TE Vfgh Beschluss 1999/6/14 V151/96

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Veröffentlicht am 14.06.1999
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung eines Plandokuments der Stadt Wien mangels Darlegung der aktuellen Betroffenheit der Antragstellerin

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1.1. Die Einschreiterin ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 1463 KG Pötzleinsdorf mit dem Grundstück Nr. 590/44 und der Grundstücksadresse Leschitzkygasse 83.

Der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan Plandokument Nr. 3987, vom 18. Dezember 1963, legte für dieses Grundstück Baulandwidmung fest.

Mit Plandokument Nr. 6197, vom 29. April 1993, wurde u.a. für das oben genannte Grundstück ein neuer Flächenwidmungs- und Bebauungsplan erlassen. Dabei wurde die Baulandwidmung beibehalten, es wurden jedoch keine Baufluchtlinien festgesetzt und die gärtnerische Ausgestaltung vorgeschrieben.

1.2. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 14041/1995 wurde §1 Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930, in der Fassung der Bauordnungsnovelle 1976, LGBl. Nr. 18, mit Ablauf des 31. August 1996 als verfassungswidrig aufgehoben.

Daraufhin wurde §1 Bauordnung für Wien mit Landesgesetz LGBl. Nr. 10/1996 neu gefasst. Auf Grund der hiezu ergangenen Übergangsbestimmung (ArtII leg. cit. ) kann der Stadtsenat durch Verordnung feststellen, dass bereits erlassene Flächenwidmungs- und Bebauungspläne oder flächenmäßige Teile dieser Pläne als Flächenwidmungs- und Bebauungspläne im Sinne dieses Gesetzes gelten.

In der Verordnung des Stadtsenates MA 21 A - VO 18/96, kundgemacht am 11. Juli 1996, wird unter anderem festgestellt, dass das Plandokument Nr. 6179 als Flächenwidmungs- und Bebauungsplan im Sinne der Bauordnung für Wien, in der Fassung des ArtI des Gesetzes LGBl. Nr. 10/1996, gilt.

2. Mit dem vorliegenden Antrag wird begehrt, den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan vom 29. April 1993, Plandokument Nr. 6197, zur Gänze, in eventu insoweit er das Grundstück 590/44, EZ 1463, KG Pötzleinsdorf betrifft, in eventu isnsoweit er für dieses Grundstück die Widmung "G" (gärtnerische Gestaltung) und keine Baufluchtlinien festsetzt, als gesetzwidrig aufzuheben.

3. Zur Begründung der Antragslegitimation führt die Antragstellerin im Wesentlichen aus:

Durch den angefochtenen Bebauungsplan werde ihr die bauliche Ausnützung unmöglich gemacht, wodurch selbstverständlich auch eine weitestgehende Entwertung des Grundstückes eintrete. Die angefochtene Verordnung greife daher unmittelbar und aktuell in die Rechtssphäre der Antragstellerin ein, ohne dass es hiefür einer behördlichen Entscheidung bedürfe. Es stehe der Antragstellerin auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um sich gegen die rechtswidrige Verordnung zur Wehr setzen zu können.

4. Der Gemeinderat der Stadt

Wien legte die Akten vor und erstattete eine Äußerung, in der er die Abweisung des Antrages begehrt.

II. Der Antrag ist unzulässig.

1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass die Antragstellerin behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzmäßigkeit - in ihren Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für die Antragstellerin tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre der Antragstellerin nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre der Antragstellerin unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen der Antragstellerin nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn der Antragstellerin kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11726/1988, 13944/1994).

Bei Beurteilung der Antragslegitimation ist zu untersuchen, ob die von der Antragstellerin ins Treffen geführten Rechtswirkungen vorliegen (VfSlg. 8060/1977, 8587/1979, 10593/1985, 11453/1987).

2. Beurteilt man das Vorbringen der Antragstellerin im Lichte der oben dargestellten Vorjudikatur, so kommt man zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin eine aktuelle Betroffenheit durch den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan Plandokument Nr. 6197 nicht darzutun vermochte.

Wenn die Antragstellerin die zukünftige Bebaubarkeit ihres Grundstückes beeinträchtigt sieht, so bezieht sie sich damit weder auf eine gegenwärtige noch auf eine in naher Zukunft zu gewärtigende Wirkung der Verordnung, sondern auf eine Wirkung in Ansehung einer unbestimmten, hypothetischen Situation (vgl. VfGH 11.3.1999 V89/96).

Sofern die Antragstellerin auf die Wertminderung ihres Grundstückes verweist, beschreibt sie bloß wirtschaftliche Auswirkungen; damit macht sie aber keine rechtliche Betroffenheit, sondern nur ihre wirtschaftlichen Interessen geltend (vgl. etwa VfSlg. 9876/1983, 11128/1986).

Die Verordnung ist schon auf Grund des Vorbringens der Antragstellerin für sie nicht unmittelbar wirksam. Der Antrag ist daher unzulässig.

3. Der Antrag war daher mangels Legitimation gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 in nicht öffentlicher Sitzung ohne vorausgegangene mündliche Verhandlung zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Baurecht, Raumordnung, Bebauungsplan

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:V151.1996

Dokumentnummer

JFT_10009386_96V00151_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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