TE Vwgh Beschluss 2002/5/15 2002/12/0148

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Veröffentlicht am 15.05.2002
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
14/01 Verwaltungsorganisation;
40/01 Verwaltungsverfahren;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
63/06 Dienstrechtsverfahren;
68/02 Sonstiges Sozialrecht;

Norm

AMSG 1994 §69 Abs1;
AMSG 1994 §69 Abs2;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
BMG §2 Anl Teil2 AbschnL Z35;
DVG 1984 §2 Abs2;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der M in L, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen das Amt des Arbeitsmarktservice Österreich bei der Bundesgeschäftsstelle wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend Verwendungszulage gemäß § 34 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 (GG), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht als Beamtin des Allgemeinen Verwaltungsdienstes, Verwendungsgruppe A 2, Funktionsgruppe 3, in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Ihre Dienststelle ist das Amt des Arbeitsmarktservice Oberösterreich.

In ihrer am 9. April 2002 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde bringt sie im Wesentlichen vor, dass für ihre Tätigkeit als Regionalstellenbetreuerin im Bereich des Service Versicherungsleistung umfangreiche Rechtskenntnisse erforderlich seien und sie ihre Verwendung als "A1-wertig" ansehe. Mit Antrag vom 18. Juni 2001 habe sie eine entsprechende Verwendungszulage geltend gemacht. Das Amt des Arbeitsmarktservice Oberösterreich habe mit Bescheid vom 11. Juli 2001 abschlägig entschieden. Gegen diesen Bescheid habe sie jedenfalls noch im Juli 2001 Berufung eingebracht, über die bisher nicht entschieden worden sei, sodass die Voraussetzungen für die vorliegende Säumnisbeschwerde nach § 27 VwGG erfüllt seien. Gemäß § 69 Abs. 1 des Arbeitsmarktservicegesetzes (AMSG) werde ausdrücklich angeordnet, dass über Berufungen gegen Bescheide der Ämter bei den Landesgeschäftsstellen das Amt bei der Bundesgeschäftsstelle "endgültig" entscheide; nach Abs. 2 dieser Bestimmung bestehe ein Weisungsrecht des Bundesministers für Arbeit und Soziales. Ein Aufsichtsrecht dieses Ministers sehe § 59 AMSG jedoch nur hinsichtlich nicht hoheitlicher Aufgaben vor. Die Anrufung des Bundesministers für Arbeit und Soziales auch im Devolutionsweg erscheine als ausgeschlossen.

Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Gemäß § 27 VwGG kann Säumnisbeschwerde erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist, und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Diese Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Gemäß dem im Dienstrechtsverfahren anwendbaren § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anders bestimmt ist, über Anträge der Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

Nach § 69 Abs. 1 AMSG, BGBl. Nr. 313/1994, wird für den Bereich jedes Bundeslandes und für die Bundesorganisation je ein Amt des Arbeitsmarktservice eingerichtet. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist oberste Dienstbehörde erster Instanz für jene Beamten, die in den Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice Dienst verrichten. Diese Zuständigkeit wird in den Angelegenheiten des § 1 der Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981, BGBl. Nr. 162, mit der Maßgabe übertragen, dass für jene Beamten, die bei der jeweiligen Landesgeschäftsstelle oder den dazugehörigen regionalen Geschäftsstellen Dienst verrichten, das jeweilige Amt bei der Landesgeschäftsstelle und für jene Beamten, die bei der Bundesgeschäftsstelle Dienst verrichten, das Amt bei der Bundesgeschäftsstelle in erster Instanz zuständig ist. Über Berufungen gegen Bescheide der Ämter bei den Landesgeschäftsstellen entscheidet das Amt bei der Bundesgeschäftsstelle endgültig; über Berufungen gegen Bescheide des Amtes bei der Bundesgeschäftsstelle entscheidet der Bundesminister für Arbeit und Soziales. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung sind die Ämter dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales nachgeordnet und werden vom Landesgeschäftsführer (bezüglich der Ämter in den Bundesländern) und vom Vorsitzenden des Vorstandes (bezüglich des Amtes bei der Bundesorganisation) geleitet. Diese sind in dieser Funktion an die Weisungen des Bundesministers für Arbeit und Soziales gebunden.

"Sachlich in Betracht kommende Oberbehörde" ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in jedem Fall die Berufungsbehörde, darüber hinaus auch jede sonstige Behörde, die - bei Ausschluss eines ordentlichen Rechtsmittels - durch Ausübung des Weisungs- oder Aufsichtsrechts den Inhalt der unterbliebenen Entscheidung hätte bestimmen können. Ob eine Behörde Oberbehörde ist, richtet sich nur nach der Rechtslage, die in Bezug auf das konkret gestellte und unerledigt gebliebene Sachbegehren gegeben ist. Unerheblich ist hingegen, ob die "Oberbehörde" im Organisationsaufbau der Behörden zu der zunächst säumig gewordenen Behörde allgemein gesehen in einem Verhältnis eines Vorgesetzten zum nachgeordneten Organ steht (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, unter E 210 f zu § 73 AVG wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Demnach kann eine Partei im Rahmen eines Dienstrechtsverfahrens ungeachtet des Umstandes, dass nach § 69 Abs. 1 AMSG der Instanzenzug beim Amt bei der Bundesgeschäftsstelle endet, schon allein im Hinblick auf das dem Bundesminister für Arbeit und Soziales (nunmehr Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit; vgl. § 2 Abs. 2 DVG i.V.m. lit. L Z. 35 des Teiles 2 der Anlage 2 zu § 2 BMG i.d.F. BGBl. I Nr. 16/2000) nach § 69 Abs. 2 AMSG zustehende Weisungsrecht nach § 73 Abs. 2 AVG den Übergang der Entscheidungspflicht an den genannten Bundesminister verlangen.

Da die Entscheidungspflicht nach § 73 Abs. 2 AVG noch nicht auf den genannten Bundesminister übergegangen ist, war die Säumnisbeschwerde wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 15. Mai 2002

Schlagworte

Anrufung der obersten BehördeOffenbare Unzuständigkeit des VwGH DiversesBesondere Rechtsgebiete Dienstrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002120148.X00

Im RIS seit

08.07.2002

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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