise im Versorgungsgebiet wohnenden Personen ist daher bei der Bedarfsermittlung vom Apothekengesetz "nicht von vornherein" verboten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1993, Zl. 92/10/0117), bedarf aber der Feststellung der Gegebenheiten des konkreten Falles.
Die Ergebnisse des fortgesetzten Ermittlungsverfahrens zeigen, dass die im vorliegenden Fall als zur Gruppe der Zweitwohnungsbesitzer gehörend gezählten Personen diesem Begriffsbild regelmäßig nicht entsprechen. Diese Gruppe unterscheidet sich von der Gruppe der "Hauptwohnsitzer" im Allgemeinen nämlich nicht durch objektive, die Benützung der Wohnung betreffende Umstände. Vielmehr leben die zur Gruppe der Zweitwohnungsbesitzer gezählten Personen in der überwiegenden Zahl der hier vorliegenden Fälle nach den dargestellten Ermittlungsergebnissen in Wohngemeinschaften mit Personen, die diese Wohnung als "Hauptwohnsitz" im Sinne des § 1 Abs. 7 des Meldegesetzes bezeichnet haben. "Reine Zweitwohnungen", d. h. Wohnungen, die ausschließlich von "Zweitwohnsitzern" bewohnt werden, sind hingegen die Ausnahme.
Von der Gruppe der "Hauptwohnsitzer" unterscheidet sich die Gruppe der zu den Zweitwohnungsbesitzern gezählten Personen daher vielfach nur in der Erklärung dieser Unterkunft als "Hauptwohnsitz", wobei diesem Umstand bei der gemeindlichen infrastrukturellen Planung dadurch Rechnung getragen wird, dass den baulandbezogenen Planungen die Einwohner schlechthin zu Grunde gelegt werden; eine Unterscheidung ein Haupt- und Zweitwohnsitzer hat hier keine Relevanz mehr.
Die zweitbeschwerdeführende Partei ist diesen Ermittlungsergebnissen ebenso wenig konkret entgegengetreten, wie der festgestellten Anzahl von 2.663 Personen mit Zweitwohnsitz in ihrem (gemeinsam mit der Apotheke "Zum Heiligen Leopold" erhobenen) Versorgungsgebiet. Vielmehr hat sie sich im Wesentlichen auf die Rüge beschränkt, es seien die im hg. Erkenntnis vom 13. November 2000 für die Berücksichtigung von Zweitwohnungsbesitzern enthaltenen Hinweise nicht beachtet worden und es hätte die Zurechnung von 22 % der Einwohner von Höflein a. d.Donau wegen der dort bestehenden ärztlichen Hausapotheke unterbleiben müssen.
Ausgehend von den im fortgesetzten Verfahren erzielten, oben dargestellten Ermittlungsergebnissen hätte die überwiegende Mehrheit der 2.663 als "Zweitwohnungsbesitzer" bezeichneten Personen richtig als "ständige Einwohner" i.S.d. § 10 ApG beurteilt werden müssen. Berücksichtigt man weiters, dass die zweitbeschwerdeführende Partei mit der Apotheke "Zum Heiligen Leopold" gemeinsam ein Versorgungspotenzial von 8.788 Personen (9.985 ständige Einwohner minus der Hälfte der 2.394 ständigen Einwohner von Kritzendorf) selbst zugesteht, dass aber die von ihr in Zweifel gezogene Zurechnung der ständigen Einwohner von Kritzendorf - wie dargelegt - nicht als rechtswidrig zu beanstanden ist, so genügt bereits die Zurechnung der Hälfte der in Rede stehenden "Zweitwohnungsbesitzer" zum Versorgungspotenzial der zweitbeschwerdeführenden Partei, um dieser das gesetzliche Mindestversorgungspotenzial zu gewährleisten. Die Beschwerde zeigt somit nicht auf, dass der belangten Behörde bei ihrer Festsstellung eines 11.000 Personen übersteigenden gemeinsamen Versorgungspotenzials der "Stadtapotheke" und der Apotheke "Zum Heiligen Leopold" ein im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG relevanter Verfahrensmangel unterlaufen wäre.
Die von der zweitbeschwerdeführenden Partei erhobene Beschwerde war daher gleichfalls gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 14. Mai 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001100181.X00Im RIS seit
06.08.2002Zuletzt aktualisiert am
05.11.2008