TE Vwgh Erkenntnis 2002/5/17 2001/02/0239

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Veröffentlicht am 17.05.2002
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §51e idF 1998/I/158;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des NG in Wien, vertreten durch Dr. Manfred Ainedter und Dr. Friedrich Trappel, Rechtsanwälte in 1020 Wien, Taborstraße 24a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 14. März 2001, Zl. UVS- 03/P/33/2351/2001/2, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. März 2001 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es am 6. April 2000 zwischen 6.45 Uhr und 11.35 Uhr in Wien an einem näher bezeichneten Ort als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeuges nach ursächlicher Beteiligung an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden unterlassen, diesen ohne unnötigen Aufschub der nächsten Polizeidienststelle zu melden, obwohl kein "Identitätsaustausch" mit dem Unfallgegner stattgefunden habe.

Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 4 Abs. 5 iVm § 99 Abs. 3 lit. b StVO 1960 begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, es sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer zur Tatzeit das im Spruch genannte Kraftfahrzeug A am Tatort so abgestellt gehabt habe, dass die Vorderfront dieses Fahrzeuges die hintere Stoßstange des geparkten Kraftfahrzeuges des Unfallbeteiligten B berührt habe. Aus der im Verfahren der Behörde erster Instanz erfolgten Einvernahme des B als Zeugen, den von diesem vorgelegten Fotos und einem "Gutachten" der Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge ergebe sich, dass der Beschwerdeführer "nicht nur den Schaden am Fahrzeug des Unfallbeteiligten verursacht hat, sondern auch die Möglichkeit gehabt hätte, bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt vom Eintritt eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden durch akustische und optischen Wahrnehmungen Kenntnis zu erlangen".

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 3. Oktober 2000, B 771/01, ihre Behandlung ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde macht (zusammengefasst) geltend, es sei trotz Antrages in der Berufung von der belangten Behörde keine öffentliche mündliche Verhandlung zur Klärung des Sachverhaltes durchgeführt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des VStG idF

BGBl. I Nr. 158/1998 lauten:

"Öffentliche mündliche Verhandlung (Verhandlung)

§ 51e. (1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung entfällt, wenn

1. der Antrag der Partei oder die Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist;

2. der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn

1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder

2.

sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder

3.

im angefochtenen Bescheid eine 3 000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder

              4.              sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet

und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen. Etwaigen Berufungsgegnern ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Der unabhängige Verwaltungssenat kann ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entgegensteht.

(5) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

..."

Da der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Berufung ("in eventu" für den Fall der Nichtstattgebung) beantragt hat, war die belangte Behörde im Beschwerdefall verpflichtet, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen, was der Beschwerdeführer zu Recht rügt.

Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Durchführung derselben zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, hat sie in dieser Hinsicht den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. Mai 2002

Schlagworte

"zu einem anderen Bescheid"

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001020239.X00

Im RIS seit

18.09.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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