TE Vwgh Erkenntnis 2002/5/23 2001/09/0187

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Veröffentlicht am 23.05.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §18 Abs1;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs1 Z1 litb;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §68 Abs1;
VStG §44a Z1;
VStG §44a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit in Wien, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 13. Juni 2001, Zl. uvs-2000/4/090- 2, betreffend Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (mitbeteiligte Partei: J in R), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 28. April 2000 wurde der Mitbeteiligte wie folgt schuldig erkannt (die Namen der beschäftigten Ausländer wurden anonymisiert):

"Der Beschuldigte, Herr J, geb. am 16.05.1939, wohnhaft in R, Hotel T, hat es als wirtschaftl. Unternehmer des Hotel T und Auftraggeber und somit als Arbeitgeber nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) idF BGBl. Nr. 895 (zu ergänzen: /1995) Antimissbrauchsgesetz zu verantworten, wie anlässlich einer Kontrolle durch die Gendarmerie R festgestellt wurde, dass die nachangeführten polnischen Arbeitnehmer entgegen den Bestimmungen des § 18 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz in der Zeit vom 24.11.1999 bis 09.12.1999 in seinem Betrieb beschäftigt wurden, obwohl diese Arbeitnehmer nicht im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung (gem. § 3 Abs. 1 AuslBG) waren, sich die ausländische Dienstnehmer nicht im Besitze einer Arbeitserlaubnis (§ 14 a) für das Bundesland Tirol bzw. eines Befreiungsscheines (§ 1) befanden.

     1.         R P, geb. 03.08.1963, polnischer StaA. und

     2.         R O, geb. 18.01.1959, polnischer StaA..

     Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften

verletzt:

     1.-2.        § 18/1 AuslBG idF. BGBl. Nr. 1996 (richtig:

1995)/895 Antimissbrauchsgesetz

     Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird folgende Strafe

verhängt:

     Strafe in öS        Ersatzfreiheitsstrafe

Strafbestimmung:

     1.        30.000,00        3 Wochen                § 28 Abs.

1 Z. 1b AuslBG

     2.        30.000,00        3 Wochen                § 28 Abs.

1 Z. 1b AuslBG"

     Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung erließ die belangte

Behörde den Bescheid vom 22. August 2000 mit folgendem Spruch:

     "Gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 24, 51, 51 c und 51 e VStG

wird der Berufung Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren (in Bezug auf die Anlastung einer Übertretung nach § 28 Abs.1 Ziff.1 lit.a i.V.m. § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz) gemäß § 45 Abs.1 Ziff.2 VStG eingestellt."

Die belangte Behörde begründete diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass sich die Strafdrohungen nach § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG darin unterschieden, dass gemäß lit. a das "Beschäftigen" von Ausländern, in lit. b hingegen das bloße "Inanspruchnehmen" von Arbeitsleistungen betriebsentsandter Ausländer, ohne dass zwischen einem inländischen Unternehmer und den Ausländern ein Beschäftigungsverhältnis bestehe, unter Strafe gestellt werde. Dem Mitbeteiligten sei mit diesem Straferkenntnis vom 28. April 2000 vorgeworfen worden, er habe die näher angeführten Ausländer "in seinem Betrieb beschäftigt". Ein solches Beschäftigungsverhältnis mit der Genannten habe aber nicht bestanden. Es sei der belangten Behörde eine Korrektur des Schuldvorwurfes dahingehend verwehrt, dass der Mitbeteiligte entgegen dem § 18 AuslBG die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einem im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz beschäftigt worden sei, in Anspruch genommen habe, ohne dass für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt worden sei (§ 28 Abs. 1 Z 1 lit. b AuslBG), weil sie sich damit über den Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens hinwegsetze.

Die Behörde erster Instanz setzte noch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist eine ausdrückliche auf die Inanspruchnahme von Arbeitsleistungen im Sinne des § 18 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z 1 lit. b AuslBG gerichtete Verfolgungshandlung und erließ das Straferkenntnis vom 23. Oktober 2000 mit folgendem Schuldspruch:

"Der Beschuldigte, Herr J, geb. am 16.05.1939, wohnhaft in R, Hotel T, hat es als wirtschaftl. Unternehmer des Hotel T entgegen den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 Ziff. 1 lit b Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) idF BGBl. Nr. 895 (zu ergänzen: /1995) Antimissbrauchsgesetz zu verantworten, dass er in der Zeit vom 25.11.1999 bis 09.12.1999 die Arbeitsleistungen nachangeführter ausländischer Arbeitnehmer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einem im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz beschäftigt wurden und für diese Ausländer vom Arbeitsmarktservice Landeck keine Beschäftigungsbewilligungen oder Entsendebewilligungen erteilt worden sind, entgegen den Bestimmungen des § 18 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz in Anspruch genommen hat.

     1.         R P, geb. 03.08.1963, polnischer StaA. und

     2.         R O, geb. 18.01.1959, polnischer StaA..

     Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften

verletzt:

     1.-2.        § 18/1 AuslBG idF. BGBl. Nr. 1996 (richtig:

1995) /895 Antimissbrauchsgesetz

     Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird folgende Strafe

verhängt:

     Strafe in öS        Ersatzfreiheitsstrafe

Strafbestimmung:

     1.        30.000,00        3 Wochen                § 28 Abs.

1 Z. 1b AuslBG

     2.        30.000,00        3 Wochen                § 28 Abs.

1 Z. 1b AuslBG"

     Dagegen erhob der Mitbeteiligte Berufung. Die belangte

Behörde entschied mit dem "Berufungserkenntnis" (= angefochtener Bescheid) vom 13. Juni 2001 folgendermaßen:

"Gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 24 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Ziff. 3 VStG eingestellt."

Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass "Sache" des Verwaltungsstrafverfahrens die dem Beschuldigten innerhalb der Verjährungsfrist zur Last gelegte Tat mit ihren wesentlichen Sachverhaltselementen, unabhängig von ihrer rechtlichen Beurteilung, sei. Die (mit dem Bescheid vom 22. August 2000 vorgenommene) Einstellung des Verfahrens habe zur Folge, dass eine Bestrafung wegen "derselben Tat - auch unter Anwendung einer anderen Verwaltungsvorschrift - den Grundsatz "ne bis in idem" verletzt und deshalb inhaltlich rechtswidrig gewesen wäre. Die bescheidmäßige Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG habe unter anderem zur Folge, dass die Verwaltungsbehörde das Strafverfahren nur mehr gemäß § 52 VStG im Zusammenhang mit § 69 AVG wieder aufnehmen dürfe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art. 131 Abs. 2 B-VG iVm § 28a Abs. 1 AuslBG gestützte Amtsbeschwerde des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon mehrfach entschieden, dass es sich bei der gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG zu ahndenden Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte und bei der gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. b zu ahndenden Inanspruchnahme betriebsentsandter Ausländer um zwei verschiedene Taten handelt, die nicht ausgewechselt werden dürfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Oktober 1991, Zl. 91/09/0111 u.a.).

Es kann im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben, welche der beiden Taten die Behörde erster Instanz im Straferkenntnis vom 28. April 2000 tatsächlich verfolgt hat (sowohl Spruch als auch Begründung dieses Straferkenntnisses sind in sich nicht geschlossen und mehrdeutig), weil die belangte Behörde mit ihrem Bescheid vom 22. August 2000 "das angefochtene Straferkenntnis" auf Grund der dagegen erhobenen Berufung zur Gänze behoben hat. Hingegen wurde nach dem unmissverständlichen Spruch nur das Verwaltungsstrafverfahren "in Bezug auf die Anlastung einer Übertretung nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 AuslBG" gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

Der Behörde erster Instanz war es sohin - ohne gegen den Grundsatz "ne bis in idem" zu verstoßen - nicht verwehrt, wegen der anderen Tat gemäß § 18 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z 1 lit. b AuslBG das Verwaltungsstrafverfahren fortzusetzen und diesbezüglich auch ein Straferkenntnis zu erlassen. Indem die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid von identer Sache bzw. einem Verfolgungshindernis in dieser Hinsicht ausging, verkannte sie die Rechtslage, weshalb der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am 23. Mai 2002

Schlagworte

Spruch der Berufungsbehörde (siehe auch AVG §66 Abs4 Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides)"Die als erwiesen angenommene Tat" BegriffZurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001090187.X00

Im RIS seit

06.08.2002

Zuletzt aktualisiert am

14.01.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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