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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1997 §6 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde der ZA in Wien, geboren am 27. Juli 1934, vertreten durch Dr. Alfred Van De Voorde, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Gumpendorferstraße 15, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 4. Oktober 2001, Zl. 218.680/0-VI/42/00, betreffend §§ 6 und 8 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21. (auch 23. August 2000 wurde der Asylantrag der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen des Iran, gemäß § 6 Z 3 AsylG als offensichtlich unbegründet abgewiesen und gemäß § 8 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in den Iran zulässig sei.
Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde "gemäß §§ 6, 8 AsylG" ab. Sie stellte begründend unter Zugrundelegung der von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten Taufbestätigung fest, die Beschwerdeführerin sei assyrische Christin, die den Iran in Begleitung ihres Sohnes und ihres minderjährigen Enkels verlassen habe. Die von der Beschwerdeführerin angegebene Bedrohungssituation im Iran (die Beschwerdeführerin hätte Drohanrufe erhalten und im Übrigen auf die Probleme ihres Sohnes verwiesen) entspräche einerseits - aus im Bescheid näher dargestellten Gründen - offensichtlich nicht den Tatsachen und sei andererseits nicht auf die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe zurückzuführen. Abgesehen von der Erfüllung der Tatbestände des § 6 Z 2 und Z 3 AsylG sei auch die Voraussetzung des Fehlens eines sonstigen Hinweises auf Verfolgungsgefahr im Sinn des § 6 zweiter Satz AsylG gegeben. Entgegen den Behauptungen der Beschwerdeführerin (diese hat in ihrer Berufung vorgebracht, die Furcht von Christen im Iran vor religiöser Verfolgung sei wohlbegründet und Verfolgungshandlungen gegen Christen gingen oft weit über bloße Diskriminierungen hinaus) gebe es nämlich nach den von der belangten Behörde herangezogenen (und dem Verwaltungsakt angeschlossenen) Berichten keine Anhaltspunkte für eine Gefahr der Verfolgung von Christen im Iran, sondern lediglich für deren Benachteiligung und Diskriminierung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der vorliegende Fall gleicht sowohl in sachverhaltsmäßiger Hinsicht, vor allem in Bezug auf die Feststellung der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin sei iranische Staatsangehörige und assyrische Christin sowie in Bezug auf die aus dem aktenkundigen Taufschein ersichtliche Zugehörigkeit der Beschwerdeführerin zum chaldäisch-katholischen Ritus, als auch in rechtlicher Hinsicht jenem Beschwerdefall, der dem hg. Erkenntnis vom 16. April 2002, Zl. 2002/20/0016, zugrunde lag und den Sohn der Beschwerdeführerin betraf. Auf die Ausführungen in diesem Erkenntnis wird daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
In gleicher Weise wie in dem im zitierten hg. Erkenntnis beurteilten Fall hat sich die belangte Behörde auch vorliegend im Rahmen der Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzung des Fehlens eines sonstigen Hinweises auf Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat nach § 6 zweiter Satz AsylG nicht mit jenen Passagen der von ihr zugrundegelegten Länderberichte auseinander gesetzt, die von "staatlicher Verfolgung" unter anderem der Mitglieder der chaldäischen Kirche im Iran wegen Nichteinhaltung des Missionsverbotes sprechen (vgl. dazu neben dem aktenkundigen Bericht des deutschen Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge überdies den im vorgelegten Verwaltungsakt befindlichen Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes vom 18. April 2001, Punkt II.1.c) und damit den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet.
Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Das Kostenmehrbegehren für den Schriftsatzaufwand war abzuweisen, weil es den entsprechenden Pauschalbetrag der genannten Verordnung übersteigt.
Wien, am 16. Mai 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002200030.X00Im RIS seit
06.08.2002