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64/03 Landeslehrer;Norm
LDG 1984 §29 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. Gerhard Schatzlmayr und Dr. Klaus Schiller, Rechtsanwälte in 4690 Schwanenstadt, Stadtplatz 29, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission für Landeslehrer für allgemein bildende Pflichtschulen beim Landesschulrat für Oberösterreich (Senat für Hauptschullehrer und Lehrer an Polytechnischen Schulen) vom 21. November 2001, Zl. 1-DOK-18/5-01, betreffend Suspendierung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Hauptschuldirektor der Hauptschule in S in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Oberösterreich. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 21. November 2001 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 80 Abs. 1, 3 und 6 des Landeslehrerdienstrechtsgestzes (LDG), BGBl. Nr. 302/1984, in den hier maßgeblichen Bestimmungen in der Fassung BGBl. Nr. 297/1995, vom Dienst suspendiert. Er stehe im Verdacht, seine im § 29 Abs. 2 LDG verankerten Dienstpflichten verletzt zu haben. Er sei verdächtig, Handlungen gesetzt zu haben, die das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erschütterten. Insbesondere werde er verdächtigt, dass er
"1. Maria H (Köchin der Schulausspeisung an der Hauptschule S) im Spätherbst 1998 unter einem Vorwand in sein Büro im Sozialheim V gelockt, sie stürmisch umarmt und trotz Gegenwehr ihrerseits versucht habe, sie zu küssen, sexuell an der Brust zu bedrängen und ihr die Hose zu öffnen, wovon er wegen ihrer Gegenwehr mit den Worten 'Trotzdem schlafen wir noch einmal miteinander' Abstand genommen habe,
2. Maria H per Telefonat terrorisiert habe, sie mehrmals mit seinem Auto verfolgt und im September 1999 mit Gewalt, nämlich durch Querstellen seines PKW's, zum Abbremsen ihres Fahrzeugs genötigt habe,
3. am 18.5.2001 anlässlich einer Projektvorbereitung in der Schule der Schülerin Teresa H mit der Bemerkung - 'Na, deine Hose könnte man auch batiken' - über die Hüfte gestrichen und ihr anschließend von oben nach unten über den Bauch gestrichen habe,
4. am 18.5.2001 anlässlich der Projektvorbereitung in der Schule der Schülerin Stefanie S den Schlafsack bis über das Gesicht zugemacht und sie anschließend überall gekitzelt habe,
5.
Teresa H und Eva D beim Umziehen zugesehen habe,
6.
am 14.5.2001 anlässlich der Probe für das Landesjugendsingen anders als die anderen Lehrkräfte hinter den Mädchen gestanden habe, die sich während des Singens immer wieder bücken mussten,
7. Eva D beim Austeilen von Unterlagen an einzelne Haushalte in R auf das Gesäß gegriffen habe."
Dies stützte die belangte Behörde auf die Sachverhaltsdarstellung von Bezirksschulinspektor M vom 13. August 2001, auf die Niederschrift über die Besprechung vom 30. Mai 2001 im Rathaus S und die schriftlichen Angaben von Maria H, Theresa H und Stefanie S.
Die belangte Behörde führte weiters aus:
"Das 'Ansehen des Amtes bzw. der Schule' hat Hauptschuldirektor M dadurch gefährdet, dass er im Verdacht steht, Maria H genötigt zu haben, bzw. versucht zu haben, sie zu vergewaltigen und sich den Schülerinnen Teresa H, Stefanie S und Eva D in einer Art genähert habe, die nicht mehr als ordnungsgemäßes Verhalten eines Lehrers bzw. Direktors gerechtfertigt werden kann. Hauptschuldirektor M wird somit verdächtigt, Handlungen gesetzt zu haben, die geeignet wären, in der Bevölkerung den Eindruck zu erwecken, dass Schülerinnen und Frauen Handlungen über sich ergehen lassen müssen, die das Schulwesen insgesamt erschüttern. Wenn auch das verdächtige Verhalten noch nicht genau abgegrenzt ist, so kann man nach den bisherigen Erhebungen doch vermuten, dass es sich um eine schwere Dienstpflichtverletzung gegen die Interessen des Lehrerstandes handelt.
Als Lehrer bzw. Direktor steht Hauptschuldirektor M außerdem im Rampenlicht der Öffentlichkeit, wobei gerade die ihm durch die Aufgabe der österreichischen Schule auferlegte Erzieher- und Vorbildfunktion eine große Sensibilität in der Bevölkerung bewirkt und dabei einem Lehrer besonderes Augenmerk geschenkt wird."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Landeslehrer hat gemäß § 29 Abs. 2 LDG in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
Wird über einen Landeslehrer die Untersuchungshaft verhängt oder würden durch die Belassung eines Landeslehrers im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen der Schule oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet, so hat gemäß § 80 Abs. 1 LDG 1984 die landesgesetzlich zuständige Behörde die vorläufige Suspendierung zu verfügen.
Jede vorläufige Suspendierung ist nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle unverzüglich der zur Durchführung des Disziplinarverfahrens berufenen Behörde mitzuteilen, die über die Suspendierung zu entscheiden hat. Die vorläufige Suspendierung endet spätestens mit dem Tag dieser Entscheidung. Ist jedoch ein Disziplinarverfahren bereits anhängig, so hat die zur Durchführung dieses Verfahrens berufene Behörde bei Vorliegen der in Abs. 1 genannten Voraussetzungen die Suspendierung zu verfügen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 19. September 2001, Zl. 99/09/0226, und die darin angegebene Judikatur) ist die Suspendierung ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen ist und keine endgültige Lösung darstellt. Es braucht daher nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Diese Aufgabe kommt vielmehr erst den Disziplinarbehörden in Disziplinarverfahren zu. Gegen den Beschuldigten besteht ein Verdacht in diesem Sinne dann, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Die Berechtigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der abschließenden Entscheidung über die angemessene Disziplinarstrafe des Beamten eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. Die Suspendierung eines Beamten gehört demnach in die Reihe jener vorläufigen Maßnahmen, die in zahlreichen Verfahrensgesetzen vorgesehen sind, um einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst auf Grund des im Allgemeinen einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Verfahrens geregelt wird, um dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für das allgemeine Wohl - abzuwehren oder zu verhindern. Kommt nach der Lage des Einzelfalles die Möglichkeit der Verfügung einer Suspendierung in Betracht, gebieten die Rechtsgüter, zu deren Sicherung die Suspendierung vorgesehen ist, eine rasche Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen für ihre Verhängung gegeben sind oder nicht, weshalb die belangte Behörde - wie vom Beschwerdeführer gefordert - nicht gehalten war, Ergebnisse des nahezu gleichzeitig anhängig gemachten strafgerichtlichen Verfahrens abzuwarten und einzuholen. Im Hinblick auf diese Funktion der Suspendierung können an die in der Begründung eines die Suspendierung verfügenden Bescheides darzulegenden Tatsachen, die den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründen, keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Ähnlich wie beim Einleitungsbeschluss (an den ebenfalls Rechtsfolgen geknüpft sind) muss das dem Beamten im Suspendierungsbescheid zur Last gelegte Verhalten, das als Dienstpflichtverletzung erachtet wurde, nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, d.h. in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten beschrieben werden. In der Begründung des Suspendierungsbescheides ist darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer die Suspendierung rechtfertigenden Dienstpflichtverletzung ergibt.
Diesen Anforderungen wird sowohl der die Suspendierung aussprechende Bescheid der Disziplinarkommission als auch der bestätigende Bescheid der Disziplinaroberkommission hinreichend gerecht. Die belangte Behörde durfte im Sinne der obigen Rechtsprechung bereits beruhend auf den schriftlichen Angaben der Maria H, Theresa H und Stefanie S zumindest den Verdacht der Begehung der unter den Punkten 1., 2., 3., 4., und 5. genannten Dienstpflichtverletzungen gemäß § 29 Abs. 2 LDG annehmen. Auch vor dem Hintergrund des Vorbringens in der vorliegenden Beschwerde vermag der Beschwerdeführer dem gegen ihn bestehenden begründeten Verdacht nicht zu entkräften, ist doch eine bloße Gegendarstellung nicht ausreichend, die Rechtswidrigkeit des im Verdachtsbereich ergangenen angefochtenen Bescheides über die Suspendierung darzutun (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 13. September 1999, Zl. 97/09/0032).
Geht man davon aus, dass somit ein begründeter Verdacht der Begehung (zumindest einiger) der im Einzelnen vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen vorgelegen ist, dann war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde daraus gemäß § 80 Abs. 1 LDG 1984 die Konsequenz der Bestätigung der von der Behörde erster Instanz verfügten Suspendierung des Beschwerdeführers gezogen hat. Dass bei einem Belassen des Beschwerdeführers im Dienst (während des laufenden Disziplinarverfahrens) angesichts der oben wiedergegebenen gegen ihn erhobenen Vorwürfe (insbesondere bereits wegen der Vorwürfe 1. und 2.) das Ansehen der Schule und wesentliche Interessen des Dienstes wegen der Art dieser zur Last gelegten Dienstpflichten gefährdet würden, ist nach Lage des Beschwerdefalles offenkundig. Daran vermögen auch die eine solche Gefährdung in Zweifel ziehenden Ausführungen in der Beschwerde nichts zu ändern. Das Vorliegen der Voraussetzungen der Suspendierung gemäß § 80 Abs. 1 LDG 1984 wurde von der belangten Behörde somit in nicht rechtswidriger Weise bejaht.
Die vom Beschwerdeführer erhobene Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe es unterlassen, auf seine Beweisanträge auf Einvernahme "sämtlicher Zeuginnen im gegenständlichen Disziplinarverfahren" einzugehen, ist schon deswegen nicht berechtigt, weil der Beschwerdeführer nicht aufzeigt, was die Zeuginnen (anderes als in ihren schriftlichen Äußerungen) ausgesagt hätten, das zu anderen Feststellungen der belangten Behörde und zur Verneinung des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Verfügung einer Suspendierung geführt hätte.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 23. Mai 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001090238.X00Im RIS seit
14.08.2002