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L55003 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Niederösterreich;Norm
NatSchG NÖ 1977 §4 Abs5 idF 5500-5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde der L-GmbH in Leibnitz, vertreten durch Dr. Harold Schmid und Mag. Helmut Schmid, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kalchberggasse 8, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 1. Dezember 1999, Zl. RU 5-B-139/001, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung und Entfernungsauftrag nach dem Niederösterreichischen Naturschutzgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Spruchpunkt 1. des Bescheides vom 27. Mai 1999 wies die Bezirkshauptmannschaft B. (BH) den Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft vom 15. Juli 1998 auf (nachträgliche) Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung einer Werbetafel (im Ausmaß 2,60 m x 3,45 m) auf dem Aufstellungsort Parzelle 1050, KG T., unmittelbar südöstlich der Querung des H. Baches mit der B 210, unter Berufung auf die §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 Z. 2 sowie 4 Abs. 4 und 5 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 5500-5 (Nö NatSchG) ab.
Mit Spruchpunkt 2. verpflichtete die BH die beschwerdeführende Gesellschaft gemäß § 4 Abs. 9 Nö NatSchG die unter Spruchpunkt 1. beschriebene Werbeanlage binnen vier Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu entfernen.
Der dagegen erhobenen Berufung der beschwerdeführenden Gesellschaft wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben und der Bescheid der BH bestätigt.
Nach der Begründung sei der Behörde erster Instanz im April 1998 bekannt geworden, dass die beschwerdeführende Gesellschaft die streitgegenständliche Werbeanlage auf dem näher beschriebenen Grundstück aufgestellt habe. Dieses Grundstück sei im Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde T. als Grünland-Landwirtschaft ausgewiesen. Die Werbeanlage sei daher bewilligungspflichtig. Auf Grund des Antrages der beschwerdeführenden Gesellschaft vom 15. Juli 1998 auf nachträgliche Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung habe die BH das Gutachten der Amtsachverständigen für Naturschutz samt ergänzender Stellungnahme eingeholt. Der Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft sei daraufhin abgewiesen worden.
In der dagegen erhobenen Berufung habe die beschwerdeführende Gesellschaft den Antrag auf Durchführung eines Ortsaugenscheines unter Beiziehung eines entsprechenden Sachverständigen gestellt. Auf dieses Vorbringen sei zu erwidern, das das Niederösterreichische Naturschutzgesetz die Durchführung einer Verhandlung an Ort und Stelle nicht verpflichtend vorsehe. Es bestehe auch keine gesetzliche Verpflichtung, zum Augenschein eines Amtsachverständigen die Parteien beizuziehen. Die belangte Behörde habe im Rahmen eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens ein weiteres Gutachten einer Amtsachverständigen für Naturschutz (vom 14. Oktober 1999) eingeholt. Diese habe im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
"... Die Landschaft, die sich südlich der Straße erstreckt, ist vorwiegend durch landwirtschaftliche Nutzung geprägt. Als naturschutzfachlich bedeutsame Elemente sind der Gewässerzug des H. Baches mit einer landschaftlich prägenden Gehölzkulisse und eine kleine Magerwiesenfläche im unmittelbaren Vorfeld des Gewässerzuges zu erwähnen. In einigem Abstand vom Bachlauf befindet sich das Gebäude einer Tankstelle; die erwähnte Werbetafel steht unmittelbar auf der kleinen Wiesenfläche und somit auch direkt im Bereich der Gehölzkulisse entlang des Bachlaufes.
Gutachten:
Als Bezugsraum für die Beurteilung der Auswirkungen der Werbeanlage auf das Landschaftsbild wird ein Bereich gewählt, der begrenzt ist von dem Punkt, von dem aus die Tafel von der Straße aus erstmalig sichtbar wird, bis zu dem Punkt, wo sie aus dem Blickfeld verschwindet; dies gilt sowohl für eine Betrachtung aus Richtung Osten bzw. aus Richtung Westen (= 'Sichtraum' von einigen Hundert Metern). Nachdem die Landschaftsbereiche nördlich und südlich der Straße hinsichtlich ihres Verbauungsgrades sehr unterschiedlich sind und eine Wahrnehmung als Einheit daher nicht wahrscheinlich ist, wird nur der mit Ausnahme der Tankstelle, eines Verkehrsschildes und der konsenslosen Werbetafel unverbaute Landschaftsbereich südlich der B 210 betrachtet.
In diesem Bereich ist das das Landschaftsbild am stärksten prägende Element der Lauf des H. Baches mit seiner durchgängigen Gehölzkulisse und die weitgehend naturnahe Vegetation des Saumbereiches und der kleinen Magerwiese.
Auf Grund der Lage der Tafel im unmittelbaren Bereich des gehölzbestandenen Gewässerlaufes ist der Blick auf dieses Landschaftselement zum Teil verstellt, und der Gesamteindruck eines noch mit naturnahen Elementen ausgestatteten Landschaftsteiles stark gestört. Der unverstellte Ausblick auf die freie Landschaft - als wesentlichen Kontrast zwischen verbauten Ortsgebieten - ist damit nur beschränkt gegeben. ..."
Dieses Gutachten sei der beschwerdeführenden Gesellschaft im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht worden. Diese habe mit Schreiben vom 16. November 1999 vorgebracht, die Werbeanlage sei so positioniert, dass sie in einem durch Tankstellen und andere Werbeanlagen geprägten Gebiet liege. Es gebe keineswegs eine "naturnahe Vegetation", sondern vielmehr in nächster Nähe situierte Gebäude. Ebenso sei das Landschaftsbild bereits durch andere Werbetafeln geprägt.
Auf Grund des erhobenen Sachverhaltes und des fachlich fundierten, von Widersprüchen freien und somit schlüssigen Gutachtens der Natursachverständigen sei die belangte Behörde allerdings der Ansicht, dass die gegenständliche Werbeanlage das Landschaftsbild erheblich störe. Die Argumentation der beschwerdeführenden Gesellschaft sei nicht auf gleichem fachlichem Niveau erfolgt. Der Berufung sei daher der Erfolg zu versagen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 4 Abs. 1 Z. 2 Nö NatSchG bedürfen im Grünland einer Bewilligung der Behörde: die Errichtung, Anbringung, Aufstellung, Veränderung und der Betrieb von Werbeanlagen.
Nach § 4 Abs. 4 Nö NatSchG sind Werbeanlagen im Sinne des Abs. 1 Z. 2 alle der Anpreisung, Anzeige, Ankündigung oder dem Hinweis dienenden Einrichtungen; hiezu zählen insbesondere Schilder, Beschriftungen, Bemalungen, Schaukästen, Transparente und Anschläge.
Die Bewilligung ist gemäß § 4 Abs. 5 leg. cit. zu versagen, wenn durch die Größe, die Form und Farbgebung, die Art der Darstellung, die Beschriftung und das Schriftbild der Werbeanlage oder durch die Anhäufung von Werbeanlagen oder andere besondere örtliche Verhältnisse das Landschaftsbild erheblich gestört oder verunstaltet würde. Die Behörde hat auf die Interessen des Fremdenverkehrs Bedacht zu nehmen.
Bei Werbeanlagen, die ohne Bewilligung der Behörde errichtet, angebracht, aufgestellt oder verändert wurden, hat die Behörde gemäß § 4 Abs. 9 Nö NatSchG durch Bescheid ihre Entfernung innerhalb einer Frist von vier Wochen zu verfügen.
Von einer "Störung" des Landschaftsbildes im Sinne des § 4 Abs. 5 Nö NatSchG ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann zu sprechen, wenn das sich bietende Bild der Landschaft durch den Eingriff des Menschen in einer in die Harmonie der Landschaft disharmonisch eingreifenden Weise beeinflusst wird. Diese Störung des als harmonisch empfundenen Wirkungsgefüges vorgefundener Landschaftsfaktoren wird insbesondere dann als "erheblich" zu bezeichnen sein, wenn der Eingriff (durch Merkmale der Werbeanlage, wie sie im § 4 Abs. 5 aufgezählt sind oder durch die Anhäufung von Werbeanlagen oder durch andere besondere örtliche Verhältnisse) besonders auffällig und zur Umgebung in scharfem Kontrast in Erscheinung tritt (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 25. März 1996, Zl. 91/10/0119).
Die belangte Behörde hat für ihre Auffassung, dass durch die Werbeanlage der beschwerdeführenden Gesellschaft das Landschaftsbild erheblich gestört würde, im Wesentlichen das von ihr eingeholte Gutachten der Amtsachverständigen für Naturschutz ins Treffen geführt. Diesem nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennenden Gutachten ist die beschwerdeführende Gesellschaft nicht auf gleicher fachlicher Ebene, also durch Vorlage entsprechender Gutachten, entgegengetreten (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 18. Februar 2002, Zl. 2000/10/0131, mit Hinweis auf Vorjudikatur). Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage und der dem Gutachten angeschlossenen Lichtbilder ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet, die Auffassung der belangten Behörde mit Erfolg in Zweifel zu ziehen. Soweit die beschwerdeführende Gesellschaft auf das Vorhandensein weiterer Werbetafeln verweist, ist ihr zu erwidern, dass diese nach dem im Verfahren vor der BH erstatteten Gutachten der Sachverständigen bewilligungslos errichtet worden sind.
In der Beschwerde wird auch vorgebracht, bei einer verfassungs- bzw. europarechtskonformen Auslegung hätte die belangte Behörde zur Überzeugung gelangen müssen, dass überhaupt keine Bewilligungspflicht vorliege. Die beschwerdeführende Gesellschaft betreibe ihr Unternehmen nicht nur im Inland, sondern auch im benachbarten EU-Ausland. Insbesondere in Deutschland und in Italien sei das Aufstellen von Werbeanlagen mit wesentlich geringeren bürokratischen Hindernissen verbunden als in Österreich. Andere Werbeunternehmen, die in jenen Mitgliedstaaten situiert seien, könnten sich im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes auf ihr günstigeres Heimatrecht berufen, sodass die Bewilligungspflicht nach dem Niederösterreichischen Naturschutzgesetz überhaupt nicht zur Anwendung gelange. Aus der Pflicht zur Einhaltung des sachlich nicht gerechtfertigt strengeren österreichischen Rechts entstünden der beschwerdeführenden Gesellschaft somit Wettbewerbsnachteile.
Auch damit zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit auf, weil im Beschwerdefall kein "grenzüberschreitender Bezug" vorliegt (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse vom 25. September 1997, Zl. 97/10/0113, vom 20. September 1999, Zl. 98/10/0235, und vom 3. September 2000, Zl. 99/10/0097).
Mangels der naturschutzrechtlich erforderlichen Bewilligung war die Entfernung der bewilligungslos errichteten Werbeanlage mit Bescheid zu verfügen.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 14. Mai 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000100026.X00Im RIS seit
22.07.2002Zuletzt aktualisiert am
19.07.2009