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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §825;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde 1. der Bertrams KG und 2. des Dr. Helmut Hofmann, beide in Wien, beide vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Auhofstraße 1, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 13. November 2001, Zl. MD-VfR - B III - 9 und 16/01, betreffend Zurückweisung von Berufungen in einer Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 16. Oktober 2000 teilte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer der Baubehörde erster Instanz mit, er habe bezüglich eines näher bezeichneten Bauvorhabens versucht, am 27. September 2000 an der Bauverhandlung teilzunehmen. Die "Anrainereigenschaft" der Beschwerdeführer sei jedoch bestritten worden. Erhebungen im Eisenbahnbuch hätten aber gezeigt, dass auf Grund der geringen Entfernung der Grundstücke der Beschwerdeführer zum geplanten Bauvorhaben die Anrainereigenschaft nach der Wiener Bauordnung gegeben sei. Es werde deshalb ersucht, diesem berechtigten Einwand der Beschwerdeführer nachzugehen und darzustellen, auf welchem Grundstück das Bauwerk tatsächlich errichtet werden soll.
Mit Eingabe vom 16. Jänner 2000 beantragte der Vertreter der Beschwerdeführer die Anberaumung einer Bauverhandlung; sollte jedoch die Behörde "der Auffassung sein, dass die Parteistellung meiner Klienten nicht gegeben ist, bitte ich um entsprechende Zurückweisung meiner Einwendungen".
Mit Schreiben vom 18. Jänner 2001 teilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, dem Vertreter der Beschwerdeführer Folgendes mit:
"3. Marxergasse ONr. 1A
Bauvorhaben
Anfrage wegen Anrainerstellung
Herrn RA Erich Proksch Auhofstraße 1
1130 Wien
Sehr geehrter Herr Doktor!
Zu ihrer mit einer Planunterlage ergänzten Anfrage betreffend die Anrainerstellung für die Eigentümer der Liegenschaften Stelzhamergasse 4 und Henslerstraße 3 ist festzustellen, dass der Neubau des Bürohochhauses am Bauplatz an der Ecke Große Marxerbrücke bzw. Markthallenbrücke situiert ist.
Der Bauplatz befindet sich auf dem Grundstück 91/1 Eisenbahnbuch und ist von den angeführten Liegenschaften weiter als die im § 134 Bauordnung für Wien normierten 20 m gelegen.
Wir hoffen Ihnen mit diesen Ausführungen gedient zu haben.
Hochachtungsvoll
Für den Abteilungsleiter
(unleserliche Unterschrift)
Dipl. Ing. Bock
Senatsrat"
Gegen diese Erledigung erhoben die Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde diese unter Spruchpunkt I. behandelte Berufung als unzulässig zurückgewiesen, weil es sich bei dem Schreiben der Magistratsabteilung 37 vom 18. Juni 2001 um keinen Bescheid handle.
Mit Bescheid vom 15. Mai 2001 hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, folgenden Bescheidspruch gefasst:
"3. Marxergasse ONr. 1A
EZ 3404 der Kat.Gem. Landstraße;
Antrag auf Parteienstellung
Abweisung
Bescheid
Gemäß § 134 der Bauordnung für Wien (BO) wird der Antrag des Herrn Rechtsanwalt Dr. Erich Proksch als Vertreter der Liegenschaftseigentümer der EZ 3359 und der EZ 3360 dieselben als Parteien im Sinne der Wiener Bauordnung für das Bauvorhaben auf der Liegenschaft 3, Marxergasse ONr. 1A anzuerkennen, abgewiesen."
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer unter Spruchpunkt II. als unzulässig zurückgewiesen, weil im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides die Liegenschaftseigentümer bloß mit der EZ 3359 und EZ 3360 bezeichnet worden seien und auch in der Zustellverfügung diejenigen juristischen oder physischen Personen, auf die sich der Spruch beziehen soll, nicht genannt würden. Auch dieser Erledigung käme daher der Bescheidcharakter nicht zu, weil sie an niemanden erlassen worden sei.
Gegen die genannten Berufungsentscheidungen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich in dem "Recht auf meritorische Entscheidung über unsere Berufungen vom 1.2.2001 und 30.5.2001 sowie in unserem Recht auf Nichtzurückweisung unserer Berufungen verletzt". Es wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auf die ausdrückliche Bezeichnung einer Erledigung als Bescheid nur dann verzichtet werden, wenn sich aus seinem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinne auch aus der Form der Erledigung ergeben. Mangelt es an der für einen Bescheid vorgesehenen Form, muss deutlich erkennbar sein, dass die Behörde dennoch den - objektiv erkennbaren - Willen hatte, mit der Erledigung gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Erledigung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen. Bringt die sprachliche Gestaltung einen normativen Inhalt nicht zweifelsfrei zum Ausdruck, so liegt kein Bescheid vor (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1996, Zl. 95/05/0299, sowie das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2001, Zl. 99/11/0269, m.w.N.).
Die Erledigung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 18. Jänner 2001 ist weder als "Bescheid" ausdrücklich bezeichnet noch ist sie als solche gegliedert; sie enthält weder einen Bescheidadressaten noch eine Begründung; es fehlt eine Rechtsmittelbelehrung; der Wille eines normativen Abspruches der Behörde ist ebenfalls nicht erkennbar.
Der Erledigung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 18. Jänner 2001 kommt daher keine Bescheidqualität zu, weshalb die belangte Behörde die gegen die Erledigung erhobene Berufung der Beschwerdeführer zutreffend als unzulässig gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurückgewiesen hat.
Notwendiges Inhaltserfordernis eines jeden Bescheides ist die mit der Personenumschreibung getroffene Wahl des Normadressaten. Die Benennung jener Person, der gegenüber die Behörde die in Betracht kommende Angelegenheit des Verwaltungsrechtes in förmlicher Weise gestalten will, ist einer Umdeutung nur in Fällen zugänglich, in welchen der gesamte Bescheidinhalt die von der Behörde gewählte Personenumschreibung als ein - den wahren behördlichen Willen verfälschendes - Vergreifen im Ausdruck erkennen lässt (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 19. Mai 1994, Zl. 92/07/0040 m.w.N.). Ein Bescheid muss deutlich erkennen lassen, wer Bescheidadressat ist. Das Fehlen eines im Bescheid individuell bestimmten Adressaten als des Trägers der bescheidmäßig begründeten Rechte und Pflichten führt zur absoluten Nichtigkeit eines so erlassenden Bescheides (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 10. März 1992, Zl. 92/07/0047). Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung hiezu ausgeführt, dass es noch keinen Verstoß gegen die Vorschrift des § 59 AVG bedeutet, wenn die Behörde im Spruch zwar die Verpflichteten zunächst abstrakt bezeichnet (z.B. Miteigentümer der Liegenschaft), dann aber in der Zustellverfügung diejenigen physischen oder juristischen Personen benennt, auf welche sich der Spruch bezieht. Unterbleibt aber auch dies, mangelt es der Erledigung an der Bescheidqualität (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 19. Dezember 1996, Zl. 95/06/0177, und vom 3. September 1998, Zl. 97/06/0217, m.w.N.).
Im Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 15. Mai 2001 wurden als Bescheidadressaten die "Liegenschaftseigentümer der EZ 3359 und der EZ 3360" genannt und in der Zustellverfügung nur die Zustellung des Bescheides an den Einschreiter Rechtsanwalt Dr. Erich Proksch, welcher im Spruch dieses Bescheides "als Vertreter der Liegenschaftseigentümer" benannt ist, verfügt. Im vorliegenden Fall wurde sohin der erstinstanzliche Bescheid mangels ausdrücklicher Spezifikation ausschließlich an die in der Zustellverfügung genannten Bescheidadressaten gerichtet (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. April 1994, 94/05/0075, Slg. Nr. 14.048/A). Da die Gemeinschaft der Eigentümer einer Liegenschaft (jedenfalls in den Fällen, in denen wie im Beschwerdefall keine Wohnungseigentumsgemeinschaft begründet worden ist) aber weder eine physische noch eine juristische Person ist, könnte auch dieser gegenüber mangels hinreichender Individualisierung der in Frage kommenden Bescheidadressaten der Bescheid nicht erlassen werden (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 10. März 1992, Zl. 92/07/0047, sowie das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1996, Zl. 95/06/0177). Die belangte Behörde hatte daher auch in diesem Fall davon auszugehen, dass die Erledigung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 15. Mai 2001 wegen ihres fehlenden Bescheidcharakters in die Rechtssphäre der Beschwerdeführer nicht eingreifen konnte.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 23. Mai 2002
Schlagworte
Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Inhalt des Spruches Anführung des BescheidadressatenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001051170.X00Im RIS seit
14.08.2002