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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VStG §31 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des UF in G, Deutschland, vertreten durch Dr. Thomas Mader, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rauhensteingasse 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 28. Juni 2001, Zl. UVS- 03/P/35/6303/2000/7, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeuges wurde angezeigt, weil er am 12. Oktober 1999 in Wien 21 an einem näher bezeichneten Ort anstatt der dort erlaubten Geschwindigkeit von 50 km/h mit einer Geschwindigkeit von 92 km/h gefahren sei. Die Geschwindigkeit wurde mit einem Radargerät gemessen und im Verwaltungsakt mittels "Radarfoto" dokumentiert.
Auf Grund einer an die Zulassungsbesitzerin gerichteten Lenkererhebung wurde der Beschwerdeführer als auskunftspflichtige Person benannt. Es wurde ein Mietvertrag, abgeschlossen zwischen der Zulassungsbesitzerin und dem Beschwerdeführer (für die F GmbH & Co KG), beigelegt, in welchem als Fahrer der Beschwerdeführer aufscheint und als weitere "Kein weiterer Fahrer erlaubt!" enthalten ist.
Eine an den Beschwerdeführer gerichtete Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers wurde von diesem dahingehend beantwortet, dass mehrere namentlich genannte Personen als Lenker in Frage kämen.
Daraufhin erließ die Behörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer eine Strafverfügung vom 22. Dezember 1999 wegen Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG 1967.
Dagegen erhob er durch Rechtsanwalt Dr. Mader, den er in der "außen bezeichneten Verwaltungsstrafsache" mit seiner Vertretung beauftragt und ihm Vollmacht und Mandat erteilt habe, Einspruch.
Am 22. März 2000 wurde vor der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Floridsdorf, eine "Niederschrift über die Vernehmung eines Beschuldigten" aufgenommen. Unter "Gegenstand der Vernehmung" findet sich zunächst der Text "als Beschuldigtenvertreter erscheint ha. Hr. Georg K f. RA. Dr. Thomas Mader". Die Tatumschreibung lautet folgendermaßen:
"Wenn dem Besch. UF vorgeworfen wird, am 12.10.1999 um
10.14 Uhr als Lenker des PKW W ... in Wien 21., Nordbrücke ... die erlaubte Höchstgeschw. von 50 km/h um 42 km/h überschritten zu haben, sohin eine Übertretung nach § 20/2 StVO begangen zu haben, sowie als namhaft gemachter Auskunftspflichtiger des Zulassungsbesitzers des KFZ W ... es unterlassen zu haben, der Behörde auf ihr schriftl. Verlangen vom 3.12.1999 innerhalb der Frist von 2 Wochen ordnungsgem. Auskunft zu erteilen, wer dieses KFZ am 12.10.1999 um 10.14 Uhr in Wien 21., Nordbrücke ... gelenkt hat, so gebe ich als Vertreter an, dass ich zunächst auf das bisherige Vorbringen des Besch. verweise und ersuche um weitere Frist zur Stellungnahme innerhalb von 2 Wochen."
Mit Straferkenntnis vom 28. Juni 2000 erkannte die Behörde erster Instanz den Beschwerdeführer schuldig, er habe am 12. Oktober 1999 um 10.14 Uhr in Wien 21 am genannten Ort das gegenständliche Kfz gelenkt und habe dabei die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit um etwa 42 km/h, somit erheblich, überschritten. Er habe dadurch § 20 Abs. 2 StVO verletzt. Es wurde eine Geldstrafe in Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) verhängt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Die belangte Behörde gab der Berufung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer behauptet zunächst Verfolgungsverjährung mit dem Vorbringen, dass der am 22. März 2000 einvernommene "Angestellte des Beschwerdevertreters" auf Grund der "ihm durch die Rechtsanwaltsordnung eingeräumten Befugnis" nicht berechtigt sei, niederschriftliche Erklärungen wirksam abzugeben. Selbst wenn man davon ausginge, dass solche Erklärungen möglich seien, wäre eine derartige Erklärung durch das Vollmachtsverhältnis nicht gedeckt gewesen und überdies nicht für eine "unmittelbare Verfolgungshandlung" gegen den Beschwerdeführer geeignet, weil das Vorliegen "einer Machthabervollmacht" im Verwaltungsstrafverfahren gar nicht möglich sei und eine "solche Machthabervollmacht" auch nicht behauptet oder vorgelegt worden sei.
Als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte gelten alle Handlungen der Behörde, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck bringen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im Verwaltungsstrafgesetz vorgeschriebene Weise zu prüfen, sohin den behördlichen Verfolgungswillen in Richtung einer bestimmten strafbaren Handlung zu verwirklichen; die Verfolgungshandlung muss nach außen in Erscheinung treten. Es ist nicht von Bedeutung, ob die Verfolgungshandlung dem Täter zur Kenntnis gelangt (vgl. zum Ganzen die in Hauer/Leukauf, Handbuch des Verwaltungsverfahrens5, Seite 923, S 926, E 3 und S 928, E 17 wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Es kommt sohin nicht darauf an, ob der Angestellte des bevollmächtigten Rechtsanwaltes rechtswirksam "Erklärungen" abgeben durfte oder nicht, weil der in der zitierten Niederschrift vom 22. März 2000 erhobene Tatvorwurf jedenfalls nach außen in Erscheinung getreten ist. Die behauptete Verfolgungsverjährung liegt demnach nicht vor.
Insoweit sich die beschwerdeführende Partei gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung wendet, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. zB. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Die Beschwerdeausführungen lassen aber Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde detailliert dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung insbesondere zur Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers nicht aufkommen. Der Beschwerdeführer räumt selbst ein, es bestehe auf Grund der "Ausschließlichkeitsklausel" im Mietvertrag "eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass kein Dritter das Fahrzeug gelenkt hat".
Der Beschwerdeführer rügt als Verfahrensmangel die Unterlassung eines Ortsaugenscheines, um festzustellen, "wo sich der Tatort tatsächlich befindet und ob und inwieweit für diesen Tatort die Geschwindigkeitsbeschränkung nicht nur gültig verordnet, sondern auch gehörig kundgemacht ist". Der Beschwerdeführer rügt jedoch in keiner Weise die Rechtmäßigkeit der der Geschwindigkeitsbeschränkung zu Grunde liegenden Verordnung und bezweifelt auch deren Kundmachung nicht. Wo sich der Tatort befindet, lässt sich dem Spruch des zitierten Straferkenntnisses unschwer entnehmen. Dem Beschwerdeführer gelingt es daher mit diesem Vorbringen nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Oktober 1991, Zl. 91/03/0263).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 17. Mai 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001020179.X00Im RIS seit
18.09.2002Zuletzt aktualisiert am
03.08.2010